Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 01.08.2018, Az. 7 AZR 561/16

7. Senat | REWIS RS 2018, 5238

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Gegenstand

Auflösende Bedingung - Beamter - Nichtverlängerung der Beurlaubung - Auslegung Anl 1 § 4 Abs 3 Manteltarifvertrag für die T-Systems International GmbH (MTV TSI) - Ruhen des Beamtenverhältnisses - Treuwidrigkeit


Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 23. Juni 2016 - 5 [X.] 1072/15 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund einer auflösenden Bedingung oder aufgrund einer außerordentlichen Kündigung geendet hat.

2

Der Kläger war Beamter bei der [X.]. Nach deren Privatisierung nimmt die [X.] ([X.]) die Dienstherreneigenschaft für die ihr zugewiesenen Beamten der ehemaligen [X.] wahr. Die [X.] gewährte dem Kläger nach § 13 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über den Sonderurlaub für [X.]beamtinnen, [X.]beamte, [X.]innen und [X.] des [X.] - Sonderurlaubsverordnung - ([X.]) in der bis zum 8. Juni 2016 geltenden Fassung ab dem 1. Juli 1999 Sonderurlaub unter Wegfall der Besoldung für Tätigkeiten bei Tochterunternehmen, zunächst bei der [X.] und vom 1. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2015 bei der [X.]. Die Beurlaubung erfolgte jeweils befristet, zuletzt bis zum 30. Juni 2015. Seit dem 1. Januar 2005 bestand zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis. In § 2 des Arbeitsvertrags der Parteien heißt es:

        

§ 2 Inhalt des Arbeitsverhältnisses

        

Für das Arbeitsverhältnis gelten die für die Gesellschaft geltenden Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung sowie die Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages. Ergänzend wird auf die gesetzlichen Regelungen sowie die jeweils gültigen betrieblichen Regelungen der Gesellschaft hingewiesen.“

3

Die Anlage 1 zum Manteltarifvertrag für die [X.] ([X.]) enthält Sonderregelungen für die von der [X.] für eine Tätigkeit als Arbeitnehmer bei der [X.] ohne Bezüge beurlaubten Beamten und Arbeitnehmer für die Dauer der Beurlaubung. In § 4 dieser Anlage heißt es:

        

§ 4   

        

Ende des Arbeitsverhältnisses nach § 28 [X.]

        

(1)     

Neben den im § 28 [X.] festgelegten Sachverhalten, die zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen, gelten zusätzlich die sich aus Absatz 2 und 3 ergebenden Beendigungstatbestände.

        

(2)     

Bei einem beurlaubten Beamten endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats, der dem Monat vorangeht, in dem die Zurruhesetzung eintritt.

        

(3)     

Das Arbeitsverhältnis endet, wenn das ruhende Beamten- oder Arbeitsverhältnis bei der [X.] wieder auflebt.“

4

Mit Schreiben vom 18. Mai 2015 informierte die [X.] den Kläger im Auftrag der [X.] darüber, dass die Beurlaubung aufgrund des Wegfalls seines Arbeitsplatzes nicht verlängert werden könne; ab dem 1. Juli 2015 stehe er daher wieder in einem aktiven Beamtenverhältnis mit allen Rechten und Pflichten; nach § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum [X.] TSI ende sein Arbeitsverhältnis mit Auslaufen der Beurlaubung bzw. mit Wiederaufleben des aktiven Beamtenverhältnisses bei der [X.] automatisch am 30. Juni 2015. In diesem Schreiben, das als Betreff „Begleitschreiben Auflösungsvertrag Beamten-Rückkehrer Transformation 2015+“ ausweist, wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass es vorsorglich eines Aufhebungsvertrags bedürfe, um eine Pflichtenkollision rechtssicher zu vermeiden. Daher werde er um Unterzeichnung des beigefügten Auflösungsvertrags gebeten. Dem kam der Kläger nicht nach, sondern rügte unter dem 27. Mai 2015 den fehlenden Nachweis einer wirksamen Vertretung der [X.] zur Unterbreitung des Auflösungsvertragsangebots.

5

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 16. Juni 2015 vorsorglich außerordentlich zum 30. Juni 2015, hilfsweise außerordentlich personenbedingt unter Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist zum 31. Januar 2016, hilfsweise außerordentlich personenbedingt zum nächstmöglichen Zeitpunkt.

6

Mit der am 7. Juli 2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der [X.] am 13. Juli 2015 zugestellten Klage hat sich der Kläger gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eintritt der auflösenden Bedingung gemäß § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum [X.] TSI sowie durch die außerordentliche personenbedingte Kündigung gewandt und den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht.

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die auflösende Bedingung sei nicht Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden, weil sie nicht ausdrücklich im Arbeitsvertrag vereinbart worden sei. Eine Bezugnahme auf die Bestimmungen des Tarifvertrags reiche nicht aus. Die auflösende Bedingung sei auch nicht eingetreten. Die Beurlaubung habe nicht zum Ruhen des Beamtenverhältnisses geführt. Das Beamtenverhältnis sei auch deshalb nicht wieder aufgelebt, weil die [X.] ihm keinen Dienstposten zugewiesen habe und er tatsächlich nicht beschäftigt werde. Schließlich könne sich die Beklagte auf den Eintritt der auflösenden Bedingung nicht berufen, weil sie diesen durch ihre Abstimmung mit der [X.] in treuwidriger Weise selbst herbeigeführt habe.

8

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis mit der [X.] nicht zum 30. Juni 2015 durch Eintritt der auflösenden Bedingung gemäß § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum [X.] TSI beendet worden ist,

        

2.    

festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis mit der [X.] nicht durch Kündigung vom 16. Juni 2015 mit Ablauf des 30. Juni 2015 aufgelöst worden ist,

        

3.    

festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis mit der [X.] fortbesteht,

        

4.    

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die außerordentliche personenbedingte Kündigung zum Ablauf des 31. Januar 2016 beendet worden ist,

        

5.    

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die außerordentliche personenbedingte Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt beendet worden ist.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das [X.] hat sie abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.] ist nicht begründet. Das [X.] hat die Klage zu Recht abgewiesen.

I. Der [X.] (Klageantrag zu 1.), mit dem der Kläger nach §§ 21, 17 Satz 1 [X.] die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis der [X.]en nicht durch die auflösende Bedingung in § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum [X.] mit Ablauf des 30. Juni 2015 beendet wurde, sowie der auf Feststellung des [X.] des Arbeitsverhältnisses gerichtete allgemeine Feststellungsantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO (Klageantrag zu 3.) sind unbegründet. Das Arbeitsverhältnis hat aufgrund der auflösenden Bedingung in § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum [X.] am 30. Juni 2015 geendet.

1. Das [X.] hat zutreffend erkannt, dass § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum [X.] aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der [X.]en Anwendung findet. Nach § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags der [X.]en gelten für das Arbeitsverhältnis die für die [X.] in der jeweils gültigen Fassung, soweit im Folgenden nichts anderes vereinbart ist. Diese dynamische Bezugnahmeklausel auf die für die Arbeitgeberin geltenden Tarifverträge, zu denen auch der [X.] zählt, ist Vertragsbestandteil geworden und wirksam. Sie ist weder überraschend iSd. § 305c Abs. 1 [X.] noch verstößt sie gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 [X.]. Einer ausdrücklichen Vereinbarung der auflösenden Bedingung im Arbeitsvertrag selbst bedurfte es entgegen der Auffassung des [X.] nicht.

a) Die Vereinbarung in § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags, bei der es sich schon nach dem äußeren Erscheinungsbild um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, ist keine überraschende Klausel iSv. § 305c Abs. 1 [X.] und deshalb Vertragsbestandteil geworden. Dynamische Verweisungen auf einschlägige Tarifverträge sind im Arbeitsleben als Gestaltungsinstrument so verbreitet, dass ihre Aufnahme in [X.] nicht iSd. § 305c Abs. 1 [X.] überraschend ist ([X.] 14. Juni 2017 - 7 [X.] - Rn. 19; 26. Oktober 2016 - 7 [X.] - Rn. 39, [X.]E 157, 141; 24. September 2008 - 6 [X.]/07 - Rn. 20 mwN, [X.]E 128, 73).

b) Die Bezugnahmeklausel verstößt auch nicht gegen das Transparenzgebot in § 307 Abs. 1 Satz 2 [X.].

aa) Eine Verweisung auf Vorschriften eines anderen Regelungswerks führt für sich genommen nicht zur Intransparenz. Das Bestimmtheitsgebot als maßgebliche Ausprägung des [X.] verlangt lediglich, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender der Klausel keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen und der Gefahr vorgebeugt wird, dass der Vertragspartner von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird (vgl. [X.] 24. September 2008 - 6 [X.]/07 - Rn. 30 mwN, [X.]E 128, 73). Im [X.]punkt der jeweiligen Anwendung müssen die geltenden, in Bezug genommenen Regelungen bestimmbar sein (vgl. [X.] 14. Juni 2017 - 7 [X.] - Rn. 21; 26. Oktober 2016 - 7 [X.] - Rn. 39, [X.]E 157, 141; 18. März 2015 - 7 [X.] - Rn. 39).

bb) Eine Regelung, die auf einen Tarifvertrag verweist, ist weder unverständlich noch unklar. Dies gilt auch dann, wenn die Verweisung dynamisch ausgestaltet ist. [X.] auf das jeweils gültige Tarifrecht entsprechen einer üblichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider [X.]en. Dies ergibt sich aus der [X.] des Arbeitsverhältnisses. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 [X.] genügt deshalb der bloße allgemeine Hinweis auf Tarifverträge (vgl. [X.] 14. Juni 2017 - 7 [X.] - Rn. 22; 18. März 2015 - 7 [X.] - Rn. 38; 24. September 2008 - 6 [X.]/07 - Rn. 31 mwN, [X.]E 128, 73). Welche konkreten tariflichen Regelungen jeweils das Arbeitsverhältnis ausfüllen sollen, ist von den Arbeitnehmern durch Einsicht in die Tarifverträge feststellbar ([X.] 26. Oktober 2016 - 7 [X.] - Rn. 39, [X.]E 157, 141).

cc) Danach ist die Bezugnahmeklausel in § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags für den Kläger weder unverständlich noch unklar. Die anwendbaren Tarifverträge sind ausreichend bestimmt. Der Kläger konnte durch Einsicht in die Tarifverträge feststellen, welche tariflichen Regelungen neben den Regelungen des Arbeitsvertrags für sein Arbeitsverhältnis gelten sollten.

2. Die auflösende Bedingung in § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum [X.] gilt nach §§ 21, 17 Satz 2 [X.] iVm. § 7 [X.] als wirksam. Das [X.] hat zu Unrecht geprüft, ob die in § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum [X.] geregelte auflösende Bedingung durch einen sachlichen Grund gemäß §§ 21, 14 Abs. 1 [X.] gerechtfertigt ist und ob ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis der §§ 21, 14 Abs. 4 [X.] vorliegt. Diese Prüfung wäre nur vorzunehmen gewesen, wenn sich der Kläger innerhalb der Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 [X.] oder innerhalb der verlängerten Anrufungsfrist der §§ 21, 17 Satz 2 [X.] iVm. § 6 [X.] auf einen fehlenden Sachgrund für die auflösende Bedingung oder auf eine Verletzung des Schriftformerfordernisses berufen hätte (vgl. [X.] 20. August 2014 - 7 [X.] - Rn. 21; 4. Mai 2011 - 7 [X.] - Rn. 18, [X.]E 138, 9). Dies ist jedoch nicht geschehen.

3. Das [X.] hat zu Recht erkannt, dass die auflösende Bedingung in § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum [X.] eingetreten ist.

a) Die auflösende Bedingung gilt allerdings nicht bereits nach §§ 21, 17 Satz 2 [X.] iVm. § 7 Halbs. 1 [X.] als eingetreten.

aa) Die dreiwöchige Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 [X.] gilt auch für die Geltendmachung des Nichteintritts der auflösenden Bedingung ([X.] 6. April 2011 - 7 [X.] - Rn. 16 ff., [X.]E 137, 292). Sie beginnt grundsätzlich mit dem Tag, an dem die auflösende Bedingung eingetreten ist. Da der auflösend bedingte Arbeitsvertrag nach §§ 21, 15 Abs. 2 [X.] frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Eintritt der Bedingung endet, wird in den Fällen, in denen die Bedingung bereits vor Ablauf der [X.] eingetreten ist, die Klagefrist gemäß §§ 21, 17 Satz 1 und Satz 3, § 15 Abs. 2 [X.] erst mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis sei aufgrund des Eintritts der Bedingung beendet, in Lauf gesetzt ([X.] 30. August 2017 - 7 [X.] - Rn. 17, [X.]E 160, 150; 6. April 2011 - 7 [X.] - Rn. 22, aaO).

bb) Danach hat der Kläger die Klagefrist für die Bedingungskontrollklage gewahrt. Das Schreiben vom 18. Mai 2015, mit dem die [X.] den Kläger im Auftrag der [X.] über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen des Eintritts der auflösenden Bedingung mit Ablauf des 30. Juni 2015 unterrichtete, ging dem Kläger spätestens am 27. Mai 2015 und damit länger als zwei Wochen vor dem [X.] zu. Unter diesem Datum hat der Kläger auf das Schreiben vom 18. Mai 2015 geantwortet. Nach § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum [X.] tritt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Wiederaufleben des ruhenden [X.]s ein. Das Beamtenverhältnis ist mit dem Ende der Beurlaubung mit Ablauf des 30. Juni 2015 wieder aufgelebt. Die Klagefrist begann deshalb am 1. Juli 2015 und endete mit Ablauf des 21. Juli 2015. Die den [X.] (Klageantrag zu 1.) enthaltende Klageschrift wurde der [X.] am 13. Juli 2015 und damit innerhalb der Klagefrist zugestellt.

b) Die auflösende Bedingung ist am 30. Juni 2015 eingetreten.

aa) Entgegen der Auffassung des [X.] ruht das Beamtenverhältnis während des [X.] und lebt nach dessen Beendigung wieder auf. Dies ergibt die Auslegung der Tarifbestimmung. Das hat das [X.] zu Recht erkannt.

(1) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom [X.] auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm zu berücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann ([X.] 19. Juni 2018 - 9 [X.] - Rn. 17; 20. September 2017 - 6 [X.] - Rn. 33, [X.]E 160, 192).

(2) Danach ist § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum [X.] so zu verstehen, dass die Bewilligung von Sonderurlaub zum Ruhen des [X.]s führt und das ruhende Beamtenverhältnis bei der Beendigung des [X.] wieder auflebt.

(a) § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum [X.] sieht vor, dass das Arbeitsverhältnis endet, wenn „das ruhende Beamten- oder Arbeitsverhältnis“ bei der [X.] wieder auflebt. Die Tarifvertragsparteien haben das Aufleben eines ruhenden Beamten- oder Arbeitsverhältnisses als Tatbestand des Eintritts der auflösenden Bedingung bestimmt, ohne insoweit Unterscheidungen zu treffen. Damit ergibt der Wortlaut der Tarifbestimmung, dass an das Ruhen und Wiederaufleben eines Beamten- und eines Arbeitsverhältnisses gleiche Anforderungen zu stellen sind und für sie die gleichen Maßstäbe gelten. Der Begriff des ruhenden [X.]s wird - ebenso wie der Begriff des ruhenden Arbeitsverhältnisses - in der Tarifbestimmung zwar nicht näher definiert. Das Wort „Ruhen“ ist jedoch ein in der Rechtssprache des Arbeitsrechts gebräuchlicher Begriff. Danach ruht ein Arbeitsverhältnis, wenn die wechselseitigen Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag, also die Pflicht des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung und die Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung der vereinbarten Vergütung, suspendiert sind und somit der jeweilige Gläubiger von seinem Schuldner die Erbringung der Leistung nicht verlangen und durchsetzen kann (vgl. [X.] 9. August 1995 - 10 [X.] - zu II 2 b der Gründe, [X.]E 80, 308). Dies ist bei der Gewährung von Sonderurlaub ohne Vergütung der Fall. Ein ruhendes Arbeitsverhältnis lebt wieder auf, wenn die gegenseitigen Vertragspflichten wieder erfüllt werden müssen. Benutzen Tarifvertragsparteien - wie hier in § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum [X.] - sowohl in Bezug auf Arbeits- als auch in Bezug auf [X.] - einen derartigen gebräuchlichen Rechtsbegriff, so kann davon ausgegangen werden, dass sie ihn in dem allgemein anerkannten Sinne verstanden wissen wollen (vgl. [X.] 9. August 1995 - 10 [X.] - zu II 2 b der Gründe, aaO). Die Gewährung von Sonderurlaub nach § 13 Abs. 1 Satz 1 SUrlV führt daher nach der Tarifbestimmung zum Ruhen eines mit der [X.] bestehenden Arbeitsverhältnisses. Da die Tarifnorm Arbeits- und [X.] insoweit gleichbehandelt, führt die Gewährung von Sonderurlaub auch zum Ruhen des [X.]s iSv. § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum [X.].

(b) Entgegen der Auffassung des [X.] gebietet der Umstand, dass das Beamtenrecht verschiedene Fälle des Ruhens eines [X.]s kennt, die Gewährung von Sonderurlaub dort jedoch nicht erwähnt ist, keine andere Auslegung von § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum [X.]. Dem steht entgegen, dass die Tarifbestimmung in Bezug auf Beamten- und Arbeitsverhältnisse bei der [X.] von einem einheitlichen Begriff des Ruhens ausgeht und der [X.] Regelungen für das Arbeitsverhältnis, nicht jedoch für das Beamtenverhältnis enthält.

Auf die in dem „Handbuch zum Beamtenrecht“ der [X.] vertretene Auffassung, das Beamtenverhältnis ruhe nicht im Falle der „Insichbeurlaubung“, kommt es entgegen der Auffassung des [X.] nicht an. Der [X.] betrifft nicht Fälle der Insichbeurlaubung, dh. einer Beurlaubung eines Beamten der [X.] ohne Besoldung, die dazu dient, eine Tätigkeit im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses mit dem Dienstherrn [X.] auszuüben. Der [X.] regelt vielmehr die Arbeitsverhältnisse beurlaubter Beamter der [X.] bei der [X.], also einem anderen Arbeitgeber als dem Dienstherrn [X.]. Im Übrigen wird auf dem Deckblatt des Handbuchs im Fettdruck klargestellt, dass das Handbuch nicht an die Stelle der jeweils gültigen Rechtsvorschriften tritt, sondern nur Erläuterungen, Begründungen, Hintergrundinformationen und Anwendungshilfen etc. gibt. Deshalb konnte auch kein schutzwürdiges Vertrauen des [X.] auf die Richtigkeit von im Handbuch enthaltenen rechtlichen Hinweisen entstehen.

bb) Danach ruhte das Beamtenverhältnis des [X.] für die [X.] seiner Beurlaubung. Die wechselseitigen Hauptpflichten aus dem Beamtenverhältnis, also die Pflicht des [X.] zur Dienstleistung und die Pflicht der [X.] zur Zahlung der Besoldung, waren bis zum Ablauf des 30. Juni 2015 suspendiert.

cc) Das Beamtenverhältnis des [X.] lebte mit Ablauf des [X.] wieder auf, da der Sonderurlaub für die [X.] nach dem 30. Juni 2015 nicht verlängert wurde. Dem steht nicht entgegen, dass die [X.] dem Kläger seit dem Ende der Beurlaubung keine Tätigkeiten im Rahmen des [X.]s übertragen hat. Für das Wiederaufleben des [X.]s iSv. § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum [X.] kommt es vielmehr darauf an, dass die wechselseitigen Hauptpflichten aus dem Beamtenverhältnis seit dem 1. Juli 2015 nicht mehr suspendiert sind. Die [X.] muss ihren Beamten nicht nur die amtsangemessene Besoldung gewähren, sondern auch deren verfassungsrechtlichen Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung zeitnah erfüllen, sobald der Beamte ihn geltend macht (BVerwG 18. September 2008 - 2 [X.] 126.07 - Rn. 13, BVerwGE 132, 40; 22. Juni 2006 - 2 [X.] 26.05 - BVerwGE 126, 182). Der Beamte ist verpflichtet, ihm zugewiesene amtsangemessene Tätigkeiten zu verrichten. Darauf, ob diese Pflichten tatsächlich erfüllt werden, kommt es für das Wiederaufleben des [X.]s iSv. § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum [X.] nicht an. Insoweit gilt nichts anderes als für das Wiederaufleben des Arbeitsverhältnisses eines beurlaubten Arbeitnehmers der [X.], da § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum [X.] beide Rechtsverhältnisse - Beamten- und Arbeitsverhältnisse - hinsichtlich des für den Eintritt der auflösenden Bedingung maßgeblichen Ruhens und Wiederauflebens gleichbehandelt. Da die Hauptpflichten aus dem Beamtenverhältnis für die [X.] und den Kläger mit Ablauf des [X.] am 30. Juni 2015 wieder entstanden sind, ist das Beamtenverhältnis nach § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum [X.] wieder aufgelebt und die auflösende Bedingung ist zu diesem [X.]punkt eingetreten.

c) Die [X.] muss sich nicht nach § 162 [X.] so behandeln lassen, als wäre die auflösende Bedingung nicht eingetreten. Sie hat den Eintritt der Bedingung nicht treuwidrig herbeigeführt. Dies hat das [X.] zutreffend erkannt.

aa) Nach § 162 Abs. 2 [X.] gilt der Eintritt einer Bedingung als nicht erfolgt, wenn der Eintritt der Bedingung von der [X.], zu deren Vorteil er gereicht, wider [X.] und Glauben herbeigeführt wird. Diese Regelung ist Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens, dass niemand aus einem von ihm treuwidrig herbeigeführten Ereignis Vorteile herleiten darf ([X.] 12. Dezember 2007 - 10 [X.] - Rn. 40, [X.]E 125, 147). Unter welchen Voraussetzungen die Beeinflussung des [X.] treuwidrig ist, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern nur im Einzelfall beurteilen. Maßgeblich ist, welches Verhalten von einem loyalen Vertragspartner erwartet werden konnte. Dies ist mittels einer umfassenden Würdigung des Verhaltens der den [X.] beeinflussenden Vertragspartei nach Anlass, Zweck und Beweggrund unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Inhalts des Rechtsgeschäfts, festzustellen ([X.] 16. Januar 2018 - 7 [X.] - Rn. 31; 23. September 2014 - 9 [X.] 827/12 - Rn. 32; [X.] 16. September 2005 - V ZR 244/04 - zu II 1 der Gründe).

bb) Danach kann nicht angenommen werden, dass die [X.] den Eintritt der auflösenden Bedingung treuwidrig herbeigeführt hat. Das [X.] hat zu Recht nicht genügen lassen, dass die Nichtverlängerung der Beurlaubung durch die [X.] auf der Mitteilung der [X.] beruhte, sie könne den Kläger nicht mehr beschäftigen. Darin liegt lediglich ein Beitrag zur Herbeiführung des Eintritts der auflösenden Bedingung. Anhaltspunkte dafür, dass dies wider [X.] und Glauben erfolgte, sind vom [X.] nicht festgestellt und vom Kläger nicht vorgetragen.

4. Das Arbeitsverhältnis hat gemäß §§ 21, 15 Abs. 2 [X.] mit Ablauf des 30. Juni 2015 geendet. Die [X.] hat den Kläger länger als zwei Wochen vor diesem [X.]punkt ordnungsgemäß über den Eintritt der auflösenden Bedingung unterrichtet.

a) In dem Schreiben vom 18. Mai 2015 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass sein Arbeitsverhältnis aufgrund des Endes der Beurlaubung bzw. des Auflebens des aktiven [X.]s bei der [X.] automatisch am 30. Juni 2015 ende. Das Schreiben vom 18. Mai 2015 wurde auf dem Briefpapier der [X.] verfasst und von zwei Mitarbeiterinnen der „[X.]“ unterzeichnet. Es enthält den Hinweis, dass die [X.] im Namen und im Auftrag des Arbeitgebers des [X.], also der [X.], handeln. Die Unterrichtung erfolgte damit für die [X.] im Wege einer zulässigen Vertretung. Bei der Unterrichtung über den Eintritt der auflösenden Bedingung nach §§ 21, 15 Abs. 2 [X.] handelt es sich zwar nicht um eine rechtsgestaltende Willenserklärung, sondern um eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung, weil deren Rechtsfolgen nicht wie bei Willenserklärungen kraft des ihnen innewohnenden Willensakts, sondern kraft Gesetzes eintreten ([X.] 16. Januar 2018 - 7 [X.] 622/15 - Rn. 26). Für rechtsgeschäftsähnliche Handlungen gelten jedoch die Bestimmungen über Willenserklärungen entsprechend ihrer Eigenart (vgl. [X.] 29. Juni 2017 - 8 [X.] 402/15 - Rn. 21, [X.]E 159, 334). Danach sind die Vorschriften über die Stellvertretung (§§ 164 ff. [X.]) anzuwenden. Der Arbeitgeber kann sich daher zur Mitteilung nach § 15 Abs. 2 [X.] eines Vertreters bedienen (vgl. etwa [X.] 11. Aufl. § 15 [X.] Rn. 17; [X.]/[X.] 18. Aufl. § 15 [X.] Rn. 2).

b) Soweit der Kläger im Zusammenhang mit dem im Schreiben vom 18. Mai 2015 zugleich unterbreiteten Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrags die Vollmacht der das Schreiben vom 18. Mai 2015 unterzeichnenden Mitarbeiterinnen der [X.] gerügt hat, bedurfte es dazu keiner weiteren Feststellungen. Die [X.] hat die in dem Schreiben enthaltenen Erklärungen jedenfalls nach § 185 Abs. 2 [X.] konkludent genehmigt. Sie hat sich im vorliegenden Rechtsstreit auf dieses Schreiben berufen.

c) Das Schreiben vom 18. Mai 2015 ist dem Kläger spätestens am 27. Mai 2015 zugegangen. Unter diesem Datum hat sich der Kläger auf das Schreiben vom 18. Mai 2015 berufen. Der Zugang des Schreibens vom 18. Mai 2015 beim Kläger erfolgte damit mehr als zwei Wochen vor dem Eintritt der auflösenden Bedingung am 30. Juni 2015. Somit endete das Arbeitsverhältnis nach §§ 21, 15 Abs. 2 [X.] mit Ablauf dieses Tages.

II. Die Anträge zu 2., 4. und 5. auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der [X.]en auch nicht durch die vorsorglich zum 30. Juni 2015, hilfsweise zum 31. Januar 2016, hilfsweise zum nächstmöglichen [X.]punkt ausgesprochene außerordentliche personenbedingte Kündigung der [X.] aufgelöst worden ist, sind unbegründet, weil das Arbeitsverhältnis bereits aufgrund des Eintritts der auflösenden Bedingung am 30. Juni 2015 geendet hat.

III. [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    M. Rennpferdt    

        

    [X.]    

        

        

        

    M. Zwisler    

        

    Weber    

                 

Meta

7 AZR 561/16

01.08.2018

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Braunschweig, 3. November 2015, Az: 8 Ca 145/15, Urteil

§ 13 Abs 1 S 1 SUrlV, § 1 TVG, § 21 TzBfG, § 15 Abs 2 TzBfG, § 17 S 1 TzBfG, § 7 Halbs 1 KSchG, § 2 Abs 1 S 2 Nr 10 NachwG, § 307 Abs 1 S 2 BGB, § 162 Abs 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 01.08.2018, Az. 7 AZR 561/16 (REWIS RS 2018, 5238)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 5238

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