Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.11.2011, Az. IX ZB 165/10

9. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 1499

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Gegenstand

Vergütungsfestsetzungsbeschluss für den vorläufigen Insolvenzverwalter: Folgen fehlerhafter öffentlicher Bekanntmachung via Internet; Beginn der Beschwerdefrist


Leitsatz

1. Die öffentliche Bekanntmachung wirkt nur dann als Zustellung, wenn die bekannt gemachte Entscheidung richtig bezeichnet ist .

2. Ist die öffentliche Bekanntmachung fehlerhaft und wirkt sie deshalb nicht als Zustellung, beginnt die Beschwerdefrist für einen Beteiligten, dem die Entscheidung nicht individuell mitgeteilt worden ist, auch nicht fünf Monate nach dem Erlass der Entscheidung .

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 bis 3 wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des [X.] vom 14. Juli 2010 (4 [X.]/10) aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Mit Beschluss vom 23. April 2007 ordnete das Insolvenzgericht im Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der Schuldnerin Sicherungsmaßnahmen an und bestellte den weiteren Beteiligten zu 4 zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Mit Beschluss vom 1. Juli 2007 eröffnete das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren und bestellte den bislang vorläufigen Verwalter zum Insolvenzverwalter. Dieser beantragte mit Schreiben vom 14. September 2007, seine Vergütung als vorläufiger Insolvenzverwalter festzusetzen. Mit Beschluss vom 17. Oktober 2007 setzte das Insolvenzgericht die Vergütung antragsgemäß fest und veranlasste die Zustellung dieses Beschlusses an den Insolvenzverwalter, die Schuldnerin sowie die Mitglieder des Gläubigerausschusses. Am 23. Oktober 2007 erschien folgende Bekanntmachung auf der [X.]seite www.insolvenzbekanntmachungen.de:

"9 IN 143/07: In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der [X.] (...) sind Vergütung und Auslagen des Insolvenzverwalters durch Beschluss des Insolvenzgerichts festgesetzt worden. Der vollständige Beschluss kann von den Beteiligten in der Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts eingesehen werden.

[X.], 17.10.2007"

2

Mit am 25. Mai 2010 beim Insolvenzgericht eingegangenen Schriftsätzen haben die weiteren Beteiligten zu 1 bis 3 als Insolvenzgläubiger sofortige Beschwerde gegen die Festsetzung der Vergütung für die vorläufige Verwaltung eingelegt. Das [X.] hat die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgen die weiteren Beteiligten zu 1 bis 3 ihren Antrag auf Herabsetzung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters weiter.

II.

3

Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, die sofortige Beschwerde sei unzulässig, weil sie nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Wochen gemäß § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO eingelegt worden sei. Nach der Regelung der §§ 9, 64 Abs. 2 [X.] habe die Beschwerdefrist am dritten Tag nach der Bekanntmachung im [X.] am 23. Oktober 2007, mithin am 26. Oktober 2007, zu laufen begonnen. Zwar sei die [X.] unrichtig gewesen, weil tatsächlich nicht die Vergütung und die Auslagen des Insolvenzverwalters, sondern diejenigen des vorläufigen Insolvenzverwalters festgesetzt worden seien. Dieser Fehler hindere den [X.] der Beschwerdefrist jedoch nicht, weil es für die Wahrung der Verfahrensrechte der Beteiligten entscheidend auf deren Kenntnis ankomme, dass eine Festsetzung der Verwaltervergütung erfolgt sei, und nicht darauf, ob es sich hierbei um die Vergütung des Insolvenzverwalters oder des vorläufigen Verwalters handele. Zumindest habe die Bekanntmachung im [X.] eine fünfmonatige Anfechtungsfrist entsprechend § 569 Abs. 1 Satz 2 ZPO in [X.] gesetzt, welche die Beschwerdeführer ebenfalls nicht gewahrt hätten.

4

Demgegenüber rügt die Rechtsbeschwerde, wegen des [X.] auf effektiven Rechtsschutz dürfe eine Rechtsmittelfrist durch die öffentliche Bekanntmachung einer Entscheidung nur in [X.] gesetzt werden, wenn auch der [X.] öffentlich bekannt gemacht worden sei. [X.] hingegen nach der Vorschrift des § 64 Abs. 2 Satz 2 [X.] die [X.] des Betrags, welcher als Verwaltervergütung festgesetzt worden sei, so könnten die Beteiligten aus der [X.] nicht ersehen, inwieweit sie durch die Entscheidung betroffen würden. Ungeachtet dessen sei vorliegend die Rechtsmittelfrist durch die Bekanntmachung im [X.] jedenfalls deshalb nicht in Gang gesetzt worden, weil diese Bekanntgabe sich nicht auf die tatsächlich getroffene Entscheidung - die Festsetzung der Vergütung für den vorläufigen Insolvenzverwalter - bezogen habe. Aus diesem Grunde sei die Bekanntgabe auch nicht geeignet gewesen, eine fünfmonatige Einlegungsfrist in [X.] zu setzen.

III.

5

Die Rechtsbeschwerde ist nach den Vorschriften der §§ 6, 7, 64 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] statthaft, wobei es für die [X.] der Rechtsbeschwerde nicht darauf ankommt, dass das Beschwerdegericht die sofortigen Beschwerden als unzulässig verworfen hat ([X.], Beschluss vom 30. März 2006 - [X.] 171/04, [X.], 1409 Rn. 5; vom 22. September 2010 - [X.] 195/09, [X.], 2122 Rn. 6). Die auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde (§ 4 [X.], § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) ist begründet, die Sache aber nicht zur Endentscheidung reif.

6

1. Die Rechtsbeschwerde macht mit Recht geltend, dass die [X.]veröffentlichung vom 23. Oktober 2007 fehlerhaft gewesen ist und deshalb keine Frist zur sofortigen Beschwerde gegen den [X.] vom 17. Oktober 2007 in [X.] gesetzt hat. Die sofortige Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 bis 3 war daher nicht verfristet.

7

a) Da der [X.] des Insolvenzgerichts nicht verkündet worden ist (vgl. §§ 4, 5 Abs. 3 Satz 1 [X.], § 329 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO), knüpft die zweiwöchige Frist zur Erhebung der sofortigen Beschwerde (§§ 4, 64 Abs. 3 Satz 1 [X.], § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO) an die Zustellung dieser Entscheidung an (§ 6 Abs. 2 [X.]). Nach der Regelung der § 9 Abs. 3, § 64 Abs. 2 in Verbindung mit § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] genügt zum Nachweis der Zustellung die öffentliche Bekanntmachung der Vergütungsfestsetzung, wobei die Mitteilung der festgesetzten Beträge unterbleibt. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt gemäß § 9 Abs. 1 [X.] seit dem 1. Juli 2007 (§ 103c Abs. 1 Satz 1 EG[X.]) zentral und länderübergreifend durch [X.] auf der [X.]seite www.insolvenzbekanntmachungen.de.

8

b) Die öffentliche Bekanntmachung vom 23. Oktober 2007, wonach mit Beschluss vom 17. Oktober 2007 die Vergütung und die Auslagen des Insolvenzverwalters festgesetzt worden seien, war unrichtig, weil sich die Festsetzung tatsächlich nicht auf den Insolvenzverwalter, sondern auf den vorläufigen Insolvenzverwalter bezogen hat. Entgegen der Auffassung des [X.] hindert dieser Fehler die Wirksamkeit der Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung.

9

Eine unrichtige öffentliche Bekanntmachung löst nach allgemeiner Auffassung die Zustellungswirkung des § 9 Abs. 3 [X.] nicht aus (MünchKomm-[X.]/Ganter, 2. Aufl., § 9 Rn. 17; [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 9 Rn. 4; FK-[X.]/[X.], 6. Aufl., § 9 Rn. 11). Die Erwägung des [X.], wonach die Verfahrensbeteiligten aus dem Verfahrensstadium zum Zeitpunkt der öffentlichen Bekanntmachung hätten erschließen können, dass sich die Vergütungsfestsetzung nur auf den vorläufigen Verwalter beziehen könne, vermag die Zustellungswirkung der fehlerhaften Bekanntmachung nicht zu begründen.

Die Individualzustellung einer beglaubigten Abschrift ist unwirksam, wenn zwischen der Urschrift und der zugestellten Abschrift so starke Abweichungen bestehen, dass der [X.] den wesentlichen Inhalt der Urschrift - insbesondere den Umfang seiner Beschwer - nicht mehr zweifelsfrei erkennen kann, während weniger bedeutende Fehler die Wirksamkeit der Zustellung nicht hindern ([X.], Urteil vom 26. Oktober 1976 - [X.], [X.], 330; Beschluss vom 23. April 1980 - [X.], [X.], 771, 772; Urteil vom 18. Mai 1995 - [X.], NJW 1995, 2230, 2231; Beschluss vom 24. Januar 2001 - [X.]/00, NJW 2001, 1653, 1654). Ob nach diesem Maßstab auch eine öffentliche Bekanntmachung trotz unbedeutender Fehler im Einzelfall wirksam sein kann, bedarf hier keiner Entscheidung. Als unabdingbare Voraussetzung für den Ersatz der Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung gemäß § 9 Abs. 3 [X.] ist jedenfalls zu fordern, dass die getroffene Entscheidung in der öffentlichen Bekanntmachung zutreffend bezeichnet wird. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Allein der Umstand, dass ein mit dem Insolvenzverfahren vertrauter Beobachter zur Mutmaßung in der Lage gewesen sein mag, tatsächlich müsse entgegen der öffentlichen Bekanntmachung wohl die Vergütung des vorläufigen Verwalters festgesetzt worden sein, macht die öffentliche Bekanntmachung nicht wirksam.

c) Der [X.] der Beschwerdefrist hat auch nicht mit Ablauf von fünf Monaten nach dem Erlass der angefochtenen Entscheidung begonnen.

aa) Nach der Vorschrift des § 569 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO beginnt die Frist zur sofortigen Beschwerde spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Auf den Regelfall, in welchem Beschlüsse nicht verkündet werden (§ 329 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO), ist diese Bestimmung nach allgemeiner Auffassung entsprechend anzuwenden, wobei die Voraussetzungen für den [X.] der Fünfmonatsfrist streitig sind.

Nach einer Auffassung genügt für den [X.] der fünfmonatigen Anfechtungsfrist bei nicht verkündeten Beschlüssen deren Erlass ([X.], NJW-RR 1994, 445; [X.], NJW-RR 2003, 1079 f; Hk-ZPO/[X.], 4. Aufl., § 569 Rn. 3; [X.]/[X.]/[X.], ZPO, 32. Aufl., § 569 Rn. 6). Da der Erlass einer nicht zu verkündenden Entscheidung zu dem Zeitpunkt erfolgt, zu welchem der Beschluss die Geschäftsstelle mit der unmittelbaren Zweckbestimmung verlassen hat, den Parteien bekannt gegeben zu werden ([X.], Urteil vom 1. April 2004 - [X.], NJW-RR 2004, 1575; vom 19. Oktober 2005 - [X.], [X.]Z 164, 347, 354), kommt es nach dieser Auffassung für den [X.] der Fünfmonatsfrist lediglich auf die Absendung des Beschlusses an die Parteien, nicht jedoch auf dessen Zugang an. Nach der Gegenmeinung läuft die Fünfmonatsfrist hingegen nur zum Nachteil solcher Verfahrensbeteiligten, welche den anzufechtenden Beschluss tatsächlich erhalten haben (MünchKomm-ZPO/[X.], 3. Aufl., § 569 Rn. 5; [X.]/[X.], ZPO, 28. Aufl., § 569 Rn. 4; Musielak/Ball, ZPO, 8. Aufl., § 569 Rn. 4).

bb) Die Voraussetzungen einer entsprechenden Anwendung des § 569 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO auf nicht verkündete Entscheidungen bedürfen hier keiner allgemeinen Klärung. Jedenfalls bei öffentlich bekannt zu machenden Beschlüssen im Insolvenzverfahren beginnt die Beschwerdefrist nicht mit Ablauf von fünf Monaten nach dem Erlass der Entscheidung zum Nachteil solcher Beteiligter, welchen die Entscheidung nicht individuell mitgeteilt worden ist, wenn die öffentliche Bekanntmachung fehlerhaft ist und daher keine Zustellungswirkung gemäß § 9 Abs. 3 [X.] besitzt (vgl. [X.]/[X.], [X.], § 6 Rn. 32; MünchKomm-[X.]/Ganter, aaO § 6 Rn. 38; HK-[X.]/Kirchhof, aaO § 6 Rn. 19).

Wie der [X.] zur fünfmonatigen Berufungsfrist bei unwirksamer Verkündung eines Urteils gemäß § 517 ZPO (vormals § 516 ZPO) entschieden hat, liegt dieser Vorschrift der Gedanke zu Grunde, dass eine Partei nach [X.] Verhandlung vor Gericht mit einer Entscheidung rechnen muss und es ihr daher zuzumuten ist, sich nach dem Erlass einer solchen Entscheidung zu erkundigen ([X.], Beschluss vom 29. September 1998 - KZB 11/98, [X.], 143, 144; vom 7. Juli 2004 - [X.], NJW-RR 2004, 1651, 1652; vom 21. Juli 2010 - [X.]/09, NJW-RR 2011, 5 Rn. 14). Insolvenzgläubiger, welche lediglich aufgrund der Anmeldung von Forderungen an dem Insolvenzverfahren beteiligt sind, trifft eine solche Obliegenheit zur Erkundigung nicht in vergleichbarer Weise. Indem das Gesetz aus Gründen der Verfahrensvereinfachung auf das Erfordernis individueller Zustellung der Entscheidungen des Insolvenzgerichts an sämtliche Verfahrensbeteiligten verzichtet und stattdessen die öffentliche Bekanntmachung gemäß § 9 Abs. 3 [X.] vorsieht, wird den Beteiligten zwar zugemutet, sich aus den Insolvenzbekanntmachungen im [X.] über die ergangenen Entscheidungen zu unterrichten. Eine darüber hinaus gehende Obliegenheit, bei fehlerhafter oder gänzlich fehlender öffentlicher Bekanntmachung beim Insolvenzgericht Erkundigungen einzuholen, lässt sich dem Gesetz hingegen nicht entnehmen. Wenn die Beteiligten an einem Insolvenzverfahren nicht auf die öffentlichen Insolvenzbekanntmachungen vertrauen könnten, sondern sich individuell beim Insolvenzgericht über den Erlass von Entscheidungen erkundigen müssten, würde dies auch dem Zweck des [X.], das Verfahren zu vereinfachen, weil sich das Insolvenzgericht gegebenenfalls mit einer Vielzahl von Anfragen einzelner Verfahrensbeteiligter befassen müsste.

2. Auf die weitere von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob die gesetzliche Regelung, nach der die zweiwöchige Frist zur sofortigen Beschwerde gegen die Festsetzung der Verwaltervergütung an die öffentliche Bekanntmachung dieser Entscheidung ohne Mitteilung der festgesetzten Beträge anknüpft, den verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch eines Insolvenzgläubigers auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt, kommt es danach nicht an.

a) Das [X.] ([X.] 77, 275, 285) hat zur früheren Vorschrift des § 119 Abs. 4 der Vergleichsordnung ([X.]), wonach die öffentliche Bekanntmachung von Entscheidungen als Zustellung an alle Beteiligten galt, entschieden, die Regelung sei für sich genommen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Wenn die Zustellung ausschließlich durch öffentliche Bekanntmachung erfolge, erscheine jedoch die Anfechtungsfrist von nur einer Woche (§ 121 Abs. 2 Satz 2 [X.]) verfassungsrechtlich bedenklich. Jedenfalls würden die Rechtsschutzmöglichkeiten der Betroffenen in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise verkürzt, wenn die einwöchige Beschwerdefrist an eine öffentliche Bekanntgabe anknüpfe, welche den [X.] - im dort entschiedenen Fall die Höhe der Vergütung des Vergleichsverwalters - nicht mitteile.

b) Im Unterschied zur Rechtslage nach der Vergleichsordnung beträgt die Frist für eine sofortige Beschwerde gegen die Festsetzung der Verwaltervergütung unter der Geltung der [X.] zwei Wochen (§ 4 [X.], § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die [X.] der festgesetzten Beträge ist nunmehr gesetzlich untersagt; in der öffentlichen Bekanntmachung ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der vollständige Beschluss in der Geschäftsstelle eingesehen werden kann (§ 64 Abs. 2 Satz 2 [X.]). Der [X.] hat insoweit angenommen, dass gegen die Anknüpfung der Frist zur sofortigen Beschwerde des Schuldners an deren öffentliche Bekanntmachung jedenfalls dann keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, wenn der Schuldner zuvor zu dem [X.] des Insolvenzverwalters gehört worden ist ([X.], Beschluss vom 4. Dezember 2003 - [X.] 249/02, [X.], 394; vgl. auch [X.], Beschluss vom 21. Januar 2010 - [X.] 83/06, [X.], 276 Rn. 6). Als verfassungsgemäß hat er es auch beurteilt, dass die Frist zur Anfechtung der Vergütungsfestsetzung durch den Verwalter mit der öffentlichen Bekanntmachung beginnt, auch wenn die festgesetzten Beträge nicht veröffentlicht worden sind ([X.], Beschluss vom 5. November 2009 - [X.] 173/08, [X.], 159 Rn. 5 ff; vom 12. Mai 2011 - [X.] 181/09, juris Rn. 2; vom 30. Juni 2011 - [X.] 109/10, juris Rn. 2).

Damit ist jedoch nicht entschieden, ob die gesetzliche Regelung auch die verfassungsmäßigen Rechte der beteiligten Insolvenzgläubiger wahrt. Für Insolvenzgläubiger bedeutet die an die öffentliche Bekanntmachung der Vergütungsfestsetzung ohne [X.] der festgesetzten Beträge anknüpfende zweiwöchige Beschwerdefrist eine praktisch deutlich höhere Hürde als für den Insolvenzverwalter und den zum [X.] angehörten Schuldner. Denn anders als diese wissen Insolvenzgläubiger oft nicht, ob und in welcher Höhe eine Vergütung beantragt worden ist. Sie können dann weder einschätzen, wann mit der Bekanntmachung einer Vergütungsfestsetzung im [X.] zu rechnen ist, noch in welcher Größenordnung eine Festsetzung erfolgt.

3. Wegen des Rechtsfehlers des [X.] ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Der [X.] kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil das Beschwerdegericht die angefochtene Vergütungsfestsetzung bislang nicht in der Sache überprüft und hierzu keine Feststellungen getroffen hat (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO).

[X.]                                              Gehrlein                                             Fischer

                          Grupp                                                  [X.]

Meta

IX ZB 165/10

10.11.2011

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Aurich, 14. Juli 2010, Az: 4 T 206/10, Beschluss

§ 9 Abs 3 InsO, § 569 Abs 1 S 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.11.2011, Az. IX ZB 165/10 (REWIS RS 2011, 1499)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1499

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