Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.12.2016, Az. XII ZB 345/16

12. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 797

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Gegenstand

Anspruch auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes: Auf Umgangskontakte beschränkter Elternteil als Anspruchsgegner; Auskunftsanspruch gegenüber dem Jugendamt; berechtigtes Interesse; Umfang der Informationen


Leitsatz

1. Der Auskunftsanspruch nach § 1686 BGB setzt nicht voraus, dass der Auskunftsverpflichtete die Obhut über das Kind ausübt. Grundsätzlich kommt daher auch ein auf Umgangskontakte beschränkter Elternteil als Anspruchsgegner in Betracht.

2. § 1686 BGB kann in entsprechender Anwendung einem Elternteil auch einen Auskunftsanspruch gegenüber Anspruchsgegnern gewähren, die nicht Elternteil, aber in ihrer rechtlichen oder tatsächlichen Stellung einem solchen vergleichbar sind (hier: Jugendamt).

3. Ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 1686 BGB besteht dann, wenn der Elternteil keine andere zumutbare Möglichkeit hat, sich über die Entwicklung und die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu unterrichten. Eine solche anderweitige Möglichkeit kann gegebenenfalls der Umgang mit dem Kind darstellen, aber auch in sonstigen Informationsquellen bestehen, wenn diese eine ausreichende Kenntnis von den persönlichen Verhältnissen des Kindes vermitteln.

4. Zum Umfang der Informationen, die der Auskunftsberechtigte nach § 1686 BGB beanspruchen kann.

Tenor

Der Beschluss des 15. Zivilsenats - Familiensenat - des [X.] vom 27. Juni 2016 wird von Amts wegen wie folgt berichtigt:

- Der erste Satz von Ziffer 2 der [X.] beginnt richtig wie folgt: "Auf die Beschwerde des [X.] wird (…)".

- Im ersten Satz unter Ziffer [X.] der Gründe sind die Worte "als Ergänzungspfleger" ersatzlos zu streichen.

Auf die Rechtsbeschwerde wird der vorbezeichnete Beschluss aufgehoben, soweit die auf Auskunftserteilung gerichteten Anträge des weiteren Beteiligten zu 1 gegen die weiteren Beteiligten zu 2 und zu 3 zurückgewiesen worden sind. Im Übrigen (Auskunftsanspruch gegen die weiteren Beteiligten zu 4) wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen.

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.

Wert: 3.000 €

Gründe

I.

1

Der Antragsteller (Beteiligter zu 1) begehrt von der Kindesmutter (Beteiligte zu 2), dem Jugendamt (Beteiligter zu 3) und den Pflegeeltern (Beteiligte zu 4) Auskunft über die persönlichen Verhältnisse seines Sohnes.

2

Der Antragsteller ist der Vater des am 1. Februar 2006 ehelich geborenen Kindes und von dessen Mutter inzwischen geschieden. Bereits kurz nach der Geburt zogen Mutter und Kind zu den Eheleuten [X.], die bereits die Pflegeeltern der Mutter waren und nun Pflegeeltern des Kindes sind. Im Juli 2008 wurden den Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht zur Stellung von [X.] und das Recht zur Ausübung der Gesundheitsfürsorge entzogen und auf das Jugendamt als Ergänzungspfleger übertragen. Für die Mutter besteht eine Betreuung. Das Kind hat mit beiden Eltern Umgang. Wegen des - aktuell nur begleitet stattfindenden - Umgangs mit dem Antragsteller ist ein weiteres familiengerichtliches Verfahren anhängig.

3

Im Februar 2016 hat der Antragsteller beantragt, die Kindesmutter, die Pflegeeltern und das Jugendamt zu monatlichen detaillierten schriftlichen Auskünften über die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu verpflichten, und dabei eine Reihe von Punkten aufgeführt, auf die sich die Auskunft erstrecken solle. Das Amtsgericht hat diesem Antrag insoweit entsprochen, als es die Kindesmutter und die Pflegeeltern verpflichtet hat, dem Jugendamt halbjährlich Bericht zu erstatten, und das Jugendamt verpflichtet hat, diese Auskünfte an den Antragsteller weiterzuleiten. Als von der Auskunftspflicht umfasst hat es dabei "insbesondere (…) die Entwicklung des Kindes, (…) etwaige Erkrankungen und Impfungen/Allergien etc., die schulischen Leistungen sowie ein aktuelles Foto des Kindes" bezeichnet und den Antrag im Übrigen abgewiesen.

4

Hiergegen haben das Jugendamt und der Antragsteller Beschwerde eingelegt. Der Antragsteller hat zudem beantragt, die Antragsgegner zur Unterlassung bestimmter Behauptungen zu verpflichten. Das [X.] hat die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen, auf die Beschwerde des [X.] in Abänderung des amtsgerichtlichen Beschlusses die Anträge des Antragstellers vollständig zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.

5

Mit der beschränkt eingelegten Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller seine auf Auskunft gerichteten Anträge in vollem Umfang weiter.

II.

6

Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Zurückweisung der Auskunftsanträge gegen die Kindesmutter und das Jugendamt richtet. Sie führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].

7

1. Dieses hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

8

Nach § 1686 BGB sei lediglich ein Elternteil zur Auskunft verpflichtet. Deshalb scheide eine Auskunftsverpflichtung der Pflegeeltern ebenso wie eine solche des [X.] als Ergänzungspfleger von vornherein aus. Auch die Mutter sei nicht auskunftsverpflichtet, weil das Kind sich nicht in ihrer Obhut befinde. Denn sie könne aus eigener Anschauung und Kenntnis der persönlichen Verhältnisse keine Auskunft geben, und weder Pflegeeltern noch Jugendamt seien ihr gegenüber auskunftspflichtig.

9

Es bestehe auch kein Anlass, die Auskunftspflicht des § 1686 BGB durch dessen entsprechende Anwendung auf die Pflegeeltern und das Jugendamt als Ergänzungspfleger zu erstrecken. Der Gesetzgeber habe lediglich einen Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind aufhalte, zur Auskunft verpflichten wollen, nicht aber Dritte, gleich in welcher Funktion sie in die Betreuung des Kindes eingebunden seien. Deshalb fehle es an einer gesetzgeberischen Lücke. Die gesetzliche Regelung verstoße auch nicht gegen den Schutz der Elternrechte des Antragstellers. Denn es sei ihm unbenommen, das Jugendamt nach § 18 Abs. 3 Satz 4 [X.] auf Vermittlung und Hilfestellung hinsichtlich der Auskunft in Anspruch zu nehmen. Dieses habe ihm angeboten, ihm im Rahmen der [X.] sowie in gesonderten Gesprächen Auskunft zu erteilen, doch habe der Antragsteller solche Gesprächsmöglichkeiten bislang nicht wahrgenommen.

2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nur teilweise stand.

a) Entgegen der von der Rechtsbeschwerde vertretenen Auffassung unterliegt die angefochtene Entscheidung nicht bereits deshalb (teilweise) der Aufhebung, weil das [X.] den erstinstanzlichen Beschluss auf die Beschwerde des Kindes abgeändert habe, ohne dass eine solche eingelegt gewesen sei.

Zutreffend ist zwar, dass das [X.] in der [X.] die Abänderung auf eine Beschwerde des Kindes ausgesprochen und in den Gründen ausgeführt hat, "die Beschwerde des [X.] als Ergänzungspfleger" sei begründet. Hierbei handelt es sich jedoch um offenbare Unrichtigkeiten im Sinne des § 42 Abs. 1 FamFG. Das [X.] führt im Sachverhalt zutreffend aus, dass das Jugendamt gegen den Beschluss des Amtsgerichts Beschwerde eingelegt habe. Wie sich aus der damit in Bezug genommenen Beschwerdeschrift ohne weiteres ergibt, wurde das Jugendamt dabei nicht als gesetzlicher Vertreter des Kindes, sondern aus eigenem Beschwerderecht gemäß § 162 Abs. 3 Satz 2 FamFG tätig. Außer der im angefochtenen Beschluss gesondert abgehandelten Beschwerde des Antragstellers gab es keine weitere Beschwerde, so dass das [X.] allein auf die vom Jugendamt eingelegte Beschwerde abgestellt haben kann und insoweit eine schlichte Falschbezeichnung vorliegt. Diese kann der Senat als zuständiges Rechtsbeschwerdegericht selbst berichtigen (vgl. Senatsbeschluss vom 28. Juni 2006 - [X.] - NJW-RR 2006, 1628 Rn. 18 mwN; [X.]/[X.] FamFG 18. Aufl. § 42 Rn. 31; [X.]/Weinreich/Oberheim FamFG 5. Aufl. § 42 Rn. 30).

b) Die vom Antragsteller geltend gemachten Auskunftsansprüche lassen sich mit der vom [X.] gewählten Begründung nicht verneinen. Anders als in der angefochtenen Entscheidung angenommen setzt der Auskunftsanspruch nach § 1686 BGB zum einen nicht zwingend voraus, dass der Auskunftsverpflichtete die Obhut über das Kind in einem Sinn ausübt, wie er etwa §§ 1629 Abs. 2 Satz 2, 1684 Abs. 2 Satz 2 BGB (vgl. insoweit Senatsbeschluss vom 12. März 2014 - [X.] 234/13 - FamRZ 2014, 917 Rn. 16) zugrunde liegt. Grundsätzlich kommt daher auch die auf Umgangskontakte beschränkte Kindesmutter als Anspruchsgegnerin in Betracht. Zum anderen ist die entsprechende Anwendung des § 1686 BGB auf andere Auskunftsverpflichtete als den Elternteil nicht von vorneherein ausgeschlossen, wobei sich der Anspruch im vorliegenden Fall nicht gegen die Pflegeeltern, sondern nur gegen das Jugendamt richten kann.

aa) Nach § 1686 BGB kann jeder Elternteil vom anderen Elternteil bei berechtigtem Interesse Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes verlangen, soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht. Die Vorschrift stellt ihrem Wortlaut nach nicht darauf ab, welcher Elternteil die Obhut über das Kind ausübt, sondern setzt allein ein berechtigtes Interesse voraus. Dieses kann nach richtiger Ansicht grundsätzlich auch gegenüber einem "nur" umgangsberechtigten Elternteil bestehen (vgl. etwa [X.], 2003 f.; [X.]/[X.] BGB 14. Aufl. § 1686 Rn. 1; [X.] Sorge und Umgang Rn. 1321; MünchKomm/[X.]. § 1686 Rn. 5; [X.]/[X.] BGB 76. Aufl. §1686 Rn. 4; [X.]/[X.] BGB [2014] § 1686 Rn. 5; a.A. wohl [X.] BGB/[X.] [Stand: 1. Mai 2016] § 1686 Rn. 4; [X.]/[X.] [Stand: 15. Oktober 2016] § 1686 Rn. 13). Das ergibt sich sowohl aus der [X.] als auch aus dem Sinn und Zweck der Bestimmung.

(1) In § 1686 Satz 1 BGB ist der Auskunftsanspruch des Elternteils durch das Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts vom 16. Dezember 1997 ([X.] - [X.]; [X.] I S. 2942) mit Wirkung zum 1. Juli 1998 geregelt worden. Im Gegensatz zur Vorläuferbestimmung des § 1634 Abs. 3 Satz 1 BGB ist auskunftsberechtigt nicht mehr nur derjenige Elternteil, dem die Personensorge nicht zusteht. Während der Auskunftsanspruch ursprünglich geschaffen wurde, um das mit Einschränkung oder Ausschluss des Umgangsrechts einhergehende Informationsdefizit des umgangsberechtigten Elternteils auszugleichen (BT-Drucks. 8/2788 [X.]), kommt dem Anspruch nunmehr neben dieser reinen Ersatzfunktion zusätzlich eine [X.] gegenüber dem Umgangsrecht zu ([X.] BGB/[X.] [Stand: 1. Mai 2016] § 1686 Rn. 1 mwN; [X.]/[X.]. § 1686 Rn. 3; [X.]/[X.] BGB 76. Aufl. § 1686 Rn. 1; [X.]/[X.] BGB [2014] § 1686 Rn. 2).

§ 1686 BGB will dem Grundsatz nach jedem Elternteil ohne Rücksicht auf die Verteilung des Sorgerechts (vgl. BT-Drucks. 13/4899 [X.]) ermöglichen, vom anderen Elternteil die wesentlichen Informationen zu den persönlichen Verhältnissen des Kindes zu erhalten, an die er anders nicht in zumutbarer Weise gelangen kann. Ein solches Informationsbedürfnis kann aber auch gegenüber dem umgangsberechtigten Elternteil etwa hinsichtlich solcher Vorgänge bestehen, die sich im Rahmen des Umgangs ereignet haben ([X.]/[X.] BGB 76. Aufl. § 1686 Rn. 4; [X.]/[X.] BGB [2014] § 1686 Rn. 5).

(2) Ein entgegenstehender gesetzgeberischer Wille lässt sich, anders als das [X.] meint, den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 13/4899 [X.]) nicht entnehmen. Dort ist ausgeführt, der Auskunftsanspruch solle nicht mehr davon abhängen, dass derjenige, der Auskunft erhalten wolle, nicht Inhaber der Sorge sei. Vielmehr könne "auch bei gemeinsamer elterlicher Sorge insbesondere gegenüber demjenigen Elternteil, der das Kind in seiner Obhut hat, ein Auskunftsbedürfnis bestehen." Damit wird lediglich beispielhaft ein Fall beschrieben, in dem ein berechtigtes Interesse des (mit)sorgeberechtigten Elternteils auf Auskunft vorliegen kann, ohne aber die Obhut des Auskunftsverpflichteten zur Anspruchsvoraussetzung zu erheben.

bb) Mit Blick auf den Gesetzeszweck kann § 1686 BGB in entsprechender Anwendung einem Elternteil auch einen Auskunftsanspruch gegenüber [X.] gewähren, die nicht Elternteil sind ([X.] Beschluss vom 1. August 2016 - 4 UF 99/16 - juris Rn. 7; [X.] [X.] 2013, 203, 204; [X.] Sorge und Umgang Rn. 1323 f.; [X.] in [X.] Praxiskommentar Kindschaftsrecht § 1686 Rn. 5; [X.] in [X.]/[X.]/Motzer Praxishandbuch Familienrecht [Stand: Februar 2016] Teil E Rn. 150; [X.]/[X.]. § 1686 Rn. 5; [X.]/[X.] BGB [2014] § 1686 Rn. 5; so dem Grundsatz nach auch [X.]/[X.] 6. Aufl. § 1686 Rn. 6; a.A. [X.] BGB/[X.] [Stand: 1. Mai 2016] § 1686 Rn. 4; [X.]/[X.]/[X.] Familienrecht 6. Aufl. § 1686 Rn. 1; [X.]/[X.] [Stand: 15. Oktober 2016] § 1686 Rn. 14; [X.] in Meyer-[X.] Familienrecht 3. Aufl. § 7 Rn. 172; [X.]/[X.] BGB 76. Aufl. § 1686 Rn. 3). Vorliegend kommt insoweit allein das Jugendamt als Anspruchsgegner in Betracht.

(1) Zwar hat der Gesetzgeber sowohl im Zuge des [X.]es als auch im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen [X.] vom 4. Juli 2013 ([X.] I S. 2176), mit dem der die Zuständigkeit des Familiengerichts regelnde letzte Halbsatz des § 1686 BGB gestrichen wurde, an der Formulierung "Elternteil" festgehalten. Es fehlt aber an jedem Anhaltspunkt dafür, dass er dabei auch die Fälle bedacht hat, in denen kein anderer Elternteil mehr vorhanden oder aufgrund der Umstände des Einzelfalls nicht der andere Elternteil, sondern nur ein Dritter in der Lage ist, die wesentlichen Auskünfte zu den persönlichen Verhältnissen des Kindes zu erteilen. Die Gesetzesmaterialien sind insoweit unergiebig (vgl. BT-Drucks. 13/4899 [X.] und 17/12163 S. 8). Das Augenmerk des Gesetzgebers lag vielmehr jeweils auf der Person des [X.]n, während der andere Elternteil als der Auskunftsverpflichtete ersichtlich als gegeben angesehen und die Person des Anspruchsgegners nicht weiter hinterfragt wurde. Mithin ist nicht von einer bewussten gesetzgeberischen Entscheidung gegen die Auskunftspflicht anderer Personen als der Eltern, sondern vom Vorliegen einer unbewussten Regelungslücke auszugehen.

Die Interessenlage des Elternteils, der auf eine Auskunft angewiesen ist, um Kenntnis von den persönlichen Verhältnissen seines Kindes zu erlangen, lässt sich nicht danach unterscheiden, ob der andere Elternteil oder "nur" ein in seiner rechtlichen oder tatsächlichen Stellung einem Elternteil vergleichbarer Dritter zur Auskunftserteilung in der Lage ist. Stets geht es darum, dem aus dem von Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG geschützten Elternrecht fließenden berechtigten Informationsbedürfnis Geltung zu verschaffen (vgl. [X.] Beschluss vom 1. August 2016 - 4 UF 99/16 - juris Rn. 7; [X.]/[X.] BGB [2014] § 1686 Rn. 5).

(2) Die Auskunftspflicht trifft in entsprechender Anwendung des § 1686 BGB in erster Linie die Person, die [X.] des Sorgerechts über die zur Auskunft erforderlichen Informationen verfügt bzw. an diese gelangen kann. Dies ist regelmäßig der Vormund oder - im Rahmen der ihm übertragenen Sorgerechtsbefugnisse - der Pfleger, weil er in seiner rechtlichen Stellung einem Elternteil am nächsten kommt. Nur soweit sich der [X.] die erforderlichen Informationen nicht verschaffen kann, kommt als Anspruchsgegner im Einzelfall auch derjenige in Betracht, der aufgrund eines sonstigen einem Elternteil vergleichbaren [X.]ses für das Kind, etwa der Ausübung der tatsächlichen Obhut, zur Auskunftserteilung in der Lage ist.

(3) Danach kann sich der Auskunftsanspruch des Kindesvaters im vorliegenden Fall nicht gegen die Pflegeeltern, sondern allenfalls gegen das Jugendamt richten. Denn dieses ist hier in seiner Stellung am ehesten einem Elternteil vergleichbar, soweit die Kindesmutter als der nach § 1686 BGB eigentlich verpflichtete Elternteil zu einer Auskunft aufgrund der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten des Einzelfalls nicht in der Lage ist.

Das folgt zum einen daraus, dass das Jugendamt als Ergänzungspfleger teilweise Inhaber des Sorgerechts ist und als solcher insoweit Zugriff auf die zur Auskunft erforderlichen Informationen hat. Zum anderen ergibt es sich aber vor allem aus dem [X.] zwischen dem Jugendamt und dem in der Vollzeitpflege befindlichen Kind, in dessen Rahmen die Betreuung und das Leben des Kindes in der Pflegefamilie der Aufsicht des [X.] unterliegen (vgl. [X.] vom 6. Juli 2006 - [X.]/06 - [X.], 1264, 1265 f. und [X.], 268 = [X.], 544, 545). Gemäß § 37 Abs. 3 Satz 1 [X.] soll das Jugendamt den Erfordernissen des Einzelfalls entsprechend an Ort und Stelle überprüfen, ob die Pflegeperson eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen förderliche Erziehung gewährleistet. Ferner benötigen die Pflegeeltern nach § 44 [X.] eine Erlaubnis zur Vollzeitpflege, die nach § 44 Abs. 2 Satz 1 [X.] zu versagen ist, wenn das Wohl des Kindes in der Pflegestelle nicht gewährleistet ist (Senatsbeschluss vom 19. Februar 2014 - [X.] 165/13 - FamRZ 2014, 732 Rn. 25; vgl. auch [X.] Urteil vom 21. Oktober 2004 - [X.]54/03 - FamRZ 2005, 93, 95 f.). Zudem hat das Jugendamt nach § 36 Abs. 2 Satz 2 und 3 [X.] einen Hilfeplan aufzustellen und dabei auch die Pflegeeltern zu beteiligen. Mithin weist das Gesetz dem Jugendamt bei der Unterbringung eines Kindes in einer Pflegefamilie die zentrale Stellung zu, die dem Grundsatz nach die entsprechende Anwendung des § 1686 BGB rechtfertigt. Auf diese Weise ist zudem gewährleistet, dass das Jugendamt vor Auskunftserteilung prüfen kann, ob die Auskunft dem Wohl des Kindes nicht widerspricht (§ 1686 Halbsatz 2 BGB).

c) Soweit es die Auskunftspflicht der Kindesmutter und des [X.] anbelangt, stellt sich der angefochtene Beschluss auch nicht aus anderen Gründen (teilweise) als richtig dar (§ 74 Abs. 2 FamFG). Insbesondere lässt sich auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen ein berechtigtes Interesse des Antragstellers an einer Auskunftserteilung im Sinne des § 1686 BGB durch die Kindesmutter und das Jugendamt nicht mit hinreichender Sicherheit verneinen.

aa) Ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 1686 BGB besteht dann, wenn der Elternteil keine andere zumutbare Möglichkeit hat, sich über die Entwicklung und die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu unterrichten (vgl. etwa [X.] Beschluss vom 28. Juni 2016 - 10 UF 21/15 - juris Rn. 10;OLG [X.] Beschluss vom 13. Mai 2016 - 1 UF 109/16 - juris Rn. 12; [X.] Beschluss vom 11. April 2014 - 3 UF 50/13 - juris Rn. 61; [X.] in [X.] Praxiskommentar Kindschaftsrecht § 1686 BGB Rn. 8; [X.]/[X.] [Stand: 15. Oktober 2016] § 1686 Rn. 16 mwN; [X.]/[X.] BGB 76. Aufl. § 1686 Rn. 4 mwN; [X.]/[X.] BGB [2014] § 1686 Rn. 6 mwN; zu § 1634 Abs. 3 BGB vgl. etwa BayObLG FamRZ 1996, 813).

Eine solche anderweitige Möglichkeit kann gegebenenfalls der Umgang mit dem Kind darstellen. Dies gilt allerdings nur, wenn hierdurch nicht der mit dem Umgangsrecht auch verbundene Zweck, die verwandtschaftlichen Beziehungen aufrechtzuerhalten und zu pflegen sowie einer Entfremdung vorzubeugen (vgl. [X.] FamRZ 2013, 361 Rn. 19 mwN; Senatsurteil vom 14. Januar 1987 - [X.] - FamRZ 1987, 356, 358 mwN), gefährdet wird und das Kind in der Lage sowie willens ist, dem Elternteil die erforderlichen Informationen zu erteilen (OLG [X.] Beschluss vom 13. Mai 2016 - 1 UF 109/16 - juris Rn. 13; [X.] Beschluss vom 11. April 2014 - 3 UF 50/13 - juris Rn. 61; [X.]/[X.] 6. Aufl. § 1686 Rn. 8; [X.]/[X.] BGB [2014] § 1686 Rn. 7). Ebenfalls in Betracht kommt im Einzelfall beispielsweise, dass der Elternteil sich - etwa als Inhaber (von Teilen) der Personensorge - die Informationen unschwer von [X.] verschaffen kann (vgl. dazu [X.] in [X.] Praxiskommentar Kindschaftsrecht § 1686 BGB Rn. 6), oder dass er auf sonstige Informationsquellen wie regelmäßige [X.] oder auch Protokolle hierüber zu verweisen ist, wenn diese eine ausreichende Kenntnis von den persönlichen Verhältnissen des Kindes vermitteln.

bb) [X.] Feststellungen dazu, ob solche anderweitigen, ein berechtigtes Interesse des Antragstellers ausschließenden Informationsmöglichkeiten bestehen, hat das [X.] - von seinem rechtlichen Standpunkt aus folgerichtig - nicht getroffen. Das Amtsgericht ist hier davon ausgegangen, dass die Umgangskontakte nicht damit belastet werden sollten, dass das Kind entsprechende Auskünfte erteilt, und hat sonstige Informationsquellen nicht erwogen.

Das berechtigte Interesse lässt sich derzeit auch nicht gegenüber der Kindesmutter oder dem Jugendamt verneinen. Nachdem es an Feststellungen zum Umfang der von der Kindesmutter wahrgenommenen Umgangskontakte ebenso fehlt wie zu denen des Antragstellers, kann nicht beurteilt werden, inwiefern die Kindesmutter über von der Auskunftspflicht umfasste Informationen verfügt, die dem Antragsteller nicht zur Verfügung stehen. Gleichfalls ungeklärt ist, ob und inwieweit eigenständigen Informationsbedürfnissen des Antragstellers gegenüber dem Jugendamt durch die von diesem angebotene Teilnahme an den [X.]n oder durch die Übersendung der entsprechenden Protokolle genügt werden kann.

3. Die angefochtene Entscheidung ist daher teilweise aufzuheben (§ 74 Abs. 5 FamFG). Die Sache ist insoweit an das [X.] zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 74 Abs. 6 Satz 1 und 2 FamFG).

a) Bei seiner neuerlichen rechtlichen Beurteilung hat das [X.] darauf Bedacht zu nehmen, dass der Umfang der Informationen, die der [X.] beanspruchen kann, sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet. Der Elternteil soll in die Lage versetzt werden, sich einen Überblick über die Entwicklung und das Befinden des Kindes zu verschaffen. Die von § 1686 BGB erfassten persönlichen Verhältnisse beinhalten alle insoweit wesentlichen Umstände, insbesondere das schulische Fortkommen, außerschulische Betätigungen, die gesundheitliche Situation und die [X.] Entwicklung des Kindes (vgl. etwa [X.] Beschluss vom 1. August 2016 - 4 UF 99/16 - juris Rn. 8; [X.] in [X.] Praxiskommentar Kindschaftsrecht § 1686 BGB Rn. 10; [X.]/[X.] BGB [2014] § 1686 Rn. 13).

Das Maß und die Häufigkeit der geschuldeten Auskunft haben sich an diesem Zweck zu orientieren, so dass in der Regel zwar die Übersendung der Kopie von Schulzeugnissen, nicht aber detaillierte Angaben zum Tagesablauf des Kindes, ins Einzelne gehende Erziehungsberichte oder ärztliche Unterlagen und Dokumentationen zu verlangen sind (vgl. etwa [X.] Sorge und Umgang Rn. 1326 ff.; [X.] in [X.] Praxiskommentar Kindschaftsrecht § 1686 BGB Rn. 10 f. mwN; [X.]/[X.]/[X.] Familienrecht 6. Aufl. § 1686 BGB Rn. 4; [X.]/[X.] 6. Aufl. § 1686 Rn. 11 f. mwN; [X.]/[X.]. § 1686 Rn. 8 ff.; [X.]/[X.] BGB [2014] § 1686 Rn. 14 f. mwN). Nicht umfasst von den persönlichen Verhältnissen im Sinne des § 1686 BGB ist die vermögensrechtliche Situation des Kindes ([X.] BGB/[X.] [Stand: 1. Mai 2016] § 1686 Rn. 5; [X.] Sorge und Umgang Rn. 1329; [X.]/[X.]. § 1686 Rn. 10; [X.]/[X.] BGB [2014] § 1686 Rn. 12 f.). Inwieweit es bei - wenn auch unregelmäßigem - Umgangskontakt des [X.]n der Übersendung eines Fotos des Kindes bedarf, ist eine Frage des Einzelfalls. Zu bereits vorhandenen Informationen bedarf es keiner Auskunft (vgl. [X.] Sorge und Umgang Rn. 1333; [X.]/[X.] 6. Aufl. § 1686 Rn. 7), die sich im Übrigen nur auf Umstände mit aktuellem Bezug erstrecken muss (vgl. [X.]/[X.] BGB 14. Aufl. § 1686 Rn. 2; [X.]/[X.]. § 1686 Rn. 9).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob und inwieweit ein berechtigtes Interesse an der Auskunftserteilung vorliegt, ist derjenige der abschließenden Entscheidung in der Tatsacheninstanz (vgl. [X.] FamRZ 1995, 1288, 1289; [X.] BGB/[X.] [Stand: 1. Mai 2016] § 1686 Rn. 3; [X.]/[X.] [Stand: 15. Oktober 2016] § 1686 Rn. 16, 20).

b) Die Zurückverweisung gibt dem [X.] Gelegenheit, die Notwendigkeit der bislang unterbliebenen persönlichen Anhörungen des Kindes und der Kindeseltern (§§ 159 f. FamFG) einer neuerlichen Überprüfung zu unterziehen.

4. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).

Dose      

        

[X.]      

        

Schilling

        

Botur      

        

Guhling      

        

Meta

XII ZB 345/16

14.12.2016

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Stuttgart, 27. Juni 2016, Az: 15 WF 74/16

§ 1686 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.12.2016, Az. XII ZB 345/16 (REWIS RS 2016, 797)

Papier­fundstellen: NJW 2017, 1239 REWIS RS 2016, 797

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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