Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 20.12.2023, Az. 2 B 19/23

2. Senat | REWIS RS 2023, 9790

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Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts des [X.] vom 31. Januar 2023 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

Der [X.] wendet sich gegen seine Entfernung aus dem [X.]eamtenverhältnis.

2

1. Der 1966 geborene [X.] steht als Polizeihauptmeister im [X.] ([X.]esoldungsgruppe [X.]) im Dienst der Klägerin. Im April 2016 leitete die Klägerin gegen den [X.]n u. a. wegen des Verstoßes gegen die Pflicht zur [X.]efolgung dienstlicher Anordnungen ein Disziplinarverfahren ein, das mehrfach auf weitere Vorwürfe ausgedehnt wurde. Mit [X.]escheid vom 30. Juni 2017 stellte die Klägerin die Polizeidienstunfähigkeit des [X.]n fest und teilte ihm mit, dass ein Laufbahnwechsel als vorrangige Maßnahme vor einer Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand beabsichtigt sei. Hiergegen erhob der [X.] Widerspruch, über den bislang nicht entschieden worden ist.

3

Im Februar 2018 wurde der [X.] mit sofortiger Wirkung unter Kürzung seiner Dienstbezüge vorläufig des Dienstes enthoben. Im März 2019 hat die Klägerin Disziplinarklage erhoben mit dem Ziel, den [X.]n aus dem [X.]eamtenverhältnis zu entfernen. Das Verwaltungsgericht hat das Disziplinarverfahren auf den gegen den [X.]n erhobenen Vorwurf beschränkt, vom 2. März bis zum 23. August 2016 an 56 Tagen [X.] nicht durchgeführt zu haben, und den [X.]n aus dem [X.]eamtenverhältnis entfernt.

4

Das [X.]erufungsgericht hat die [X.]erufung des [X.]n zurückgewiesen. Zur [X.]egründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der [X.] habe ein Dienstvergehen begangen, weil er im Zeitraum vom 2. März 2016 bis zum 23. August 2016 an insgesamt 56 Tagen den am 2. März 2016 mündlich und an den sonstigen Tagen schriftlich erteilten Weisungen seiner unmittelbaren Vorgesetzten zur Durchführung von [X.] nicht nachgekommen sei. Der [X.] sei nach den zu diesem Zeitpunkt vorliegenden (amts-)ärztlichen Stellungnahmen hinreichend dienstfähig gewesen, die nach Art und Umfang speziell auf seine gesundheitliche Situation abgestimmten [X.] zu erfüllen. Dass auch die eingeschränkten [X.] Schmerzen in den [X.]einen des [X.]n verursachen würden, habe sich aus den eingeholten ärztlichen Stellungnahmen nicht ergeben. Der [X.] habe nicht einmal den Versuch unternommen, die [X.] zu erfüllen. [X.]ei Auftreten von Schmerzen wäre er zu einer Verweigerung der (weiteren) Erfüllung des jeweiligen Streifenauftrages berechtigt gewesen und hätte einen Arzt aufsuchen müssen. Entsprechendes gelte, soweit der [X.] schon bei Erteilung der [X.] über Schmerzen geklagt habe. Seine unmittelbaren Dienstvorgesetzten hätten ihn stets aufgefordert, einen Arzt aufzusuchen. Dem sei er nicht nachgekommen. Das unberechtigte Fernbleiben vom Dienst und die Verletzung der Pflicht, dienstliche Anordnungen zu befolgen, stelle ein schwerwiegendes innerdienstliches Dienstvergehen des [X.]n dar, das nach einer Gesamtwürdigung sämtlicher zu berücksichtigender be- und entlastender Umstände seine Entfernung aus dem Dienst erfordere.

5

2. Die auf den Zulassungsgrund des [X.] (§ 69 [X.] m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und der grundsätzlichen [X.]edeutung der Rechtssache (§ 69 [X.] m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte [X.]eschwerde des [X.]n gegen die Nichtzulassung der Revision ist unbegründet.

6

a) Die von der [X.]eschwerde geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 69 [X.] m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor.

7

aa) Die Rüge eines Verstoßes gegen den sog. Überzeugungsgrundsatz gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO greift nicht durch. Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Die Sachverhalts- und [X.]eweiswürdigung einer Tatsacheninstanz ist der [X.]eurteilung des [X.] nur insoweit unterstellt, als es um Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geht. [X.] ist damit nicht das Ergebnis der [X.]eweiswürdigung, sondern nur der [X.] auf dem Weg dorthin. Derartige Mängel liegen insbesondere vor, wenn das angegriffene Urteil von einem falschen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, also beispielsweise entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder auf einer aktenwidrigen Tatsachengrundlage basiert. Die Einhaltung der verfahrensmäßigen Verpflichtungen des Tatsachengerichts ist nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein [X.]eteiligter ein aus seiner Sicht fehlerhaftes Ergebnis der gerichtlichen Verwertung des vorliegenden Tatsachenmaterials rügt, aus dem er andere Schlüsse ziehen will als das angefochtene Urteil. Die [X.]eweiswürdigung des Tatsachengerichts darf vom Revisionsgericht nicht daraufhin überprüft werden, ob sie überzeugend ist, ob festgestellte Einzelumstände mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die abschließende [X.]eweiswürdigung eingegangen sind und ob diese Einzelumstände die Würdigung tragen. Solche Fehler sind revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen und können einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzlich nicht begründen. Ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz hat jedoch dann den Charakter eines Verfahrensfehlers, wenn das Tatsachengericht allgemeine Sachverhalts- und [X.]eweiswürdigungsgrundsätze verletzt (stRspr, vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 8. Februar 2017 - 2 [X.] 2.16 - juris Rn. 15 und vom 8. Juni 2017 - 2 [X.] 5.17 - juris Rn. 17). Das Ergebnis der gerichtlichen [X.]eweiswürdigung selbst ist vom Revisionsgericht nur daraufhin nachzuprüfen, ob es gegen Logik (Denkgesetze) und Naturgesetze verstößt oder gedankliche [X.]rüche und Widersprüche enthält (stRspr, vgl. [X.], Urteil vom 3. Mai 2007 - 2 C 30.05 - [X.] 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 50 Rn. 16 sowie [X.]eschlüsse vom 23. September 2013 - 2 [X.] 51.13 - juris Rn. 19 und vom 28. März 2017 - 2 [X.] 9.16 - juris Rn. 17). Dass die Überzeugungsbildung des [X.]erufungsgerichts an einem derart qualifizierten Mangel leidet, zeigt die [X.]eschwerdebegründung nicht auf.

8

Das [X.]erufungsgericht hat sich nicht dadurch in einen Wertungswiderspruch gesetzt, dass es entgegen dem seiner Entscheidung zugrunde gelegten Grundsatz, der Nachweis der Dienstfähigkeit obliege der Klägerin als Dienstherrin, gleichwohl von dem [X.]n den Nachweis der Dienstunfähigkeit verlangt habe. Die [X.]eschwerde hat die tragenden Erwägungen der [X.]erufungsentscheidung zum unberechtigten Fernbleiben vom Dienst gemäß § 96 Abs. 1 [X.] nicht erfasst. Das [X.]erufungsgericht hat - im Übrigen zutreffend - angenommen, dass die Dienstfähigkeit des [X.]eamten ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des unberechtigten Fernbleibens vom Dienst i. S. d. § 96 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist, die vom Dienstherrn nachzuweisen ist. Aus der beamtenrechtlichen Verpflichtung des § 96 Abs. 1 Satz 2 [X.], Dienstunfähigkeit infolge Krankheit auf Verlangen nachzuweisen, ergebe sich aber eine Mitwirkungspflicht des [X.]eamten, bei deren Verletzung er dem Dienst unerlaubt fernbleibe.

9

Ausgehend davon hat das [X.]erufungsgericht angenommen, dass der [X.] nach den (amts-)ärztlichen Stellungnahmen im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht polizeidienstunfähig und für die mit den dienstlichen Weisungen geforderten - eingeschränkten - [X.] hinreichend dienstfähig gewesen ist; erst mit [X.]escheid vom 30. Juni 2017 sei die Polizeidienstunfähigkeit des [X.]n für die Zukunft festgestellt worden. Entgegen der [X.]eschwerde hat das [X.]erufungsgericht in diesem Zusammenhang plausibel darauf abgestellt, dass dienstorganisatorische Maßnahmen - wie die auf den gesundheitlichen Zustand des [X.]n abgestimmten, nach Art und Umfang eingeschränkten [X.] - für einen Übergangszeitraum geeignet sein können, eine (zunächst) attestierte gesundheitliche Einschränkung des betroffenen [X.]eamten - hier des [X.]n - zu kompensieren, bis die volle Dienstfähigkeit wiedererlangt wird.

Weiter hat das [X.]erufungsgericht aber angenommen, dass der [X.] den nach § 96 Abs. 1 Satz 2 [X.] ergangenen dienstlichen Anordnungen nicht nachgekommen ist, seine krankheitsbedingte Einsatzunfähigkeit nachzuweisen, und deshalb dem Dienst unerlaubt ferngeblieben ist. Die dieser Würdigung zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen (vgl. [X.]), bei der Verweigerung der erteilten [X.] sei der [X.] stets von seinen unmittelbaren Vorgesetzten aufgefordert worden, einen Arzt aufzusuchen, was der [X.] abgelehnt habe, hat die [X.]eschwerde nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen (§ 137 Abs. 2 VwGO). Entgegen der [X.]eschwerde liegt darin keine aktenwidrige Feststellung des Sachverhalts. Die Feststellungen des [X.]erufungsgerichts zu Anordnungen der unmittelbaren Vorgesetzten des [X.]n stehen nicht in Widerspruch zu den "ergänzenden Hinweisen" in der E-Mail von [X.] vom 1. April 2016 (vgl. [X.], [X.], Unterlagen zu dem Vorwurf [X.], [X.] 8). [X.] war auch nicht unmittelbarer Vorgesetzter des [X.]n, sondern hatte die Funktion Leiter Sachbereich Personal der [X.]undespolizeidirektion P. inne.

Im Übrigen ist die [X.]eschwerdebegründung durchgängig dadurch gekennzeichnet, dass sie ihre eigenen Wertungen an die Stelle derjenigen des [X.]erufungsgerichts setzt. Dies genügt den Anforderungen für die Darlegung eines [X.] nicht.

bb) [X.] war überdies die Ablehnung des [X.]eweisantrags, zum [X.]eweis der Tatsache, dass mit dem Auftreten einer körperlich fordernden polizeilichen Situation jederzeit gerechnet und ein unmittelbares Reagieren sichergestellt werden muss, dass diesen Anforderungen auch durch dienstorganisatorische Maßnahmen nicht begegnet werden kann und dass Einsätze meist von einem dynamischen Verlauf gekennzeichnet sind, den damaligen Präsidenten der [X.] und Herrn Polizeioberrat Dr. S. als Zeugen zu vernehmen. Das Oberverwaltungsgericht hat diesen [X.]eweisantrag zu Recht mangels Entscheidungserheblichkeit der unter [X.]eweis gestellten Tatsachen abgelehnt. Der [X.]eweisantrag zielt, wie die [X.]eschwerde durch ihre [X.]ezugnahme auf den Inhalt des [X.]escheids der Klägerin vom 30. Juni 2017 über die Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit (Anlage [X.], [X.] 151 GA) selbst zeigt, auf Anforderungen an standardmäßige oder typischerweise durchzuführende Streifentätigkeiten im Polizeidienst. Darauf kam es aber aus Sicht des [X.]erufungsgerichts nicht an, sondern auf die konkreten - eingeschränkten - [X.], die der [X.] im Hinblick auf seine gesundheitlichen [X.]eeinträchtigungen für einen Übergangszeitraum bis zur Wiedererlangung seiner vollen Dienstfähigkeit wahrnehmen sollte (vgl. [X.] f.).

Außerdem ist die Ablehnung des [X.]eweisantrags nicht verfahrensfehlerhaft, soweit er sich auch darauf bezogen hat, ob [X.], welchem dem [X.]n seit März 2016 erteilt wurden, in der Praxis und unter [X.]erücksichtigung des Gesundheitszustandes des [X.]n, welcher kein Rennen und keine Konfliktsituationen bedingt, für den [X.]n nicht zumutbar ("durchführbar") waren. Das Oberverwaltungsgericht hat den [X.]eweisantrag insofern zu Recht mit der [X.]egründung abgelehnt, dass er sich nicht auf Tatsachen, sondern auf rechtliche Wertungen bezieht, die dem Zeugenbeweis nicht zugänglich sind.

Ob der [X.]eweisantrag auch aus den weiteren Gründen abzulehnen war, auf die das Oberverwaltungsgericht ergänzend abgestellt hat und gegen die sich die [X.]eschwerde auch wendet, kann dahinstehen.

b) Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher [X.]edeutung der Rechtssache (§ 69 [X.] m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

Eine Rechtssache hat grundsätzliche [X.]edeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender [X.]edeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 24. Januar 2011 - 2 [X.] 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4, vom 9. April 2014 - 2 [X.] 107.13 - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9 und vom 24. April 2017 - 1 [X.] - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 68 Rn. 3).

aa) Die von der [X.]eschwerde aufgeworfenen Fragen,

"Kann einem [X.]eamten, welchem aufgrund seiner Dienstunfähigkeit kein unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst zur Last gelegt werden kann, aufgrund desselben Sachverhalts gleichwohl eine Verletzung der [X.] zur Last gelegt werden?",

"Kann einem [X.]eamten die Verletzung der [X.] zur Last gelegt werden, wenn dieser eine dienstliche Anweisung nicht befolgt und ausführt hinsichtlich welcher er nicht dienstfähig war?",

"Ist die Dienstfähigkeit auch ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der [X.], wenn der [X.]eamte wegen seines körperlichen [X.]efindens nicht imstande ist, dienstliche Anweisungen zu befolgen und auszuführen?",

"Verletzt eine dienstliche Anordnung die Würde des Menschen im Sinne des § 63 Abs. 2 [X.], wenn der [X.]eamte wegen seines körperlichen [X.]efindens nicht imstande ist, diese zu befolgen und auszuführen?",

führen nicht zur Zulassung der Revision. Die [X.]eschwerde hat die Grundsatzrügen unter die [X.]edingung gestellt, dass das [X.]erufungsgericht verfahrensfehlerhaft angenommen hat, dass der [X.] dem Dienst wegen Dienstunfähigkeit nicht unerlaubt ferngeblieben ist (vgl. [X.]eschwerdebegründung S. 9, 11). [X.] hat die [X.]eschwerde insoweit aber - wie ausgeführt - nicht geltend gemacht.

bb) Schließlich haben die von der [X.]eschwerde bezeichneten Fragen,

"Entbindet die rechtliche Würdigung des Dienstherrn, wonach Milderungsgründe nicht ersichtlich seien, den Dienstherrn von jeglicher Darstellung (offensichtlicher) entlastender Umstände innerhalb der [X.]?",

"Liegt nur dann ein Mangel der [X.] vor, wenn aus der [X.] nicht eindeutig hervorgeht, welche konkreten Handlungen dem [X.]eamten als Dienstvergehen zur Last gelegt werden, sowie nicht erkennbar wird, gegen welche Dienstpflichten das angeschuldigte Verhalten des [X.]eamten verstoßen soll und ob dem [X.]eamten Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last gelegt wird?",

keine grundsätzliche [X.]edeutung. Dies folgt bereits daraus, dass die Antwort auf die benannten Fragen von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängt und damit einer Grundsatzrüge nicht zugänglich ist.

Nach § 52 Abs. 1 Satz 2 [X.] muss die Klageschrift den persönlichen und beruflichen Werdegang des [X.]eamten, den bisherigen Gang des Disziplinarverfahrens, die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, und die anderen Tatsachen und [X.]eweismittel, die für die Entscheidung bedeutsam sind, geordnet darstellen. Die Sachverhalte, aus denen das Dienstvergehen hergeleitet wird, müssen aus sich heraus verständlich geschildert werden. Ort und Zeit der einzelnen Handlungen müssen möglichst genau angegeben, die Geschehensabläufe nachvollziehbar beschrieben werden. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass sich der [X.]eamte gegen die gegen ihn erhobenen disziplinarischen Vorwürfe sachgerecht verteidigen kann. Zugleich werden durch eine den Anforderungen des § 52 Abs. 1 Satz 2 [X.] genügende Klageschrift Umfang und Grenzen der gerichtlichen Disziplinarbefugnis festgelegt (stRspr, vgl. zuletzt [X.], [X.]eschluss vom 9. Februar 2023 - 2 [X.] 12.22 - juris Rn. 8). Ob eine [X.] diesen Anforderungen genügt, bestimmt sich nach den Umständen im konkreten Einzelfall und entzieht sich einer rechtsgrundsätzlichen Klärung.

Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen: Soweit eine [X.] den Anforderungen des § 52 Abs. 1 Satz 2 [X.] nicht genügt, haftet ihr allerdings in der Regel ein wesentlicher Mangel im Sinne von § 55 [X.] an. Dieser Mangel kann einen Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nach sich ziehen, wenn das [X.]erufungsgericht die sich aus § 65 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 55 Abs. 3 Satz 1 [X.] ergebende Verpflichtung verletzt hat, auf die [X.]eseitigung des wesentlichen Mangels durch den Dienstherrn hinzuwirken (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 4. August 2020 - 2 [X.] 41.19 - juris Rn. 8 m. w. N.). Vorliegend hat das [X.]erufungsgericht die Angabe in der [X.] ausreichen lassen, dass Milderungsgründe nicht ersichtlich seien. Es hat keinen durchgreifenden Mangel der Klageschrift darin gesehen, dass die vom [X.]n als entlastend angesehenen Umstände (u. a. Erkenntnisse zu seiner Dienstunfähigkeit, die im Vorfeld zum Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleiteten Verfahren zur Versetzung in den Ruhestand und die praktische Umsetzbarkeit seines Einsatzes als Kontroll- und Streifenbeamter) in der Darstellung fehlten (vgl. [X.]). Dass das [X.]erufungsgericht damit gegen § 55 Abs. 3 Satz 1 [X.] verstoßen hat, hat die [X.]eschwerde nicht mit der Verfahrensrüge geltend gemacht.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 77 Abs. 1 [X.] und § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts bedarf es nicht, weil für das [X.]eschwerdeverfahren Festgebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 78 [X.] erhoben werden.

Meta

2 B 19/23

20.12.2023

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 31. Januar 2023, Az: 11 L 1/21, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 20.12.2023, Az. 2 B 19/23 (REWIS RS 2023, 9790)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 9790

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Wird zitiert von

24 B 22.31108

24 B 23.30860

24 B 22.30376

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