Bundesfinanzhof, Beschluss vom 10.12.2014, Az. V S 32/14 (PKH)

5. Senat | REWIS RS 2014, 535

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

(PKH-Antrag durch nicht postulationsfähige Person im Wiederaufnahmeverfahren (§ 578 ZPO) - Rechtsfehler und Tatsachenfehler sind keine Wiederaufnahmegründe)


Leitsatz

1. NV: Der nicht vertretene Antragssteller muss zumindest in laienhafter Weise darlegen, dass die Voraussetzungen für einen Nichtigkeits- oder Restitutionsgrund gegeben sein können .

2. NV: Die Nichtexistenz einer Personengesellschaft gehört nicht zu den in § 579 ZPO abschließend beschriebenen Wiederaufnahmegründen im Wege der Nichtigkeitsklage .

Tatbestand

1

I. Im Verfahren wegen einer [X.] ([X.]. des [X.] 5451/03) nahm die Klägerin --eine aus zwei Personen bestehende GbR-- die Klage in der mündlichen Verhandlung zurück. Nach Einstellung dieses Verfahrens beantragte einer der beiden GbR-Gesellschafter (Antragsteller) unter Hinweis darauf, er hätte zum Klageverfahren notwendig beigeladen werden müssen, Einsichtnahme in die Prozessakte dieses Verfahrens. Das [X.] lehnte den Antrag auf Akteneinsicht ab. Die dagegen erhobene Beschwerde des Antragstellers wies der [X.] des [X.] ([X.]) mit Beschluss vom 9. August 2005 V B 84/05 ([X.]/NV 2006, 76) zurück und berichtigte [X.] daran-- die Kostenentscheidung dieses Beschlusses wegen offenbarer Unrichtigkeit. Die gegen den Beschluss vom 9. August 2005 gerichtete Anhörungsrüge vom 3. März 2006 V S 1/06 ([X.]/NV 2006, 1314) hatte keinen Erfolg.

2

Mit Schriftsatz vom 13. November 2014 hat der Antragsteller beim [X.] vorgetragen, das [X.] Berlin-Brandenburg habe im Urteil vom 16. September 2014  2 K 9312/05 B festgestellt, dass die GbR --wie von ihm bereits im Verfahren wegen Einsicht in die Prozessakten vertreten-- nicht existent gewesen sei. Da diese Verfahren dieselbe GbR betreffen würden und der [X.]-Beschluss in [X.]/NV 2006, 76 bereits rechtskräftig sei, werde "der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 134 [X.]O beantragt, [...]". Zugleich werde auch "die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 [X.]O beantragt, da ohne die Bewilligung der Prozesskostenhilfe (PKH) eine Einreichung des Antrages durch eine postulationsfähige Person nicht möglich ist".

3

In diesem Zusammenhang hat der Antragsteller eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse i.S. des § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) i.V.m. § 117 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) vorgelegt.

Entscheidungsgründe

4

II. Der Antrag auf Bewilligung von [X.] ist zulässig, aber unbegründet und deshalb abzulehnen.

5

1. Der Senat legt den gestellten Antrag auf Bewilligung von [X.] für die "Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 134 [X.]O" dahingehend aus, dass der Antragsteller [X.] für die Wiederaufnahme der rechtskräftig abgeschlossenen Sache in [X.], 76 wegen Einsicht in die Prozessakten begehrt.

6

Der Antrag ist --da er sich nicht auf ein Urteil i.S. von § 578 Abs. 1 ZPO bezieht-- dahingehend zu verstehen, den angegriffenen [X.] in [X.], 76 entsprechend § 134 [X.]O i.V.m. § 579 ZPO für nichtig zu erklären (vgl. [X.] vom 2. Januar 2009 V K 1/07, [X.], 1125, unter II.A., m.w.N.).

7

2. Der vom Antragsteller selbst gestellte [X.]-Antrag ist zulässig. Insbesondere besteht für die Antragstellung --ungeachtet der Regelung des § 62 Abs. 4 [X.]O-- kein [X.] (z.B. [X.] vom 15. April 2014 V S 5/14 ([X.]), [X.], 1381, unter Rz 3, m.w.N.).

8

3. Der Antrag auf [X.] ist indes unbegründet. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

9

a) Nach § 142 Abs. 1 [X.]O i.V.m. § 114 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag [X.], wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Rechtsverfolgung verspricht hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn für dessen Eintritt bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht ([X.] in [X.], 1381, unter Rz 5, m.w.N.).

b) Wird [X.] für die Durchführung eines [X.] nach § 134 [X.]O i.V.m. §§ 578 ff. ZPO beantragt und wird --wie hier-- nicht zugleich innerhalb der Frist nach § 586 ZPO durch eine vor dem [X.] postulationsfähige Person oder Gesellschaft (vgl. § 585 ZPO i.V.m. § 62 Abs. 4, Abs. 2 Satz 1 [X.]O) der Wiederaufnahmeantrag gestellt (zum [X.], vgl. [X.] vom 26. Juni 2003 III K 1/03, [X.]/NV 2003, 1436, unter [X.]), kann die beabsichtigte Rechtsverfolgung nur dann Aussicht auf Erfolg haben, wenn damit zu rechnen ist, dass dem Antragsteller wegen unverschuldeter Versäumung der Frist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 Abs. 1 [X.]O) zu gewähren ist. Das ist nur dann der Fall, wenn der Antragsteller innerhalb der Frist alle erforderlichen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung über seinen Antrag schafft. Insbesondere muss er das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel --in zumindest laienhafter [X.] darstellen und darlegen, dass die Voraussetzungen für einen Nichtigkeits- oder Restitutionsgrund i.S. der §§ 579 f. ZPO gegeben sein könnten.

c) Nach diesen Maßstäben kann dem Antragsteller [X.] nicht bewilligt werden. Die von ihm angestrebte Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 134 [X.]O i.V.m. §§ 578 ff. ZPO bietet bei der gebotenen summarischen Prüfung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Zulässigkeit eines Nichtigkeits- oder Restitutionsantrags erfordert die schlüssige Behauptung eines Nichtigkeits- oder Restitutionsgrundes i.S. des § 579 Abs. 1 bzw. § 580 ZPO ([X.] in [X.], 1125, unter [X.], Rz 15). Weder aus dem Vorbringen des Antragstellers im Schriftsatz vom 13. November 2014 noch aus der Vorentscheidung ([X.] in [X.], 76) oder dem sonstigen Akteninhalt lassen sich hinreichende Anhaltspunkte erkennen, dass Gründe für ein Wiederaufnahmeverfahren vorliegen könnten.

Soweit der Antragsteller darauf verweist, dass das [X.] im Verfahren 2 K 9312/05 B festgestellt habe, dass die GbR --möglicherweise-- nicht existent gewesen sei, begründet dies keinen [X.] i.S. des § 579 ZPO. Die in dieser Norm enumerativ beschriebenen Wiederaufnahmegründe im Wege der Nichtigkeitsklage sind abschließend (Gräber/ Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 134 Rz 5, m.w.N.). So ermöglicht die Nichtigkeitsklage bei besonders schwerwiegenden Prozessverstößen eine erneute Prüfung einer rechtskräftig abgeschlossenen Sache. Rechts- und [X.] --wie die im Streitfall behauptete Nichtexistenz der GbR-- gehören indes nicht zu den vom [X.] erfassten [X.]. Im Übrigen hat das [X.] im Verfahren 2 K 9312/05 B die Nichtexistenz der GbR auch nur hinsichtlich der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen festgestellt; hinsichtlich der --hier streitigen Umsatzsteuer-- hat es jedoch, ohne auf die materielle Rechtslage einzugehen, durch Prozessurteil entschieden.

3. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen. Gerichtsgebühren entstehen nicht (§ 142 Abs. 1 [X.]O i.V.m. § 118 Abs. 1 Sätze 4 und 5 ZPO; § 1 Abs. 2 Nr. 2, § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes i.V.m. dem [X.]).

Meta

V S 32/14 (PKH)

10.12.2014

Bundesfinanzhof 5. Senat

Beschluss

§ 56 Abs 1 FGO, § 62 Abs 2 S 1 FGO, § 62 Abs 4 FGO, § 134 FGO, § 142 Abs 1 FGO, § 114 ZPO, § 117 Abs 2 ZPO, § 118 Abs 1 S 4 ZPO, § 118 Abs 1 S 5 ZPO, § 578 ZPO, § 579 Abs 1 ZPO, § 585 ZPO, § 586 ZPO, § 1 Abs 2 Nr 2 GKG, § 3 Abs 2 GKG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 10.12.2014, Az. V S 32/14 (PKH) (REWIS RS 2014, 535)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 535

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

10 K 1868/16 (FG München)


VI B 5/15 (Bundesfinanzhof)

NZB gegen FG-Urteil, mit dem eine Restitutionsklage abgewiesen wurde - Anforderung an eine Wiederaufnahmeklage


V S 34/16 (PKH) (Bundesfinanzhof)

Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde


1 A 7/15 (Bundesverwaltungsgericht)

Nichtigkeits- und Restitutionsklage gegen rechtskraftfähige verfahrensbeendende Beschlüsse


V K 2/09 (Bundesfinanzhof)

Darlegung eines Wiederaufnahmegrundes bei Restitutionsklage - Umdeutung einer sofortigen Beschwerde in eine Gegenvorstellung - Rüge …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.