Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.06.2010, Az. VI ZA 3/09

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 5347

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS [X.] 3/09 vom 29. Juni 2010 in dem Prozesskostenhilfeverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] § 233 Fd Bei Übermittlung eines [X.] durch Telefax muss ein [X.] ausgedruckt und anhand dessen überprüft werden, ob alle Seiten des Original-schriftsatzes neben den erforderlichen Anlagen übermittelt wurden. [X.], Beschluss vom 29. Juni 2010 - [X.] 3/09 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 29. Juni 2010 durch den [X.] [X.], [X.] und [X.], die Richterin [X.] und [X.] beschlossen: Der Antrag der Klägerin, ihr für das Prozesskostenhilfeprüfungs-verfahren und für die Durchführung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Zivilsenats des [X.] vom 20. Januar 2009 Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen. Gründe: [X.] Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen behaupteter ärztlicher [X.] in Anspruch. Das [X.] hat die Klage durch Versäumnisurteil, das nach einem Einspruch der Klägerin aufrechterhalten worden ist, abgewie-sen. Gegen das ihr am 8. September 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 6. Oktober 2006 Berufung eingelegt. Am letzten Tag der bis zum 8. Dezember 2006 verlängerten Frist zur Berufungsbegründung hat sie einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und einen - ausdrücklich so [X.] und nicht vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin unterschriebe-nen - Entwurf einer Berufungsbegründung per Telefax beim Berufungsgericht 1 - 3 - eingereicht. Zugleich hat sie für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Das ausgefüllte Formular mit der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin ist erst mit dem [X.] der Berufungsbegründung am 20. Dezember 2006 bei Gericht eingegangen. In der Erklärung war zwar [X.], dass die Klägerin Unterhaltsleistungen von ihren Eltern bezieht, ein Zweitstück des Vordrucks mit den Angaben über die persönlichen und wirt-schaftlichen Verhältnisse der Eltern war jedoch nicht beigefügt. Der entspre-chende Vordruck wurde erst nach einem gerichtlichen Hinweis vom 1. Juli 2008 eingereicht. Nach Zurückweisung des Antrags auf Bewilligung von [X.] für die Durchführung der Berufung gegen das Urteil des [X.]s durch Beschlüsse vom 3. September 2008 und vom 22. Oktober 2008 sowie dem Hinweis, dass die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen werden soll, mit Beschluss vom 2. Dezember 2008 hat das [X.] die Berufung der Klägerin durch den angefochtenen Beschluss vom 20. Januar 2009 als [X.] verworfen. Dagegen will die Klägerin eine Rechtsbeschwerde erheben. Dafür und für das Prozesskostenhilfeverfahren hat sie die Bewilligung von [X.] begehrt. 2 I[X.] Die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe liegen nicht vor. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Prozess-kostenhilfeprüfungsverfahren ist bereits deshalb zurückzuweisen, weil für das Bewilligungsverfahren selbst keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann ([X.] 91, 311; Senat, Beschluss vom 8. Juni 2004 - [X.] ZB 49/03 - NJW 2004, 3 - 4 - 2595, 2596). Hinsichtlich des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO). Die Rechtsbeschwerde ist zwar statthaft, weil das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat (§ 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Sie ist aber unzuläs-sig, weil die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht vorliegen (§ 574 Abs. 2 ZPO). Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch gebieten die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer [X.] Rechtsprechung keine Entscheidung des [X.]. 1. Nicht zu beanstanden ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Berufung sei nicht fristgemäß begründet worden, weil am letzten [X.] zur Berufungsbegründung lediglich ein Antrag auf Gewährung von [X.] und ein - ausdrücklich so bezeichneter und nicht vom Prozessbevoll-mächtigten der Klägerin unterschriebener - Entwurf einer Berufungsbegründung per Fax eingereicht worden ist. 4 2. Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht auch davon ausgegan-gen, dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht erfolgen konnte, weil die Frist zur Begründung der Berufung nicht unverschuldet versäumt [X.] ist. Unterbleibt die fristgerechte Rechtsmittelbegründung wegen wirtschaft-lichen Unvermögens, ist die Frist unverschuldet versäumt, wenn die [X.] bis zu deren Ablauf einen vollständigen Prozesskostenhilfeantrag einreicht oder der ohne Verschulden der [X.] unvollständige Antrag innerhalb der Frist des § 234 ZPO ergänzt wird (vgl. [X.], Beschlüsse vom 21. Februar 2002 - [X.] 10/01 - NJW 2002, 2180; vom 31. August 2005 - [X.] 116/05 - NJW-RR 2006, 140, 141; vom 22. Februar 2007 - [X.]I ZA 7/06 - FamRZ 2007, 809). 5 a) Die Klägerin hat die zu einem vollständigen Prozesskostenhilfeantrag gehörende Erklärung zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen 6 - 5 - (§ 117 Abs. 2, 4 ZPO) nicht bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist vor-gelegt, sondern den Prozesskostenhilfeantrag ohne Beifügung einer solchen Erklärung an das Gericht gefaxt und die zusätzlich erforderliche Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ihrer Eltern nebst den beizu-fügenden Belegen erst nach dem richterlichen Hinweis im August 2008 einge-reicht. b) Der vorgetragene Sachverhalt rechtfertigt auch nicht die Annahme, dass sie an der verspäteten Vorlage kein Verschulden trifft. Ein der Klägerin gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Organisationsverschulden ihres Pro-zessbevollmächtigten ist durch dessen anwaltliche Versicherungen nicht ausge-räumt. 7 aa) Ein Rechtsanwalt muss dafür Sorge tragen, dass der [X.]antrag vollständig mit der Erklärung über die persönlichen und wirt-schaftlichen Verhältnisse einschließlich der entsprechenden Belege innerhalb der Berufungsbegründungsfrist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Bei Übermittlung eines [X.] durch Telefax muss er durch or-ganisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass eine Überprüfung erfolgt, ob der Antragsschriftsatz mit den erforderlichen Anlagen auch wirklich vollständig übermittelt worden ist (vgl. [X.], Beschlüsse vom 8. März 2001 - [X.]/01 - NJW-RR 2001, 1072; vom 22. Februar 2007 - [X.]I ZA 7/06 - aaO). Über die [X.] Übermittlung muss ein Sendeprotokoll ausgedruckt und anhand dessen überprüft werden, ob alle Seiten des Originalschriftsatzes neben den erforderli-chen Anlagen übermittelt wurden (vgl. [X.], Urteil vom 29. April 1994 - [X.] - NJW 1994, 1879 f.; Beschlüsse vom 13. Juni 1996 - [X.]I ZB 13/96 - NJW 1996, 2513; vom 8. März 2001 - [X.]/01 - aaO; vom 7. Mai 2001 - [X.]/00 - [X.]-Report 2001, 809; vom 22. Februar 2007 - [X.]I ZA 7/06 - aaO). 8 - 6 - 9 bb) Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich nicht, dass in der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten die allgemeine Anweisung bestand, die sich aus dem Sendebericht ergebenden Seitenzahlen mit denen der [X.] zu vergleichen oder dass insoweit eine Einzelanweisung an die damalige Mitarbei-terin des Prozessbevollmächtigten erfolgt ist. Dieser hat vielmehr insoweit nur vorgetragen, dass diejenige Mitarbeiterin, die zur Fristwahrung die Schriftsätze an das Gericht faxte und/oder per Gerichtspost versandte, vorher abschließend zu prüfen hatte, ob diese vollständig und alle Anlagen beigefügt waren. Dies beinhaltet nicht die Kontrolle, ob nach den im Sendeprotokoll angegebenen Sei-tenzahlen dem Telefax tatsächlich die entsprechenden Unterlagen beigefügt waren oder - wie hier unstreitig - nur eine Übersendung des [X.]antrags ohne Anlagen erfolgt ist. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass die unvollständige Vorlage des [X.] auf ein Organisati-onsverschulden des Prozessbevollmächtigten der Klägerin zurückzuführen ist, da bei einer entsprechenden Kontrolle des [X.] festgestellt worden wäre, dass die Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnis-sen der Klägerin und ihrer Eltern nicht mit übersandt worden ist. 3. Es ist im Übrigen nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den Vortrag, der Prozessbevollmächtigte der Klägerin habe noch vor Unter-zeichnung des Schriftsatzes vom 8. Dezember 2006 alle Anlagen auf Vollstän-digkeit überprüft und die Akte sei dann mit diesen Unterlagen an eine Rechts-anwaltsfachangestellte zur Absendung zurückgegangen, nicht für eine Glaub-haftmachung als ausreichend angesehen hat. Die entsprechende Würdigung ist angesichts des Umstandes, dass die Unterlagen weder per Fax noch per Post zur Gerichtsakte gelangt sind und weder im Original noch in Kopie in der Akte des Prozessbevollmächtigten verblieben sind, lebensnah. 10 - 7 - 11 4. Der Entscheidung des Berufungsgerichts steht auch nicht der von der Klägerin angeführte Beschluss des [X.] vom 26. Mai 2008 (- [X.] - NJW-RR 2008, 1306) entgegen. Bei dieser Entscheidung lag ein anderer Sachverhalt vor. In diesem Verfahren war nämlich dem Antrag auf [X.] die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen [X.] nebst Anlagen beigefügt. Die Fristsetzung des Gerichts ist nur zur Vervollständigung dieser Angaben erfolgt. Auf die in der Entscheidung des Se-nats vom 6. Mai 2008 ([X.] ZB 16/07, [X.], 1559) angestellten [X.] kommt es nach den vorstehenden Ausführungen nicht an. [X.]Zoll [X.] Diederichsen [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 31.08.2006 - 323 O 284/02 - O[X.], Entscheidung vom 20.01.2009 - 1 [X.]/06 -

Meta

VI ZA 3/09

29.06.2010

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZA

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.06.2010, Az. VI ZA 3/09 (REWIS RS 2010, 5347)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5347

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