Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.03.2017, Az. XII ZB 245/16

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 14030

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:150317BXIIZB245.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB
245/16

vom

15. März
2017

in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 1686; FamFG § 95 Abs. 1 Nr. 3; ZPO § 888
Eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung über die persönlichen Verhältnisse eines Kindes wird durch die Verhängung von Zwangsmitteln gemäß §§
95 Abs.
1 Nr.
3 FamFG, 888 ZPO vollstreckt.
[X.], Beschluss vom 15. März 2017 -
XII ZB 245/16 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 15.
März
2017
durch [X.], [X.]
Klinkhammer, Dr.
Günter
und Dr.
Nedden-Boeger
und die Richterin Dr.
Krüger
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der
Antragsgegnerin
wird der
Be-schluss des 2.
[X.]s für Familiensachen
des
[X.] vom 14.
April
2016
aufgehoben.
Die
sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Be-schluss des [X.] vom 17.
November 2015 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass gegen die An-tragsgegnerin
zur Erzwingung der Auskunft über den Gesund-heitszustand des Kindes F.

zum 15.
August 2015 gemäß Absatz
4 des Beschlusses des 2.
[X.]s für Familiensa-chen des [X.] vom 15.
Juli 2015 ein Zwangsgeld
in Höhe von 100

von einem
Tag für jeweils 50

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt die [X.].
[X.]: 100

-
3
-
Gründe:
I.
Die Antragsgegnerin wendet sich gegen die Verhängung eines [X.] (ersatzweise Ordnungshaft) von 100

Das [X.] hatte die Antragsgegnerin durch Beschluss vom 15.
Juli 2015
(Absätze
3 bis 5)
wie folgt verpflichtet:
Der Mutter wird aufgegeben, dem Vater zum 15.
August 2015 und sodann jeweils zum 15.
November, 15.
Februar, 15.
Mai und 15.
August eines jeden Jahres ein Foto des gemeinsamen Kindes zu übersenden, ebenso Fotos des Kindes anlässlich von Feier-lichkeiten, die in Bezug auf das Kind stattfinden, wie Feiern des Geburtstages des Kindes oder der Einschulung des Kindes.
Der Mutter wird aufgegeben, dem Vater zum 15.
August 2015 und sodann jeweils zum 1.
Januar und 1.
Juli eines jeden Jahres [X.] über den Gesundheitszustand des Kindes zu erteilen und hierzu jeweils aktuelle Atteste der behandelnden Ärzte
und Thera-peuten des Kindes vorzulegen.
Die Mutter wird darauf hingewiesen, dass das Gericht im Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehenden Anordnungen ein Ord-nungsgeld in Höhe von bis zu 25.000

e-ses nicht beigetrieben werden
kann oder die Anordnung eines [X.] keinen Erfolg verspricht, Ordnungshaft anordnen kann.

1
2
-
4
-
Die Antragsgegnerin hat Auskunft über den Gesundheitszustand des Kindes zum 15.
August 2015 nicht erteilt.
Das Amtsgericht hat auf Antrag des Antragstellers gegen die [X.] ein Ordnungsgeld in Höhe von 100

atzweise einen
Tag [X.] je 50

. Die hiergegen gerichtete Beschwerde
hat das [X.] zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie ihren Antrag auf Zurück-weisung des Antrags auf Anordnung von [X.] weiterverfolgt.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist nach §
574 Abs.
1 Nr.
2 ZPO (vgl. [X.]sbe-schluss vom 17.
August 2011

XII
ZB
621/10

FamRZ 2011, 1729 Rn.
4) statt-haft, weil das [X.]
sie
in dem
angefochtenen Beschluss zugelas-sen hat.
Daran ist der [X.] gebunden

574 Abs.
3 Satz
2 ZPO).
In der Sache hat die Rechtsbeschwerde nur insoweit
Erfolg, als gegen die Antragsgegnerin nicht ein Ordnungsgeld, sondern ein Zwangsgeld nach §§
95 Abs.
1 Nr.
3
FamFG, 888 ZPO festzusetzen ist.
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner
in [X.], 1943 veröffentlichten
Entscheidung ausgeführt,
das Amtsgericht habe zu Recht ein Ordnungsgeld gegen die Mutter festgesetzt. Auf eine Auskunftsverpflichtung nach §
1686 BGB seien entgegen der überwiegenden Auffassung nicht die [X.] über die Vollstreckung einer nicht vertretbaren Handlung nach §§
95 Abs.
1 Nr.
3 FamFG, 888 ZPO anzuwenden, sondern die §§
88
ff. FamFG. Denn bei dieser Auskunftsverpflichtung handele es sich um einen Annexan-spruch zum Anspruch auf Regelung des Umgangs. Dass ein isoliertes Aus-3
4
5
6
7
-
5
-
kunftsverfahren nach §
1686 BGB im Gegensatz zur Regelung des persönli-chen Umgangs eines Kindes zu den Rechtspflegergeschäften gehöre, spreche nicht notwendig dafür, dass auch hinsichtlich der jeweiligen Vollstreckung un-terschiedliche Wege eingeschlagen werden müssten. Das Auskunftsrecht nach §
1686 BGB sei nach seiner systematischen Stellung den Umgangsregelungen zugeordnet. Es entspreche einem praktischen Bedürfnis, dass ein umgangsbe-rechtigter Elternteil sein Auskunftsrecht nach §
1686 BGB bereits im [X.] bringen könne. Dann liege es nahe, dass das Gericht in einer einheitlichen Entscheidung die Ausgestaltung des Umgangs und
die Auskunftsverpflichtung regele. Angesichts dessen sei auch eine [X.] Vollstreckung der Verpflichtungen wünschenswert. Vorliegend habe die Antragsgegnerin ihre Verpflichtung zur Auskunftserteilung und [X.] aus dem Beschluss des [X.] vom 15.
Juli 2015 nicht vollständig erfüllt. Unabhängig davon, welche Atteste oder sonstigen Belege hinsichtlich des Gesundheitszustands des Kindes vorzulegen wären, habe die [X.] offensichtlich eine Auskunft über den Gesundheitszustand zum 15.
Au-gust 2015 nicht erteilt. Die Höhe des [X.] sei mit 100

n-gemessen, denn der Umstand, dass die Auskunftsverpflichtete nach ihren eige-nen Angaben nur Leistungen nach SGB
II beziehe, könne nicht zu einem Ver-zicht auf Festsetzung eines [X.] führen.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
a) Nach §
95 Abs.
1 Nr.
3 FamFG ist auf die Vollstreckung zur Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung

soweit es nicht um die Herausgabe von Personen und die Regelung des Umgangs geht

§
888 ZPO entsprechend an-zuwenden. Danach ist der Schuldner durch Zwangsgeld, ersatzweise [X.], oder durch Zwangshaft zur Vornahme der Handlung anzuhalten, wobei eine Androhung der Zwangsmittel nach §
888 Abs. 2 ZPO nicht stattfindet.
8
9
-
6
-
Anders als diese Zwangsmittel, die ausschließlich der Einwirkung auf den Willen der pflichtigen Person dienen, haben Ordnungsmittel nach §
89 FamFG
daneben Sanktionscharakter. Sie können deshalb auch dann festge-setzt und vollstreckt werden, wenn die zu vollstreckende Handlung, Duldung oder Unterlassung wegen Zeitablaufs nicht mehr vorgenommen werden kann ([X.]sbeschluss vom 17.
August 2011

XII
ZB
621/10

FamRZ 2011, 1729 Rn.
14 mwN). Mit dieser weitergehenden Sanktionsmöglichkeit der Ordnungs-mittel korrespondiert die Hinweispflicht nach §
89 Abs.
2 FamFG.
b) Nach weit überwiegender Auffassung ([X.], 162; [X.] Beschluss vom 12.
September 2011

6
UF
193/11

juris Rn.
11
f.; [X.][X.] FamFG 19.
Aufl. §
95 Rn.
12; [X.]/Feskorn, ZPO 31.
Aufl. §
95 FamFG Rn.
6; [X.]/[X.] BGB [2014] §
1686 Rn.
17; [X.]/[X.] BGB [2014] §
1686 Rn.
1; MünchKommBGB/[X.] 7.
Aufl. §
1686 BGB Rn.
14; [X.]/[X.] FamFG 3.
Aufl. §
95 Rn.
6; a.A.: NK-BGB/Peschel-Gutzeit 3.
Aufl. §
1686 Rn.
13 Fn.
48; Völker/[X.] Das familienrechtliche Mandat §
2 Rn.
214 iVm §
6 Rn.
30) handelt es sich bei der Verpflichtung zur Auskunftserteilung nach §
1686 BGB nicht um eine Regelung des Umgangs im Sinne des §
89 Abs.
1 FamFG, sondern um eine nicht vertret-bare Handlung nach §§
95 Abs.
1 Nr.
3 FamFG, 888 ZPO.
Die überwiegend vertretene
Auffassung ist zutreffend.
Nach §
1686 BGB kann jeder Elternteil bei berechtigtem Interesse vom anderen Elternteil Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes ver-langen, soweit dies dem Kindeswohl nicht widerspricht. Der Auskunftsanspruch wurde durch das Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts vom 16.
Dezember 1997 (Kindschaftsrechtsreformgesetz

[X.]; [X.]
I S.
2942) mit Wirkung zum 1.
Juli 1998 in §
1686 Satz
1 BGB geregelt. Während der zuvor in §
1634 10
11
12
13
-
7
-
Abs.
3 Satz
1 BGB geregelte Auskunftsanspruch ursprünglich geschaffen wur-de, um das mit Einschränkung oder Ausschluss des Umgangsrechts einherge-hende Informationsdefizit des umgangsberechtigten Elternteils auszugleichen (BT-Drucks. 8/2788 S.
55
f.), kommt dem Anspruch nunmehr neben dieser rei-nen Ersatzfunktion zusätzlich eine [X.] gegenüber dem [X.] zu ([X.]sbeschluss vom 14.
Dezember 2016

XII
ZB
345/16

FamRZ
2017, 378
Rn.
15 mwN). §
1686 BGB will dem Grundsatz nach jedem Elternteil ohne Rücksicht auf die Verteilung des Sorgerechts ermöglichen, vom anderen Elternteil die wesentlichen Informationen zu den persönlichen Verhält-nissen des Kindes zu erhalten, an die er anders nicht in zumutbarer Weise ge-langen kann (BT-Drucks. 13/4899 S.
107; [X.]sbeschluss vom 14.
Dezember 2016

XII
ZB
345/16

FamRZ
2017, 378
Rn.
16). Danach steht die Auskunfts-verpflichtung selbständig neben einer Regelung
des Umgangs.
Dass eine Verpflichtung zur Erteilung einer Auskunft, die nur aufgrund persönlichen Wissens des Auskunftspflichtigen gegeben werden kann, regel-mäßig als unvertretbare Handlung nach §
888 ZPO vollstreckt wird, entspricht im Übrigen allgemeiner Auffassung (vgl. [X.]sbeschluss vom 26.
Oktober 2011

XII
ZB
465/11

FamRZ 2012, 24 Rn.
21; [X.] Beschluss vom 3.
Juli 2008

I
ZB
87/06

NJW 2008, 2919, 2920 zur Vollstreckung des Anspruchs auf Nennung des Namens des Kindesvaters; [X.]Z 49, 11, 15 zur Auskunftspflicht des Konkursverwalters; [X.]/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichter-lichen Praxis 9.
Aufl. §
1 Rn.
1191).
3. Die angefochtene Entscheidung kann danach keinen Bestand haben.
Der [X.] kann in der Sache selbst abschließend entscheiden, weil die Voraussetzungen für die Verhängung eines Zwangsgelds gemäß §§
95 Abs.
1 Nr.
3 FamFG, 888 ZPO nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen 14
15
16
-
8
-
des [X.]s vorliegen
und eine Androhung der Zwangsmittel nach §
888 Abs.
2 ZPO nicht stattfindet.
Der Antrag des Antragstellers vom 23.
September 2015 auf Verhängung eines [X.] gegen die Antragsgegnerin wegen der fehlenden [X.] über den Gesundheitszustand des Kindes zum 15.
August 2015 ist nach seinen Interessen als Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes auszulegen.
Die Antragsgegnerin stellt im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht in [X.], dass sie die ihr aus dem Beschluss des [X.]s vom 15.
Juli 2015 obliegende Verpflichtung zur Auskunftserteilung und Vorlage von Belegen zum 15.
August 2015 nicht vollständig erfüllt hat. Ebenso wenig wendet sie sich gegen die Einschätzung des [X.]s, die Festsetzung von 100

maßvoll, wenn auch die Antragsgegnerin nach ihren eigenen Angaben aus-schließlich Leistungen nach SGB
II bezieht.
Dose

Klinkhammer

Günter

Nedden-Boeger

Krüger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 17.11.2015 -
6 [X.]/13 -

OLG [X.], Entscheidung vom 14.04.2016 -
10 [X.] -

17
18

Meta

XII ZB 245/16

15.03.2017

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.03.2017, Az. XII ZB 245/16 (REWIS RS 2017, 14030)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 14030

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZB 245/16

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