Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.02.2007, Az. VI ZR 174/06

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5260

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[X.] ZR 174/06 vom 13. Februar 2007 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 13. Februar 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.], [X.] [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Zoll beschlossen: Der Klägerin wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung und zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gewährt. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revi-sion in dem Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 12. Juli 2006 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die [X.]sten des Beschwerdeverfahrens. Streitwert: 89.327,44 • Gründe: [X.] 1. Die Klägerin verlangt von der [X.] materiellen und imma-teriellen Schadensersatz wegen Verbrennungen an ihren Händen, die nach [X.] medizinisch verordneten Bestrahlung am 9. November 1998 in der Praxis der [X.] aufgetreten sind. Das [X.] hat die Klage weitgehend zu-gesprochen. Auf die Berufung der [X.] wurde das Urteil des [X.]s 1 - 3 - aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Zur Durchführung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem am 17. Juli 2006 zugestellten Berufungsurteil hat die Klä-gerin am 11. August 2006 Prozesskostenhilfe beantragt. Der Senat hat mit [X.] vom 17. Oktober 2006 Prozesskostenhilfe mangels hinreichender [X.] des Rechtsmittels abgelehnt. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragte am 6. November 2006 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbe-schwerde und legte Nichtzulassungsbeschwerde ein. Mit Schriftsatz vom 24. November 2006 beantragte er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ge-gen die Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde und begründete die Nichtzulassungsbeschwerde. 2. Der Klägerin ist die beantragte Wiedereinsetzung in den vori-gen Stand zu gewähren. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Rechtsmittel-führer, der vor Ablauf der Rechtsmittelfrist Prozesskostenhilfe beantragt hat, bis zur Entscheidung über den Antrag so lange als ohne sein Verschulden an der Fristwahrung verhindert anzusehen, als er nach den gegebenen Umständen vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung seines Antrags wegen fehlender [X.] rechnen musste, weil er sich für bedürftig im Sinne der §§ 114 ff. ZPO halten durfte und aus seiner Sicht alles getan hatte, damit aufgrund der von ihm eingereichten Unterlagen ohne Verzögerung über sein Prozesskosten-hilfe-gesuch entschieden werden konnte (vgl. etwa [X.], Beschluss vom 26. Oktober 2005 - [X.]/05 - [X.], 32, 33 und vom 31. August 2005 - [X.] 116/05 - FamRZ 2005, 1901 f.; [X.]/[X.] ZPO 26. Aufl. § 233 Rn. 23 "Prozesskostenhilfe"). Das ist im vorliegenden Fall gegeben, weil der Klägerin in den Vorinstanzen Prozesskostenhilfe bewilligt worden war. Nach Ablehnung der Prozesskostenhilfe für die Nichtzulassungsbeschwerde hat sie 2 - 4 - die versäumten Prozesshandlungen, verbunden mit einem Wiedereinsetzungs-gesuch, rechtzeitig und formgerecht nachgeholt (§§ 234, 236 ZPO). I[X.] 3 Die Nichtzulassungsbeschwerde bleibt erfolglos. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Sie wirft keine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage auf, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann noch berühren andere Aus-wirkungen des Rechtsstreits die Interessen der Allgemeinheit in besonderem Maße (vgl. [X.]Z 151, 221, 223; [X.]Z 152, 182, 191). Es handelt sich viel-mehr um einen nicht verallgemeinerungsfähigen Einzelfall. Das Berufungsurteil bedarf auch keiner [X.]rrektur zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch eignet sich die Sache zur Fortentwicklung des Rechts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). 4 1. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats hat das Berufungsgericht angenommen, dass sich die Beklagte in Umkehr der Be-weislast analog § 282 BGB a.F. (nunmehr § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB) vom Vor-wurf des Verschuldens entlasten muss. Wegen des unmittelbaren zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Bestrahlung und den Verbrennungen ist anzu-nehmen, dass die Hautschäden der Klägerin durch eine überhöhte Strahlendo-sis in der Praxis der [X.] verursacht worden sind. Hierbei handelt es sich um den Gefahrenbereich, der von der [X.] voll beherrscht wird. [X.] trägt in Anwendung des Rechtsgedankens des § 282 BGB a.F. die Beweislast für die Fehler- und Verschuldensfreiheit die Behandlungsseite (vgl. Senatsurteile vom 11. Oktober 1977 - [X.] ZR 110/75 - VersR 1978, 82 und vom 5 - 5 - 24. Januar 1995 - [X.] ZR 60/94 - [X.], 539, 540; [X.], [X.], 1030 mit Nichtannahme-Beschluss des Senats vom 8. Juli 1980 - [X.] ZR 1/80; [X.]/[X.] Arzthaftpflichtrecht 5. Aufl. [X.]). Als ihr günstig wendet sich die Nichtzulassungsbeschwerde dagegen nicht. Soweit sie angreift, dass das Berufungsgericht sich unter Würdigung der Umstände des Falles davon überzeugt hat, dass die Beklagte ein schuldhafter Sorgfaltsverstoß nicht trifft, bleibt sie erfolglos. Die der Auffassung des Berufungsgerichts zugrunde liegen-den tatsächlichen Feststellungen begegnen keinen durchgreifenden verfahrens-rechtlichen Bedenken. Auch ist der vom Berufungsgericht angelegte objektive Sorgfaltsmaßstab bei [X.] nicht zu beanstanden. 2. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass eine Haftung nur in Betracht kommt, wenn die Beklagte es zu verantworten hätte, dass sich das [X.] entweder nicht in einem ordnungsgemäßen technischen Zustand befunden hat oder das Gerät nicht ordnungsgemäß be-dient und überwacht worden ist. Dass im Regelfall die Sicherheit der Patienten bei der Behandlung aufgrund der [X.]nstruktion des Geräts gewährleistet ist, zieht auch die Nichtzulassungsbeschwerde nicht in Zweifel. Es ist nicht zu [X.], dass das Berufungsgericht darüber hinaus unter den Umständen des Streitfalls bis zu dem Vorfall mit der Klägerin weitere Schutzvorkehrungen durch die Beklagte für nicht geboten gehalten hat. Die Gutachten der gerichtli-chen Sachverständigen Prof. Dr. Sch. , [X.], [X.].

und Prof. Dr. Se. stützen die Auffassung des Berufungsgerichts. Danach ist das [X.] mit einer automatischen Spannungskontrolle ausgestattet, die bei Nicht-übereinstimmung von gewählter Spannungsstufe und Filtereinstellung die Strahlung blockiert. Die zulässigen und möglichen [X.]mbinationen von [X.] und Filter sind über die Software dergestalt untrennbar mitein-ander verbunden, dass sie bei der Bedienung nicht geändert werden und somit auch manuell keine [X.]mbinationen erzeugt werden können, die einen [X.] - 6 - schaden verursachen könnten. Entgegen der Behauptung der Nichtzulas-sungsbeschwerde haben weder der Sachverständige Prof. Dr. Sch. noch der Zeuge Kr. , deren Angaben vor dem [X.] Erfurt im [X.]gegen J.

(Az.: 4 O 981/00) im Einverständnis der Parteien zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gemacht worden sind, bekundet, dass die Blockierung des Gerätes jemals vor dem Unfall versagt hätte. Erfolglos rügt deshalb die Nichtzulassungsbeschwerde einen Verstoß gegen das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs.1 GG, weil das [X.] dies außer [X.] gelassen habe. [X.]. bekundete, dass es zwar zu [X.] kommen könne, dann das Gerät jedoch eine Fehlermeldung mache und keine Strahlung mehr [X.]. Diese Angaben bestätigte der sachverständige Zeuge [X.]. [X.], dass er anlässlich einer Begutachtung eine fehlerhafte Filterstellung [X.] habe; dies sei ihm jedoch nur gemeinsam mit dem Hersteller gelungen, weil hierbei in das Softwareprogramm des Geräts eingegriffen werden müsste. Der Sachverständige Prof. Dr. Sch. hat erklärt, dass es zwar Fehlermeldun-gen mit Toleranzunterschieden der Überwachungskanäle gegeben habe, es sei jedoch [X.] die Freigabe der Strahlung blockiert worden. Waren aber Anhaltspunkte für eine Unzuverlässigkeit der einge-bauten Fehlerkontrolle durch das Gerät ersichtlich nicht gegeben, begegnet die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Beklagte bis zum Unfall der Kläge-rin für eine visuelle [X.]ntrolle der ordnungsgemäßen Filterwahl vor jeder Be-strahlung, wie sie von der zuständigen Behörde nach den Vorfällen ab dem 7. Dezember 1998 angeordnet worden ist, keine Veranlassung hatte und dazu auch nicht verpflichtet war, keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Auch der Sachverständige Dr. [X.]. , auf dessen Äußerungen sich die [X.] stützt, fordert eine solche Sorgfalt nicht. Zwar hat er für notwendig erachtet, dass die Beklagte bei der Durchführung der [X.] - 7 - vorbereitung die korrekt zu verwendenden Zubehörteile visuell überprüft. [X.] könnte es sich um Zubehör wie beispielsweise den Tubus handeln. Doch ist damit nicht gesagt, dass eine besondere visuelle [X.]ntrolle auch des durch das Gerät automatisch eingelegten Filters vor jeder Bestrahlung durchzuführen ist, obwohl die Fehlerkontrolle des Geräts zuverlässig und wirksam funktioniert und auch keine Anhaltspunkte für einen Gerätefehler gegeben sind. 3. Die Haftung der [X.] lässt sich auch nicht damit begrün-den, dass der Beweis für die Ursächlichkeit der Bestrahlung für die [X.] der Klägerin nachträglich durch eine verspätete Meldung des Unfalls bei der Aufsichtsbehörde, Veränderungen am [X.] und eine un-zureichende Dokumentation der Vorfälle vereitelt worden sei. Auch wenn die Meldung des Unfalls bei der Aufsichtsbehörde nicht unverzüglich erfolgt sein sollte, was die Beklagte allerdings unter Beweisantritt in Abrede stellt, zeigt die Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf, welche Nachteile für die Durchsetzung des von der Klägerin behaupteten Anspruchs aus der Verzögerung entstanden sein könnten. Zwar erfolgte der Einbau eines weiteren [X.]es im Gerät der [X.], doch ist unstreitig, dass die zuständige Aufsichtsbehörde davon Kenntnis hatte und dies befürwortete, um weitere Schadensfälle zu [X.]. Aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Sch. konnte das Berufungsgericht annehmen, dass diese Maßnahme die Begutach-tung des Gerätes nicht beeinflusst hat. Der zweite [X.] konnte ohne weiteres wieder entfernt und der ursprüngliche Zustand des Geräts [X.] werden. Die im Beschwerdeverfahren aufgestellte Behauptung, Tech-niker der Firma W. hätten weitere Eingriffe am Gerät vorgenommen, wodurch der Fehler verschleiert worden sei, ist neuer Tatsachenvortrag und im Revisi-onsverfahren nicht mehr zu berücksichtigen. Sie entbehrt zudem ersichtlich tat-sächlicher Anhaltspunkte. 8 - 8 - 4. Schließlich begegnet keinen durchgreifenden Bedenken, dass das Berufungsgericht im Fall der Klägerin festgestellt hat, dass die Behand-lungsdaten vor der Bestrahlung richtig in den Computer des [X.] eingegeben wurden und die von der Klägerin erlittenen Schäden nicht durch die Benutzung eines falschen Tubus verursacht worden sein können. Diese Fest-stellungen werden gestützt durch das von der [X.] nicht veränderbare Eingabeprotokoll und die Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. Sch. und Prof. Dr. Se. . 9 Nach alledem hat die Nichtzulassungsbeschwerde keinen Erfolg und ist mit der [X.]stenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. 10 [X.] [X.]

[X.]

[X.] Zoll Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 24.06.2005 - 8 O 2633/01 - OLG [X.], Entscheidung vom 12.07.2006 - 4 U 705/05 -

Meta

VI ZR 174/06

13.02.2007

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.02.2007, Az. VI ZR 174/06 (REWIS RS 2007, 5260)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5260

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