Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.01.2007, Az. X ZR 147/06

X. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5504

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]BESCHLUSS [X.] vom 30. Januar 2007 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 719 Abs. 2 Die Zwangsvollstreckung würde dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen, wenn im Falle der Aufhebung oder Abänderung des Vollstre-ckungstitels der Gläubiger voraussichtlich wegen Mittellosigkeit nicht in der [X.] sein wird, den [X.] Geldbetrag zurückzuzahlen. [X.], [X.]. v. 30. Januar 2007 - [X.] - [X.] - 2 - [X.] hat am 30. Januar 2007 durch [X.] Melullis, [X.], die Richte-rin [X.] und [X.] und [X.] beschlossen: Die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des [X.] vom 30. August 2005 - 12 O 375/01 - sowie aus dem Urteil des [X.] vom 8. November 2006 - 17 [X.] - wird gegen Sicherheitsleistung der [X.] in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages einstweilen eingestellt, sofern nicht die Klägerin Sicherheit in derselben Höhe leistet. Gründe: [X.] Die [X.] ist durch Urteil des [X.] verurteilt [X.], an die Klägerin 59.471,10 • nebst Zinsen zu zahlen. Ihre Berufung ist zu-rückgewiesen und das Berufungsurteil gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO für vor-läufig vollstreckbar erklärt worden. Nach fristgerechter Einlegung und [X.] der Nichtzulassungsbeschwerde beantragt die [X.], ihr zu gestatten, die Vollstreckung aus dem Berufungsurteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 70.000,-- • abzuwenden, wenn nicht die Klägerin ihrerseits Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die [X.] macht geltend, die Zwangsvollstreckung aus 1 - 3 - dem angefochtenen Urteil werde ihr einen nicht zu ersetzenden Nachteil brin-gen, weil zu befürchten sei, dass die Klägerin die von der [X.] gezahlten Beträge nicht zurückerstatten könne, wenn das angefochtene Urteil aufgehoben werde. Die Klägerin befinde sich derart in wirtschaftlicher Bedrängnis, dass sie nicht in der Lage sei, eine gegen sie titulierte Forderung der [X.] zu bezahlen, welche die Forderung der Klägerin gegen die [X.] gepfändet habe; die Klägerin habe die [X.] aufgefordert, den gepfändeten Betrag an sie und die [X.] zu zahlen. I[X.] Der Antrag der [X.] ist als Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach §§ 719 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1, 707 Abs. 1 Satz 1 ZPO begründet. 2 1. Die vom Berufungsgericht getroffene Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Berufungsurteils ohne Sicherheitsleistung der Klägerin und ohne Abwendungsbefugnis der [X.] kann, obwohl unrichtig, vom [X.] nicht korrigiert werden. Das Berufungsgericht hat zwar [X.] sein Urteil für ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar erklärt (§ 708 Nr. 10 ZPO), zu Unrecht dagegen der [X.] keine Abwendungsbe-fugnis nach § 711 ZPO eingeräumt. Diese Schuldnerschutzanordnung soll zwar unterbleiben, wenn die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, unzweifelhaft nicht gegeben sind (§ 713 ZPO). Das trifft jedoch auf [X.], gegen die dem Vollstreckungsschuldner entweder die - zugelassene - Revision oder die Nichtzulassungsbeschwerde zusteht (§§ 543 Abs. 2, 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO), nicht zu ([X.], [X.]. v. 24.03.2003 - IX ZR 243/02, [X.] 2003, 279; v. 12.10.2005 - [X.], [X.], 736; [X.]/[X.], ZPO, 26. Aufl., § 713 Rdn. 2). Entscheidungen des Berufungsge-richts über die vorläufige Vollstreckbarkeit sind jedoch nach § 718 Abs. 2 ZPO 3 - 4 - einer Anfechtung entzogen ([X.], [X.]. v. 15.02.2006 - VIII ZR 236/05, [X.], 269). Auch eine Ergänzung des Berufungsurteils um die Schutzanord-nung nach §§ 716, 321 ZPO ist nicht möglich, weil das Berufungsgericht über die Frage der vorläufigen Vollstreckbarkeit nicht lückenhaft entschieden, son-dern seine Entscheidung ausdrücklich - wenn auch fehlerhaft - auf § 713 ZPO gestützt hat. Aus demselben Grund kommt auch eine Berichtigung der Voll-streckbarkeitsentscheidung wegen einer versehentlichen Unrichtigkeit nach § 319 ZPO nicht in Betracht. Eine Korrektur der Entscheidung des Berufungs-gerichts kann nur unter den Voraussetzungen des § 719 Abs. 2 ZPO erfolgen ([X.] [X.], 736). 2. Diese Vorschrift, die im Falle der [X.] eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ermöglicht, ist auf die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde entsprechend anzuwenden (§ 544 Abs. 5 Satz 2 ZPO). Ihre Voraussetzungen, dass nämlich die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht, sind hier erfüllt. 4 a) Der [X.] scheitert im vorliegenden Fall nicht daran, dass die [X.] im Berufungsverfahren keinen Vollstreckungsschutzantrag nach § 712 ZPO gestellt hat. Denn darauf, dass das Berufungsgericht rechtsirrig die Voraussetzung des § 713 ZPO annehmen und deshalb keine Abwendungsbe-fugnis nach § 711 ZPO gewähren würde, brauchte sich die [X.] nicht [X.], so dass ihr das Unterlassen eines Schutzantrags gemäß § 712 ZPO insoweit nicht vorgeworfen werden kann ([X.] [X.] 2003, 279). 5 b) Eine Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung der Klägerin wür-de der [X.] einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen. Da die Klägerin, 6 - 5 - wie unstreitig ist, die Forderung ihrer Pfändungsgläubigerin, der [X.] , nicht aus eigenen Mitteln bezahlen kann, muss davon ausgegangen werden, dass sie im Falle der Aufhebung des Berufungsurteils auch den [X.] der [X.] nicht erfüllen könnte. Ob ein nicht zu ersetzender Nachteil gegeben ist, wenn der Gläubiger den ohne Sicherheitsleistung erhaltenen Ur-teilsbetrag wegen Mittellosigkeit nicht zurückzahlen kann, ist umstritten ([X.], ZPO, 22. Aufl., § 707 Rdn. 17 [X.]. 112 m.w.N.). Der erkennende Senat bejaht dies wegen des klaren Wortlauts des § 719 Abs. 2 ZPO. Der Verlust einer - wie in diesem Zusammenhang zu unterstellen ist - nicht geschuldeten Geldsumme ist ein Nachteil, und dieser Nachteil ist, wenn der Empfänger wegen Zahlungsunfähigkeit auf Dauer nicht zur Rückerstattung in der Lage ist, auch unersetzlich (so auch [X.] LAGE ArbGG § 62 Nr. 13; [X.] FamRZ 1996, 113; [X.] aaO). c) Der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung steht auch kein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegen. Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, dass sie schon seit sechs Jahren auf die Bezahlung ihrer Rech-nungen warte, dass ihr im Falle einer einstweiligen Einstellung noch länger [X.] vorenthalten werde und dass sich ihre Verbindlichkeit gegenüber der [X.] um die weiter fortlaufenden Zinsen erhöhen werde. Diese unbestreitba- ren Nachteile einer weiteren Leistungsverzögerung wiegen indessen nicht so schwer wie der der [X.] drohende unwiederbringliche Verlust. 7 d) Schließlich steht auch nicht fest, dass die Nichtzulassungsbeschwerde oder die mit ihr beabsichtigte Revision keine Aussicht auf Erfolg haben. Wäre dies der Fall, so könnte der [X.] zurückgewiesen werden ([X.] NJW 1971, 910). Denn wenn feststünde, dass das Rechtsmittel des Schuldners letztlich nicht zu einer Änderung seiner in der Hauptsache ergangenen [X.] - 6 - lung führen würde, wäre für eine Einstellung der Zwangsvollstreckung kein Raum (vgl. [X.], Urt. v. 10.11.1952 - [X.], [X.] 8, 47, 49). Hier [X.] aber im gegenwärtigen Verfahrensstadium der Ausgang der Nichtzulas-sungsbeschwerde bzw. der Revision noch offen. Ob der von der [X.] mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachte Zulassungsgrund gegeben ist, der in einer symptomatischen Abweichung des Berufungsgerichts von dem zur Frage der üblichen Vergütung ergangenen Senatsurteil vom 4. April 2006 ([X.], [X.] 167, 139) bestehen soll, bedarf einer sorgfältigen Prüfung, die so schnell, wie über den [X.] entschieden werden muss, nicht abgeschlossen werden kann. Melullis [X.] [X.] Meier-Beck [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 30.08.2005 - 12 O 375/01 - [X.], Entscheidung vom 08.11.2006 - 17 [X.] -

Meta

X ZR 147/06

30.01.2007

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.01.2007, Az. X ZR 147/06 (REWIS RS 2007, 5504)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5504

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VI ZR 675/15 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 305/09 (Bundesgerichtshof)


VI ZR 25/16 (Bundesgerichtshof)

Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde


VIII ZA 6/23 (Bundesgerichtshof)


XII ZR 65/14 (Bundesgerichtshof)

Vorläufig vollstreckbares Räumungsurteil: Voraussetzungen einer einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung in der Revisionsinstanz


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.