Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 15.09.2011, Az. 2 B 67/10

2. Senat | REWIS RS 2011, 3341

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Gegenstand

Lehrer an Ersatzschule in Nordrhein-Westfalen; Gleichstellung der Beschäftigung mit einer Verwendung im öffentlichen Dienst; Hinterbliebenenversorgung; Mindestbehalt


Gründe

1

Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Sache (§ 132 A[X.]s. 2 Nr. 1 VwGO) und auf Verfahrensfehler (§ 132 A[X.]s. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde ist un[X.]egründet.

2

Die Klägerin ist angestellte Lehrerin an einer Ersatzschule, die [X.]is zum Ende des Jahres 2005 in der Trägerschaft des [X.], [X.], stand und seither von der [X.] getragen wird. Im Hin[X.]lick auf die Gleichstellung der Beschäftigung [X.]ei einer ü[X.]erwiegend durch öffentliche Zuschüsse unterhaltenen Ersatzschule mit einer Verwendung im öffentlichen Dienst nahm der Beklagte den der Klägerin zuvor gewährten Mindest[X.]ehalt von 20 v.H. der Hinter[X.]lie[X.]enenversorgung nach ihrem im Jahre 2002 verstor[X.]enen Ehemann, einem Beamten im Ruhestand, zurück. Widerspruch, Klage und Berufung [X.]lie[X.]en ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Ausschluss des [X.] stehe mit höherrangigem Recht in Einklang. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat keinen Erfolg.

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Die sinngemäß als rechtsgrundsätzlich klärungs[X.]edürftig aufgeworfene Frage,

o[X.] § 53 A[X.]s. 5 Satz 2 [X.] i.V.m. § 105 Satz 2 Nr. 5 [X.] i.V.m. § 168 A[X.]s. 5 Satz 2 Buchst. [X.] NRW in der [X.]is zum 31. Dezem[X.]er 1976 geltenden Fassung mit Art. 33 A[X.]s. 5 GG, Art. 3 A[X.]s. 1 GG und Art. 14 A[X.]s. 1 GG verein[X.]ar sind,

4

rechtfertigt die Durchführung eines Revisionsverfahrens nach § 132 A[X.]s. 2 Nr. 1 VwGO nicht. Die Frage, o[X.] die Anrechnung von Erwer[X.]seinkommen aus einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst oder diesem gleichgestellten Bereichen mit oder ohne Mindest[X.]elassung mit Verfassungsrecht verein[X.]ar ist, ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt (vgl. Urteile vom 10. März 1987 - BVerwG 2 [X.] 21.85 - [X.] 239.1 § 53 [X.] Nr. 6 S. 2 ff. m.w.[X.], vom 1. Septem[X.]er 2005 - BVerwG 2 [X.] 15.04 - BVerwGE 124, 178 <182 ff.> = [X.] 239.1 § 53 [X.] Nr. 14 Rn. 17 ff. und vom 21. Septem[X.]er 2006 - BVerwG 2 [X.] 22.05 - [X.] 239.1 § 53 [X.] Nr. 15 Rn. 20 ff.). Die von der Beschwerde aufgezeigten Gesichtspunkte ge[X.]en keine Veranlassung zu einer erneuten Erörterung dieser Frage in einem Revisionsurteil.

5

1. § 53 A[X.]s. 5 Satz 2 [X.] i.V.m. § 105 A[X.]s. 2 Nr. 5 [X.] i.V.m. § 168 A[X.]s. 5 Satz 2 Buchst. [X.] NRW a.F. verletzen den durch Art. 33 A[X.]s. 5 GG gewährleisteten Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation nicht, soweit sie auch Bezüge aus der Beschäftigung an einer ü[X.]erwiegend aus Haushaltsmitteln unterhaltenen Ersatzschule der Anrechnung unterwerfen. Art. 33 A[X.]s. 5 GG verpflichtet den Gesetzge[X.]er, den Kern[X.]estand der Strukturprinzipien, welche die Institution des Berufs[X.]eamtentums tragen und während eines längeren, Tradition [X.]ildenden Zeitraums, mindestens unter der [X.] als ver[X.]indlich anerkannt sind, zu [X.]eachten und zu wahren; ihm ver[X.]lei[X.]t da[X.]ei jedoch ein weiter Spielraum politischen Ermessens, innerhal[X.] dessen er die Versorgung der Beamten regeln kann. Hierzu gehört auch, dass sich der Dienstherr von der Alimentationspflicht dadurch entlasten darf, dass er den Versorgungs[X.]erechtigten auf andere Einkünfte aus öffentlichen Kassen verweist, sofern diese e[X.]enfalls seiner Existenzsicherung und derjenigen seiner Familie zu dienen [X.]estimmt sind (Urteile vom 19. Fe[X.]ruar 2004 - BVerwG 2 [X.] 20.03 - BVerwGE 120, 154 <164> = [X.] 239.1 § 14 [X.] Nr. 8 S. 17, vom 1. Septem[X.]er 2005 a.a.[X.] [X.]zw. Rn. 18, vom 21. Septem[X.]er 2006 a.a.[X.] Rn. 17 ff., vom 26. Juni 2008 - BVerwG 2 [X.] 32.06 - [X.] 239.1 § 53 [X.] Nr. 17 und vom 28. April 2011 - BVerwG 2 [X.] 39.09 - juris Rn. 17). Innerhal[X.] dieses Gestaltungsspielraums durfte es der Gesetzge[X.]er als notwendig (BTDrucks 7/2505 [X.]) [X.]zw. sachgerecht ([X.] 349/74 S. 46) ansehen, die Beschäftigung [X.]ei einer ü[X.]erwiegend durch öffentliche Zuschüsse unterhaltenen Ersatzschule in § 168 A[X.]s. 5 Satz 2 Buchst. [X.] NRW a.F. einer Verwendung im öffentlichen Dienst gleichzustellen. E[X.]enso wie § 53 A[X.]s. 5 [X.] dient auch § 168 A[X.]s. 5 Satz 2 Buchst. [X.] NRW a.F. der Vermeidung einer zweifachen Belastung der als Einheit zu [X.]etrachtenden öffentlichen Kassen durch gleichzeitige Zahlung von Verwendungseinkommen und Versorgungs[X.]ezügen ([X.] 4/208 S. 73). Im Lichte dieses Normzwecks ist die mit dem Ausschluss des [X.] einhergehende Belastung mit dem Alimentationsgrundsatz verein[X.]ar, da der [X.] lediglich ruht und damit dem Grunde nach [X.]estehen [X.]lei[X.]t (Urteil vom 21. Septem[X.]er 2006 a.a.[X.] Rn. 18 f.).

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2. Art. 14 A[X.]s. 1 GG wird durch die angegriffenen Normen nicht [X.]erührt, da Art. 33 A[X.]s. 5 GG diesem, soweit vermögensrechtliche Ansprüche der Beamten oder ihrer Hinter[X.]lie[X.]enen [X.]etroffen sind, als lex specialis vorgeht ([X.], Urteil vom 21. April 1964 - 2 BvR 203/62 u.a. - [X.]E 17, 337 <355>).

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3. Die von § 53 A[X.]s. 5 Satz 2 [X.] i.V.m. § 105 Satz 2 Nr. 5 [X.] i.V.m. § 168 A[X.]s. 5 Satz 2 Buchst. [X.] NRW a.F. angeordnete Anrechnung von Bezügen aus der Beschäftigung an einer ü[X.]erwiegend aus Haushaltsmitteln finanzierten Ersatzschule ist auch mit dem allgemeinen Gleich[X.]ehandlungsgrundsatz des Art. 3 A[X.]s. 1 GG verein[X.]ar. Dieser ist nur verletzt, wenn die Verschiedenheit der gleich geregelten Sachverhalte so [X.]edeutsam ist, dass ihre Gleich[X.]ehandlung mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise unerträglich erscheint (Urteil vom 1. Septem[X.]er 2005 a.a.[X.] S. 184 f. [X.]zw. Rn. 21 m.w.[X.] und vom 17. Dezem[X.]er 2008 - BVerwG 2 [X.] 26.07 - BVerwGE 133, 25 <30 Rn. 16> - [X.] 239.1 § 53 [X.] Nr. 17 Rn. 16).

8

Die Gleichstellung einer Beschäftigung an einer ü[X.]erwiegend durch öffentliche Zuschüsse unterhaltenen Ersatzschule mit einer Verwendung im öffentlichen Dienst [X.]ewirkt keine willkürliche Schlechterstellung versorgungs[X.]erechtigter Ersatzschullehrer in [X.] gegenü[X.]er [X.] in anderen Ländern. Ohne Verstoß gegen revisi[X.]les Recht hat das Berufungsgericht angenommen, die Gleich[X.]ehandlung sei unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zugunsten von [X.] aus solchen Ländern, deren Landesrecht die Gleichstellung mit einer Verwendung im öffentlichen Dienst im Zeitpunkt der Neuregelung des [X.] nicht vorsah, gerechtfertigt. Dem ist die Beschwerde mit dem Hinweis auf die Vergleich[X.]arkeit ihrer rechtlichen und wirtschaftlichen Stellung nicht in erhe[X.]licher Weise entgegengetreten. Denn die Entscheidung des Gesetzge[X.]ers, die Fortgeltung des § 168 A[X.]s. 5 Satz 2 Buchst. [X.] NRW a.F. als notwendig anzusehen, um eine Doppelalimentation zu vermeiden, stellt sich im Lichte des vorstehenden Prüfungsmaßsta[X.]s jedenfalls nicht als sachwidrig dar. Die in diesem Zusammenhang lediglich vorsorglich erho[X.]ene Verfahrensrüge nach § 132 A[X.]s. 2 Nr. 3 VwGO geht ins Leere. Sie legt nicht dar, welche Aufklärungsmaßnahmen im Hin[X.]lick auf die wirtschaftliche und rechtliche Stellung von [X.] in anderen Bundesländern ge[X.]oten gewesen wären. Auch die Rüge, das O[X.]erverwaltungsgericht ha[X.]e der Klägerin das rechtliche Gehör verweigert, weil es seine Erörterungspflicht (§ 104 VwGO) verletzt ha[X.]e, führt nicht zur Zulassung der Revision. Die Klägerin hatte auf mündliche Verhandlung verzichtet, und die Frage eines möglichen Gleichheitsverstoßes war schriftsätzlich erörterter worden, so dass kein Anlass [X.]estand, trotz des Verzichts auf mündliche Verhandlung eine solche durchzuführen.

9

Ohne Erfolg rügt die Beschwerde, § 105 Satz 2 Nr. 5 [X.] i.V.m. § 168 A[X.]s. 5 Satz 2 Buchst. [X.] NRW a.F. stelle diejenigen [X.] Ersatzschullehrer, die nicht Inha[X.]er einer Planstelle sind, sonstigen Beziehern von Verwendungseinkommen gleich, ohne dass [X.]eide Gruppen auch im Ü[X.]rigen rechtlich und wirtschaftlich gleichgestellt seien. Dem ist das Berufungsgericht unter Hinweis auf die engen Bezüge zwischen öffentlichen Schulen und Ersatzschulen und die Vergleich[X.]arkeit des Dienstes an diesen Schulen entgegengetreten. Dagegen wendet die Beschwerde ohne Erfolg ein, dass eine Gleichwertigkeit der rechtlichen und wirtschaftlichen Stellung allenfalls für Planstelleninha[X.]er, nicht a[X.]er für angestellte Lehrkräfte anzunehmen sei. Dem steht [X.]ereits § 102 A[X.]s. 3 Satz 1 und 4 SchulG NRW i.d.F. vom 15. Fe[X.]ruar 2005 ([X.]. S. 102), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 9. Okto[X.]er 2007 ([X.]. S. 394), entgegen. Danach muss die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrer an Ersatzschulen derjenigen von Lehrern an vergleich[X.]aren öffentlichen Schulen gleichwertig und das Anstellungsverhältnis der an der Ersatzschule [X.]eschäftigten Lehrer, die nicht Planstelleninha[X.]er sind, demjenigen von Beschäftigten im öffentlichen Dienst vergleich[X.]ar sein. § 111 A[X.]s. 1 Satz 1 und 3 SchulG NRW [X.]egründet für den Fall der Auflösung einer Ersatzschule die Pflicht, für eine anderweitige entsprechende Verwendung der haupt[X.]eruflichen Lehrer im Schuldienst des [X.]isherigen oder eines anderen Ersatzschulträgers zu sorgen, hilfsweise zu prüfen, inwieweit eine Unter[X.]ringung im öffentlichen Schuldienst auf freien und [X.]esetz[X.]aren Stellen ermöglicht werden kann.

Soweit die Beschwerde eine Ungleich[X.]ehandlung angestellter Lehrer an einer ü[X.]erwiegend durch öffentliche Zuschüsse getragenen Ersatzschule gegenü[X.]er anderen durch staatliche Zuwendungen [X.]egünstigten Berufsgruppen (Bergleute, Landwirte und Betreuer in Behinderteneinrichtungen) rügt, fehlt es [X.]ereits an einer inhaltlichen und funktionellen Vergleich[X.]arkeit der Le[X.]enssachverhalte.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 A[X.]s. 5 Satz 2 VwGO a[X.]. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 A[X.]s. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren [X.]eruht auf § 47 A[X.]s. 1 und 3 i.V.m. § 52 A[X.]s. 1 GKG.

Meta

2 B 67/10

15.09.2011

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 23. Juni 2010, Az: 3 A 1159/07, Urteil

§ 53 Abs 5 S 2 BeamtVG, § 105 S 2 Nr 5 BeamtVG, § 168 Abs 5 S 2 Buchst baF BG NW, Art 3 Abs 1 GG, Art 33 Abs 5 GG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 15.09.2011, Az. 2 B 67/10 (REWIS RS 2011, 3341)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3341

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