Bundessozialgericht, Urteil vom 07.05.2014, Az. B 12 R 5/12 R

12. Senat | REWIS RS 2014, 5804

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Gegenstand

Sozialversicherungspflicht - geringfügige Beschäftigung - Zeitgeringfügigkeit - keine regelmäßige Beschäftigung - zeitlich unregelmäßige Arbeitseinsätze - keine Abrufbereitschaft - keine Vorhersehbarkeit - unterschiedliche Anlässe - kein erkennbarer Rhythmus - keine strukturelle Ausrichtung des Betriebs auf den Einsatz von Aushilfskräften - keine Bindungswirkung der Geringfügigkeitsrichtlinien für die Gerichte


Leitsatz

An einer die Versicherungsfreiheit wegen Zeitgeringfügigkeit ausschließenden "regelmäßigen" Beschäftigung fehlt es, wenn Tätigkeiten in den gesetzlichen zeitlichen Höchstgrenzen über Jahre hinweg beim selben Arbeitgeber zwar "immer wieder" ausgeübt werden, die einzelnen Arbeitseinsätze aber ohne bestehende Abrufbereitschaft nicht vorhersehbar zu unterschiedlichen Anlässen und ohne erkennbaren Rhythmus erfolgen sowie der Betrieb des Arbeitgebers nicht strukturell auf den Einsatz von Aushilfskräften ausgerichtet ist.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 23. Mai 2012 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Bescheid der Beklagten vom 15. September 2008 nicht aufzuheben war.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auf 6737,15 [X.] festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Nachforderung von [X.] und Umlagen nach dem Lohnfortzahlungsgesetz ([X.]) unter dem Blickwinkel der (fehlenden) [X.]geringfügigkeit von Beschäftigung.

2

Die klagende GmbH betreibt seit vielen Jahren ein Reinigungsunternehmen mit 13 bzw 14 Filialen, in dem in den Jahren 2003 bis 2005 ca 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt wurden, ua - wiederholt und jeweils zeitlich begrenzt - die Beigeladenen zu 1. und 2. (seinerzeit Bezieher von Altersrente der gesetzlichen Rentenversicherung). Der Beigeladene zu 1. war bis zum Renteneintritt bei der Klägerin angestellt gewesen, die Beigeladene zu 2. - deren Kundin die Klägerin gewesen war - war bis zum [X.] selbstständig tätig. Im Einzelnen sind folgende Beschäftigungszeiten der Beigeladenen zu verzeichnen:

Beigeladener zu 1.:

2003 in sechs Monaten insgesamt 39 Tage
2004 in acht Monaten insgesamt 39 Tage
2005 in sechs Monaten insgesamt 43 Tage

Beigeladene zu 2.:

2003 in sieben Monaten insgesamt 38 Tage
2004 in neun Monaten insgesamt 42 Tage
2005 in fünf Monaten insgesamt 27 Tage.

3

Nach den Feststellungen des [X.] sollte der Beigeladene zu 1. in einer Filiale bei unerwarteten Arbeitskraftausfällen oder unerwartetem Personalbedarf tätig sein, der durch saisonale Schwankungen aufgrund besonderer Angebote bedingt war. Die Beigeladene zu 2. wurde für Dekorationsarbeiten eingesetzt, wenn die Geschäftsführerin der Klägerin diesen Arbeiten aufgrund saisonaler oder personeller Engpässe nicht allein nachkommen konnte. Den Beschäftigungen der Beigeladenen zu 1. und 2. lag kein (schriftlicher) Rahmenvertrag zugrunde. Die Beteiligten gingen aber übereinstimmend davon aus, dass die für [X.]geringfügigkeit geltende 50-Tage-Grenze bezogen auf das jeweilige Kalenderjahr keinesfalls überschritten werden sollte. Im Bedarfsfall fragte die Klägerin bei den Beigeladenen zu 1. und 2. an, ob diese bei ihr einspringen könnten; beim jeweils ersten Kontakt in einem Kalenderjahr fragte die Klägerin zudem danach, ob (weiterhin) die generelle Bereitschaft bestehe, im genannten maximalen [X.]rahmen tätig zu sein, falls sich ein Engagement ergebe. Eine Abrufbereitschaft bestand nicht. Ein Einsatz als "Springer" war bewusst nicht beabsichtigt. Die Klägerin erhielt je nach Situation der angefragten Beigeladenen zu 1. und 2. Zu- oder Absagen bzw im Fall der Abwesenheit überhaupt keine Nachricht. Die Beigeladenen zu 1. und 2. erhielten im streitigen [X.]raum in mehreren Monaten Arbeitsentgelt von mehr als 400 Euro.

4

In der [X.] vom 26.3.2007 bis 31.3.2008 führte die beklagte [X.] bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für den [X.]raum Januar 2003 bis Dezember 2005 durch. Durch Bescheid vom 15.9.2008 und Widerspruchsbescheid vom [X.] machte die Beklagte eine Nachforderung von [X.] zuzüglich [X.]-Umlagen für den streitigen [X.]raum geltend, wovon 6907,58 Euro - im Widerspruchsverfahren reduziert auf 6737,15 Euro - auf die Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. und zu 2. entfielen. In Ausführung des Widerspruchsbescheides erließ die Beklagte einen Bescheid vom [X.], der den Bescheid vom 15.9.2008 ersetzte.

5

Das [X.] hat die gegen die Beitrags- und Umlagenachforderungen erhobene Klage abgewiesen (Urteil vom 31.5.2011). Das [X.] hat auf die Berufung der Klägerin das Urteil des [X.] insgesamt sowie die Bescheide der Beklagten einschließlich des Ausführungsbescheides insoweit aufgehoben, als darin Gesamtsozialversicherungsbeiträge zzgl Umlagen in Höhe von mehr als 143,86 Euro gefordert wurden. Zur Begründung hat das [X.] im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte fordere zu Unrecht für die Beigeladenen zu 1. und 2. Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagebeträge ausgehend von mehr als nur geringfügigen Beschäftigungen nach, weil deren Beschäftigungen als zeitgeringfügig und daher als versicherungsfrei anzusehen seien. Zwar seien die Beschäftigungsverhältnisse im Sinne der Rechtsprechung des B[X.] auf ständige Wiederholung gerichtet gewesen. Die Arbeitseinsätze seien jedoch unregelmäßig und unvorhersehbar erfolgt und [X.] nicht von vornherein absehbar gewesen. Auch die Dauer der Einsatzzeiten sei sehr unterschiedlich gewesen. Ein Rhythmus oder eine Planbarkeit der Arbeitseinsätze habe gefehlt. Entgegen der Auffassung der Beklagten stehe es der [X.]geringfügigkeit auch nicht entgegen, wenn [X.] für die Dauer von einem Jahr abgeschlossen worden seien, zwischen einem alten Rahmenarbeitsvertrag und einem neuen, inhaltlich gleichen Arbeitsvertrag aber kein [X.]raum von mehr als zwei Monaten liege. Die Arbeitsvertragsparteien seien sich hier einig gewesen, die für [X.]geringfügigkeit geltende Grenze von 50 Arbeitstagen je Kalenderjahr einzuhalten. Faktisch sei es insoweit auch nie zu einer Überschreitung gekommen. Das eine Geringfügigkeit ausschließende Kriterium der "Berufsmäßigkeit" sei nicht gegeben, weil die Beigeladenen zu 1. und 2. Altersrentner gewesen seien (Urteil vom 23.5.2012).

6

Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision und rügt eine Verletzung von § 8 Abs 1 [X.] und 2 [X.]B IV. Der bisherigen Rechtsprechung des B[X.] könne zwar entnommen werden, dass das eine [X.]geringfügigkeit ausschließende Kriterium einer "regelmäßig" innerhalb eines Jahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage begrenzt ausgeübten Beschäftigung jedenfalls dann erfüllt sei, wenn eine Voraussehbarkeit und eine gewisse zeitliche Nähe der Arbeitseinsätze vorliege, dh wenn Arbeitnehmer im Laufe eines Jahres zu häufigen, terminlich vorher im Wesentlichen festliegenden Einsätzen herangezogen würden. Hieraus könne jedoch nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass bei nicht einem bestimmten Rhythmus unterliegenden bzw nicht auf bestimmte Termine bezogenen Tätigkeiten, die über einen längeren [X.]raum hinweg ausgeübt worden seien, die Regelmäßigkeit grundsätzlich (unabhängig von den Gesamtumständen) zu verneinen sei. Allenfalls könne hierin ein Indiz für eine nur gelegentliche Beschäftigung gesehen werden, das jedoch durch hinzutretende Sachverhaltselemente durchaus auch relativiert werden oder ganz zurücktreten könne. Das Merkmal "regelmäßig" sei (auch) dann erfüllt, wenn der Beschäftigte zu den sich wiederholenden Arbeitseinsätzen auf Abruf bereit stehe, ohne verpflichtet zu sein, jeder Aufforderung zur Arbeitsleistung Folge zu leisten. Eine ständige Wiederholung über einen [X.]raum von mehr als zwei Jahren hinweg mache jede Beschäftigung "regelmäßig" iS von § 8 Abs 1 [X.] [X.]B IV. Vorliegend seien die wiederholten Arbeitseinsätze derart in einem generellen Sinne vorhersehbar und bestimmbar gewesen.

7

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des [X.] vom 23. Mai 2012 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 31. Mai 2011 zurückzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

9

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der [X.], die als Rentenversicherungsträger im [X.] an eine von ihr vorgenommene Betriebsprüfung gegenüber der Klägerin Beitragsbescheide erließ, bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der [X.] hat lediglich den [X.] des Berufungsurteils klargestellt, weil das [X.] darin (auch) den Bescheid der [X.] vom 15.9.2008 aufgehoben hat. Zu Recht hat das [X.] auf die Berufung der Klägerin das Urteil des [X.] sowie die den Streitgegenstand bildenden Bescheide der [X.] insoweit aufgehoben, als darin Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagen von mehr als 143,86 Euro gefordert wurden.

1. Gegenstand des Rechtsstreits ist (nur noch) der Widerspruchsbescheid der [X.] vom [X.] sowie der Bescheid der [X.] vom [X.], der den Ursprungsbescheid vom 15.9.2008 ersetzt hat. Zu Recht hat das [X.] angenommen, dass der Bescheid vom [X.] gemäß § 96 Abs 1 [X.]G Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist, da er nach Erlass des Widerspruchsbescheides und vor Erhebung der Klage ergangen ist (vgl hierzu allgemein B[X.] [X.]-1500 § 96 [X.] Rd[X.] 16; B[X.] Urteil vom 12.5.1993 - 7 [X.] - Juris Rd[X.] 13 - insoweit nicht abgedruckt in B[X.]E 72, 248 = [X.]-4100 § 137 [X.]; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 10. Aufl 2012, § 96 Rd[X.] 2).

2. Die - für den Erlass der angefochtenen Bescheide gemäß § 28p Abs 1 S 5 [X.]B IV sachlich zuständige - Beklagte ist nicht berechtigt, von der Klägerin als Arbeitgeberin weitere Gesamtsozialversicherungsbeiträge und [X.] für die Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. und 2. in der [X.] bis 31.12.2005 zu fordern. Zutreffend hat das [X.] die angefochtenen Bescheide der [X.] insoweit aufgehoben.

a) Grundlage für die Versicherungs- und Beitrags([X.])pflicht der Klägerin sind die in den einzelnen Teilen des [X.]B enthaltenen speziellen Regelungen, die grundsätzlich an das Bestehen einer Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 [X.]B IV anknüpfen (vgl § 2 Abs 2 [X.]B IV; in den hier jeweils in den streitigen Jahren 2003 bis 2005 geltenden Fassungen für die gesetzliche Krankenversicherung: § 5 Abs 1 [X.] 1, § 226 Abs 1 S 1 [X.] 1, § 249, § 249b [X.]B V; für die [X.] Pflegeversicherung § 20 Abs 1 S 2 [X.] 1, § 58 Abs 1 S 1 [X.]B XI; für die gesetzliche Rentenversicherung: § 1 S 1 [X.] 1, § 172 Abs 1 [X.] 1 [X.]B VI; für das Recht der Arbeitsförderung: § 25 Abs 1 S 1, § 342, § 346 Abs 3 S 1 [X.]B III; hinsichtlich der Umlagebeträge nach dem [X.]: § 14 Abs 2 S 1 iVm § 10 [X.]).

Zu Recht hat das [X.] angenommen, dass die jeweiligen Arbeitseinsätze der Beigeladenen zu 1. und 2. als Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 [X.]B IV zu qualifizieren sind (vgl zu den Kriterien für Beschäftigung allgemein zB zuletzt B[X.]E 111, 257 = [X.]-2400 § 7 [X.] 17, Rd[X.] 15 mwN). Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit.

Eine den gesamten Zeitraum umfassende "durchgehende" Dauerbeschäftigung bzw eine Beschäftigung (auch) in den zwischen den jeweiligen Arbeitseinsätzen liegenden Zeiträumen (vgl hierzu B[X.] Urteil vom 20.3.2013 - B 12 R 13/10 R - [X.]-2400 § 7 [X.] 19) lag nach den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher für den [X.] bindenden (vgl § 163 [X.]G) Feststellungen des [X.] allerdings nicht vor. Die Beigeladenen zu 1. und 2. hielten sich nämlich weder aufgrund einer entsprechenden Rahmenvereinbarung noch faktisch durchgehend für eine Arbeitsleistung bereit und unterlagen auch keiner (Abruf-)Verpflichtung, sondern wurden vielmehr jeweils aufgrund grundsätzlicher Bereitschaft in einem nicht voraussehbar gewesenen Bedarfsfall von der Klägerin gefragt, ob sie Arbeitsleistungen erbringen konnten und wollten.

b) Ebenfalls revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist es, dass das [X.] die grundsätzlich bestehende Beitrags([X.])pflicht der Klägerin verneint hat, weil es sich bei den Beschäftigungen der Beigeladenen zu 1. und 2. um geringfügige Beschäftigungen iS von § 8 Abs 1 [X.] 2 [X.]B IV handelte (vgl des Weiteren § 346 Abs 3 S 1, § 27 Abs 2 S 1 [X.]B III; § 7 Abs 1 S 1 [X.]B V; § 20 Abs 1 S 1 [X.]B XI; § 5 Abs 2 S 1 [X.] 1 [X.]B VI in der bis 31.12.2012 geltenden Fassung).

Nach § 8 Abs 1 [X.]B IV in der bis 31.3.2003 geltenden Fassung (des [X.] vom [X.], [X.] 1983) liegt eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn die Beschäftigung regelmäßig weniger als 15 Stunden in der Woche ausgeübt wird und das Arbeitsentgelt regelmäßig im Monat 325 Euro nicht übersteigt ([X.] 1), die Beschäftigung innerhalb eines Jahres seit ihrem Beginn auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 325 Euro im Monat übersteigt ([X.] 2). Nach der vom [X.] bis 31.12.2005 maßgebenden Fassung des § 8 Abs 1 [X.]B IV (Zweites Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom [X.], [X.] 4621) liegt eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 400 Euro nicht übersteigt ([X.] 1), die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400 Euro im Monat übersteigt ([X.] 2).

Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden 12. [X.]s des B[X.] ist es geboten, eine strikte Zuordnung zu einer der beiden Fallgruppen des § 8 [X.]B IV vorzunehmen (vgl B[X.] [X.]-2400 § 8 [X.] 3 S 11 ff und [X.] S 19). Danach ist den Regelungen der [X.] 1 und [X.] 2 nach ihrem systematischen Zusammenhang im Wege der Auslegung zu entnehmen, dass es für ihre Anwendung zunächst darauf ankommt, ob eine Beschäftigung regelmäßig ausgeübt wird (dann gilt [X.] 1) oder nicht regelmäßig - also nur gelegentlich - (dann gilt [X.] 2). Denn § 8 Abs 1 [X.] 1 [X.]B IV kann neben "regelmäßigen" Beschäftigungen nicht auch "gelegentliche" erfassen, weil das Merkmal "berufsmäßig" in [X.] 2 des § 8 Abs 1 [X.]B IV sonst letztlich leerlaufen würde (vgl B[X.] [X.]-2400 § 8 [X.] S 19 mwN). Auch unter Berücksichtigung einer - vor allem mit Blick auf die im Einzelfall schwierige Handhabung des Merkmals "regelmäßig" - an der Regelung mit eher rechtspolitischer Zielrichtung geübten Kritik (so [X.] in von Maydell/Ruland/[X.], [X.], 5. Aufl 2012, § 14 Rd[X.] 34 mit Fußnote 101; vgl auch [X.] in [X.], Soziale Krankenversicherung - Pflegeversicherung, § 8 [X.]B IV Rd[X.] 11, Stand Einzelkommentierung Februar 2013; [X.] in [X.]/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, § 8 [X.]B IV Rd[X.] 3; [X.] in [X.], Handbuch des [X.], 2. Aufl 2014, § 4 Rd[X.] 66) bietet der vorliegende Fall keinen Anlass, die aufgezeigte Rechtsprechung des [X.]s zu der im [X.] unverändert gebliebenen Regelung aufzugeben (vgl bereits B[X.] [X.]-2400 § 8 [X.] S 19); gerade hier ermöglicht diese Rechtsprechung vorhersehbare Ergebnisse (dazu näher unten).

aa) Das [X.] hat beanstandungsfrei entschieden, dass bei den Beschäftigungen der Beigeladenen zu 1. und 2. Zeitgeringfügigkeit iS von § 8 Abs 1 [X.] 2 [X.]B IV gegeben ist, weil ihr Einsatz nur gelegentlich und nicht regelmäßig erfolgte.

"Regelmäßig" ist nach der Rechtsprechung des B[X.] eine Beschäftigung, die bei vorausschauender Betrachtung (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Sozialgesetzbuchs <[X.]B> - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - BT-Drucks 7/4122 [X.] zu 1.) von vornherein auf ständige Wiederholung gerichtet ist und über mehrere Jahre hinweg ausgeübt werden soll. Das hat auch die Rechtsprechung des B[X.] wiederholt so gesehen (vgl zB B[X.] [X.]-2400 § 8 [X.] 3 S 11 ; B[X.] [X.] 2200 § 168 [X.] 6 ; B[X.] [X.] 2200 § 165 [X.] 36 ; B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] 76178 ). Für das Vorliegen von Regelmäßigkeit kommt es dabei nicht darauf an, ob die jeweiligen Arbeitseinsätze im Rahmen eines Dauerarbeitsverhältnisses von vornherein feststehen oder von [X.] zu [X.] vereinbart werden. Das Merkmal der Regelmäßigkeit kann vielmehr auch erfüllt sein, wenn der Beschäftigte zu den sich wiederholenden Arbeitseinsätzen auf Abruf bereitsteht, ohne verpflichtet zu sein, jeder Aufforderung zur Arbeitsleistung Folge zu leisten (B[X.] [X.]-2400 § 8 [X.] S 20).

Hiervon ausgehend hat das [X.] zu Recht angenommen, dass die Beigeladenen zu 1. und 2. nur gelegentlich im Sinne von "immer wieder" und nicht "regelmäßig" bei der Klägerin beschäftigt waren. Dies folgt bei vorausschauender Betrachtung bereits daraus, dass die Beteiligten nach den Feststellungen des [X.] lediglich beim ersten Kontakt im jeweiligen Kalenderjahr eine (mündliche) Rahmenvereinbarung über die grundsätzliche Bereitschaft zu Arbeitsleistungen getroffen haben. Diese Arbeitsleistungen waren von vornherein nicht vorhersehbar und sollten auch keinem Muster oder einem bestimmten Rhythmus folgen. Auch war nach den Feststellungen des [X.] nach jedem Arbeitseinsatz unklar, ob es überhaupt zu weiteren Arbeitseinsätzen kommen würde. Der Geschäftsbetrieb der Klägerin war zudem nicht systematisch und strukturell darauf angelegt, auf die Arbeitskraft der Beigeladenen zu 1. und 2. im Sinne eines Arbeitskraftpools zurückzugreifen (vgl zu einer derartigen Konstellation Sächsisches [X.] Urteil vom [X.] KR 222/09 - Juris). Vielmehr versuchte die Klägerin nach den Feststellungen des [X.] anfallenden Vertretungsbedarf zunächst mit eigenen Kräften aufzufangen und auf die Inanspruchnahme der Beigeladenen zu 1. und 2. - auch wegen der dadurch entstehenden höheren Kosten - zu verzichten. Die nachträgliche Betrachtung der Beschäftigungen der Beigeladenen zu 1. und 2. bestätigt im Übrigen die praktische Umsetzung der entsprechenden Absicht der Beteiligten, weil die Arbeitseinsätze von ihrer zeitlichen Lage in unterschiedlichen Monaten sowie zu unterschiedlichen Anlässen sowie von der Anzahl der jeweiligen Arbeitstage her ohne erkennbares Schema erfolgten.

Soweit die Beklagte in ihrer Revisionsbegründung hiergegen einwendet, es sei anzunehmen, dass "gewisse Zeitfenster", zB für die Dekoration bei Saisonwechsel und [X.], "sicherlich" vorlagen, die Beteiligten "sicherlich" Anzahl und Lage der Einsätze "in grobem Rahmen" einordnen konnten und die Klägerin "sicherlich" an wiederkehrenden Arbeitseinsätzen interessiert war, kann sie damit keinen Erfolg haben. Die tatsächlichen Feststellungen des [X.], an die das B[X.] revisionsrechtlich gebunden ist (§ 163 [X.]G), lassen eine derartige eher spekulative Interpretation des Sachverhalts nicht zu. Der Auffassung der [X.], das Merkmal der Regelmäßigkeit sei schon dann als erfüllt anzusehen, wenn die Beteiligten "auf Grund des tatsächlichen Betriebsablaufs" und aufgrund "der bereits im vorhinein gemachten langjährigen Erfahrungen" berechtigterweise davon ausgehen konnten, dass es zu einer gewissen Anzahl von Arbeitseinsätzen über einen längeren Zeitraum hinweg kommen wird, kann ebenfalls nicht gefolgt werden; denn eine derart weitgehende Definition des Merkmals der Regelmäßigkeit ließe für die Anwendung von § 8 Abs 1 [X.] 2 [X.]B IV keinen Raum mehr. Vielmehr wäre ausgehend von diesem Verständnis letztlich schon jede innerhalb eines Kalenderjahrs ausgeübte vorhersehbare erneute (kurzzeitige) Beschäftigung beim selben Arbeitgeber immer als "regelmäßig" anzusehen.

Auch das von der [X.] für ihre Auffassung angeführte Urteil des [X.]s vom 23.5.1995 (B[X.] [X.]-2400 § 8 [X.]) rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Die insoweit von der [X.] wiedergegebenen Entscheidungsgründe betrafen den Fall einer Raumpflegerin, die wöchentlich zehn Stunden in einer Gastwirtschaft und an jedem zweiten Mittwoch vier Stunden in einer Rechtsanwaltskanzlei arbeitete. Der [X.] hat hierzu ausgeführt, dass die ständige Wiederholung über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren jede dieser Beschäftigungen als regelmäßig iS der [X.] 1 des § 8 Abs 1 [X.]B IV kennzeichnet. Hiervon unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt indessen grundlegend, weil es zwar "immer wieder" zu Beschäftigungen der Beigeladenen zu 1. und 2. kam, von einer "ständigen Wiederholung", die bereits nach dem Wortsinn beider Begriffe eine auch in zeitlicher Hinsicht gleichartige Abfolge der Beschäftigungen im Sinne eines erkennbaren Musters oder eines bestimmten Rhythmus oder im Rahmen eines bestimmten Arbeitszyklus (in diesem Sinne auch [X.] Niedersachsen-Bremen Urteil vom [X.] - L 1 KR 211/06 - Juris Rd[X.] 34) erfordert, nicht die Rede sein kann.

Schließlich kann sich die Beklagte auch nicht mit Erfolg auf die zwischen den Spitzenverbänden der Sozialversicherungsträger vereinbarten "Richtlinien für die versicherungsrechtliche Beurteilung von geringfügigen Beschäftigungen" ([X.] in den in den streitigen Jahren 2003 bis 2005 geltenden Fassungen, aktuell idF vom 20.12.2012) berufen. Abgesehen davon, dass diesen Richtlinien bereits keine die Gerichte bindende Wirkung zukommt, tragen sie die Ansicht der [X.] auch inhaltlich nicht (vgl hierzu zB Hessisches [X.] Urteil vom 6.2.2014 - L 1 KR 31/12 - Juris Rd[X.] 53 mwN). Die von der [X.] in Bezug genommene [X.] 2.4 der [X.] nimmt zudem ersichtlich nur - auf längstens zwei Monate befristete - kurzfristige Beschäftigungen in den Blick, nicht aber die hier von vornherein gegebene Begrenzung der Beschäftigung auf 50 Arbeitstage im Kalenderjahr. Weiterhin soll (auch) nach [X.] 2.3.2 der [X.] eine regelmäßige Beschäftigung so lange nicht vorliegen, als im laufenden Kalenderjahr die Zeitgrenze von 60 Kalendertagen oder 50 Arbeitstagen nicht überschritten wird, selbst wenn Arbeitnehmer wiederholt von ein- und demselben Arbeitgeber beschäftigt werden, ohne dass ein Rahmenvertrag oder eine Beschäftigung auf Abruf besteht.

bb) Zu Recht hat das [X.] schließlich entschieden, dass das eine Zeitgeringfügigkeit ausschließende Kriterium der "berufsmäßigen" Ausübung der Beschäftigung nach § 8 Abs 1 [X.] 2 aE [X.]B IV nicht erfüllt ist; denn nach seinen Feststellungen waren die Beigeladenen zu 1. und 2. als Altersrentner auf die Einkünfte aus den Beschäftigungen bei der Klägerin nicht angewiesen, was auch die Beklagte im Revisionsverfahren nicht in Zweifel gezogen hat.

c) Da nach alledem Zeitgeringfügigkeit gemäß § 8 Abs 1 [X.] 2 [X.]B IV gegeben ist, sind die angefochtenen Bescheide auch nicht teilweise in Höhe der im Fall von Entgeltgeringfügigkeit nach § 8 Abs 1 [X.] 1 [X.]B IV bestehenden Abgabenpflicht (§ 249b S 1 [X.]B V, § 172 Abs 3 [X.]B VI) rechtmäßig.

3. [X.] beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 [X.]G iVm § 154 Abs 2 VwGO.

4. Der Streitwert für das Revisionsverfahren war gemäß § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 [X.]G iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG in Höhe des Betrags der noch streitigen Beitrags- bzw Umlageforderung festzusetzen.

Meta

B 12 R 5/12 R

07.05.2014

Bundessozialgericht 12. Senat

Urteil

Sachgebiet: R

vorgehend SG Mannheim, 31. Mai 2011, Az: S 7 R 3401/09, Urteil

§ 7 Abs 1 SGB 4, § 8 Abs 1 Nr 1 SGB 4 vom 21.12.2000, § 8 Abs 1 Nr 1 SGB 4 vom 23.12.2002, § 8 Abs 1 Nr 2 SGB 4 vom 21.12.2000, § 8 Abs 1 Nr 2 SGB 4 vom 23.12.2002

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 07.05.2014, Az. B 12 R 5/12 R (REWIS RS 2014, 5804)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5804

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