Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.02.2013, Az. 9 AZR 461/11

9. Senat | REWIS RS 2013, 8084

ARBEITSRECHT BUNDESARBEITSGERICHT (BAG) ELTERNZEIT

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Gegenstand

Zweimalige Inanspruchnahme von Elternteilzeit - Verteilung verringerter Arbeitszeit im Anspruchsverfahren


Leitsatz

1. § 15 BEEG unterscheidet zwischen dem Konsensverfahren gemäß § 15 Abs 5 Satz 1 und Satz 2 BEEG und dem Anspruchsverfahren nach § 15 Abs. 6 iVm. Abs. 7 BEEG. Im Konsensverfahren sollen sich der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin über den Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit einigen (§ 15 Abs. 5 Satz 2 BEEG). Ist eine Einigung nicht möglich, hat der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin gemäß § 15 Abs. 6 BEEG zweimal Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit (Anspruchsverfahren).

2. Im Konsensverfahren nach § 15 Abs 5 Satz 1 und Satz 2 BEEG getroffene einvernehmliche Elternteilzeitregelungen sind nicht auf den Anspruch gemäß § 15 Abs 6 iVm. Abs 7 BEEG auf zweimalige Verringerung der Arbeitszeit anzurechnen.

3. Der Anspruch auf Vertragsänderung aus § 15 Abs 6 iVm. Abs 7 BEEG erstreckt sich auch auf die Verteilung der verringerten Arbeitszeit.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 18. Mai 2011 - 5 [X.]/10 - aufgehoben.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 9. September 2010 - 7 [X.]/10 - wird zurückgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen. Von den Kosten der Revision trägt die Beklagte 80 %, die Klägerin 20 %.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit während ihrer Elternzeit.

2

Die Klägerin ist seit dem 1. April 2006 bei der Beklagten als Personalreferentin in Vollzeit beschäftigt. Nach der Geburt ihres Kindes am 5. Juni 2008 nahm sie Elternzeit bis zum 4. Juni 2010 in Anspruch. Mit Schreiben vom 6. November 2008 beantragte sie die Verringerung ihrer Arbeitszeit für die [X.] vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Mai 2009 auf 15 Stunden pro Woche und für die [X.] ab 1. Juni 2009 auf wöchentlich 20 Stunden. Für den Fall, teilweise zu Hause arbeiten zu können, bot sie ein höheres Stundenmaß an. Am 3. Dezember 2008 vereinbarten die Parteien daraufhin schriftlich eine Teilzeitbeschäftigung für die [X.] vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Mai 2009 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 15 Stunden und für die [X.] vom 1. Juni 2009 bis zum 4. Juni 2010 von 20 Stunden.

3

Mit Schreiben vom 7. April 2010 nahm die Klägerin bis zum 4. Juni 2011 Elternzeit in Anspruch und beantragte gleichzeitig die Beibehaltung der wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden und deren Verteilung auf montags von 7:30 Uhr bis 14:45 Uhr sowie mittwochs und donnerstags von 7:30 Uhr bis 15:00 Uhr. Per E-Mail vom 12. Mai 2010 lehnte die Beklagte eine weitere Teilzeitbeschäftigung der Klägerin ab.

4

Die Klägerin ist der Auffassung, sie habe gemäß § 15 Abs. 6 [X.] Anspruch auf die beantragte Elternteilzeit. Dieser stehe nicht entgegen, dass § 15 Abs. 6 [X.] nur einen Anspruch auf zweimalige Verringerung der Arbeitszeit gewähre. Ihr Anspruch entstehe erst, wenn die Parteien eine einvernehmliche Regelung nicht erzielt hätten. Der im konsensualen Teil des Verfahrens noch nicht entstandene Anspruch könne somit durch eine einvernehmliche Regelung nicht erfüllt werden. Jedenfalls habe sie mit ihrem Schreiben vom 6. November 2008 nicht zweimal, sondern nur einmal die Verringerung ihrer Arbeitszeit erbeten.

5

Die Klägerin hat - soweit für die Revision maßgeblich - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihrem Antrag, in der [X.] vom 5. Juni 2010 bis zum 4. Juni 2011 ihre vertragliche Arbeitszeit weiterhin auf 20 Stunden pro Woche festzulegen, verteilt auf montags von 7:30 Uhr bis 14:45 Uhr sowie mittwochs und donnerstags von 7:30 Uhr bis 15:00 Uhr, zuzustimmen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie meint, die Arbeitszeit der Klägerin sei mit der Vereinbarung vom 3. Dezember 2008 bereits zweimal verringert worden. Ein weiterer Verringerungsanspruch stehe der Klägerin deshalb nicht zu.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage, soweit für die Revision maßgeblich, stattgegeben. Das [X.] hat sie abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin die Wiederherstellung des Urteils des Arbeitsgerichts und hat darüber hinaus beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet war, ihrem Antrag, in der [X.] vom 5. Juni 2010 bis zum 4. Juni 2011 ihre vertragliche Arbeitszeit weithin auf 20 Stunden pro Woche festzulegen, zuzustimmen.

8

In der [X.] hat die Klägerin diesen weiteren Antrag zurückgenommen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung der klagestattgebenden Entscheidung des Arbeitsgerichts. Das [X.] hat die Klage zu Unrecht abgewiesen.

I. Die Klage ist zulässig. Die auf Vertragsänderung gerichtete Leistungsklage genügt dem [X.]estimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und ist nicht infolge Zeitablaufs unzulässig geworden. Ihr fehlt nicht deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Elternzeit inzwischen beendet ist (vgl. [X.] 15. Dezember 2009 - 9 [X.] - Rn. 25 mwN).

II. Die Klage ist begründet. Der Anspruch der Klägerin auf die Verringerung und die von ihr gewünschte Verteilung ihrer Arbeitszeit folgt aus § 15 Abs. 6 iVm. Abs. 7 [X.].

1. Darüber, dass die für den Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit in § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1, 2, 3 und 5 sowie Abs. 2 Satz 1 [X.] genannten Voraussetzungen erfüllt sind, besteht kein Streit. Die Ausführungen des [X.]s, wonach dem Verringerungsanspruch keine dringenden betrieblichen Gründe entgegenstehen (§ 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 [X.]), hat die [X.]eklagte nicht mit [X.] angegriffen und in der [X.] ausdrücklich erklärt, die Würdigung des [X.]s nicht zu rügen. Ihren Verringerungsanspruch konnte die Klägerin gleichzeitig mit der Inanspruchnahme der weiteren Elternzeit geltend machen ([X.] 12. Mai 2011 - 2 [X.] - Rn. 27; 15. April 2008 - 9 [X.]/07 - Rn. 21 f., [X.]E 126, 276).

2. Die Regelung in § 15 Abs. 6 [X.] hindert den Anspruch der Klägerin auf Verringerung ihrer Arbeitszeit nicht. Danach kann während der Gesamtdauer der Elternzeit nur zweimal eine Verringerung der Arbeitszeit beansprucht werden, soweit eine Einigung nach Abs. 5 nicht möglich ist. Die Teilzeittätigkeit der Klägerin im Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 4. Juni 2010 beruhte nicht auf einer Inanspruchnahme iSv. § 15 Abs. 6 iVm. Abs. 7 [X.], sondern auf einer Einigung der Parteien gemäß § 15 Abs. 5 Satz 2 [X.].

a) Entgegen der Auffassung des [X.]s führt der Umstand, dass die Parteien für die Zeiträume vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Mai 2009 und vom 1. Juni 2009 bis 4. Juni 2010 die Verringerung der Arbeitszeit und deren Ausgestaltung im [X.] gemäß § 15 Abs. 5 [X.] vereinbarten, nicht zu einer Erfüllung des Anspruchs auf zweimalige Verringerung der Arbeitszeit während der Gesamtdauer der Elternzeit.

aa) Die Regelung der Elternteilzeit in § 15 [X.] unterscheidet zwischen dem [X.] nach § 15 Abs. 5 [X.] und dem Verringerungsanspruch gemäß § 15 Abs. 6 iVm. Abs. 7 [X.]. Zunächst hat der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin gemäß § 15 Abs. 5 Satz 1 [X.] die Verringerung der Arbeitszeit beim Arbeitgeber zu beantragen. Damit wird das [X.] eingeleitet. Hierzu muss der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin noch kein annahmefähiges Angebot iSv. § 145 [X.]G[X.] auf Verringerung der Arbeitszeit gegenüber dem Arbeitgeber abgeben. Es reicht aus, dass der Arbeitgeber um eine Verhandlung über eine Verringerung der Arbeitszeit und gegebenenfalls die Verteilung der verringerten Arbeitszeit gebeten wird. Im Gegensatz dazu regelt § 15 Abs. 6 iVm. Abs. 7 [X.] das Verfahren der Inanspruchnahme, wenn eine Einigung im [X.] scheitert. Dieses Verfahren leitet der Arbeitnehmer dadurch ein, dass er dem Arbeitgeber ein annahmefähiges Angebot iSv. § 145 [X.]G[X.] auf Verringerung und gegebenenfalls auf Verteilung der verringerten Arbeitszeit unterbreitet und deutlich macht, hierdurch die Verringerung der Arbeitszeit iSv. § 15 Abs. 6 [X.] zu beanspruchen. Ob der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin im [X.] eine Verringerung der Arbeitszeit erreichen will oder im [X.] eine bestimmte Reduzierung der Arbeitszeit durchzusetzen versucht, ist durch Auslegung zu ermitteln.

bb) Dass die Regelung in § 15 Abs. 5 Satz 1 [X.] das [X.] und nicht das [X.] betrifft, wird bereits aus dem Wortlaut der [X.]estimmung deutlich, wonach der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin eine Verringerung der Arbeitszeit und ihre Ausgestaltung „beantragen“ kann. Über einen solchen Antrag sollen sich die Parteien nach § 15 Abs. 5 Satz 2 [X.] innerhalb von vier Wochen einigen. [X.]esondere Form- und Fristerfordernisse sieht das Gesetz für den Antrag nach § 15 Abs. 5 Satz 1 [X.] nicht vor. Die gesetzliche Regelung begrenzt die Anzahl der Verringerungsanträge nach § 15 Abs. 5 Satz 1 [X.] nicht und knüpft diese anders als den Verringerungsanspruch nach § 15 Abs. 6 [X.] nicht an die in § 15 Abs. 7 [X.] genannten Voraussetzungen.

cc) Im Gegensatz dazu bestimmt § 15 Abs. 6 [X.], dass eine Verringerung unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 7 [X.] während der Gesamtdauer der Elternzeit zweimal „beansprucht“ werden kann. Damit spricht die Vorschrift anders als § 15 Abs. 5 Satz 1 [X.] nicht von einem Antrag, sondern von einem Anspruch, und begründet damit das Recht, auch gegen den [X.]en des Arbeitgebers die Verringerung der Arbeitszeit durchzusetzen. Sie bindet dieses Recht ua. an eine Mindestbeschäftigtenzahl von mehr als 15 Arbeitnehmern (§ 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 [X.]), einen ununterbrochenen [X.]estand des Arbeitsverhältnisses von mehr als sechs Monaten (§ 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 [X.]) und die Einhaltung bestimmter Formen und Fristen (§ 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 und 5 [X.]).

dd) Die Differenzierung zwischen dem [X.] nach § 15 Abs. 5 Satz 1 [X.] im [X.] und dem Verringerungsanspruch gemäß § 15 Abs. 6 iVm. Abs. 7 [X.] im [X.] wird ferner aus der Regelung in § 15 Abs. 5 Satz 3 [X.] deutlich. Danach „kann“ der [X.] nach § 15 Abs. 5 Satz 1 [X.] mit der schriftlichen Mitteilung nach § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 [X.] und damit mit der Geltendmachung des Anspruchs aus § 15 Abs. 6 [X.] verbunden werden. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers der [X.] und die schriftliche Mitteilung nicht miteinander verbunden werden müssen. Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin kann deshalb zunächst nur einen Antrag nach § 15 Abs. 5 Satz 1 [X.] stellen, den Verlauf des [X.]s abwarten und erst dann entscheiden, ob ein bestimmter Anspruch gemäß § 15 Abs. 6 [X.] geltend gemacht werden soll.

ee) Wenn § 15 Abs. 6 [X.] regelt, dass während der Gesamtdauer der Elternzeit zweimal eine Verringerung der Arbeitszeit „beansprucht“ und damit auch gegen den [X.]en des Arbeitgebers durchgesetzt werden kann, spricht dies dagegen, dass Einigungen der Parteien im [X.] über die Verringerung der Arbeitszeit während eines Teils der Elternzeit auf den Verringerungsanspruch nach § 15 Abs. 6 [X.] anzurechnen sind.

ff) Diesem Auslegungsergebnis steht der Satzteil in § 15 Abs. 6 [X.] „soweit eine Einigung nach Absatz 5 nicht möglich ist“ nicht entgegen, sondern bestätigt es. § 15 Abs. 6 [X.] knüpft damit an das aus Sicht des Gesetzgebers vorrangige Ziel der Einigung an, die regelmäßig zu einem besseren Ergebnis führt ([X.]T-Drucks. 14/3118 S. 20 f.). Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass der in § 15 Abs. 6 [X.] geregelte Anspruch (teilweise) untergeht bzw. verbraucht wird, wenn sich die Parteien für einen Teil der Elternzeit über die Verringerung der Arbeitszeit im [X.] nach § 15 Abs. 5 Satz 2 [X.] einigen. Mit der Formulierung „soweit eine Einigung nach Absatz 5 nicht möglich ist“ bringt § 15 Abs. 6 [X.] zum Ausdruck, dass der Rechtsanspruch auf eine bestimmte Verringerung der Arbeitszeit erst dann begründet wird, wenn sich die Parteien über die Verringerung der Arbeitszeit im [X.] nicht (mehr) einigen können.

gg) Sinn und Zweck des § 15 [X.] geben kein anderes Ergebnis vor.

(1) Nach Art. 6 Abs. 1 GG stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Die gesetzlichen Regelungen zur Elternzeit und Elternteilzeit dienen diesem Schutz ([X.] 9. Mai 2006 - 9 [X.] - Rn. 47). Die Zulassung der Teilerwerbstätigkeit bezweckt die Vereinbarkeit von [X.]eruf und Familie ([X.] 19. April 2005 - 9 [X.] - zu II 3 b gg der Gründe, [X.]E 114, 206). Der Anspruch auf Teilerwerbstätigkeit während der Elternzeit beruht auf dem [X.]estreben, Eltern den notwendigen und grundgesetzlich geschützten Freiraum zur [X.]etreuung und Erziehung ihres Kindes (Art. 6 Abs. 2 GG) einzuräumen, ohne den [X.] an den [X.]eruf zu verlieren. Er dient zugleich der Sicherung der wirtschaftlichen Grundlage der Familie ([X.]/ [X.] 2. Aufl. § 15 [X.] Rn. 27). Mit der Erleichterung der Erwerbstätigkeit während der Elternzeit sollen Eltern, die ein Kind betreuen und erziehen, gegenüber der alten Rechtslage wirtschaftlich besser gestellt und insbesondere auch Väter verstärkt zur Übernahme der Erziehungsverantwortung motiviert werden (vgl. [X.]T-Drucks. 14/3118 S. 10; [X.]T-Drucks. 14/3553 S. 11).

(2) Das Recht, während der Gesamtdauer der Elternzeit zweimal eine Verringerung der Arbeitszeit zu beanspruchen, berücksichtigt die Erfahrung, dass mit steigendem Alter des Kindes zwar (noch) nicht der [X.]etreuungsbedarf sinkt, wohl aber zunehmend eine Fremdbetreuung in [X.]etracht kommt, sodass dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin mehr Zeit für die berufliche Tätigkeit bleibt ([X.] 9. Mai 2006 - 9 [X.] - Rn. 24). Zu [X.]eginn der Elternzeit sind für Eltern der jeweilige [X.]etreuungsbedarf und die Möglichkeit etwaiger Fremdbetreuung bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes nur begrenzt vorhersehbar und planbar. Es kann zu unerwarteten familiären oder wirtschaftlichen Entwicklungen während der Elternzeit kommen. Eltern sollte deshalb eine familiengerechte flexible Handhabung der Verringerung der Arbeitszeit ermöglicht werden (vgl. [X.] 9. Mai 2006 - 9 [X.] - Rn. 29). Diesem Ziel der gesetzlichen Regelung widerspräche es, den gegen den [X.]en des Arbeitgebers durchsetzbaren Rechtsanspruch aus § 15 Abs. 6 [X.] dadurch einzuschränken, dass auch eine freiwillige Einigung im [X.] über die Verringerung der Arbeitszeit angerechnet wird.

(3) Das Auslegungsergebnis wahrt das Recht des Arbeitgebers, dass gegen seinen [X.]en die Arbeitszeit während der Gesamtdauer der Elternzeit nicht mehr als zweimal verringert wird. Die [X.]egrenzung des Anspruchs in § 15 Abs. 6 [X.] dient dem Interesse des Arbeitgebers an einer kontinuierlichen Personalplanung. Dieser hat angesichts des Erfordernisses entgegenstehender dringender betrieblicher Gründe in § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 [X.] regelmäßig einen Verringerungsanspruch nach § 15 Abs. 6 [X.] zu erfüllen. Damit er hierdurch nicht unzumutbar belastet wird, soll er nur zweimal damit rechnen müssen, dass seine Personalplanung durch einen gegen seinen [X.]en durchsetzbaren Verringerungsanspruch durchkreuzt wird. Die Geltendmachung eines [X.] nach § 15 Abs. 6 [X.] setzt zudem nicht voraus, dass der Arbeitnehmer gemäß § 15 Abs. 7 Satz 5 [X.] Klage vor den Gerichten für Arbeitssachen erhoben hat und der Arbeitgeber zur Annahme des Verringerungsangebots des Arbeitnehmers verurteilt worden ist. Einigen sich die Arbeitsvertragsparteien nicht im [X.], sondern erst nach der Geltendmachung des [X.] gemäß § 15 Abs. 6 [X.], ist diese im [X.] erzielte Einigung über die Arbeitszeitverringerung auf den Anspruch des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin auf zweimalige Verringerung der Arbeitszeit anzurechnen.

b) Im [X.] kann offenbleiben, ob bereits die schriftliche Mitteilung des [X.] nach § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 [X.] für dessen Geltendmachung iSv. § 15 Abs. 6 [X.] ausreicht oder ob darüber hinaus keine Einigung im [X.] nach § 15 Abs. 5 Satz 2 [X.] zustande gekommen sein darf.

aa) Die Klägerin hatte vor dem 7. April 2010 ihren Anspruch nicht iSv. § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 [X.] mitgeteilt. Die entgegenstehende Annahme des [X.]s hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Schreiben der Klägerin vom 6. November 2008 genügte den Erfordernissen des § 145 [X.]G[X.] nicht. Das [X.] hat das Schreiben der Klägerin vom 6. November 2008 deshalb zu Unrecht als zweifache Inanspruchnahme einer Verringerung ihrer Arbeitszeit iSv. § 15 Abs. 6 [X.] verstanden.

bb) Die Auslegung der atypischen Erklärungen der Klägerin ist nur beschränkt revisibel. Sie ist vom Senat nur daraufhin zu überprüfen, ob das [X.] Auslegungsregeln verletzt, gegen Denk- und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat. Dabei ist nach § 133 [X.]G[X.] ausgehend vom objektiven Wortlaut der wirkliche [X.]e der Klägerin zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. [X.]ei der Auslegung sind alle tatsächlichen [X.]egleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von [X.]edeutung sein können, welchen [X.]en die Klägerin bei ihrer Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung von der [X.]eklagten zu verstehen war (vgl. [X.] 22. Mai 2012 - 9 [X.] - Rn. 14 mwN).

cc) Die Auslegung des Schreibens der Klägerin vom 6. November 2008 durch das [X.] hält selbst dieser eingeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle nicht stand.

(1) Aus dem Schreiben geht hervor, dass die Klägerin in Verhandlungen über die Verringerung ihrer Arbeitszeit eintreten wollte. Sie teilte der [X.]eklagten mit, wann und in welchem Umfang sie in Elternteilzeit arbeiten wollte. Die Klägerin unterbreitete der [X.]eklagten mit dem Schreiben vom 6. November 2008 jedoch noch kein annahmefähiges Angebot. Sie legte in dem Schreiben weder den Umfang der zu ändernden Arbeitszeit iSv. § 145 [X.]G[X.] hinreichend bestimmt fest, noch räumte sie der [X.]eklagten insoweit ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht ein. Die Klägerin machte damit kein Angebot, das mit einem bloßen „Ja“ hätte angenommen werden können.

(2) Die Klägerin überließ der [X.]eklagten auch nicht die Ausgestaltung der verringerten Arbeitszeit. Das Schreiben vom 6. November 2008 lässt nicht erkennen, dass die Klägerin endgültig ihre Verhandlungsmacht über den Umfang ihrer Arbeitspflicht und die Lage der Arbeitszeit aufgeben und sich einer Festlegung durch die [X.]eklagte unterwerfen wollte. Die damit verbundene Erweiterung des Direktionsrechts der [X.]eklagten hätte im Vertragsangebot aus Sicht eines objektiven Dritten unzweifelhaft zum Ausdruck kommen müssen (vgl. [X.] 16. Oktober 2007 - 9 [X.] - Rn. 23, [X.]E 124, 219). Dies war nicht der Fall. Die Klägerin wollte im Rahmen der Verhandlung mit der [X.]eklagten noch klären, ob und in welchem Umfang sie zu Hause arbeiten kann. Auf dieser Grundlage sollte der Umfang der Elternteilzeit für die beiden Zeiträume einvernehmlich festgelegt werden. Insbesondere aus dem Satz: „Ich freue [X.] auf unser Gespräch am 17. November 2008“, wird deutlich, dass das Schreiben der Vorbereitung der Verhandlung mit der [X.]eklagten über die Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit diente. Erst mit dem Angebot der [X.]eklagten im Schreiben vom 3. Dezember 2008 und dessen Annahme durch die Klägerin wurde die Verringerung der Arbeitszeit im Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 4. Juni 2010 konkret ausgestaltet.

3. Die Klägerin hat gemäß § 15 Abs. 6 iVm. Abs. 7 [X.] auch Anspruch auf die Vereinbarung der von ihr beantragten Verteilung der verringerten Arbeitszeit. Die Verteilung der aufgrund der Elternzeit verringerten Arbeitszeit hat der Arbeitgeber nicht gemäß § 106 Satz 1 [X.] nach billigem Ermessen zu bestimmen.

a) Der Verringerungsanspruch aus § 15 Abs. 6 [X.] erstreckt sich auch auf die Verteilung der verringerten Arbeitszeit (Klarstellung von [X.] 15. Dezember 2009 - 9 [X.] - Rn. 26 ff.; [X.] D[X.] 2001, 94, 97 zu § 15 [X.]ErzGG; [X.] 4. Aufl. [X.]. 3 Rn. 74; [X.] FA 2007, 98, 100; [X.]/[X.] Stand 1. Dezember 2012 [X.] § 15 Rn. 59; [X.]/Gaul 5. Aufl. § 15 [X.] Rn. 23; [X.]/[X.] 2. Aufl. [X.]d. 1 § 15 [X.] Rn. 22; [X.]/[X.] MuSchG und [X.] 8. Aufl. § 15 [X.] Rn. 56; Moll/[X.] in [X.] Arbeitsrecht 3. Aufl. § 73 Rn. 136; [X.]/[X.] NZA 2002, 602, 604; Gaul/Wisskirchen [X.][X.] 2000, 2466, 2468; wohl auch [X.]/[X.] 13. Aufl. § 15 [X.] Rn. 14; [X.], 1185, 1189 zu § 15 [X.]ErzGG; teilweise unter ausdrücklicher kritischer Würdigung dieses Ergebnisses vgl. z[X.] [X.] in [X.]/[X.]. § 23 [X.]. 1 [X.] Rn. 24 mwN; Reiserer/Penner [X.][X.] 2002, 1962, 1963; [X.][X.] S. 290; Leuchten FS [X.] S. 559). Allerdings regeln weder § 15 Abs. 6 [X.] noch § 15 Abs. 7 [X.] ausdrücklich, dass der Verringerungsanspruch die Verteilung der Arbeitszeit umfasst. Diese Vorschriften sprechen - anders als § 15 Abs. 5 [X.], der auch die Ausgestaltung der Verringerung nennt - nur vom „Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit“. Der Gesetzeswortlaut schließt das Verständnis, dass der Verringerungsanspruch die Ausgestaltung der Verringerung umfasst, aber auch nicht aus. Soweit aus § 15 [X.] gefolgert wird, dass diese Vorschrift bewusst zwischen Umfang und Verteilung der Arbeitszeit differenziere ([X.]/[X.] aaO), und auf die unterschiedliche Ausgestaltung von § 8 Tz[X.]fG und § 15 [X.] verwiesen wird ([X.]/Gaul aaO), zwingt dies nicht zu der Annahme, dass keine bestimmte Ausgestaltung der Verringerung der Arbeitszeit beansprucht werden kann (Leuchten FS [X.] S. 560). Wenn der Gesetzgeber trotz der Uneinigkeit im Schrifttum und aufgrund der bisherigen Rechtsprechung des Senats zu § 15 Abs. 7 [X.]ErzGG ([X.] 9. Mai 2006 - 9 [X.] - Rn. 41), wonach kein Anspruch auf eine bestimmte vertragliche Festlegung der verringerten Arbeitszeit bestanden hat, davon abgesehen hat, den Anspruch des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin auf eine bestimmte Verteilung der während der Elternzeit verringerten Arbeitszeit ausdrücklich zu regeln, hindert dies nicht die Klarstellung, dass der Verringerungsanspruch nach § 15 Abs. 6 iVm. Abs. 7 [X.] die Verteilung der verringerten Arbeitszeit umfasst, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin eine konkrete Verteilung angegeben hat.

b) Systematik sowie Sinn und Zweck der Regelung in § 15 Abs. 6 [X.] stehen einem Verständnis entgegen, dass der Verringerungsanspruch nicht auch die Ausgestaltung der verringerten Arbeitszeit umfasst, sondern der Arbeitgeber die Verteilung der Arbeitszeit nach billigem Ermessen gemäß § 106 Satz 1 [X.] bestimmt.

aa) Die Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit führt stets dazu, dass die Arbeitszeit anders verteilt werden muss. Deshalb muss immer auch die Ausgestaltung der Verringerung geregelt werden (vgl. [X.] D[X.] 2001, 94, 97 zu § 15 [X.]ErzGG). Aus § 15 Abs. 7 Satz 3 [X.] folgt zwar nicht, dass die gewünschte Verteilung der verringerten Arbeitszeit im Antrag angegeben werden muss. Nach dieser [X.]estimmung „soll“ sie jedoch angegeben werden. Die nach § 15 Abs. 7 Satz 4 [X.] „beanspruchte Verringerung“ beinhaltet im Falle der Aufnahme eines [X.]es in den Antrag auch diesen. Dies zeigt, dass der [X.]egriff der „Verringerung der Arbeitszeit“ nicht bloß den Umfang der Arbeitszeit umfasst, sondern auch deren Verteilung. Da ein Antrag nach § 15 Abs. 6 [X.], in dem die gewünschte Verteilung der verringerten Arbeitszeit gemäß § 15 Abs. 7 Satz 3 [X.] angegeben wurde, gemäß § 145 [X.]G[X.] annahmefähig sein muss, also die damit angebotene Vertragsänderung mit einem bloßen „Ja“ angenommen werden können muss, erstreckt sich eine Zustimmung zu der mit dem Antrag „beanspruchten Verringerung“ auch auf den angegebenen [X.]. Dass dies nach der Vorstellung des Gesetzgebers der Regelfall ist, wird aus der Formulierung „soll … angegeben werden“ deutlich. Aus der Möglichkeit der klageweisen Herbeiführung dieser Zustimmung gemäß § 15 Abs. 7 Satz 5 [X.] ist deshalb abzuleiten, dass sich der Anspruch auf den angegebenen [X.] erstreckt. Ist im Antrag die gewünschte Verteilung der verringerten Arbeitszeit nicht angegeben, verbleibt es allerdings hinsichtlich der Festlegung der Lage der Arbeitszeit beim Direktionsrecht des Arbeitgebers. Stehen der im Antrag angegebenen Verteilung der verringerten Arbeitszeit dringende betriebliche Gründe entgegen, besteht kein Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit. [X.] der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin das Risiko ausschließen, dass der beantragten Verteilung der verringerten Arbeitszeit und damit auch der Elternteilzeit dringende betriebliche Gründe entgegenstehen, darf im [X.] eine Verringerung und bestimmte Verteilung der verringerten Arbeitszeit nicht einheitlich angeboten werden.

bb) Für dieses Verständnis des § 15 [X.] sprechen auch Sinn und Zweck der Vorschrift. Wenn die Teilerwerbstätigkeit während der Elternzeit erleichtert werden soll, um die Vereinbarkeit von [X.]eruf und Familie zu verbessern, würde dieses Ziel weitgehend verfehlt, wenn der Verringerungsanspruch nicht auch die Verteilung der verringerten Arbeitszeit umfassen würde (vgl. [X.] FS [X.] S. 290). Während der Elternzeit hängen Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit - wesentlich mehr als bei der Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 Tz[X.]fG - wegen der familiären Einbindung und [X.]etreuungsaufgabe in der Regel stark voneinander ab. Nur eine Vertragsänderung auch hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit bewirkt die notwendige Sicherheit, dass es während der Gesamtdauer der Elternteilzeit bei der im Antrag angegebenen Verteilung der Arbeitszeit bleibt. Angesichts des Ziels der Vereinbarkeit von [X.]eruf und Familie, dem die Zulassung der Teilerwerbstätigkeit während der Elternzeit dient, wäre es ein Wertungswiderspruch, Arbeitnehmern während der Elternzeit anders als bei der Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 Tz[X.]fG einen Anspruch hinsichtlich der Verteilung zu versagen. Für die erforderliche [X.]etreuung des Kindes während der Elternzeit ist die Verteilung der verringerten Arbeitszeit regelmäßig ebenso von [X.]edeutung wie die Verringerung der Arbeitszeit selbst.

III. [X.] folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 iVm. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

        

    [X.]rühler    

        

    Klose    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    Kranzusch    

        

    Martin Lücke    

                 

Meta

9 AZR 461/11

19.02.2013

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Hamburg, 9. September 2010, Az: 7 Ca 203/10, Urteil

§ 15 Abs 5 S 1 BEEG, § 15 Abs 5 S 2 BEEG, § 15 Abs 6 BEEG, § 15 Abs 7 BEEG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.02.2013, Az. 9 AZR 461/11 (REWIS RS 2013, 8084)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8084

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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13 Sa 1423/09 (Landesarbeitsgericht Köln)


3 Sa 194/22 (LArbG München)

Teilzeitbeschäftigung, Während der Elternzeit, Annahmeverzugsvergütung, Klageschrift, Schadensersatzpflicht, Klageantrag, Verteilung der Arbeitszeit, Antrag auf Elternzeit, Prozeßbevollmächtigter, …


Referenzen
Wird zitiert von

3 Sa 194/22

6 Sa 521/17

6 Sa 577/14

5 Sa 240/17

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