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PDF anzeigen BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS [X.]/09 vom 9. November 2010 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja GG Art. 103 Abs. 1; ZPO §§ 52, 139; BGB §§ 104, 1896 a) Die mögliche mangelnde Prozessfähigkeit des [X.] führt nicht zur Unzulässig-keit der Nichtzulas[X.]sbeschwerde. Für den Streit über die Prozessfähigkeit ist die davon betroffene [X.] als prozessfähig anzusehen. b) Das Gericht muss dafür Sorge tragen, dass einem prozessunfähigen Kläger er-möglicht wird, für eine ordnungsgemäße Vertretung zu sorgen (im [X.] an [X.], Beschluss vom 28. Mai 2009 - 6 [X.] 17/09, [X.], 3051). [X.], Beschluss vom 9. November 2010 - [X.]/09 - [X.]
[X.]
- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 9. November 2010 durch den Vorsitzenden [X.], [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] beschlossen: Auf die Nichtzulas[X.]sbeschwerde des [X.] wird das Urteil des 8. Zivilsenats des [X.] vom 9. Juli 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulas[X.]sbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert: 25.000 • Gründe: 1. Der Kläger nimmt den Beklagten, einen niedergelassenen Arzt für Ra-diologie, wegen vermeintlicher Behandlungs- und Aufklärungsfehler im [X.] mit einer Angiographie in Anspruch. Der Beklagte ist den Vorwürfen entgegengetreten und hat unter anderem die Prozessfähigkeit des [X.] bestritten. Durch Zwischenurteil hat das Landgericht die Prozessfähigkeit des [X.] festgestellt. Auf die Berufung des Beklagten hat das [X.] das Zwischenurteil des [X.] aufgehoben und die Klage als unzulässig abgewiesen. Da es gegen sein Urteil die Revision nicht zugelassen hat, [X.] der Kläger mit der vorliegenden Nichtzulas[X.]sbeschwerde die [X.] - 3 - [X.] der Revision durch das Revisionsgericht, um sein Klagebegehren weiter-zuverfolgen. 2 2. Die Nichtzulas[X.]sbeschwerde hat Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverwei[X.] des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat den An-spruch des [X.] auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG in entschei-dungserheblicher Weise verletzt, indem es die Klage wegen mangelnder Pro-zessfähigkeit des [X.] als unzulässig abgewiesen hat, ohne ihm Gelegen-heit zu geben, die Bestellung eines Betreuers durch das Vormundschaftsgericht nach § 1896 BGB zu erwirken und dadurch seine prozessualen Rechte wahr-zunehmen. a) Die mögliche mangelnde Prozessfähigkeit des [X.] führt nicht zur Unzulässigkeit der Nichtzulas[X.]sbeschwerde. Für den Streit über die Pro-zessfähigkeit ist die davon betroffene [X.] als prozessfähig anzusehen (vgl. [X.], Urteil vom 23. Februar 1990 - [X.], [X.] 110, 294, 295; [X.], Urteil vom 20. Januar 2000 - 2 [X.], [X.]E 93, 248, 251). 3 b) Die Prozessfähigkeit ist zwingende Prozessvoraussetzung. Bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die [X.] prozessunfähig sein könnte, hat deshalb das jeweils mit der Sache befasste Gericht von Amts wegen zu [X.], ob Prozessunfähigkeit vorliegt. Dabei ist es nicht an die förmlichen Be-weismittel des Zivilprozesses gebunden, vielmehr gilt der Grundsatz des [X.]. Verbleiben nach Erschöpfung aller erschließbaren Erkenntnisse hin-reichende Anhaltspunkte für eine Prozessunfähigkeit, so gehen nach ständiger Rechtsprechung etwa noch vorhandene Zweifel zu Lasten der betroffenen [X.] (vgl. Senatsurteil vom 9. Januar 1996 - [X.] ZR 94/95, NJW 1996, 1059, 1060; [X.], Urteil vom 4. November 1999 - [X.], [X.] 143, 122, 124; [X.], 4 - 4 - Urteil vom 20. Januar 2000 - 2 [X.], [X.]E 93, 248, 251 und [X.], [X.] vom 28. Mai 2009 - 6 [X.] 17/09, [X.], 3051 Rn. 4). 5 c) Das Berufungsgericht ist im Streitfall zwar zutreffend von den [X.] des [X.] vom 9. Januar 1996 - [X.] ZR 94/95, aaO ausgegangen. Es hatte aufgrund der realitätsfernen Angaben des [X.] zu seiner Lebens-geschichte und dessen Verhalten in der mündlichen Verhandlung begründeten Anlass, an der Prozessfähigkeit des [X.] zu zweifeln und hat daraufhin [X.], von Amts wegen die Prozessfähigkeit des [X.] durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu klären. Das in Auftrag gegebene Gutachten konnte jedoch nicht erstellt werden, weil der Kläger auf mehrfache Einladungen des Gutachters zu einem [X.] nicht erschienen ist. Deshalb hat das Berufungsgericht schließlich "die zur Beurteilung der Prozessfähigkeit des [X.] erschließbaren Erkenntnisquellen als erschöpft angesehen" und die Klage als unzulässig abgewiesen. Entgegen der Auffas[X.] der Nichtzulas[X.]sbeschwerde war das [X.] im Rahmen des [X.] nicht verpflichtet, statt der Aufklä-rung der Prozessfähigkeit des [X.] mittels eines Sachverständigengutach-tens jedes noch so unglaubhafte Detail aus dessen angeblicher Lebensge-schichte auf seine Richtigkeit zu überprüfen. Darüber hinaus gründeten sich die Zweifel des Berufungsgerichts an der Prozessfähigkeit des [X.] nicht ledig-lich auf dessen unglaubhaften Angaben zu seiner Lebensgeschichte, sondern auch auf seinem auffälligen Verhalten in der mündlichen Verhandlung vom 4. Juni 2009. 6 d) Die weitere Verfahrensgestaltung des Berufungsgerichts verletzt [X.] den Kläger in seinem Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG. Ist eine [X.] pro-zessunfähig, kann sie sich nicht eigenverantwortlich äußern. Ihr kann [X.] Gehör wirksam deshalb nur durch die Anhörung eines gesetzlichen [X.] - 5 - treters gewährt werden. Die Beteiligung allein des Prozessunfähigen reicht zur Wahrung des rechtlichen Gehörs nicht aus. Art. 103 Abs. 1 GG verlangt von den Gerichten, die unterlassene Gewährung rechtlichen Gehörs nachzuholen, sofern die Auslegung des Verfahrensrechts dies ermöglicht (vgl. [X.], [X.] vom 29. Oktober 1997 - 2 BvR 1390/95, NJW 1998, 745; [X.], Urteil vom 5. Mai 1982 - [X.], [X.] 84, 24, 29 f. und [X.], Beschluss vom 28. Mai 2009 - 6 [X.] 17/09, aaO Rn. 5). Nachdem das Berufungsgericht auf-grund der objektiven Beweislage von einer Prozessunfähigkeit des [X.] aus-ging, hätte es durch die weitere Verfahrensgestaltung dafür Sorge tragen müs-sen, dass ihm das bisher fehlende rechtliche Gehör gewährt wird. Die Nichtzulas[X.]sbeschwerde macht mit Recht geltend, dass der Pro-zessbevollmächtigte des [X.] mit Schriftsatz vom 25. September 2008 hilfs-weise beantragt hat, diesem einen Prozesspfleger zur Seite zu stellen. Dies ließ erkennen, dass der Kläger jedenfalls insoweit an seiner ordnungsgemäßen Ver-tretung im Rechtsstreit mitwirken wollte, sich aber im Rechtsirrtum darüber [X.], wie und durch [X.] ein Vertreter zu bestellen war. 8 Das Berufungsgericht hätte dem Kläger daraufhin einen Hinweis geben müssen, dass er für eine ordnungsgemäße Vertretung zu sorgen habe und sich deshalb selbst um die Bestellung eines Betreuers nach § 1896 BGB bemühen müsse, der nur vom Vormundschaftsgericht, nicht aber vom Prozessgericht be-stellt werden könne. Es hätte ihm dafür vor Erlass des [X.] die nötige Zeit einräumen müssen (vgl. [X.], Urteil vom 23. Februar 1990 - [X.], NJW 1990, 1734, 1736, insoweit nicht abgedruckt in [X.] 110, 294 und [X.], Beschluss vom 28. Mai 2009 - 6 [X.] 17/09, aaO Rn. 6). 9 - 6 - 10 Das Berufungsgericht wird Gelegenheit haben, dies - falls sich der Kläger nicht doch noch einer Untersuchung durch den Gerichtssachverständigen stellt - im Rahmen einer neuen Verhandlung nachzuholen. [X.] [X.]
[X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 07.08.2007 - 5 O 5/05 - [X.], Entscheidung vom 09.07.2009 - [X.]/07 -
Meta
09.11.2010
Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat
Sachgebiet: ZR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2010, Az. VI ZR 249/09 (REWIS RS 2010, 1583)
Papierfundstellen: REWIS RS 2010, 1583
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