Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.12.2016, Az. XII ZB 345/16

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 769

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:141216BXII[X.]345.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 345/16
vom
14. Dezember 2016
in der Familiensache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
BGB § 1686
a)
Der Auskunftsanspruch nach §
1686 BGB setzt nicht voraus, dass der Auskunfts-verpflichtete die Obhut über das Kind ausübt. Grundsätzlich kommt daher auch ein auf Umgangskontakte beschränkter Elternteil als Anspruchsgegner in Betracht.
b)
§
1686 BGB kann in entsprechender Anwendung einem Elternteil auch einen [X.] gegenüber [X.] gewähren, die nicht Elternteil, aber in ihrer rechtlichen oder tatsächlichen Stellung einem solchen vergleichbar sind (hier: Jugendamt).
c)
Ein berechtigtes Interesse im Sinne des §
1686 BGB besteht dann, wenn der [X.] keine andere zumutbare Möglichkeit hat, sich über die Entwicklung und die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu unterrichten. Eine solche anderweitige Möglichkeit kann gegebenenfalls der Umgang mit dem Kind darstellen, aber auch in sonstigen Informationsquellen bestehen, wenn diese eine ausreichende Kennt-nis von den persönlichen Verhältnissen des Kindes vermitteln.
d)
Zum Umfang der Informationen, die der [X.] nach §
1686 BGB beanspruchen kann.
[X.], Beschluss vom 14. Dezember 2016 -
XII [X.] 345/16 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-

Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 14.
Dezember 2016 durch [X.] und [X.]
Klinkhammer, Schilling, Dr.
Botur und Guhling

beschlossen:
Der Beschluss des 15.
Zivilsenats

Familiensenat

des Oberlan-desgerichts [X.] vom 27.
Juni 2016 wird von Amts wegen wie folgt berichtigt:
-
Der erste Satz von Ziffer
2 der Beschlussformel
beginnt richtig wie folgt: "".
-
Im ersten Satz unter Ziffer
II.
2 der Gründe sind die Worte "als Ergänzungspfleger"
ersatzlos zu streichen.
Auf die Rechtsbeschwerde wird der vorbezeichnete Beschluss aufgehoben, soweit die auf Auskunftserteilung gerichteten Anträge des weiteren Beteiligten zu
1 gegen die weiteren Beteiligten zu
2 und zu 3 zurückgewiesen
worden sind.
Im Übrigen ([X.] gegen die weiteren Beteiligten zu
4) wird die Rechtsbe-schwerde zurückgewiesen.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.],
an das [X.] zurückverwiesen.
Wert: 3.000

-
3
-

Gründe:
I.
Der Antragsteller (Beteiligter zu
1) begehrt von der Kindesmutter
([X.] zu
2), dem Jugendamt (Beteiligter zu
3)
und den Pflegeeltern (Beteiligte zu
4) Auskunft über die persönlichen Verhältnisse seines [X.].
Der Antragsteller ist der Vater des am 1.
Februar 2006 ehelich gebore-nen Kindes und von dessen Mutter inzwischen geschieden. Bereits kurz nach der Geburt zogen Mutter und Kind zu den Eheleuten [X.], die bereits die Pflege-eltern der Mutter waren
und nun Pflegeeltern des Kindes sind. Im Juli 2008 wurden den Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht zur Stellung von [X.] und das Recht zur Ausübung der Gesundheitsfürsorge entzogen und auf das Jugendamt als Ergänzungspfleger übertragen. Für die Mutter besteht eine Betreuung.
Das Kind hat mit beiden Eltern Umgang. Wegen des

aktuell nur begleitet stattfindenden

Umgangs mit dem Antragsteller ist ein weiteres familiengerichtliches Verfahren anhängig.
Im Februar 2016 hat der Antragsteller beantragt, die Kindesmutter, die Pflegeeltern und das Jugendamt zu
monatlichen detaillierten schriftlichen Aus-künften
über die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu verpflichten,
und [X.] eine Reihe von Punkten aufgeführt, auf die sich die Auskunft erstrecken [X.]. Das Amtsgericht hat diesem Antrag insoweit entsprochen, als es die [X.] und die Pflegeeltern verpflichtet hat, dem Jugendamt halbjährlich Bericht zu erstatten, und das Jugendamt verpflichtet hat, diese Auskünfte an den Antragsteller weiterzuleiten.
Als von der Auskunftspflicht umfasst hat es dabei "insbesondere die Entwicklung des Kindes, etwaige Erkrankun-gen und Impfungen/Allergien etc., die schulischen Leistungen sowie ein aktuel-les Foto des Kindes"
bezeichnet und den Antrag im Übrigen abgewiesen.
1
2
3
-
4
-

Hiergegen haben das Jugendamt und der Antragsteller Beschwerde ein-gelegt. Der Antragsteller hat zudem beantragt, die Antragsgegner zur Unterlas-sung bestimmter Behauptungen zu verpflichten. Das [X.] hat die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen, auf die Beschwerde des [X.]s in Abänderung des amtsgerichtlichen Beschlusses die Anträge des Antragstellers vollständig zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelas-sen.
Mit der beschränkt eingelegten Rechtsbeschwerde verfolgt der [X.] seine auf Auskunft gerichteten Anträge in vollem Umfang weiter.

II.
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers hat Erfolg, soweit sie sich ge-gen die Zurückweisung der Auskunftsanträge gegen die Kindesmutter und das Jugendamt richtet. Sie führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen [X.] und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].
1. Dieses
hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Nach §
1686 BGB sei lediglich ein Elternteil zur Auskunft verpflichtet. Deshalb scheide eine Auskunftsverpflichtung der Pflegeeltern ebenso wie eine solche des [X.] als Ergänzungspfleger von vornherein aus. Auch die Mutter sei nicht auskunftsverpflichtet, weil das Kind sich nicht in ihrer Obhut befinde. Denn sie könne aus eigener Anschauung und Kenntnis der persönli-chen Verhältnisse keine Auskunft geben, und weder Pflegeeltern noch Jugend-amt seien ihr gegenüber auskunftspflichtig.

4
5
6
7
8
-
5
-

Es bestehe auch kein Anlass, die Auskunftspflicht des §
1686 BGB durch dessen entsprechende Anwendung auf
die Pflegeeltern und das Jugendamt als Ergänzungspfleger zu erstrecken. Der Gesetzgeber habe lediglich einen Eltern-teil, in dessen Obhut sich das Kind aufhalte, zur Auskunft verpflichten wollen, nicht aber Dritte, gleich in welcher Funktion sie in die Betreuung des Kindes eingebunden seien. Deshalb fehle es an einer gesetzgeberischen Lücke. Die
gesetzliche Regelung
verstoße auch nicht gegen den Schutz der Elternrechte des Antragstellers. Denn es sei ihm unbenommen, das Jugendamt nach §
18 Abs.
3 Satz
4 SGB
VIII auf Vermittlung und Hilfestellung hinsichtlich der [X.] in Anspruch zu nehmen. Dieses habe ihm angeboten, ihm im Rahmen der [X.] sowie in gesonderten Gesprächen Auskunft zu erteilen, doch habe der Antragsteller solche Gesprächsmöglichkeiten bislang nicht wahrgenommen.
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nur teilweise stand.
a) Entgegen der von der Rechtsbeschwerde vertretenen Auffassung [X.] die angefochtene Entscheidung nicht bereits deshalb (teilweise) der Aufhebung, weil das [X.] den erstinstanzlichen Beschluss auf die Beschwerde des Kindes abgeändert
habe, ohne dass eine solche eingelegt gewesen sei.
Zutreffend ist zwar, dass das [X.] in der Beschlussformel
die Abänderung auf eine Beschwerde des Kindes ausgesprochen und in den Gründen ausgeführt hat, "die Beschwerde des [X.] als Ergänzungs-pfleger"
sei begründet. Hierbei handelt es sich jedoch um offenbare Unrichtig-keiten im Sinne des §
42 Abs.
1 FamFG. Das [X.] führt im Sach-verhalt zutreffend aus, dass das Jugendamt gegen den Beschluss des Amtsge-richts Beschwerde eingelegt habe. Wie sich aus der damit in Bezug genomme-9
10
11
12
-
6
-

nen Beschwerdeschrift ohne weiteres ergibt, wurde das Jugendamt dabei nicht als gesetzlicher Vertreter des Kindes, sondern aus eigenem Beschwerderecht gemäß §
162 Abs.
3 Satz
2 FamFG tätig. Außer der im angefochtenen Be-schluss gesondert abgehandelten Beschwerde des Antragstellers gab es keine weitere Beschwerde, so dass das [X.] allein auf die vom [X.] eingelegte Beschwerde abgestellt haben kann und insoweit eine schlichte Falschbezeichnung vorliegt. Diese kann der Senat als zuständiges Rechtsbeschwerdegericht selbst berichtigen (vgl. Senatsbeschluss vom 28.
Juni 2006

XII
[X.]
9/04

NJW-RR 2006, 1628 Rn.
18 [X.]; [X.]/[X.] FamFG 18.
Aufl. §
42 Rn.
31; [X.]/Weinreich/Oberheim FamFG 5.
Aufl. §
42 Rn.
30).
b) Die vom Antragsteller geltend gemachten Auskunftsansprüche lassen sich mit der
vom [X.] gewählten Begründung
nicht verneinen. Anders als in der angefochtenen Entscheidung angenommen setzt der [X.] nach
§
1686 BGB zum einen nicht
zwingend voraus, dass der Auskunftsverpflichtete die Obhut über das Kind in einem Sinn ausübt, wie er etwa §§
1629 Abs.
2 Satz
2, 1684 Abs.
2 Satz
2 BGB
(vgl. insoweit Senatsbe-schluss vom 12.
März 2014

XII
[X.]
234/13

FamRZ 2014, 917 Rn.
16)
zu-grunde liegt. Grundsätzlich kommt daher auch die auf Umgangskontakte be-schränkte Kindesmutter als Anspruchsgegnerin in Betracht. Zum
anderen ist die entsprechende Anwendung des §
1686 BGB auf andere Auskunftsverpflichtete als den Elternteil nicht von vorneherein ausgeschlossen, wobei sich der [X.] im vorliegenden Fall nicht gegen die Pflegeeltern, sondern nur gegen das Jugendamt richten kann.
aa) Nach §
1686 BGB kann jeder Elternteil vom anderen Elternteil bei berechtigtem Interesse Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes verlangen, soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
Die Vorschrift 13
14
-
7
-

stellt ihrem Wortlaut nach nicht darauf ab, welcher Elternteil die Obhut über das Kind ausübt, sondern setzt allein ein berechtigtes Interesse voraus. Dieses kann nach richtiger Ansicht grundsätzlich auch gegenüber einem "nur"
um-gangsberechtigten Elternteil bestehen
(vgl.
etwa [X.], 2003
f.; [X.]/Döll BGB 14.
Aufl. §
1686 Rn.
1; [X.] Sorge und Um-gang Rn.
1321; MünchKomm/[X.] BGB 6.
Aufl. §
1686 Rn.
5; [X.]/Götz BGB 76.
Aufl. §1686 Rn.
4; [X.]/[X.] BGB [2014] §
1686 Rn.
5; a.A. wohl BeckOK
BGB/[X.] [Stand: 1.
Mai 2016] §
1686 Rn.
4; [X.]/[X.] [Stand: 15.
Oktober 2016] §
1686 Rn.
13).
Das ergibt sich so-wohl aus der Gesetzgebungsgeschichte
als auch aus dem Sinn und Zweck der Bestimmung.
(1) In §
1686 Satz
1 BGB ist der Auskunftsanspruch des Elternteils
durch das Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts vom 16.
Dezember 1997 ([X.]sreformgesetz

KindRG; [X.]
I S.
2942) mit Wirkung zum 1.
Juli 1998 geregelt worden. Im Gegensatz zur Vorläuferbestimmung des §
1634 Abs.
3 Satz
1 BGB ist auskunftsberechtigt nicht mehr nur derjenige Elternteil, dem die Personensorge nicht zusteht. Während der Auskunftsanspruch ur-sprünglich geschaffen
wurde, um das mit Einschränkung oder Ausschluss des Umgangsrechts einhergehende Informationsdefizit des umgangsberechtigten Elternteils auszugleichen (BT-Drucks. 8/2788 S.
55), kommt dem Anspruch nunmehr neben dieser reinen
Ersatzfunktion
zusätzlich eine Ergänzungsfunkti-on
gegenüber dem Umgangsrecht zu
(BeckOK
BGB/[X.] [Stand: 1.
Mai 2016] §
1686 Rn.
1 [X.]; [X.]/Peschel-Gutzeit 3.
Aufl. §
1686 Rn.
3; [X.]/Götz BGB 76.
Aufl. §
1686 Rn.
1; [X.]/[X.] BGB [2014] §
1686 Rn.
2).
§
1686 BGB will dem Grundsatz nach jedem Elternteil ohne Rücksicht auf die Verteilung des Sorgerechts (vgl. BT-Drucks.
13/4899 S.
107) ermögli-15
16
-
8
-

chen, vom anderen Elternteil die wesentlichen Informationen zu den persönli-chen Verhältnissen des Kindes zu erhalten, an die er anders nicht in zumutba-rer Weise gelangen kann. Ein solches Informationsbedürfnis kann aber auch gegenüber dem umgangsberechtigten Elternteil etwa hinsichtlich
solcher
Vor-gänge bestehen, die sich im Rahmen des Umgangs ereignet haben ([X.]/Götz BGB 76.
Aufl. §
1686 Rn.
4; [X.]/[X.] BGB [2014] §
1686 Rn.
5).
(2) Ein entgegenstehender gesetzgeberischer Wille lässt sich, anders als das [X.] meint, den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 13/4899 S.
107) nicht entnehmen.
Dort ist ausgeführt, der Auskunftsanspruch solle nicht mehr davon abhängen, dass derjenige, der Auskunft erhalten wolle, nicht Inha-ber der Sorge sei. Vielmehr könne "auch bei gemeinsamer elterlicher Sorge insbesondere gegenüber demjenigen Elternteil, der das
Kind in seiner Obhut hat, ein Auskunftsbedürfnis bestehen."
Damit wird lediglich beispielhaft ein Fall beschrieben, in dem ein berechtigtes Interesse des (mit)sorgeberechtigten [X.]s auf Auskunft vorliegen kann, ohne aber die Obhut des Auskunftsver-pflichteten zur Anspruchsvoraussetzung zu erheben.
bb) Mit Blick auf den Gesetzeszweck kann §
1686 BGB in entsprechen-der Anwendung einem Elternteil auch einen Auskunftsanspruch gegenüber [X.]
gewähren, die nicht Elternteil sind
([X.] Be-
schluss vom 1.
August 2016

4
UF
99/16

juris Rn.
7; DIJuF-Rechtsgutachten [X.] 2013, 203, 204; [X.] Sorge und Umgang Rn.
1323
f.; [X.]
in [X.]
Praxiskommentar Kindschaftsrecht §
1686 Rn.
5; Horndasch
in Scholz/[X.]/Motzer Praxishandbuch Familienrecht [Stand: Februar 2016] Teil
E
Rn.
150; [X.]/Peschel-Gutzeit 3.
Aufl. §
1686 Rn.
5; [X.]/[X.] BGB [2014] §
1686 Rn.
5; so dem Grundsatz nach auch [X.]/[X.] 6.
Aufl. §
1686 Rn.
6; a.A. BeckOK
BGB/[X.] 17
18
-
9
-

[Stand: 1.
Mai 2016] §
1686 Rn.
4; [X.]/[X.]/[X.] Familienrecht 6.
Aufl. §
1686 Rn.
1; [X.]/[X.] [Stand: 15.
Oktober 2016] §
1686 Rn.
14; [X.] in [X.] Familienrecht 3.
Aufl. §
7 Rn.
172; [X.]/Götz BGB 76.
Aufl. §
1686 Rn.
3).
Vorliegend kommt insoweit allein das Jugendamt als Anspruchsgegner in Betracht.
(1) Zwar hat
der Gesetzgeber sowohl im Zuge des Kindschafts-
rechtsreformgesetzes als auch im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Stär-kung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen [X.] vom 4.
Juli 2013 ([X.]
I
S.
2176), mit dem der die Zuständigkeit des Familiengerichts regelnde letzte Halbsatz des §
1686 BGB gestrichen wurde, an der Formulierung "Eltern-teil"
festgehalten. Es fehlt aber an jedem Anhaltspunkt
dafür, dass er dabei auch die
Fälle bedacht
hat, in denen kein anderer Elternteil mehr vorhanden oder aufgrund der Umstände des Einzelfalls nicht der andere Elternteil, sondern nur ein Dritter in der Lage ist, die wesentlichen Auskünfte zu den persönlichen Verhältnissen des Kindes zu erteilen. Die Gesetzesmaterialien sind insoweit unergiebig (vgl. BT-Drucks. 13/4899 S.
107 und 17/12163 S.
8).
Das Augen-merk des Gesetzgebers lag vielmehr jeweils auf der Person des Auskunftsbe-rechtigten, während der andere Elternteil als der Auskunftsverpflichtete ersicht-lich als gegeben angesehen und die Person des Anspruchsgegners nicht weiter hinterfragt wurde. Mithin ist nicht von einer bewussten gesetzgeberischen Ent-scheidung gegen die Auskunftspflicht anderer Personen als der Eltern, sondern vom Vorliegen einer unbewussten
Regelungslücke
auszugehen.
Die Interessenlage des Elternteils, der auf eine Auskunft angewiesen ist, um Kenntnis von den persönlichen Verhältnissen
seines Kindes zu erlangen, lässt sich nicht danach unterscheiden, ob der andere Elternteil oder "nur"
ein in seiner rechtlichen oder tatsächlichen Stellung einem Elternteil vergleichbarer Dritter zur Auskunftserteilung in der Lage ist. Stets geht es darum, dem aus 19
20
-
10
-

dem von Art.
6 Abs.
2 Satz
2 GG geschützten Elternrecht fließenden berechtig-ten Informationsbedürfnis Geltung zu verschaffen (vgl. [X.] Beschluss vom 1.
August 2016

4
UF
99/16

juris Rn.
7; [X.]/[X.] BGB [2014] §
1686 Rn.
5).
(2) Die Auskunftspflicht trifft
in entsprechender Anwendung des § 1686 BGB in erster Linie die Person, die kraft
des Sorgerechts über die zur Auskunft erforderlichen Informationen verfügt bzw. an diese gelangen kann. Dies ist re-gelmäßig der Vormund oder

im Rahmen der ihm übertragenen Sorgerechtsbe-fugnisse

der Pfleger, weil er in seiner rechtlichen Stellung einem Elternteil am nächsten kommt. Nur soweit sich der [X.] die erforderlichen Informationen nicht verschaffen kann, kommt als Anspruchsgegner im Einzelfall auch derjenige in Betracht, der aufgrund eines sonstigen einem Elternteil ver-gleichbaren [X.]ses für das Kind, etwa der Ausübung der tat-sächlichen
Obhut,
zur Auskunftserteilung in der Lage ist.
(3) Danach kann sich der Auskunftsanspruch des Kindesvaters im vorlie-genden Fall nicht gegen die Pflegeeltern, sondern allenfalls gegen das Jugend-amt richten. Denn dieses ist hier in seiner Stellung am ehesten einem Elternteil vergleichbar, soweit die Kindesmutter als der nach §
1686 BGB eigentlich ver-pflichtete Elternteil zu einer Auskunft aufgrund der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten des Einzelfalls nicht in der Lage ist.
Das folgt zum einen daraus,
dass das Jugendamt als Ergänzungspfleger teilweise Inhaber des Sorgerechts
ist und als solcher insoweit Zugriff auf die zur Auskunft erforderlichen Informationen hat. Zum anderen ergibt es sich aber vor allem aus dem [X.] zwischen dem Jugendamt und dem in der Vollzeitpflege befindlichen Kind, in dessen Rahmen die Betreuung und das Le-ben des Kindes in der Pflegefamilie der Aufsicht des [X.] unterliegen
21
22
23
-
11
-

(vgl. [X.] Urteile
vom 6.
Juli 2006

III
ZR
2/06

[X.], 1264, 1265
f. und [X.]Z 166, 268 =
[X.], 544, 545). Gemäß §
37 Abs.
3 Satz
1 SGB
VIII soll das Jugendamt den Erfordernissen des Einzelfalls entsprechend an Ort und Stelle überprüfen, ob die Pflegeperson eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen förderliche Erziehung gewährleistet. Ferner benötigen die Pflegeeltern nach §
44 SGB
VIII eine Erlaubnis
zur Vollzeitpflege, die nach §
44 Abs.
2 Satz
1 SGB
VIII zu versagen ist, wenn das Wohl des Kindes in der Pflegestelle nicht gewährleistet ist (Senatsbeschluss vom 19.
Februar 2014

XII
[X.]
165/13

FamRZ
2014, 732 Rn.
25; vgl. auch [X.] Urteil vom 21.
Okto-ber 2004

III
ZR
254/03

FamRZ 2005, 93, 95
f.). Zudem hat das Jugendamt nach §
36
Abs.
2 Satz
2
und
3 SGB
VIII einen Hilfeplan aufzustellen
und dabei auch die Pflegeeltern zu beteiligen. Mithin weist das Gesetz dem Jugendamt bei der Unterbringung eines Kindes in einer Pflegefamilie die zentrale
Stellung
zu, die dem Grundsatz nach die entsprechende Anwendung des §
1686 BGB rechtfertigt. Auf diese Weise ist zudem gewährleistet, dass das Jugendamt vor Auskunftserteilung prüfen kann, ob die Auskunft dem Wohl des Kindes nicht widerspricht (§
1686 Halbsatz
2 BGB).
c) Soweit es die Auskunftspflicht der Kindesmutter und des [X.] anbelangt, stellt sich der angefochtene Beschluss auch nicht aus anderen Gründen (teilweise) als richtig dar (§
74 Abs.
2 FamFG). Insbesondere lässt sich auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen ein berechtigtes Interesse des Antragstellers an einer Auskunftserteilung im Sinne des §
1686 BGB durch die Kindesmutter und das Jugendamt nicht mit hinreichender Si-cherheit verneinen.
aa) Ein berechtigtes
Interesse im Sinne des §
1686 BGB besteht dann, wenn der Elternteil keine andere zumutbare
Möglichkeit hat, sich über die Entwicklung
und die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu unterrichten (vgl. 24
25
-
12
-

etwa [X.] Beschluss vom 28.
Juni 2016

10
UF 21/15

juris Rn.
10;
[X.] Beschluss vom 13.
Mai 2016

1
UF
109/16

juris Rn.
12; OLG Brandenburg
Beschluss vom 11.
April 2014

3
UF
50/13

juris Rn.
61; [X.]
in [X.] Praxiskommentar Kindschaftsrecht §
1686 BGB Rn.
8; [X.]/[X.] [Stand: 15.
Oktober 2016] §
1686
Rn.
16 [X.]; [X.]/Götz
BGB 76.
Aufl. §
1686 Rn.
4
[X.]; [X.]/[X.] BGB [2014] §
1686 Rn.
6 [X.]; zu §
1634 Abs.
3 BGB vgl. etwa BayObLG FamRZ 1996, 813).
Eine solche anderweitige Möglichkeit kann gegebenenfalls
der Umgang mit dem Kind darstellen. Dies gilt allerdings nur, wenn hierdurch nicht der mit dem Umgangsrecht auch verbundene Zweck, die verwandtschaftlichen Bezie-hungen aufrechtzuerhalten und zu pflegen sowie einer Entfremdung vorzubeu-gen
(vgl. [X.] FamRZ 2013, 361
Rn.
19 [X.]; Senatsurteil vom 14.
Januar 1987

IVb
ZR
65/85

FamRZ 1987, 356, 358 [X.]),
gefährdet wird und das Kind in der Lage sowie willens ist, dem Elternteil die erforderlichen Informatio-nen zu erteilen ([X.] Beschluss vom 13.
Mai 2016

1
UF
109/16

juris Rn.
13;
OLG Brandenburg Beschluss vom 11.
April 2014

3
UF
50/13

juris Rn.
61; [X.]/[X.] 6.
Aufl. §
1686 Rn.
8; [X.]/[X.] BGB [2014] §
1686 Rn.
7).
Ebenfalls in Betracht kommt
im Einzelfall beispielsweise, dass der Elternteil sich

etwa als Inhaber (von Teilen) der Per-sonensorge

die Informationen unschwer von Dritten verschaffen
kann (vgl. dazu [X.] in [X.] Praxiskommentar Kindschaftsrecht §
1686 BGB Rn.
6), oder dass er auf sonstige Informationsquellen wie regelmäßige Hilfe-plangespräche oder auch
Protokolle hierüber zu verweisen ist, wenn diese eine ausreichende Kenntnis von den persönlichen Verhältnissen
des Kindes vermit-teln.

26
-
13
-

bb) Hinreichende Feststellungen dazu, ob solche anderweitigen, ein be-rechtigtes Interesse des Antragstellers ausschließenden
Informationsmöglich-keiten bestehen, hat das [X.]

von seinem rechtlichen Stand-punkt aus folgerichtig

nicht getroffen. Das Amtsgericht ist hier davon [X.], dass die Umgangskontakte nicht damit belastet werden sollten, dass das
Kind entsprechende Auskünfte erteilt, und
hat sonstige Informationsquellen nicht erwogen.
Das berechtigte Interesse lässt sich derzeit auch nicht gegenüber der Kindesmutter oder dem Jugendamt verneinen. Nachdem es an Feststellungen zum Umfang der von der Kindesmutter wahrgenommenen Umgangskontakte ebenso fehlt wie zu denen des Antragstellers, kann nicht beurteilt werden, in-wiefern die Kindesmutter über von der Auskunftspflicht umfasste Informationen verfügt, die dem Antragsteller nicht zur Verfügung stehen. Gleichfalls ungeklärt ist, ob und inwieweit eigenständigen
Informationsbedürfnissen
des Antragstel-lers gegenüber dem Jugendamt durch die von diesem angebotene Teilnahme an den [X.]n oder durch die Übersendung der entsprechenden Protokolle genügt werden kann.
3. Die angefochtene Entscheidung ist daher teilweise aufzuheben (§
74 Abs.
5 FamFG). Die Sache ist insoweit an das [X.] zurückzuver-weisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§
74 Abs.
6 Satz
1
und
2 FamFG).
a) Bei seiner neuerlichen rechtlichen Beurteilung hat das Oberlandesge-richt darauf Bedacht zu nehmen, dass der Umfang der Informationen, die der [X.] beanspruchen kann, sich nach den Umständen des [X.] richtet. Der Elternteil soll in die Lage versetzt werden, sich einen Über-blick über die Entwicklung und das Befinden des Kindes zu verschaffen. Die 27
28
29
30
-
14
-

von §
1686 BGB erfassten persönlichen Verhältnisse beinhalten alle insoweit wesentlichen Umstände, insbesondere das schulische Fortkommen, außer-schulische Betätigungen, die gesundheitliche Situation und die [X.] Entwick-lung des Kindes (vgl. etwa [X.] Beschluss vom 1.
August 2016

4
UF
99/16

juris Rn.
8; [X.] in [X.] Praxiskommentar [X.] §
1686 BGB Rn.
10; [X.]/[X.] BGB [2014] §
1686 Rn.
13).
Das Maß und die Häufigkeit der geschuldeten Auskunft haben
sich an diesem Zweck
zu orientieren, so dass in der Regel zwar die Übersendung der Kopie von Schulzeugnissen, nicht aber detaillierte Angaben zum Tagesablauf des Kindes, ins Einzelne gehende Erziehungsberichte oder ärztliche Unterlagen und Dokumentationen zu verlangen sind (vgl. etwa [X.] Sorge und Um-gang Rn.
1326
ff.; [X.] in [X.] Praxiskommentar Kindschaftsrecht §
1686 BGB Rn.
10
f. [X.];
[X.]/[X.]/[X.] Familienrecht 6.
Aufl. §
1686 BGB Rn.
4;
[X.]/[X.] 6.
Aufl. §
1686 Rn.
11
f. [X.]; [X.]/Peschel-Gutzeit 3.
Aufl. §
1686 Rn.
8
ff.; [X.]/[X.] BGB [2014] §
1686 Rn.
14
f. [X.]). Nicht umfasst von den
persönlichen Ver-hältnissen im Sinne des §
1686 BGB ist die vermögensrechtliche Situation des Kindes (BeckOK
BGB/[X.] [Stand: 1.
Mai 2016] §
1686 Rn.
5; [X.] Sorge und Umgang Rn.
1329; [X.]/Peschel-Gutzeit 3.
Aufl. §
1686 Rn.
10; [X.]/[X.] BGB [2014]
§
1686 Rn.
12
f.). Inwieweit es bei

wenn auch unregelmäßigem

Umgangskontakt des [X.]n der Über-sendung eines Fotos des Kindes bedarf, ist eine Frage des Einzelfalls.
Zu be-reits vorhandenen Informationen bedarf es keiner Auskunft
(vgl. [X.] Sorge und Umgang Rn.
1333; [X.]/[X.] 6.
Aufl. §
1686 Rn.
7), die sich im Übrigen nur auf Umstände mit aktuellem Bezug erstrecken
muss (vgl. [X.]/Döll BGB 14.
Aufl. §
1686 Rn.
2;
[X.]/Peschel-Gutzeit 3.
Aufl. §
1686 Rn.
9).
31
-
15
-

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob und inwieweit ein berech-tigtes Interesse an der Auskunftserteilung vorliegt, ist derjenige der abschlie-ßenden Entscheidung in der Tatsacheninstanz (vgl. [X.] FamRZ 1995, 1288, 1289; BeckOK
BGB/[X.] [Stand: 1.
Mai 2016] §
1686 Rn.
3; [X.]/[X.] [Stand: 15.
Oktober 2016] §
1686 Rn.
16, 20).
b) Die Zurückverweisung gibt dem [X.] Gelegenheit, die Notwendigkeit der bislang unterbliebenen persönlichen Anhörungen des Kindes und der Kindeseltern
(§§
159
f. FamFG) einer neuerlichen Überprüfung zu un-terziehen.
4. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Be-deutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen

74 Abs.
7 FamFG).
Dose

Klinkhammer

Schilling

Botur

Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 18.04.2016 -
2 [X.]/16 -

OLG [X.], Entscheidung vom 27.06.2016 -
15 [X.]/16 -

32
33
34

Meta

XII ZB 345/16

14.12.2016

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.12.2016, Az. XII ZB 345/16 (REWIS RS 2016, 769)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 769

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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