Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.01.2010, Az. IX ZB 83/06

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 10175

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[X.]BESCHLUSS [X.]/06 vom 21. Januar 2010 in dem Insolvenzverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] §§ 233 D, 184 Abs. 2, § 168 Abs. 1 Satz 2, §§ 178, 180; [X.] § 8 Abs. 1 Erhält ein Verfahrensbeteiligter ein durch Aufgabe zur Post zugestelltes gerichtliches Schriftstück nicht, so ist die Wiedereinsetzung in eine durch die Zustellung in Lauf gesetzte [X.] nicht geboten, wenn ein lizenziertes Postunternehmen eine Ersatz-zustellung an der angegebenen Geschäftsanschrift, ohne dass dies von der Zustel-lungsempfängerin mitgeteilt worden wäre, nicht durch Einlegen in einen Briefkasten vornehmen kann und mangels Angabe des Zustellungsempfängers auch von einem nicht bei ihm unterhaltenen Postfach keine Kenntnis haben muss. [X.], [X.]uss vom 21. Januar 2010 - [X.]/06 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Ganter, [X.] und Prof. Dr. [X.], die Richterin [X.] und [X.] Pape am 21. Januar 2010 beschlossen: Die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin gegen den [X.]uss der 20. Zivilkammer des [X.] vom 19. April 2006 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 30.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] Der weitere Beteiligte war nach einem Eigenantrag der Schuldnerin vom 25. Mai 2005 vom Folgetag bis zur Eröffnung des Verfahrens am 1. August 2005 mitbestimmender vorläufiger Insolvenzverwalter. Das Insolvenzgericht hat auf seinen Antrag die Vergütung für diese Tätigkeit einschließlich der Erstattung von Auslagen und Umsatzsteuern ohne Anhörung der Schuldnerin auf 113.989,68 • festgesetzt. Dieser [X.]uss wurde am 12. Dezember 2005 im [X.] veröffentlicht und am 13. Dezember 2005 durch Justizwachtmeister der 1 - 3 - Post, hier einer GmbH für Kurier- und Postdienstleistungen, zur Besorgung an die Schuldnerin übergeben. Mit einem am 25. Januar 2006 eingegangenen Schreiben an das Insol-venzgericht beantragte der Geschäftsführer der Schuldnerin Akteneinsicht und Aushändigung von Kopien von Vergütungsanträgen des "Insolvenzverwalters". Nach Rückfrage übersandte das Insolvenzgericht der Schuldnerin am 1. Fe-bruar 2006 die erbetenen Kopien. 2 Am 24. Februar 2006 hat die Schuldnerin, vertreten durch ihren Ge-schäftsführer, zu Protokoll der Geschäftsstelle sofortige Beschwerde gegen den [X.] vom 9. Dezember 2005 eingelegt. Am 27. Februar 2006 ist dieses Rechtsmittel für die Schuldnerin anwaltlich wiederholt und begründet worden; hilfsweise hat die Schuldnerin wegen der verstrichenen Beschwerde-frist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Das Insolvenzgericht hat der Beschwerde aus [X.] nicht abgeholfen. Das [X.] hat die sofortige Beschwerde unter Ablehnung des [X.] wegen Fristversäumnis verworfen. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin, mit der sie ihr Begehren auf Herabsetzung der Vergütung weiter-verfolgt. 3 I[X.] Die nach den §§ 6, 7, 64 Abs. 3 [X.], § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 2 ZPO unzulässig. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und auch das rechtliche [X.] - 4 - hör der Rechtsbeschwerdeführerin vor Gericht, welches Art. 103 Abs. 1 GG garantiert, ist nicht in entscheidungserheblicher Weise beeinträchtigt worden. 1. Das Amtsgericht muss Schuldner und Insolvenzgläubiger im Verfahren der Vergütungsfestsetzung des vorläufigen Insolvenzverwalters hören, weil [X.] Personen von der Festsetzung in ihren Rechten betroffen und dagegen nach § 64 Abs. 3 Satz 1 [X.] auch beschwerdebefugt sind. Dies ist hier zu Lasten der Schuldnerin zunächst unterblieben, vom Insolvenzgericht jedoch im Abhilfe-verfahren nachgeholt worden. Zweck der Gehörsgewährung ist es nicht, die Verfahrensbeteiligten auf die anstehende Festsetzungsentscheidung aufmerk-sam zu machen und ihnen dadurch die Verfolgung von [X.] nach § 64 Abs. 2 Satz 1, § 9 Abs. 1 und 3 [X.] zu erleichtern. 5 2. Der Senat hat in seinem [X.]uss vom 4. Dezember 2003 ([X.] ZB 249/02, [X.], 332; vgl. ferner [X.]. v. 5. November 2009 - [X.] ZB 173/08, Rn. 5) offen lassen können, ob die öffentliche Bekanntmachung des Festset-zungsbeschlusses für den Schuldner die Frist der sofortigen Beschwerde auch dann in Lauf setzt, wenn er zuvor zu dem Vergütungsantrag nicht gehört [X.] ist. Fraglich ist dies nicht, weil aus dem Inhalt der Bekanntmachung für den Schuldner die Höhe der [X.] nicht ersichtlich ist, sondern nur deshalb, weil ohne einen entsprechenden Hinweis der Schuldner [X.] jahrelang die Insolvenzbekanntmachungen beobachten muss, um gegen einen unangekündigt ergehenden [X.] fristgerecht Be-schwerde erheben zu können. Die Rechtsbeschwerdeerwiderung macht hier zu Recht geltend, dass die vorbezeichnete Verfahrensfrage für den Beschwerdefall nicht entscheidungserheblich gewesen sei. 6 - 5 - 3. Der [X.] ist der Schuldnerin gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 [X.] außer der öffentlichen Bekanntmachung ordnungsgemäß durch Aufgabe zur Post zugestellt und hierdurch die Beschwerdefrist gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 [X.] a.F., § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO zwei Wochen nach der [X.] in Lauf gesetzt worden. § 8 Abs. 1 [X.] in der Fassung von Art. 1 Nr. 2 Buchst. a) des Gesetzes zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens vom 13. April 2007 ([X.] I S. 509) war im Beschwerdefall noch nicht anzuwenden. Nach dieser Zustellung war die am 24. Februar 2006 erhobene sofortige Be-schwerde der Schuldnerin nach § 569 ZPO verfristet. Die Rechtsbeschwerde rügt dagegen ohne Erfolg Mängel dieser Zustellung. Auch ihr hilfsweise gestell-ter Wiedereinsetzungsantrag ist vom Beschwerdegericht mit Recht abgelehnt worden. 7 a) Der von der Rechtsbeschwerde beanstandete Mangel, die Zustel-lungsanschrift sei von der Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts entgegen § 184 Abs. 2 Satz 4 ZPO nicht beurkundet worden (vgl. zum [X.] insoweit [X.] 73, 388, 390; [X.], [X.]. v. 13. Juni 2001 - [X.], NJW-RR 2001, 1361), liegt nicht vor. Der durch die Urkundsbeamtin der Ge-schäftsstelle unterzeichnete Vermerk über den [X.] vom 13. Dezember 2005 nennt - wie die Rechtsbeschwerdeerwiderung der Rüge zutreffend entgegenhält - die Schuldnerin als Zustellungsempfängerin durch Bezugnahme auf die Zustellungsverfügung der Rechtspflegerin und die Anlage des Zustellungsvermerks, in der ihre Firma und Geschäftsadresse angegeben sind. Das ist ausreichend, weil der Aktenvermerk gemäß § 184 Abs. 2 Satz 4 ZPO durch Bezugnahmen ergänzt werden kann. 8 b) Es mag zwar sein, dass die Schuldnerin in die versäumte Frist der sofortigen Beschwerde wiedereinzusetzen gewesen wäre, wenn die zugestellte 9 - 6 - [X.] auf dem Postwege verloren gegangen wäre oder sonstwie ohne ihr Verschulden sie erst nach Ablauf der [X.] des § 569 ZPO erreicht hätte (vgl. [X.], [X.]. v. 24. Juli 2000 - [X.], [X.], 3284, 3285). Die Gründe, mit denen das Beschwerdegericht die Wiedereinsetzung der Schuldnerin nach § 233 ZPO abgelehnt hat, sind nach diesem Ausgangs-punkt jedoch rechtlich bedenkenfrei. Die Schuldnerin ist im Verfahren unter ihrer Geschäftsanschrift aufgetre-ten, ohne darauf hinzuweisen, dass dort ein Briefkasten nicht vorhanden war, so dass [X.] nach § 180 ZPO ausschieden und nur während der Geschäftszeit gemäß § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO in den Geschäftsräumen durch Übergabe an eine dort beschäftigte Person vorgenommen werden konnten. Die Schuldnerin durfte nach § 168 Abs. 1 Satz 2 ZPO, § 33 Abs. 1 des Postgeset-zes auch nicht davon ausgehen, dass jedes gerichtlich beauftragte lizensierte [X.] Kenntnis von ihrem Postfach, welches sie in diesem Ver-fahren gleichfalls nicht mitgeteilt hatte, besaß und eine Zustellung dort bewirken würde. 10 Die Schuldnerin hat außerdem die Wiedereinsetzungsfrist des § 234 ZPO versäumt. Ihr Geschäftsführer hatte nach seinem am 25. Januar 2006 beim Insolvenzgericht eingegangenen Akteneinsichtsgesuch damals bereits Kenntnis davon, dass ein Antrag auf Festsetzung der Verwaltervergütung ge-stellt worden war. Schon mit diesem Wissensstand war das Hindernis gegen die Wahrung der Beschwerdefrist gemäß § 234 Abs. 2 ZPO behoben. Denn es bestand jedenfalls danach für die Schuldnerin hinreichender Anlass, nach der öffentlichen Bekanntmachung eines möglicherweise bereits ergangenen [X.] zu forschen. Diese Nachforschung hätte der Schuldnerin die Kenntnis von der [X.] vom 12. Dezember 2005 verschafft, mit 11 - 7 - welcher der angefochtene [X.] vom 9. Dezember 2005 [X.] bekannt gemacht worden war. Ergänzend hätte die Schuldnerin dann innerhalb der Nachholungsfrist Akteneinsicht nehmen und die sofortige Be-schwerde, wie geschehen notfalls gemäß § 569 Abs. 3 ZPO zu Protokoll der Geschäftsstelle, für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtzeitig [X.] können. [X.] [X.]

[X.] Pape

Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 09.12.2005 - 909 IN 501/05 - 2 - - [X.], Entscheidung vom 19.04.2006 - 20 T 16/06 -

Meta

IX ZB 83/06

21.01.2010

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.01.2010, Az. IX ZB 83/06 (REWIS RS 2010, 10175)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 10175

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