Bundespatentgericht, Urteil vom 02.05.2012, Az. 3 Ni 28/11 (EP)

3. Senat | REWIS RS 2012, 6823

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Gegenstand

Patentnichtigkeitsklageverfahren - ergänzendes Schutzzertifikat für Arzneimittel - "Ranibizumab" – zu den Voraussetzungen der Erteilung des ergänzenden Schutzzertifikats: Erfordernis der Benennung des Wirkstoffs und/oder seiner Zusammensetzung in den Ansprüchen des Grundpatents – gleiches gilt für Präparate aus Einzelwirkstoffen und für Kombinationspräparate


Leitsatz

Ranibizumab

1. Der EuGH hat in den Entscheidungen „Medeva“ (GRUR 2012, 257) "Queensland" (GRUR Int 2012, 356 (red. Leitsatz) seine frühere Rechtsprechung (vgl. EuGH Urteil v. 16.09.1999 C-392/97 Rn. 26 ff. GRUR Int. 2000, 69 f. - Farmitalia) dahingehend präzisiert, dass ein ergänzendes Schutzzertifikat für Arzneimittel gemäß Art. 3 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 469/2009 nur für Wirkstoffe erteilt werden kann, die in den Ansprüchen des Grundpatents genannt bzw. bezeichnet sind.

2. Für die Erteilung des ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel kann daher nicht - wie von der früheren Rechtsprechung (vgl. BGH GRUR 2002, 415 - Sumatriptan) - auf den Schutzbereich des Grundpatents abgestellt werden, sondern es ist entscheidend, ob der Wirkstoff und/oder seine Zusammensetzung für die das ergänzende Schutzzertifikat begehrt wird, in den Ansprüchen des Grundpatents genannt bzw. bezeichnet werden.

3. Das Erfordernis, dass ein ergänzendes Schutzzertifikat nur für Wirkstoffe erteilt werden kann, die in den Ansprüchen des Grundpatents genannt bzw. bezeichnet sind, gilt gleichermaßen für Präparate aus Einzelwirkstoffen und für Kombinationspräparate.

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel

DE 12 2010 000 026

hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 2. Mai 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] sowie des Richters [X.], der Richterin [X.]. [X.], des Richters [X.]. [X.] und der Richterin [X.]. Dr. Münzberg

für Recht erkannt:

[X.] Das ergänzende [X.] wird für nichtig erklärt.

I[X.] Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

II[X.] [X.] ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klage richtet sich gegen das mit Beschluss vom 2. Februar 2011 des [X.] für den Wirkstoff "Ranibizumab" erteilte ergänzende [X.] 12 2010 000 026. Dem [X.] liegt das am 10. Juli 1991 beim [X.] angemeldete, die Prioritäten der [X.] Patentanmeldungen 9015198 vom 10. Juli 1990, 9022845 vom 19. Oktober 1990, 9024503 vom 12. November 1990, 9104744 vom 6. März 1991 und 9110549 vom 15. Mai 1991 in Anspruch nehmende und mit Wirkung für die [X.] erteilte [X.] Patent EP 2 055 777 [X.] ([X.]) zu Grunde, das vom [X.] unter der Nummer [X.] geführt wird und dessen Schutzdauer am 10. Juli 2011 abgelaufen ist.

2

Das [X.] betrifft ein "Verfahren zur Herstellung von spezifischen Bindungspaargliedern" und umfasst in der erteilten Fassung 5 Patentansprüche. Die nebengeordneten Patentansprüche 1, 4 und 5 lauten in der erteilten [X.] Fassung:

3

"1. A method for producing a molecule with binding specificity for a particular target, which method comprises:

4

producing a population of filamentous bacteriophage particles displaying at their surface a population of binding molecules having a range of binding properties, wherein the binding molecules comprise antibody antigen-binding domains for complementary specific binding pair members, wherein the binding molecules are displayed at the surface of the filamentous bacteriophage particles by fusion with a gene III protein of the filamentous bacteriophage particles, and wherein each filamentous bacteriophage particle contains nucleic acid encoding the binding molecule expressed from the nucleic acid and displayed by the particle at its surface;

5

selecting for a filamentous bacteriophage particle displaying a binding molecule with a desired binding property by contacting the population of filamentous bacteriophage particles with a particular target so that individual binding molecules displayed on filamentous bacteriophage particles with the desired binding property bind to said target;

6

separating bound filamentous bacteriophage particles form the target;

7

recovering separated filamentous bacteriophage particles displaying a binding molecule with the desired binding property;

8

isolating nucleic acid encoding the binding molecule from separated filamentous bacteriophage particles;

9

inserting nucleic acid encoding the binding molecule, or a fragment or derivative thereof with binding specificity for the target, in a recombinant system; and

4. A filamentous bacteriophage particle displaying on its surface a binding molecule which comprises a binding domain able to bind a complementary specific binding pair member, wherein the binding molecule is displayed on the surface of the filamentous bacteriophage particle by fusion with a gene III protein of the filamentous bacteriophage particle, wherein the binding domain is an antibody antigen-binding domain, the particle containing nucleic acid encoding the binding molecule expressed from the nucleic acid and displayed by the particle at its surface.

5. A population of filamentous bacteriophage particles according to claim 4 displaying a population of said binding molecules having a range of binding properties.”

Die rückbezogenen Patentansprüche 2 und 3 betreffen weitere Ausgestaltungen des Verfahrens nach Patentanspruch 1.

Die Klägerinnen machen geltend, das ergänzende [X.] sei entgegen den Vorschriften des Art. 3 lit. a der VO-(EG) Nr. 469/2009 erteilt worden, da der Antikörper "Ranibizumab", der Gegenstand des Streitschutzzertifikats sei, nicht durch das [X.] EP 2 055 777 [X.] geschützt werde. Weder die Ansprüche des [X.]s noch die Beschreibung enthielten einen Hinweis auf "Ranibizumab" bzw. auf das von ihm erkannte Antigen [X.]. Das [X.] schütze auch kein Herstellungsverfahren für Ranibizumab, sondern betreffe ein Screening-Verfahren, mit dem keine Neuherstellung eines Bindungsmoleküls erfolge. Im Übrigen unterscheide sich die Herstellung von "Ranibizumab" in entscheidenden Schritten vom Verfahren laut Streitgegenstand. Vor allem aber sei zu beachten, dass nach den jüngsten [X.] [X.]/10 vom 24. November 2011 ([X.], 257 m. Anm. [X.] - "[X.]") und [X.]/10 vom 25. November 2011 ([X.]. 2012, 356 (red. Leitsatz)) - "[X.]") ein [X.] nur für einen Wirkstoff erteilt werden könne, der in den Ansprüchen des [X.]s, auf das die betreffende Anmeldung gestützt werde, genannt sei bzw. in den Ansprüchen des [X.]s als das durch das fragliche Herstellungsverfahren gewonnene Erzeugnis bezeichnet sei. Diese Voraussetzung werde vorliegend allerdings nicht erfüllt.

Zur Begründung ihres Vorbringens verweisen sie auf folgende Druckschriften:

[X.] EP 2 055 777 [X.] ([X.])

BM2 Merkmalsanalyse des erteilten Patentanspruchs 1

[X.] Smith G.P., [X.], 1988, 167, 156 bis 165

BM4 Bass S. et al., [X.]: Structure, Function and Genetics, 1990, 8, 309 bis 314

[X.] Gutachten von Prof. [X.] vom 18. Februar 2010

BM6 Chen Y. et al., [X.]. Biol., 1999, 293, 865 bis 881

[X.] [X.], [X.]., 1997, 272, 10678 bis 10684

[X.] [X.], Structure, 1998, 6, 1153 bis 1167

[X.] [X.]-Urteil in der Rechtssache [X.]/10 vom 24. November 2011 ([X.] "[X.]")

[X.]T [X.] Übersetzung von [X.]

[X.]0 [X.]-Urteil in der Rechtssache [X.]/10 vom 25. November 2011 ([X.] "[X.]")

[X.]0T [X.] Übersetzung von [X.]0

[X.]1 Entscheidung des [X.] OF [X.] HC09C04770

[X.]2 Entscheidung des [X.] OF [X.] HC11C01304.

Die Klägerinnen beantragen,

das [X.] ergänzende [X.] 12 2010 000 026 für nichtig zu erklären.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise das Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des bei dem [X.] anhängigen Rechtsstreits (4a [X.]) auszusetzen.

Weiterhin regen beide Parteien jeweils hilfsweise eine Vorlage gem. Art. 234 Abs. 1 Buchstabe b und Abs. 3 des [X.] zum [X.] an.

Zur Stütze ihres Vorbringens verweisen die Beklagten auf folgende Dokumente:

N[X.] Einwendung der [X.] gegen die Erteilung des Streitschutzzertifikats vom 11. Dezember 2009

[X.] Einwendung der [X.] gegen die Erteilung des Streitschutzzertifikats vom 11. Juni 2010

NB3  Erwiderung der [X.] auf N[X.] und [X.] vom 8. No-vember 2010

[X.] Urteil des [X.] vom 10. November 2011 in der Sache 4a 143/10

NB5 Vom [X.] vorgenommene Merkmalsanalyse

[X.] Schriftsätze der Klägerin im Verletzungsverfahren vor dem [X.] mit Anlagen vom 18. März 2010

NB7 Schriftsätze der Beklagten im Verletzungsverfahren vor dem [X.] mit Anlagen zum [X.].: 4a [X.] vom 21. März 2010

[X.] Entscheidung des [X.] OF [X.] HC11C01304

NB9 Commission of the European Communities - Vorschlag für eine Vorschrift betreffend ein ergänzendes [X.] für medizinische Produkte vom 11. April 1990

N[X.]0 Entscheidung des [X.] [X.]/97 "Farmitalia"

N[X.]1 Entscheidung des [X.] OF [X.] CH/2008/APP0077

N[X.]2 Entscheidung des [X.] im Fall [X.] BL O/357/09

N[X.]3  Entscheidung [X.] C-518/10 "Yeda"

N[X.]4  Court of Appeal Den Haag Entscheidung vom 24. Januar 2012 Nr. 200.044.332/01

N[X.]4a Übersetzung von N[X.]4

N[X.]5 Anlagenkonvolut: Meinungen zur Anwendbarkeit von Art. 3 lit. a der VO-(EG) Nr. 469/2009, [X.]: HC 11 C01304

N[X.]6 Vorschlag für Vorlagefragen an den [X.]

N[X.]7 Stellungnahme der Generalanwältin im Fall [X.]/10.

Sie treten dem Vorbringen der Klägerinnen in vollem Umfang entgegen. Insbesondere sind sie der Ansicht, dass auch nach der neueren Rechtsprechung des [X.] darauf abzustellen sei, ob das betreffende Erzeugnis in den Schutzumfang des [X.]s falle, was vorliegend gegeben sei.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist gem. Art. 15 Abs. 2 der Verordnung ([X.]) Nr. 429/2009 i. V. m. § 81 [X.] zulässig. Sie ist auch begründet, da das [X.] entgegen Art. 3 lit. a dieser Verordnung erteilt worden ist. Denn weder werden der monoklonale Antikörper Ranibizumab, der Gegenstand des streitgegenständlichen ergänzenden [X.]es ist, oder dessen Zusammensetzung oder Eigenschaften in den Ansprüchen des [X.] EP 2 055 777 [X.] genannt, noch fällt dieser Wirkstoff in den Schutzbereich des [X.].

[X.]

1. Nach Art. 3 der Verordnung ([X.]) Nr. 429/2009 wird ein ergänzendes [X.] erteilt, wenn das betreffende Erzeugnis durch ein in [X.] befindliches Grundpatent geschützt ist, für das Erzeugnis als Arzneimittel eine gültige Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß der Richtlinie 2001/83/[X.] bzw. der Richtlinie 2001/82/[X.] erteilt wurde, für das Erzeugnis nicht bereits ein Zertifikat erteilt wurde und die Genehmigung für das Inverkehrbringen die erste Genehmigung dieses Erzeugnisses als Arzneimittel ist.

An der Voraussetzung des Schutzes durch ein in [X.] befindliches Grundpatent fehlt es hier. Das Erzeugnis "Ranibizumab" war nicht durch das [X.] Patent 2 055 777 geschützt im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. a der Verordnung ([X.]) Nr. 429/2009. Damit liegt der geltend gemachte [X.] vor.

2. Die frühere Rechtsprechung stellte für die Frage, ob ein Erzeugnis vom Grundpatent geschützt ist, darauf ab, dass der Umfang des durch das Grundpatent gewährleisteten Schutzes anhand der einschlägigen Vorschriften zu bestimmen ist, die nicht zum [X.]srecht gehören, da es an einer Harmonisierung des Patentrechts in der [X.] fehlte (vgl. [X.] Urteil v. 16.09.1999 [X.]/97 Rn. 26 ff. [X.]. 2000, 69 f. - Farmitalia; vgl. dazu [X.] 2002, 415, 416 f. - Sumatriptan). Die gegenwärtige nationale Rechtsprechung prüft daher, ob der betreffende Wirkstoff in den Schutzbereich des [X.] fällt bzw. von dessen Schutzumfang erfasst wird. Bei [X.]n Patenten bestimmt sich der Schutzumfang nach Art. 64 und 69 EPÜ und richtet sich nach den Patentansprüchen, zu deren Auslegung die Beschreibung und Zeichnungen heranzuziehen sind und bei [X.] auch nicht in den Ansprüchen ausdrücklich genannte unmittelbare Verfahrenserzeugnisse umfasst (vgl. etwa [X.], Patentgesetz, 8. Aufl., § 16a Rn. 11 mit Nachweisen; [X.], Patentgesetz, 10. Aufl., § 16a Rn. 18).

Nach den jüngsten in [X.] ergangenen Entscheidungen des [X.] [X.]/10 - "[X.]" vom 24. November 2011 ([X.], 257 m. Anm. [X.]; vgl. dazu auch [X.], [X.]. 2012, 300) und [X.]/10 - "[X.]" vom 25. November 2011 ([X.]. 2012, 356 (red. Leitsatz) darf ein ergänzendes [X.] gemäß Art. 3 lit. a der Verordnung ([X.]) Nr. 469/2009 allerdings nur für Wirkstoffe erteilt werden, die die im ersten Leitsatz genannte Bedingung "which are specified in [X.] patent" erfüllen ([X.] Übersetzung: "die in den Ansprüchen des [X.], auf das die betreffende Anmeldung gestützt wird, genannt sind"; sämtliche sprachliche Fassungen jeweils abrufbar unter [X.]). Nach Leitsatz 3. der Entscheidung "[X.]" ist Art. 3 lit. a dieser Verordnung außerdem dahingehend auszulegen, dass ein ergänzendes [X.] nur für solche Erzeugnisse erteilt werden darf, für die gilt: "identified in [X.] in question" ([X.] Übersetzung: "das in den Ansprüchen dieses Patents als das durch das fragliche Herstellungsverfahren gewonnene Erzeugnis bezeichnet ist"; vgl. dazu z. B. auch [X.] Beschl. vom 25.11.2011, [X.] 2012, 193 (red. Leitsatz, [X.]) - "[X.]"; [X.] Beschluss vom 25. November 2011 [X.]/10, [X.] GRUR-RR 2012, 55 - "Yeda").

Dies wirft die Frage auf, ob und inwieweit der [X.] nunmehr in Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung ein neues einschränkendes Kriterium dahingehend aufstellt, dass das betreffende Erzeugnis und/oder seine Zusammensetzung und/oder seine Eigenschaften in den Ansprüchen des [X.] explizit genannt werden müssen (vgl. etwa N[X.]5, [X.], N[X.]1, N[X.]2).

3. 1. Bereits der Wortlaut der Entscheidungen und der Verwendung der Formulierungen "identified in [X.]" und "specified in [X.] " zeigt nach Auffassung des Senats, dass der betreffende Wirkstoff in den Ansprüchen des [X.] "spezifiziert, beschrieben, einzeln genannt, genau benannt, genau beschrieben" bzw. identifiziert, genau bestimmt, festgelegt" sein muss (vgl. [X.]; [X.], 2010, jeweils Stichwörter "specify" und "identify").

3.2. Dies wird auch bestätigt durch die Begründung der genannten Entscheidungen des [X.].

Ausgangspunkt in beiden Entscheidungen ist, dass gemäß Art. 3 lit. a der Verordnung ([X.]) Nr. 429/2009 ein [X.] nur für ein durch das Grundpatent geschütztes Erzeugnis erteilt werden kann und dass gemäß Art. 5 dieser Verordnung das [X.] dieselben Rechte wie das Grundpatent begründet sowie denselben Bedingungen und Verpflichtungen unterliegt, wobei auf die "[X.]" (a. a. O.) Bezug genommen wird. Weiterhin führt der [X.] aus, dass die Verordnung ([X.]) Nr. 469/2009 des [X.] und des Rates vom 6. Mai 2009 über das ergänzende [X.] für Arzneimittel insoweit eine einheitliche Lösung auf Unionsebene vorsieht, als ein [X.] eingeführt wird, das der Inhaber eines nationalen oder [X.]n Patents unter denselben Voraussetzungen in jedem Mitgliedsstaat erhalten kann. Die Verordnung soll auf dieser Weise einer heterogenen Entwicklung der nationalen Rechtsvorschriften vorbeugen ([X.] a. a. O. "[X.]" Rn. 24; [X.] a. a. O. "[X.]" Rn. 29). Dann nimmt der Gerichtshof in der "[X.]-Entscheidung" außerdem Bezug auf Nr. 20 Abs. 2 der Begründung des Vorschlags für die Verordnung ([X.]) des Rates vom 11. April 1990 über die Schaffung eines ergänzenden [X.]s für Arzneimittel, wo hinsichtlich des [X.] des [X.] ausdrücklich und ausschließlich auf den Wortlaut der Ansprüche des [X.] Bezug genommen wird sowie auf den 14. Erwägungsgrund der Verordnung ([X.]) Nr. 1610/96 des [X.] und des Rates vom 23. Juli 1996 über die Schaffung eines ergänzenden [X.]s für Pflanzenschutzmittel (ABl. 1996, [X.], [X.]), in dem auf das Erfordernis verwiesen wird, dass "Erzeugnisse" "Gegenstand von Patenten sind, in denen sie besonders beansprucht werden" ([X.] a. a. O. "[X.]" Rn. 27).

Daraus folgert der Gerichtshof, dass es nicht zulässig ist, ein [X.] für ein Erzeugnis zu erteilen, das "not specified in [X.]" bzw. "identified in [X.]" wird.

3.3. Diese auf Wortlaut, Sinn, Zweck, Entstehungsgeschichte und Systematik der einschlägigen Regelungen basierende Argumentation, die von der bisherigen Rechtsprechung ausgeht, sowie der eindeutige Wortlaut der Entscheidungen sprechen nach Auffassung des Senats dafür, dass der [X.] zur Erreichung des Ziels der Verordnung, einheitliche Voraussetzungen in jeden Mitgliedsstaat zu gewährleisten, mit seiner neueren Rechtsprechung ein weiteres, die "[X.]" (a. a. O.) einschränkendes und [X.] [X.]es Kriterium aufstellt. Er stellt darum - anders als die bisherige nationale Rechtsprechung - nicht ausschließlich auf den Schutzbereich des [X.], d. h. nicht allein auf die möglichen Verbietungsrechte aus dem Grundpatent ab, sondern setzt engere Voraussetzungen für die Erteilung des ergänzenden [X.]s. Dies zeigt auch der 3. Leitsatz der "[X.]-Entscheidung", nach dem es - anders als Art. 64 Abs. 2 EPÜ oder § 9 Nr. 3 [X.] für den Schutzbereich des Patents - für die Erteilung eines ergänzenden [X.] unerheblich ist, ob das betreffende Erzeugnis unmittelbar durch das Verfahren des Streitpatents gewonnen werden kann.

Wegen dieses rein [X.]en Ansatzes verbietet sich - anders als die Beklagte meint - eine Auslegung der genannten Entscheidungen anhand nationaler Vorschriften oder der Auslegung nationaler Vorschriften (vgl. auch [X.] C-103/01 Urteil vom 22. Mai 2003 Rn. 33).

Auch die Argumentation der Beklagten, die o. g. Rechtsprechung des [X.] gelte nur für Kombinationspräparate mit mehreren Wirkstoffen, wobei nur ein Teil der Wirkstoffe durch das Grundpatent geschützt ist, greift nicht durch. Die Argumentation der Entscheidungen "[X.]" und "[X.]" gilt gleichermaßen für Präparate aus Einzelwirkstoffen und für Kombinationspräparate. Aus dem Wortlaut und der Begründung der auf die Beantwortung von abstrakten Fragen abstellenden Entscheidungen ist kein Anhaltspunkt dafür erkennbar, dass der [X.] ein Bedürfnis für eine derartige Differenzierung sieht und seine Ausführungen auf Kombinationspräparate beschränkt. Im Gegenteil würde eine derartige Ansicht zu unterschiedlichen Voraussetzungen für die Erteilung von [X.]en für Präparate aus Einzelwirkstoffen und Kombinationspräparate führen, wofür kein sachlicher Grund besteht. Wollte man außerdem - wie bisher - bei Präparaten aus Einzelwirkstoffen anders als bei Kombinationspräparaten auf die nationale Rechtsprechung zum Schutzumfang des [X.] abstellen, so würde dies insbesondere dem Zweck der Verordnung ([X.]) Nr. 469/2009 widersprechen, nach der der Inhaber eines nationalen oder [X.]n Patents ein [X.] unter denselben Voraussetzungen in jedem Mitgliedsstaat erhalten kann und die auf diese Weise einer heterogenen Entwicklung der nationalen Rechtsvorschriften vorbeugen soll ([X.] a. a. O. "[X.]" Rn. 24; [X.] a. a. O. "[X.]" Rn. 29).

Aus der "[X.]" (a. a. O.) des [X.], die von derselben Begründung wie die Entscheidungen "[X.]" und "[X.]" ausgeht, ergibt sich nichts anderes, da dort ebenso wie in den Fällen "[X.]" und "[X.]" eine abstrakte Vorlagefrage in allgemeiner Form beantwortet wird und der [X.] in diesem Vorlageverfahren zur Auslegung von [X.]srecht weder Anlass noch die Befugnis hatte, darauf einzugehen, ob die in der Antwort auf die vorgelegte Frage abstrakt definierten Kriterien im konkreten, vom nationalen Gericht zu entscheidenden Vorlagefall auch vorlagen. Aus diesen Gründen gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich diese Aussagen auf Kombinationspräparate beschränken und für Präparate mit einem einzigen Wirkstoff nicht gelten.

3.4. Diese vom [X.] geforderten Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Denn weder wird der monoklonale Antikörper Ranibizumab, der Gegenstand des streitgegenständlichen ergänzenden [X.]es ist, in den Ansprüchen des [X.] EP 2 055 777 [X.] genannt, noch werden dessen Zusammensetzung oder Eigenschaften in den Patentansprüchen angegeben.

I[X.]

Auch wenn man nach der bisherigen Rechtsprechung vom Schutzumfang des [X.] ausgeht, kommt man zum selben Ergebnis, denn das angegriffene [X.] wurde nicht für einen Wirkstoff erteilt, der nach nationaler Rechtsprechung in den Schutzbereich des [X.] fällt, da "Ranibizumab" kein Erzeugnis des durch das Grundpatent geschützten Verfahrens ist (§ 9 Nr. 3 [X.] bzw. Art. 64 Abs. 2 EPÜ)

1. Das Grundpatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Bindungspaargliedern, die Antigen-Antikörper-Bindungseigenschaften aufweisen. Monoklonale Antikörper werden üblicher Weise mit Hilfe immortalisierter Säugetierzellen hergestellt. Obwohl monoklonale Antikörper, ihre Fragmente und Derivate von erheblichem Vorteil sind, weisen sie dennoch einige Nachteile auf. So sind monoklonale Antikörper, bei deren Herstellung Zellen aus Nagetieren verwendet werden, nur begrenzt von therapeutischem Nutzen. Zudem können mit den bekannten Methoden nur etwa 10

2. Ausgehend davon liegt dem [X.] 2 055 777 die Aufgabe zugrunde, ein Screening-System zu entwickeln, welches die unter Punkt I[X.] 1 genannten Probleme beseitigt oder minimiert. Ein solches System soll die Bereitstellung einer sehr großen Zahl von [X.]ezifitäten (10

3. Gemäß Patentanspruch 1 wird diese Aufgabe durch ein Verfahren mit den folgenden Merkmalen gelöst:

(1.1) Verfahren zur Herstellung eines Moleküls, das in Bezug auf ein spezielles [X.] Bindungsspezifität aufweist,

 wobei das Verfahren Folgendes umfasst:

(1.2.1) das Herstellen einer Population filamentöser [X.],

(1.2.2) die an ihrer Oberfläche eine Population von [X.]n präsentieren

(1.2.3) mit einem Bereich von Bindungseigenschaften,

(1.2.4) worin die [X.] Antikörper-Antigenbindungsdomänen

(1.2.5) für spezifische komplementäre [X.] aufweisen,

(1.2.6) worin die [X.] auf der Oberfläche der [X.] [X.] durch die Fusion mit einem Gen-III-Protein der [X.] [X.] präsentiert werden und

(1.2.7) worin jeder filamentöse [X.] eine Nukleinsäure enthält,

(1.2.8) die für das aus der Nukleinsäure exprimierte und von dem Partikel auf seiner Oberfläche präsentierte [X.] kodiert;

(1.3.1) das Selektieren eines [X.] [X.]s, das ein [X.] mit einer gewünschten Bindungseigenschaft präsentiert,

(1.3.2) durch Kontaktieren der Population filamentöser [X.]

(1.3.3) mit einem bestimmten [X.],

(1.3.4) so dass einzelne [X.] mit der gewünschten Bindungseigenschaft, die auf [X.] [X.]n präsentiert werden, an das [X.] binden;

(1.4) das Trennen von gebundenen [X.] [X.]n von dem [X.];

(1.5) das Gewinnen abgetrennter filamentöser [X.], die ein [X.] mit der gewünschten Bindungseigenschaft präsentieren;

(1.6) das Isolieren der Nukleinsäure, die für das [X.] kodiert, aus den abgetrennten [X.] [X.]n;

(1.7.1) das [X.] von für das [X.] kodierender Nukleinsäure in ein rekombinantes System; oder

(1.7.2) das [X.] von einem Fragment oder Derivat davon mit Bindungsspezifität in Bezug auf das [X.] in ein rekombinantes System; und

(1.8.1) das Produzieren eines Moleküls mit Bindungsspezifität für das [X.] in dem rekombinanten System getrennt von den [X.] [X.]n,

(1.8.2) worin das Molekül das [X.] ist oder

(1.8.3) worin das Molekül ein Fragment oder Derivat davon mit Bindungsspezifität für das [X.] ist.

4. Fraglich ist bereits, ob das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 nicht ein reines Screening-Verfahren, d.h. ein Arbeitsverfahren darstellt, das lediglich dazu dienen soll, eine große Zahl von Bindungsmolekülen zu analysieren und selektieren (vgl. [X.], Abs. [0014]), die einzelnen Moleküle aber unverändert lässt, und dessen Schutzumfang daher nur das Verfahren, nicht aber die selektierten Moleküle selbst umfasst (vgl. dazu [X.], Patentgesetz, 8. Aufl., § 9 Rn. 83; [X.]/Scharen, Patentgesetz, 10. Aufl., § 9 Rn. 54; vgl. [X.], EPÜ, 2. Aufl., Art. 64 Rn. 20 ff., 22, 24). In einem solchen Fall wäre bereits Art. 1 lit. c der VO-([X.]) Nr. 469/2009 nicht erfüllt, wonach erforderlich ist, dass das Grundpatent ein Verfahren zur Herstellung eines Erzeugnisses schützt.

Diese Problematik kann aber letztlich dahingestellt bleiben, weil "Ranibizumab" jedenfalls kein unmittelbares Erzeugnis des durch das Grundpatent geschützten Verfahrens ist (§ 9 Nr. 3 [X.] bzw. Art. 64 Abs. 2 EPÜ).

5.1 Damit ein Erzeugnis im Sinne von. Art. 64 Abs. 2 EPÜ bzw. § 9 Nr. 3 [X.] als unmittelbar durch ein Verfahren hergestellt gelten kann, muss ein hinreichender Zusammenhang zwischen dem Erzeugnis und dem Verfahren bestehen. Dies ist regelmäßig dann zu bejahen, wenn es sich um das Erzeugnis handelt, das mit Abschluss sämtlicher Verfahrensschritte des geschützten Verfahrens entstanden ist (vgl. [X.]/Scharen, [X.], 10. Aufl., § 9 Rn. 55; vgl. [X.] Jestaedt/Osterrieth, EPÜ, 2. Aufl., Art. 64 Rn. 20 ff., 22, 24).

Über die Entwicklung von "Ranibizumab" gibt die nachveröffentlichte Druckschrift [X.]. Die Autoren [X.] al. berichten darin von den einzelnen Verfahrensschritten, die für den Erhalt des humanisierten monoklonalen [X.]s [X.] erforderlich sind, der den internationalen Freinamen ([X.]) "Ranibizumab" trägt. Hinsichtlich der Übereinstimmung des [X.]s [X.] mit dem als "Ranibizumab" bezeichneten Antikörper wird auf die im [X.]s-Erteilungsverfahren als Dokument [X.] 2b zitierte Veröffentlichung von [X.] et al. aus dem [X.] in der Zeitschrift [X.] hingewiesen (vgl. [X.] 26, 2006, S. 859 bis 870, insbesondere [X.], li. [X.], erster Abs., letzter Satz). Bei der Entwicklung von [X.] gehen die Autoren der [X.] von dem bereits bekannten, für V[X.]F spezifischen monoklonalen Antikörper A4.6.1 murinen Ursprungs aus, wobei sie in ihren Versuchen ausschließlich dessen humanisierte [X.] "Fab12" einsetzten (vgl. [X.], S. 865, Abstract, 1. Satz, [X.], li. [X.], erster Abs. und zweiter Abs., jeweils erster Satz und [X.], re. [X.], zweiter Abs.). Über den [X.] "Fab12" wissen die Autoren aus früheren Studien, dass an dessen Antigenbindungsstelle nur bestimmte Aminosäurereste der Complementary Determining Regions [X.]H1, -H2 und -H3 sowie der [X.] beteiligt sind (vgl. [X.], [X.], li. [X.], dritter Abs., und [X.], spaltenübergreifender Abs.). Um "Fab12"-Varianten mit einer optimierten V[X.]F-Affinität zu finden, konstruieren sie daher Phagenbibliotheken, in denen die an der Antigenbindung beteiligten Aminosäurereste der jeweiligen [X.] oder [X.] randomisiert, d. h. gegen eine beliebige andere Aminosäure ausgetauscht werden (vgl. [X.], [X.], re. [X.], erster ganzer Abs.). Durch die gezielte Randomisierung einzelner an der Antigenbindung beteiligter Aminosäurereste minimieren die Autoren der [X.] zudem die Wahrscheinlichkeit, dass sich die genetischen Veränderung auch auf andere Eigenschaften des "Fab12"-Antikörpers, wie dessen Stabilität oder Immunogenität, auswirken, da sie in der Annahme, dass ein Antikörper mit einer erhöhten V[X.]F-Affinität auch eine erhöhte therapeutische Wirksamkeit besitzt, ausschließlich die Verbesserung der Affinität von "Fab12" im Blick haben (vgl. [X.], [X.], li. [X.], zweiter Abs., erster Satz und letzter Abs., erster und zweiter Satz sowie [X.], re [X.], letzter Abs., erster Satz und [X.], li. [X.], erster vollständiger Abs.). Bei der Erstellung der jeweiligen [X.]H1, -H2, -H3 und der [X.] verwenden sie den [X.] [X.]. In [X.] liegt die für den "Fab12"-Antikörper kodierende Nukleinsäure mit der für das C-terminale Ende des [X.] ([X.]) kodierenden Nukleinsäure fusioniert vor. Dadurch wird sichergestellt, dass die mit diesem Vektor transformierten E.coli Zellen, wenn sie gemeinsam mit dem [X.] kultiviert werden, [X.] produzieren, die auf ihrer Oberfläche einen funktionellen [X.] präsentieren (vgl. [X.], [X.], re. [X.], erster ganzer Abs. und [X.], re. [X.], "Material and Methods", erster und zweiter Abs.). Anschließend werden die [X.] von den [X.] abgetrennt und mit einem V[X.]F-beschichteten Träger in Kontakt gebracht (vgl. [X.], [X.], re. [X.], erster ganzer Abs., vorletzter Satz). [X.], die eine erhöhte Affinität zu V[X.]F aufweisen, werden isoliert, [X.] und anschließend erneut einer Affinitätsselektionen unterzogen. In sieben wiederholten [X.] werden auf diese Weise in den einzelnen-Bibliotheken Klone angereichert, die gegenüber dem [X.] eine erhöhte V[X.]F-Affinität aufweisen (vgl. [X.], [X.], re. [X.], erster ganzer Abs., letzter Satz und zweiter ganzer Abs. i. V. m. Tab. 1 sowie [X.]/878, seitenübergreifender Abs.). In der [X.]H1- und [X.]H3-Bibliothek werden die Klone [X.]-1 ([X.]H1) und [X.] ([X.]H3) identifiziert, die aufgrund vorteilhafter Mutationen eine deutlich verbesserte V[X.]F-Affinität besitzen (vgl. [X.], S. 869, li. [X.], spaltenübergreifender Abs. bis [X.], li. [X.], letzter Abs. i. V. m. Tab. 2 bis 5).

Um auch die Affinität dieser Klone weiter zu verbessern, führen die Autoren der [X.] im [X.] daran eine ortsspezifische Mutagenese durch, bei der sie die Mutationen in den Klonen [X.] und [X.]-1 miteinander kombinieren. Unter den Produkten dieser Mutagenese erweist sich der [X.] Y0313-1 als derjenige mit der höchsten V[X.]F-Affinität. Im letzten Schritt des Verfahrens wird mittels ortsspezifischer Mutagenese die in den [X.] eingefügte Mutation zur Verstärkung der [X.] in der [X.]L1 Region wieder entfernt und schließlich der [X.] [X.] erhalten, der im Vergleich zum Antikörper "Fab12" sechs Muationen aufweist (vgl. [X.], [X.], re [X.] bis [X.], li. [X.], erster bis dritter Abs. i. V. m. Tabelle 7 und [X.]/875, seitenübergreifender Abs.).

Den Angaben in [X.] zur Folge sind für den Erhalt von "Ranibizumab", der gegenüber dem ursprünglichen "Fab12"-Antikörper eine deutlich stärkere Affinität zu V[X.]F aufweist, somit mehrere Selektionsschritte in Form eines Phage Display sowie ortsspezifische Mutagenese-Schritte erforderlich, wobei das in [X.] angewandte Phage Display - wie vorstehend dargelegt - die patentgemäßen Merkmale 1.2 bis 1.5 aufweist (vgl. [X.], [X.], li. [X.], zweiter und dritter Abs. i. V. m. Fig. 2 und Tabelle 8).

Der in [X.] beschriebene [X.], in dem die durch Phage Display isolierten Antikörper [X.] und [X.]-1 auf ihre Fähigkeit getestet werden, die biologische Aktivität von V[X.]F inhibieren zu können, setzt ferner voraus, dass im Verfahren der [X.] auch eine Isolierung der für diese Antikörper-Klone kodierenden Nukleinsäuren, deren Einführung in ein rekombinantes System sowie die Expression der Nukleinsäure in diesem System stattfindet (vgl. [X.], [X.], re. [X.] bis bis [X.], li. [X.] sowie [X.]/872, re. [X.], seitenübergreifender Abs. und [X.], li. [X.], zweiter Abs.). Folglich werden in [X.] auch die patentgemäßen Verfahrensschritte 1.6 ([X.]), 1.7 (Insertion in ein rekombinantes System) und 1.8 (Produktion im rekombinanten System) durchgeführt.

Im Gegensatz zum patentgemäßen Verfahren endet das in [X.] bei der Herstellung von "Ranibizumab" angewendete Verfahren jedoch nicht mit dem [X.] 1.8 (vgl. [X.], [X.], re. [X.], erster ganzer Abs., letzter Satz), sondern weist im [X.] daran noch eine ortsspezifische Mutagenese auf. Demzufolge unterscheidet sich das Verfahren der [X.] vom patentgemäßen Verfahren durch eine den Selektionsschritten nachgeschaltete [X.] in Form einer ortsspezifischen Mutagenese.

Eine solche [X.] kann entgegen den Ausführungen der Beklagten im Verfahren des Patentanspruchs 1 gemäß [X.] 0 255 777 selbst unter Berücksichtigung der in den patentgemäßen Merkmalen 1.7.2 und 1.8.3 genannten "Derivate" allerdings nicht mitgelesen werden. Es ist zwar zutreffend, dass sich - wie von den Beklagten vorgetragen wurde - in der Beschreibung des [X.] EP 2 055 777 für den Begriff "Derivate" eine allgemeine Definition findet, die Mutationen, wie sie in [X.] während der ortsspezifischen Mutagenese durchgeführt werden, mit einschließt und zudem den Zeitpunkt der [X.] offen lässt (vgl. [X.], [X.], Abs. [0081]). Der im Patentanspruch 1 in den Merkmalen 1.7.2 und 1.8.3 verwendete Begriff "Derivate" ist jedoch so zu deuten, wie ihn der angesprochene Fachmann nach dem Gesamtinhalt der Patentschrift unter Berücksichtigung der in ihr objektiv offenbarten Lösung versteht (vgl. [X.] 2001, 232 bis 235, [X.]. - [X.]). Als Lösung der patentgemäßen Aufgabe wird in den Patentansprüchen des [X.] EP 2 055 777 ein Verfahren offenbart, bei dem aus einer möglichst großen Zahl von Antikörperspezifitäten mit Hilfe des Phage Display ein spezifischer Antikörper selektiert und danach [X.] wird. Der Schutzbereich des [X.] reicht somit nur soweit, wie das patentgemäße Selektionsverfahren in den Patentansprüchen seinen Ausdruck findet (vgl. [X.], [X.], 8. Auflage, § 14 Rn. 12). Darüber hinausgehende verfahrenstechnische Maßnahmen, die zwar in der Beschreibung erwähnt werden, in den Patentansprüchen aber keinen Niederschlag finden, sind daher grundsätzlich nicht in den Patentschutz einbezogen (vgl. [X.] 2011, 701 bis 705, [X.]. und Rn. 23 - [X.]; [X.], Patentgesetz, 8. Aufl., § 14 Rn. 21). Die Beschreibung darf somit nur soweit berücksichtigt werden, als sie der Erläuterung des Patentanspruchs dient. Die in den patentgemäßen Merkmalen 1.7.2 und 1.8.3 genannten "Derivate" müssen folglich im Kontext der vom [X.] 2 055 777 geschützten Erfindung gedeutet werden. Nachdem sich weder in den Patentansprüchen noch in der Beschreibung des [X.] EP 2 055 777 nähere Angaben zu den einzelnen Verfahrensschritten des patentgemäßen [X.] finden, wird der Fachmann die im Patentanspruch 1 angegebenen Verfahrensschritte in einer für ihn technisch sinnvollen Weise interpretieren und sie daher als zeitliche Abfolge verstehen. Demnach kann eine [X.] im patentgemäßen Verfahren nur vor oder während der Selektionsschritte, nicht aber wie in [X.] nach der Selektion erfolgen, da die für Derivate mit Bindungsspezifität kodierenden Nukleinsäuren unmittelbar nach der Selektion, d. h. ohne zusätzlichen [X.]sschritt, in ein rekombinantes System kloniert werden. Unter dem in den patentgemäßen Merkmalen 1.7.2 und 1.8.3 verwendeten Begriff "Derivate" wird der Fachmann auch keine durch ortsspezifische Mutagenese erhaltenen Derivate verstehen, da es hierfür erforderlich wäre, Art und Umfang der [X.] genau zu kennen. Die Durchführung gezielter Mutationen wie sie das Dokument [X.] bei der Herstellung von "Ranibizumab" beschreibt (vgl. [X.], [X.], li. [X.], erster Abs., dritter Satz), sind dem [X.] 2 055 777 im Zusammenhang mit dem in den Patentansprüchen beschriebenen Verfahren jedoch nicht zu entnehmen. Zudem ist nicht erkennbar, dass die im patentgemäßen Verfahren genannten Derivate aufgrund ihrer genetischen Veränderung gegenüber den durch Selektion gewonnenen Antikörpern verbesserte Bindungseigenschaften aufweisen, wie dies bei der Herstellung von "Ranibizumab" der Fall ist (vgl. [X.], [X.], seitenübergreifender Abschnitt). Der Schutzbereich des [X.] EP 2 055 777 erfasst daher kein Selektionsverfahren mit einer abschließenden ortsspezifischen Mutagenese, wie es bei der Herstellung von "Ranibizumab" verwendet wurde.

Auch die offene Formulierung des Patentanspruchs 1 gemäß [X.] 2 055 777 [X.], die sich aus dem im Merkmal 1.1 verwendeten Begriff "umfasst" ergibt, führt - anders als von den Beklagten angenommen - nicht dazu, dass der Fachmann nach dem [X.] 1.8 weitere [X.]sschritte im patentgemäßen Verfahren mitliest. Es ist zwar zutreffend, dass in der Beschreibung des [X.] EP 2 055 777 außer den im Patentanspruch 1 genannten Verfahrensschritten noch zahlreiche andere Verfahrensschritte wie eine "Affinitätsreifung " (vgl. [X.], [X.] 20) oder ein zielgerichteter Gentransfer erwähnt werden (vgl. [X.], [X.], [X.] 55). Allerdings werden sie nicht im Zusammenhang mit der in den Patentansprüchen des [X.] EP 2 055 777 formulierten technischen Lehre genannt und stellen daher einen Überschuss dar, der dem Schutz des [X.] nicht zuzurechnen ist (vgl. [X.], Patentgesetz, 8. Aufl., § 14 Rn. 21). Nach alledem ist festzustellen, dass die für den Erhalt von "Ranibizumab" ausschlaggebende und im Verfahren der [X.] als letzter Verfahrensschritt durchgeführte ortsspezifische Mutagenese nicht Bestandteil des im Patentanspruch 1 gemäß [X.] 2 055 777 beschriebenen Verfahrens ist.

Abgesehen davon, enthält das Grundpatent auch keine Hinweise auf Edukte, die zu "Ranibizumab" führen könnten (vgl. [X.], [X.] bis 66, [X.] 1 bis 38 i. V. m. Beschreibung [X.] bis 15, Abs. [0082] bis [0121]). Die Beschreibung des [X.] EP 2 055 777 lässt somit keine andere Interpretation zu, als dass die [X.]en im patentgemäßen Selektionsverfahren vor oder während der Selektion erfolgen.

Bei dem von [X.] geschützten Erzeugnis "Ranibizumab" handelt es sich folglich um kein unmittelbares [X.] des vom [X.] 2 055 777 geschützten Verfahrens, da auch nach Abschluss aller in diesem Verfahren vorgesehenen Verfahrensschritte kein Antikörper erhalten wird, der die Eigenschaften von "Ranibizumab" aufweist (vgl. [X.]/Scharen, [X.], 10. Aufl., § 9 Rn. 55; vgl. [X.] Jestaedt/Osterrieth, EPÜ, 2. Aufl., Art. 64 Rn. 20 ff., 22).

II[X.]

1. Der Senat sah keinen Anlass für eine Vorlage gem. Art. 234 Abs. 1 Buchstabe b und Abs. 3 des [X.]-Vertrages zum Gerichtshof der Europäischen [X.]en, da die Frage, ob der Wirkstoff, für den ein ergänzendes [X.] begehrt wird, in den Ansprüchen des [X.] als das durch das fragliche Herstellungsverfahren gewonnene Erzeugnis bezeichnet ist, hier nicht allein entscheidungserheblich war, in den Entscheidungen "[X.]" ([X.] a. a. O.) und "[X.]" ([X.] a. a. O.) bereits beantwortet worden ist und eine weitere Vorlage lediglich eine [X.] nicht vorgesehene Auslegung der Rechtsprechung des [X.] bezwecken könnte.

2. Eine Aussetzung des [X.] bis zum rechtskräftigen Abschluss des bei dem [X.] anhängigen parallelen Verletzungsverfahrens (4a [X.]) gem. § 148 ZPO kam ebenfalls nicht in Betracht, da die Entscheidung über die Nichtigkeitsklage nicht abhängig vom Erfolg der Verletzungsklage ist (vgl. etwa [X.], Patentgesetz, 10. Aufl., § 22 Rn. 7; Busse, Patentgesetz, 6. Aufl., vor § 81 Rn. 3)

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 [X.] i. V. m. § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht auf Grund von § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Meta

3 Ni 28/11 (EP)

02.05.2012

Bundespatentgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 02.05.2012, Az. 3 Ni 28/11 (EP) (REWIS RS 2012, 6823)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6823

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