Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.04.2012, Az. I R 11/11

1. Senat | REWIS RS 2012, 7370

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Gegenstand

(Aberkennung der Gemeinnützigkeit wegen extremistischer Bestrebungen - Beweislast - Zeitlicher Anwendungsbereich von § 51 Abs. 3 Satz 2 AO n.F. - Bindung an die Würdigung des FG - Kostenentscheidung nach Verfahrensbeitritt des BMF)


Leitsatz

Die (widerlegbare) Vermutung des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO i.d.F. des JStG 2009 setzt voraus, dass die betreffende Körperschaft (hier: ein islamisch-salafistischer Verein) im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes für den zu beurteilenden Veranlagungszeitraum ausdrücklich als extremistisch eingestuft wird .

Tatbestand

1

I. Streitpunkt ist die Gemeinnützigkeit eines Vereins im Streitjahr 2008.

2

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist ein seit 1995 im Vereinsregister eingetragener Verein. Er betreibt in der [[[[X.]]].] [[[X.]]] eine Moschee. Nach seiner Satzung hat der Kläger den Zweck der Förderung der Religion und Kultur, der Hilfe für religiös Verfolgte und Flüchtlinge und der Volks- und Berufsbildung. Organe des [[[X.]]] sind der aus einer Person bestehende Vorstand und die Mitgliederversammlung. Der Satzungszweck soll insbesondere durch folgende Maßnahmen erreicht werden: Durchführung der religiös-kulturellen Handlungen und Gottesdienste; Informationen durch Durchführung von Veranstaltungen, Vorträgen und Diskussionen; Integrationsarbeiten, z.B. Begleitung bei Behördengängen und Veranstaltungen für die Förderung der Integration; Zusammenarbeit mit anderen muslimischen Verbänden in der [[[X.]]] ([[[X.]]]); Einrichtung eines Archivs mit Büchern und audiovisuellen Medien.

3

Im [[[X.]]] für das [[[X.]]] finden sich im Kapitel "Ausländerextremismus" folgende Ausführungen im Zusammenhang mit dem Kläger:

4

"Eine zunehmende Rolle spielen salafistische Bestrebungen im Raum [[[X.]]]. Diese islamistische Strömung gewinnt nicht nur im [[X.]] und [[[X.]]] zunehmend an Bedeutung, sondern auch europaweit. In [[[X.]]] haben sich bereits salafistische Netzwerke herausgebildet, in die auch der (Kläger) eingebunden ist. Dessen Aktivitäten strahlen auf das gesamte [[X.]] aus. Das salafistische Gedankengut, so wie es im (Kläger) als politische Bestrebung verbreitet wird, ist in Teilen als demokratiefeindlich einzustufen. Von Menschen erdachte Konzepte, wie z.B. Demokratie, gelten als unvereinbar mit dem [[X.]] Glauben salafistischer Lesart. Ein wesentliches Glaubensfundament besteht beispielsweise darin, Gott als einzigen Gesetzgeber anzusehen. Die Akzeptanz und Ausführung eines säkularen, also nicht auf göttlichem Gesetz basierenden Rechtsystems wird als 'Akt des Unglaubens' bezeichnet und abgelehnt. Die salafistischen Bestrebungen sind dazu geeignet, einer Integration von Muslimen abträglich zu sein und die Herausbildung und Festigung von Parallelgesellschaften zu fördern. So wird in frei zugänglichen Schriften und auf mit dem (Kläger) in Verbindung stehenden Internetseiten dazu aufgerufen, sich von [[X.]] und [[[[X.]]].], die insgesamt als Ungläubige diffamiert werden, zu lösen, sie zu hassen und Feindschaft gegen sie zu hegen. Freundschaft und Gehorsam ihnen gegenüber würden einen Muslim des Glaubens abtrünnig machen. Das verbreitete Gedankengut kann den Nährboden für eine [[X.]] Radikalisierung und ggf. Rekrutierung bilden. Gleichwohl gibt es keine Belege für eine ausdrückliche Befürwortung von Gewalt. Der (Kläger) verbreitet seine Sichtweisen z.B. über die bundesweite Durchführung von Islamseminaren und Vortragsveranstaltungen sowie über wöchentliche Infostände in der Innenstadt von [[[X.]]]. Dort werden auch zahlreiche Publikationen salafistischen Inhalts verteilt. Darüber hinaus lassen sich einige Internetseiten salafistischer Ausrichtung mit dem (Kläger) in Verbindung bringen."

5

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) erkannte den Kläger für 2008 nicht als gemeinnützig an und setzte die Körperschaftsteuer auf ... € fest.

6

Die deswegen erhobene Klage hatte Erfolg. Das [X.] ([X.]) hat den Körperschaftsteuerbescheid aufgehoben. Sein Urteil vom 11. Januar 2011  2 K 1429/10 ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1675 abgedruckt.

7

Gegen das [X.]-Urteil richtet sich die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des [X.]. Während des Revisionsverfahrens ist das [X.] ([X.]) dem Rechtsstreit gemäß § 122 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) beigetreten.

8

Das [X.] und das [X.] beantragen, das [X.]-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 [X.]O). Die Annahme des [X.], der Kläger sei für das Streitjahr gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 des [X.] ([X.] 2002) von der Körperschaftsteuer befreit, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

1. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 [X.] 2002 sind von der Körperschaftsteuer befreit Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung vor Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes --[X.]-- 2009 vom 19. Dezember 2008 [[X.], 2794, [X.], 74] --[X.]--). Voraussetzung für die Gewährung der Steuervergünstigung ist, dass sich aus der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung ergibt, welchen Zweck die Körperschaft verfolgt, dass dieser Zweck den Anforderungen der §§ 52 bis 55 [X.] entspricht und dass er ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird (§ 59 [X.] a.F.). Die tatsächliche Geschäftsführung der Körperschaft muss auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet sein und den Bestimmungen entsprechen, die die Satzung über die Voraussetzungen für Steuervergünstigungen enthält (§ 63 Abs. 1 [X.] a.F.).

Eine Körperschaft verfolgt gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern (§ 52 Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F.). Unter diesen Voraussetzungen ist als Förderung der Allgemeinheit auch die Förderung der Religion anzuerkennen (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] a.F.).

2. Nach den Feststellungen des [X.], gegen die keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht worden sind und an die der Senat deshalb gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O gebunden ist, betrieb der Kläger im Streitjahr nach seiner Satzung und nach seiner tatsächlichen Geschäftsführung die Förderung der Religion i.S. von § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] a.F. und verfolgte damit grundsätzlich einen gemeinnützigen Zweck.

3. Soweit das [X.] nunmehr rügt, das [X.] habe sich nicht mit den Merkmalen der Ausschließlichkeit (§ 56 [X.] a.F.) und der Unmittelbarkeit (§ 57 [X.] a.F.) auseinandergesetzt, ist nicht zu ersehen, unter welchen Gesichtspunkten im Streitfall Zweifel an deren Vorliegen bestehen könnten. Das [X.] hat die Steuervergünstigung ausschließlich wegen der behaupteten extremistischen Tendenzen des [X.] verweigert. Darüber hinaus sind weder den Feststellungen des [X.] noch dem Vorbringen des [X.] Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass der Kläger neben seinen satzungsmäßigen Zwecken noch andere Zwecke verfolgt (Gebot der Ausschließlichkeit) oder dass der Kläger diese Zwecke nicht selbst in eigener Person verwirklicht (Gebot der Unmittelbarkeit).

4. Das [X.] ist in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass das Merkmal der Förderung der Allgemeinheit i.S. des § 52 Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F. nicht aufgrund verfassungsfeindlicher Bestrebungen des [X.] im Streitjahr zu verneinen ist.

a) Nach der Rechtsprechung des [X.] --BFH-- ist der Sinngehalt des unbestimmten Rechtsbegriffes "Förderung der Allgemeinheit" in § 52 Abs. 1 Satz 1 [X.] allerdings wesentlich geprägt durch die objektive Wertordnung, wie sie insbesondere im Grundrechtskatalog der Art. 1 bis 19 des Grundgesetzes ([X.]) zum Ausdruck kommt. Eine Tätigkeit, die mit diesen Wertvorstellungen nicht vereinbar ist, ist keine Förderung der Allgemeinheit (Senatsurteile vom 13. Dezember 1978 [X.], [X.], 330, [X.] 1979, 482; vom 29. August 1984 [X.]/81, [X.], 243, [X.] 1985, 106; vom 31. Mai 2005 [X.]/04, [X.] 2005, 1741, sowie Senatsbeschluss vom 16. Oktober 1991 [X.], [X.] 1992, 505; ebenso [X.] zur Abgabenordnung --AE[X.]-- i.d.F. des [X.]-Schreibens vom 2. Januar 2008, [X.], 26, Nr. 16 zu § 52 [X.]). Als Förderung der Allgemeinheit sind danach solche Bestrebungen nicht anzuerkennen, die sich gegen die freiheitlich [X.] Grundordnung [X.] richten.

Dem entspricht der Sache nach die Regelung des § 51 Abs. 3 Satz 1 [X.] i.d.F. des [X.] 2009 ([X.]), nach der eine Steuervergünstigung auch voraussetzt, dass die Körperschaft nach ihrer Satzung und bei ihrer tatsächlichen Geschäftsführung keine Bestrebungen i.S. des § 4 des [X.] fördert und dem Gedanken der Völkerverständigung nicht zuwiderhandelt (zur Übereinstimmung mit der bisherigen Praxis vgl. Begründung des [X.] zum [X.] 2009, BTDrucks 16/10189, S. 79).

b) Die objektive Feststellungslast für die Tatsachen, aus denen sich die Gemeinnützigkeit ergibt, trägt grundsätzlich die Körperschaft (Senatsbeschluss vom 28. Oktober 2004 [X.]/04, [X.] 2005, 160). Dass die Körperschaft im Rahmen ihrer tatsächlichen Geschäftsführung nicht gegen die Wertordnung des [X.] verstößt, ist allerdings eine negative Tatsache, die von der Körperschaft nur dann darzutun ist, wenn die Finanzbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vorträgt, dass das nicht der Fall ist (zutreffend [X.]/[X.] in [X.], [X.], § 51 [X.] Rz 99). Als ein solcher Anhaltspunkt kommt die Erwähnung der Körperschaft in einem [X.] oder eines [X.] in Betracht.

c) Entgegen der Auffassung des [X.] ist die gesetzliche Vermutung des § 51 Abs. 3 Satz 2 [X.] n.F., nach der bei Körperschaften, die im [X.] oder eines [X.] als extremistische Organisation aufgeführt sind, widerlegbar davon auszugehen ist, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 3 Satz 1 [X.] n.F. nicht erfüllt sind, im Streitfall nicht einschlägig. [X.] kann insoweit, ob die Vorschrift für das Streitjahr überhaupt anwendbar ist. Gemäß Art. 97 § 1d Abs. 2 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (i.d.F. des [X.] 2009) ist das zwar ab dem 1. Januar 2009 der Fall. Diese Übergangsregelung lässt indessen nicht eindeutig erkennen, ob die Vermutung des § 51 Abs. 3 Satz 2 [X.] n.F. "rückwirkend" auch für bereits abgelaufene Veranlagungszeiträume gelten soll, solange die betreffenden Steuerfestsetzungen noch nicht bestandskräftig geworden sind (so AE[X.] i.d.F. des [X.]-Schreibens vom 17. Januar 2012, [X.], 83 --AE[X.]-- Nr. 10 Satz 1 zu § 51 Abs. 3), oder ob die Vermutung nur für die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens noch nicht beendeten Veranlagungszeiträume Anwendung finden soll.

Die Frage muss hier nicht entschieden werden, weil der Tatbestand des § 51 Abs. 3 Satz 2 [X.] n.F. im Streitfall nicht gegeben ist. Dieser setzt voraus, dass die betreffende Körperschaft in einem [X.] "als extremistische Organisation aufgeführt" ist, was nur der Fall ist, wenn sie dort ausdrücklich als extremistisch bezeichnet wird, nicht aber wenn die Körperschaft nur als Verdachtsfall oder sonst beiläufig Erwähnung findet (vgl. auch AE[X.] Nr. 10 Satz 2, Nr. 11 zu § 51 Abs. 3). Wie das [X.] zutreffend angenommen hat, ist der Kläger in dem [X.] des [X.] Y für 2008 nicht ausdrücklich als extremistisch bezeichnet worden. Die tatsächlichen Hinweise in der oben zitierten Passage des Berichts sind derart pauschal und nicht konkret auf bestimmte Verhaltensweisen des Vorstands des [X.] im Streitjahr bezogen, dass daraus allein eine Klassifikation der tatsächlichen Geschäftsführung des [X.] im Streitjahr als "extremistisch" i.S. des § 51 Abs. 3 Satz 2 [X.] n.F. nicht abgeleitet werden kann.

Die vom [X.] mit der Schaffung des § 51 Abs. 3 Satz 2 [X.] n.F. für geboten gehaltene ausdrückliche Unterscheidung der in den [X.]en erwähnten Organisationen in belegbar extremistische Organisationen einerseits und bloße Verdachtsfälle andererseits wird in dem streitbefangenen Bericht für das [X.] offenkundig noch nicht vollzogen. Deshalb hilft für den Streitfall auch der Verweis auf den [X.] für das Jahr 2009 nicht weiter, in dem nach der Darstellung des [X.] alle als extremistisch eingeschätzten Gruppierungen alphabetisch geordnet in einem Anhang aufgeführt sind.

d) Die fehlende Anwendbarkeit des § 51 Abs. 3 Satz 2 [X.] n.F. ändert indes nichts daran, dass der [X.] des [X.] Y für 2008 für die Beurteilung der Aktivitäten des [X.] im Streitjahr ausgewertet und zum Anlass für weitere Ermittlungen genommen werden durfte. Jedoch ergibt sich daraus nach der Beurteilung des [X.] kein hinreichend konkreter Anhaltspunkt dafür, dass die tatsächliche Geschäftsführung des [X.] im Streitjahr auf die Förderung extremistischer Bestrebungen ausgerichtet war. Hieran ist der Senat gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O gebunden.

aa) Die Feststellung, ob eine Körperschaft im Rahmen ihrer tatsächlichen Geschäftsführung extremistische oder sonstige verfassungsfeindliche Bestrebungen fördert, obliegt im gerichtlichen Verfahren in erster Linie dem [X.] als Tatsachengericht. Dessen Wertung kann im Revisionsverfahren nur daraufhin überprüft werden, ob sie in verfahrensfehlerhafter Weise zustande gekommen ist oder ob sie gegen Denkgesetze oder gegen allgemeine Erfahrungssätze verstößt.

bb) Die Vorinstanz hat insoweit ausgeführt, die im Streitfall vorliegenden Beweismittel belegten nicht zur vollen Überzeugung des Senats, dass der Kläger ein extremistischer Verein sei. Es komme in dem [X.] für 2008 nicht klar zum Ausdruck, dass der Kläger selbst extremistisch sei. Es sei auch ein Verständnis des Berichts dahin möglich, dass der Kläger vom [X.] beobachtet worden sei, weil seine Aktivitäten potenziell gefährlich werden könnten, er selbst aber kein extremistischer Verein sei. Die vom Kläger vorgelegten Unterlagen belegten, dass seine Aktivitäten seiner Satzung entsprächen. Damit habe er die Aussagen im [X.] hinsichtlich seiner Überzeugungen und seiner tatsächlichen Geschäftsführung widerlegt.

Einen Link im Internet-Auftritt des [X.] auf die Seite "[X.]" hat das [X.] als für die Annahme einer satzungswidrigen tatsächlichen Geschäftsführung nicht hinreichend bewertet. Denn zum einen habe der Kläger auf der eigenen Internet-Seite ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er für die Inhalte der verlinkten Seiten nicht verantwortlich sei. Zum anderen sei den verlinkten Inhalten jeweils vorangestellt, dass es sich um die Darstellung von gewissen Praktiken eines [X.]n Staats mit [X.]r Gesetzgebung handele, die im Widerspruch zur hiesigen Ordnung stünden und dass die Darstellung solcher Inhalte keinesfalls als Aufruf zur Umsetzung, sondern nur als Aufklärung über die [X.] Sichtweise zu verstehen sei.

cc) Diese Beweiswürdigung des [X.] ist möglich und verstößt weder gegen Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze. Soweit [X.] und [X.] in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat mit Blick auf Erkenntnisse aus einem zwischenzeitlich durchgeführten verwaltungsgerichtlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes betreffend die Erwähnung des [X.] in künftigen [X.]en des [X.] Y eine mangelnde Sachverhaltsaufklärung durch das [X.] gerügt haben, können sie damit schon deshalb keinen Erfolg haben, weil das [X.] ausweislich des Sitzungsprotokolls der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 [X.]O) durch das [X.] nicht gerügt hat. Die Verletzung der Sachaufklärungspflicht gehört indes zu den "verzichtbaren" [X.], die nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden können, wenn die Beteiligten sie nicht in der nächsten mündlichen Verhandlung rügen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 100 f., m.w.N.). Die Sachaufklärungsrüge kann nicht dazu dienen, Beweisanträge oder Fragen zu ersetzen, welche ein fachkundig vertretener Beteiligter --wie das [X.]-- selbst in zumutbarer Weise hätte stellen können, jedoch im finanzgerichtlichen Verfahren zu stellen unterlassen hat ([X.] vom 22. Oktober 2009 [X.]/08, [X.] 2010, 170, m.w.N.).

e) Soweit das [X.] schließlich noch nachgetragen hat, der Kläger werde in dem [X.] des [X.] Y für das [X.] ausdrücklich als "extremistische Bestrebung" bezeichnet, ist das zum einen als neues tatsächliches Vorbringen in der Revisionsinstanz unbeachtlich. Zum anderen ist nicht ersichtlich, inwiefern sich diese Beurteilung bereits auf Verhaltensweisen des [X.] aus dem Streitjahr 2008 stützt.

5. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O. Da das [X.] durch den Verfahrensbeitritt "Beteiligter" des Revisionsverfahrens geworden ist (§ 57 Nr. 4 [X.]O) und es durch den gestellten Sachantrag seine Verfahrensstellung aktiv genutzt hat, trägt es als unterlegener Beteiligter zusammen mit dem [X.] die Kostenlast (vgl. Gräber/Ratschow, a.a.[X.], § 135 Rz 8). Die BFH-Rechtsprechung, nach der eine Kostentragung des Beigeladenen im Rahmen des § 135 Abs. 3 [X.]O ausscheidet, wenn dessen Antrag mit dem des unterlegenen Hauptbeteiligten übereinstimmt (BFH-Urteile vom 23. Januar 1985 II R 2/83, [X.], 119, [X.] 1985, 368; vom 8. November 2000 I R 1/00, [X.], 227, [X.] 2001, 769; vom 11. November 2010 IV R 17/08, [X.], 28, [X.] 2011, 716; [X.] vom 25. Februar 2010 III S 7/10, [X.] 2010, 1285), ist hier nicht einschlägig, weil § 135 Abs. 3 [X.]O für die nach § 122 Abs. 2 [X.]O Beigetretenen nicht anwendbar ist (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Februar 2007 [X.], [X.] 2007, 1148).

Meta

I R 11/11

11.04.2012

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 11. Januar 2011, Az: 2 K 1429/10, Urteil

§ 51 AO, § 52 Abs 1 S 1 AO, § 52 Abs 2 S 1 Nr 2 AO, § 56 AO, § 57 AO, § 51 Abs 3 S 1 AO vom 19.12.2008, § 51 Abs 3 S 2 AO vom 19.12.2008, § 5 Abs 1 Nr 9 KStG 2002, § 57 Nr 4 FGO, § 122 Abs 2 S 1 FGO, § 135 Abs 2 FGO, § 135 Abs 3 FGO, § 118 Abs 2 FGO, GG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.04.2012, Az. I R 11/11 (REWIS RS 2012, 7370)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7370

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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7 K 3347/18

B 14 AS 21/20 R

B 14 AS 27/20 R

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