Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.10.2007, Az. IV ZR 56/07

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 1395

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] BESCHLUSS IV ZR 56/07 vom 17. Oktober 2007 in dem Rechtsstreit - 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.] am 17. Oktober 2007 beschlossen: Auf die Beschwerde des [X.] wird die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 10. Januar 2007 zugelassen. Das vorbezeichnete Urteil wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Streitwert: 104.500 •

Gründe: [X.] Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zu-rückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. 1 - 3 -

2 Die angefochtene Entscheidung verletzt den Anspruch des [X.] auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG. Das Berufungsgericht hat verfahrensfehlerhaft den Antrag des [X.] auf Ladung des Sachverständigen zur Erläuterung seines Gut-achtens nach § 411 Abs. 4 Satz 2 i.V. mit § 296 Abs. 1 ZPO als verspä-tet zurückgewiesen. Eine Zurückweisung aus diesem Grunde setzt eine wirksame richterliche Fristsetzung voraus, an der es hier fehlt. 3 I[X.] Nach Eingang des Gutachtens zur Behauptung des [X.], das Unfallereignis vom Februar 2002 sei überwiegende Ursache für den im Juli 2002 operierten Bandscheibenvorfall gewesen, ist den [X.]en [X.] durch Verfügung des Berichterstatters vom 25. Januar 2006 Ge-legenheit zur Stellungnahme bis zum 1. März 2006 gegeben worden. Diese Frist ist auf entsprechende Anträge des [X.] mehrmals auch durch Verfügungen des Vorsitzenden schließlich bis zum 6. Juni 2006 verlängert worden. In den Verlängerungsanträgen hatte der Kläger weite-ren Klärungsbedarf geltend gemacht und dabei insbesondere auf einen seiner Ansicht nach vom Gutachter nicht überzeugend geklärten Befund aufgrund einer Computertomografie aus dem [X.] hingewiesen, zuletzt unter genauer Formulierung einer an den Sachverständigen ge-richteten und von ihm zu beantwortenden Frage zum [X.]. Der Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung ist nach Verlegungen zuvor anberaumter Termine (13. September und 22. November 2006) am 29. November 2006 ohne den Sachverständigen durchgeführt worden, nachdem sich der Kläger mit Schriftsatz vom 21. November 2006 unter anderem mit Blick auf seine noch nicht beant-wortete Frage nach einer Ladung des Sachverständigen zum Termin er-4 - 4 -

kundigt und diese zur Erläuterung des Gutachtens vorsorglich beantragt hatte. 1. Es kann dahinstehen, ob die nicht in mündlicher Verhandlung bestimmte Stellungnahmefrist (§ 411 Abs. 4 Satz 2 ZPO) schon deshalb keine [X.] für verspätetes Vorbringen nach § 296 Abs. 1 ZPO herbeiführen konnte, weil sie nicht durch den Senat beschlossen, sondern allein durch den Berichterstatter bzw. den Vorsitzenden verfügt worden ist (vgl. [X.], Urteil vom 22. Mai 2001 - [X.]/00 - [X.], 120 unter II 2 b; Beschluss vom 25. Oktober 2005 - [X.] - NJW-RR 2006, 428 unter [X.] a; Musielak/[X.], ZPO 5. Aufl. § 411 Rdn. 7). 5 Offen bleiben kann auch, ob der Kläger - wie die Nichtzulassungs-beschwerde meint - in seinem Verlängerungsantrag vom 28. April 2006 "jedenfalls konkludent die Ladung des Sachverständigen zur mündlichen Verhandlung beantragt" hat. 6 2. Einen Ausschluss des ausdrücklich erst lange nach Fristablauf, eine Woche vor dem Termin, gestellten Antrages auf Anhörung des Sachverständigen konnte diese Fristsetzung jedenfalls deswegen nicht bewirken, weil es an dem dafür erforderlichen Hinweis an die [X.]en über die Folgen einer Nichtbeachtung der Frist fehlte. [X.] haben vor allem wegen ihrer das Grundrecht auf rechtliches Gehör einschränkenden Wirkung und der damit zwangsläufig verbunde-nen nachteiligen Folgen für das Bemühen um eine materiell richtige Ent-scheidung strengen Ausnahmecharakter. Deswegen kann dem Ablauf [X.] gerichtlichen Frist zum Vorbringen von Einwendungen gegen ein Gutachten und die Begutachtung betreffende Anträge gemäß § 411 7 - 5 -

Abs. 4 Satz 1 ZPO nur dann [X.] zukommen, wenn bei der [X.] keine Fehlvorstellungen über diese Wirkung aufkommen kön-nen ([X.], Urteil vom 22. Mai 2001 aaO und Beschluss vom 25. Oktober 2005 aaO, jeweils m.w.N.).
Daran fehlt es hier. Der Verfügung ist lediglich eine Aufforderung zur Stellungnahme zu dem Gutachten in bestimmter Frist zu entnehmen, sie enthält aber keinen Hinweis auf die Gefahr des Ausschlusses von Vorbringen, das erst nach Ablauf dieser Frist eingeht. Mit einer solchen Folge konnte und brauchte der Kläger daher nicht zu rechnen. Bei einem entsprechenden deutlichen Hinweis hätte er zudem nicht die Vorstellung entwickeln können - wie dies nach dem Schriftsatz vom 21. November 2006 der Fall gewesen zu sein scheint -, in den gegebenen Begründun-gen zu den begehrten Fristverlängerungen nicht deutlich genug gemacht zu haben, dass zumindest eine Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen unverzichtbar ist und deswegen von ihm auch verlangt wird. 8 3. Das Berufungsgericht hat, indem es davon abgesehen hat, den Sachverständigen anzuhören, den prozessualen Anspruch des [X.] auf mündliche Befragung des Sachverständigen (§§ 397, 402 ZPO) und damit zugleich den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (vgl. [X.] NJW 1995, 2980; [X.], Beschluss vom 25. Oktober 2005 aaO unter [X.] und 2 b m.w.N.). 9 Dass das Berufungsgericht selbst keinen weiteren Aufklärungsbe-darf durch den Sachverständigen gesehen hat, ist ohne Belang. Das Be-fragungsrecht der [X.] besteht unabhängig von § 411 Abs. 3 ZPO (st. [X.]., vgl. nur [X.], Beschlüsse vom 22. Mai 2007 - [X.]/06 - 10 - 6 -

NJW-RR 2007, 1294 [X.]. 3 und vom 8. November 2005 - [X.]/05 - NJW-RR 2006, 1503 unter [X.]).
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeerwiderung hat es der Kläger auch nicht an seinen Mitwirkungspflichten gemäß § 411 Abs. 4 ZPO mangels konkreter Hinweise fehlen lassen, in welcher Richtung er weitergehende Aufklärung durch den Sachverständigen wünscht. Der Kläger hat mit der von ihm mehrfach vorgetragenen, auf der Grundlage der Befunderhebung im [X.]

im [X.] für ihn gerade nicht gegebenen einschlägigen Vorerkrankung die gegenteilige Feststellung des Sachverständigen in Frage gestellt. Damit hat er - schließlich sogar unter konkreter Formulierung einer entsprechenden Frage - den gewünschten Aufklärungsbedarf ausreichend klar umrissen. Anhaltspunkte für Beschränkungen seines Antragsrechts - wie etwa aus dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs oder der [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 29. Oktober 2002 - [X.] - [X.], 926 unter [X.]) - sind nicht ersichtlich und werden auch vom [X.] nicht angenommen. 11 - 7 -

12 4. Das angefochtene Urteil beruht auf der Verletzung des [X.] auf rechtliches Gehör. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht nach einer Anhörung des gerichtlichen Sach-verständigen zu einem anderen Beweisergebnis gelangt wäre. Sie betrifft den zentralen Punkt der Beweisfrage nach einer überwiegenden Verur-sachung des Bandscheibenvorfalls durch das Unfallereignis, was - auf der Grundlage des vom Kläger angemeldeten Klärungsbedarfs - gerade noch nicht hinreichend sicher verneint werden kann. Terno [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 04.03.2005 - 2/25 O 276/04 - [X.], Entscheidung vom 10.01.2007 - 7 U 58/05 -

Meta

IV ZR 56/07

17.10.2007

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.10.2007, Az. IV ZR 56/07 (REWIS RS 2007, 1395)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 1395

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V ZR 241/04 (Bundesgerichtshof)


VI ZR 245/04 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 96/10 (Bundesgerichtshof)

Rechtliches Gehör im Berufungsverfahren: Ladung des neuen Sachverständigen auf Parteiantrag


VI ZR 233/06 (Bundesgerichtshof)


IV ZR 47/14 (Bundesgerichtshof)

Rechtliches Gehör: Ablehnung einer mündlichen Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.