Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.02.2007, Az. VI ZB 39/06

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5270

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[X.] vom 13. Februar 2007 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 4 Abs. 1 Im Verkehrsunfallhaftpflichtprozess sind die neben anderen Schadenspositionen [X.] Kosten eines vorprozessual eingeholten Sachverständigengutachtens und die Unkostenpauschale regelmäßig keine Nebenforderungen, die bei der Berech-nung des Streitwerts und der Beschwer außer Betracht bleiben.
[X.], Beschluss vom 13. Februar 2007 - [X.] 39/06 - [X.]

AG [X.]
- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 13. Februar 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.], [X.] [X.], die Richterin [X.] sowie [X.] und Zoll beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des [X.] wird der Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts [X.] vom 30. Mai 2006 auf-gehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen. [X.]: 630,48 • Gründe: [X.] Der Kläger begehrt von den Beklagten Schadensersatz nach ei-nem Verkehrsunfall. Ursprünglich hat er seinen Schaden auf 2.492,80 • bezif-fert. Dieser Betrag setzt sich aus den Positionen Reparaturkosten, Sachver-ständigenkosten, merkantiler Minderwert, Mietwagenkosten und Unkostenpau-schale zusammen. Die Beklagten haben die Hälfte dieses Betrages gezahlt. Sodann hat der Kläger sein Klagebegehren in Höhe von 1.246,40 • sowie 1 - 3 - 144,59 • für vorgerichtliche Anwaltskosten weiter verfolgt. Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 623,20 • sowie weiteren 137,31 • für Anwaltskosten stattgegeben. Mit der gegen das Urteil des Amtsgerichts eingelegten Berufung hat der Kläger die Zahlung weiterer 623,20 • sowie Anwaltskosten von noch 7,28 • geltend gemacht. Das Berufungsgericht hat die Berufung des [X.] als unzuläs-sig verworfen. Es hat dies damit begründet, die nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Beschwer sei nicht erreicht, weil es sich bei den noch offenen Po-sitionen Sachverständigenkosten (79,23 •) und Kostenpauschale (6,25 •) um Nebenforderungen handele, die gemäß § 4 Abs. 1 ZPO bei der Berechnung des [X.]s nicht berücksichtigt werden können, so dass dieser nur 537,42 • betrage. 2 Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des [X.]. 3 I[X.] 1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil das Berufungsgericht die Berufung des [X.] als unzulässig verworfen hat (§ 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). 4 Die Rechtsbeschwerde ist auch zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Das Berufungsgericht hat durch seine Entscheidung das Verfahrensgrundrecht des [X.] auf Gewährung wirkungs-vollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) ver-letzt, welches es den Gerichten verbietet, den [X.]en den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgrün-den nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren ([X.] 41, 323, 326 ff.; 5 - 4 - 41, 332, 334 ff.; 69, 381, 385; [X.] NJW 1999, 3701, 3702; NJW 2001, 2161, 2162; [X.] 151, 221, 227). 6 2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Auffassung des Berufungsgerichts, bei den Positionen Sach-verständigenkosten und Kostenpauschale handele es sich um [X.], die auch als solche geltend gemacht seien und deshalb bei der Berech-nung der Beschwer nicht berücksichtigt werden dürften, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht Stand. 7 Gemäß § 4 Abs. 1 ZPO bleiben Kosten für die [X.] nur dann außer Betracht, wenn sie in dem betreffenden Prozess als Nebenfor-derungen geltend gemacht werden. Die im vorliegenden Fall vorprozessual vom Kläger aufgewendeten Kosten für die Einholung des Sachverständigengutach-tens und die pauschaliert berechneten Unkosten sind hier nicht als [X.] geltend gemacht worden; es handelt sich - jedenfalls unter den Um-ständen des vorliegenden Falles - auch nicht um solche. 8 a) Ob ein mit eingeklagter Anspruch Nebenforderung ist, kann nur aus seinem Verhältnis zu dem als Hauptforderung in Betracht kommenden Anspruch heraus beurteilt werden. Zur Hauptforderung muss die Nebenforde-rung in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen, sie muss von ihr [X.] abhängen. Sind die Forderungen dagegen nach materiellem Recht - auch im Hinblick auf ihre Entstehung - gleichrangig, so ist keine von ihnen Ne-benforderung. Dabei kommt es auf dasjenige materielle Recht an, das für den jeweiligen Streitgegenstand maßgeblich ist (vgl. [X.], Urteil vom 21. Januar 1976 - [X.] - [X.], 477, 478; Beschluss vom 25. März 1998 - [X.]II ZR 298/97 - NJW 1998, 2060, 2061; [X.], ZPO, 22. Aufl., § 4 Rn. 17). Der abweichenden Auffassung von [X.] (in: [X.], 1. Aufl., § 4 Rn. 42), die Frage der Abhängigkeit nach dem materiellen Recht 9 - 5 - lasse sich nicht in praktisch verwertbarer Weise beantworten, so dass allein darauf abzustellen sei, ob die Kosten ohne Rücksicht auf ihre Rechtsgrundlage der Geltendmachung oder Abwehr eines anderen Anspruchs dienten, ist nicht zu folgen. b) Das erforderliche Abhängigkeitsverhältnis in dem genannten Sinne besteht nicht, wenn im Verkehrsunfallschadensprozess der Berechnung des eingeklagten Anspruchs mehrere Schadenspositionen zugrunde gelegt werden. Ob die jeweilige Schadensposition berücksichtigungsfähig ist, hängt davon ab, ob die Voraussetzungen der einschlägigen Anspruchsnormen (§ 7 StVG, § 823 [X.] usw.) und der §§ 249 ff. [X.] erfüllt sind. Dagegen hängt die [X.] etwa der Kosten eines vorprozessual eingeholten Sachverstän-digengutachtens nicht davon ab, in welchem Umfang Ersatz für den eigentli-chen Sachschaden, für Nutzungsausfall und für sonstige Schadenspositionen zu leisten ist. Die einzelnen Schadenspositionen bilden hier gleichwertige Be-rechnungsposten des insgesamt geltend gemachten Schadensersatzanspruchs und sind deshalb bei der Festsetzung des Streitwerts und der Beschwer zu be-rücksichtigen ([X.]/[X.], [X.], 12. Aufl., Rn. 4058; [X.], aaO, Rn. 32; im Ergebnis ebenso: [X.], NJW-RR 1994, 1484, 1485; ferner [X.], [X.], 1774, 1775 für einen Bauprozess). Soweit in der Kommentarliteratur allgemein darauf hingewiesen wird, vorprozessuale Gutachterkosten seien als Nebenforderungen im Sinne des § 4 Abs. 1 ZPO anzusehen (vgl. etwa [X.]/[X.]/[X.]/[X.], ZPO, 65. Aufl., § 4 Rn. 18; Musielak, [X.] zur ZPO, 5. Aufl., § 4 Rn. 16), kann dem danach jedenfalls für die vor-liegende Fallgestaltung einer Schadensersatzforderung nach einem Verkehrs-unfall nicht gefolgt werden. 10 c) Dass, worauf das Berufungsgericht abstellt, vorprozessual ent-standene Gutachterkosten unter Umständen als Rechtsverfolgungskosten [X.] - 6 - gesehen und im Kostenfestsetzungsverfahren angemeldet werden können (vgl. dazu z.B. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2002 - [X.] 56/02 - [X.], 481 f.), steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Wenn die [X.] diesen Weg wählt, scheidet schon die Anwendung des § 4 ZPO aus, weil die Kosten dann nicht Gegenstand des Klageantrags und damit des Streitwerts oder einer etwaigen Beschwer im Klageverfahren sind. Im Übrigen muss sich der [X.] nicht auf das Kostenfestsetzungsverfahren verweisen lassen, sondern kann die Gutachterkosten im [X.] klageweise geltend ma-chen (MünchKomm-[X.]/[X.], 4. Aufl., § 249, Rn. 375 m.w.N.). Zwar liegt es nicht in der Hand des [X.], eine Nebenforderung durch entsprechende Be-rechnung der Klagesumme und Formulierung des Klageantrags zur Hauptforde-rung zu machen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 18. Januar 1995 - [X.] 204/94 - NJW-RR 1995, 706 f. und vom 25. März 1998 - [X.]II ZR 298/97 - [X.], 378 f., beide zum ausgerechneten Zinsanspruch). Davon kann indes in Fällen wie dem vorliegenden nicht die Rede sein, weil die vorprozessualen [X.] nach den obigen Darlegungen keine Nebenforderung im Sinne des § 4 Abs. 1 ZPO darstellen und im Verkehrsunfallprozess auch nicht als solche gel-tend gemacht werden. d) Für die eingeklagte Unkostenpauschale gilt nichts anderes. Es handelt sich um einen selbständigen Teilbetrag des materiellrechtlichen An-spruchs, der insoweit auf Ausgleich von [X.], Telefonkosten u.ä. gerichtet ist (vgl. [X.]/[X.], [X.], 2005, § 251 Rn. 88) und dessen Bestand nicht davon abhängt, in welchem Umfang eine - andere - Hauptforderung be-steht. 12 - 7 - II[X.] Der die Berufung als unzulässig verwerfende Beschluss kann somit keinen Bestand haben. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zu-rückzuverweisen. 13 [X.] [X.]

[X.] [X.] Zoll Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 02.02.2006 - 33 C 396/05 - LG [X.], Entscheidung vom 30.05.2006 - 9 S 150/06 -

Meta

VI ZB 39/06

13.02.2007

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.02.2007, Az. VI ZB 39/06 (REWIS RS 2007, 5270)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5270

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