Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.03.2005, Az. VIII ZR 17/04

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 4614

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 9. März 2005 Kirchgeßner, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 9 B b Eine mietvertragliche Formularklausel über Schönheitsreparaturen, wonach der [X.] alle je nach dem Grad der Abnutzung oder Beschädigung erforderlichen Arbeiten unverzüglich auszuführen hat und die Schönheitsreparaturen im allgemeinen in nach der Art der Räume gestaffelten Zeitabständen von drei, fünf und sieben Jahren erfor-derlich werden, ist nicht dahin auszulegen, daß die dem Mieter auferlegte [X.] unabhängig vom Beginn des Mietverhältnisses an einen objektiv bestehenden Renovierungsbedarf anknüpft. Eine solche Klausel benachtei-ligt den Mieter nicht unangemessen.

[X.], Urteil vom 9. März 2005 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 23. Februar 2005 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] sowie die Richterin [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der [X.] des [X.] vom 1. Dezember 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Beklagten waren Mieter einer Wohnung der Klägerin in [X.]. Im Jahre 1985 mieteten sie zunächst eine 4-Zimmer-Wohnung, die sie unrenoviert übernahmen. Im Jahre 1990 mieteten die Beklagten weitere Räume hinzu und schlossen mit der Klägerin einen neuen Mietvertrag über die erweiterte [X.] ab. Der Mietvertrag vom 6. Juli 1990 enthält unter anderem folgende for-mularvertragliche Regelungen: - 3 - "§ 4 Mietzins, Nebenkosten und Schönheitsreparaturen – 8. Schönheitsreparaturen trägt der xxx Mieter (vgl. § 13) ... . – § 13 Instandhaltung der Mieträume 1. Die Schönheitsreparaturen sind fachgerecht und wie folgt [X.]: ... . Hat der Mieter die Schönheitsreparaturen über-nommen, so hat er alle je nach dem Grad der Abnutzung oder Beschädigung erforderlichen Arbeiten unverzüglich auszufüh-ren. Im allgemeinen werden Schönheitsreparaturen in den Miet-räumen in folgenden Zeitabständen erforderlich: In Küchen, Bädern und Duschen alle 3 Jahre,
in Wohn- und Schlafräumen, Fluren,
Dielen und Toiletten alle 5 Jahre,
in anderen Nebenräumen alle [X.]"

Das Mietverhältnis endete im Juni 2002. Die Klägerin holte ein Sachver-ständigengutachten über den Zustand der Mieträume ein. Mit Schreiben vom 3. September 2002 forderte sie die Beklagten mit Nachfristsetzung bis zum 20. September 2002 unter anderem zur Vornahme von Schönheitsreparaturen auf und kündigte an, nach Ablauf der Frist Schadensersatz wegen Nichterfül-lung zu verlangen. Dieser Aufforderung kamen die Beklagten nicht nach. Die Klägerin hat die Kosten der auszuführenden Arbeiten auf 13.006,09 • beziffert. Sie hat gegenüber einem Kautionsguthaben der [X.] in Höhe von 1.660,12 • die Aufrechnung erklärt. Mit ihrer Klage hat sie [X.] Zahlung des verbleibenden Differenzbetrags in Höhe von 11.345,97 • sowie Kosten des Sachverständigengutachtens in Höhe von 700 • - insgesamt mithin 12.045,97 • - nebst Zinsen verlangt. Das Amtsgericht hat die Klage [X.]. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren Zah-- 4 - lungsantrag lediglich hinsichtlich der Kosten von Schönheitsreparaturen und der Sachverständigenkosten in Höhe von insgesamt 9.273,84 • nebst Zinsen [X.] hat, zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelasse-nen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Klägerin habe gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Schadens-ersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen, weil die in § 4 Ziff. 8 und § 13 Ziff. 1 des Mietvertrags geregelte Verpflichtung nichtig sei. Es handele sich um eine sogenannte Bedarfsklausel, die im Falle der Überlassung einer unre-novierten Wohnung eine unangemessene Benachteiligung des Mieters [X.], weil sie ihn zu einer Anfangsrenovierung beziehungsweise einer früheren als nach dem [X.] erforderlichen Renovierung verpflichte. Bei einer Über-lassung in unrenoviertem Zustand entstehe der Bedarf sofort. § 4 Ziff. 8 des Mietvertrags enthalte keine Regelung dahingehend, daß die [X.] erst ab [X.] laufen sollten. Dagegen heiße es in § 13 Ziff. 1 des Mietvertrags ausdrücklich, daß "alle je nach dem Grad der Abnutzung oder Beschädigung erforderlichen Arbeiten unverzüglich auszuführen" seien. Dies werde durch die nachfolgende Fristenaufstellung nicht eingeschränkt. Vielmehr müsse die Fristenregelung dahin verstanden werden, daß zumindest in diesen Zeitabständen Schönheitsreparaturen erforderlich seien. Die Wohnung sei den Beklagten im Jahre 1985 unrenoviert überlassen worden. Soweit die im Jahre 1990 hinzugemieteten Räume noch nicht in einem renovierungsbedürftigen Zu-- 5 - stand gewesen seien, ändere dies am Vorliegen einer unzulässigen Bedarfs-klausel nichts. Diese sei nur im Falle der Überlassung vollständig renovierter Räume unbedenklich. I[X.] Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die in § 4 Ziff. 8 und § 13 Ziff. 1 des [X.] vom 6. Juli 1990 enthaltenen Schön-heitsreparaturklauseln nicht gemäß § 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 [X.] (nunmehr § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB) unwirksam. Wird eine Wohnung in renovie-rungsbedürftigem Zustand vermietet, ist die formularmäßige Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter nach Maßgabe eines [X.]es je-denfalls dann wirksam, wenn die Renovierungsfristen erst mit dem Anfang des Mietverhältnisses zu laufen beginnen (st. Rspr.; Senat, [X.] 101, 253; 105, 71, 84 ff.; Urteil vom 28. April 2004 - [X.] ZR 230/03, [X.], 2087, unter [X.]) und es sich nicht um einen "starren" [X.] handelt (vgl. Senat, Urteil vom 23. Juni 2004 - [X.] ZR 361/03, [X.], 2586, unter [X.]). Zu Unrecht hat das Berufungsgericht (im Anschluß an [X.], [X.] 2001, 280; ebenso [X.], [X.] 2000, 1476) § 4 Ziff. 8 in Verbindung mit § 13 Ziff. 1 des Mietvertrags dahingehend ausgelegt, daß die dem Mieter auferlegte [X.] unabhängig vom Beginn des Mietverhältnisses an einen objektiv bestehenden Renovierungsbedarf anknüpft. 1. a) Die Auslegung der Formularklauseln unterliegt der uneingeschränk-ten revisionsrechtlichen Prüfung, da sie in dieser oder zumindest inhaltsgleicher Fassung über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus Verwendung finden - 6 - (vgl. [X.] 94, 105, 111; 98, 256, 258; 134, 42, 45; zu einer vergleichbaren Klausel [X.] ([X.]), [X.], 202). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszule-gen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wer-den, wobei die [X.] des durchschnittlichen Vertragspart-ners des Verwenders zugrunde zu legen sind (st. Rspr., vgl. [X.] 102, 384, 389 f.). b) § 4 Ziff. 8 und § 13 Ziff. 1 des Mietvertrags sind aus der Sicht eines verständigen, juristisch nicht vorgebildeten Mieters nicht so zu verstehen, daß die Schönheitsreparaturverpflichtung an einen Renovierungsbedarf dergestalt anknüpft, daß der Mieter aufgrund einer vorvertraglichen Abnutzung unter Um-ständen bereits zu Beginn des Mietverhältnisses zu einer Renovierung ver-pflichtet wäre. Gemäß § 4 Ziff. 8 des Mietvertrags trägt der Mieter die Schön-heitsreparaturen; die Regelung verweist auf § 13 des Mietvertrags. § 13 Ziff. 1 Satz 2 des Mietvertrags verpflichtet den Mieter nicht zur [X.] Renovierung, wenn die Wohnung in einem abgenutzten Zustand über-nommen wird. Der nachfolgende Satz 3 enthält eine Satz 2 konkretisierende Regelung, in welchen Zeitabständen die Ausführung von Schönheitsreparatu-ren je nach dem Grad der Abnutzung oder Beschädigung der Mieträume "erfor-derlich" im Sinne des Satzes 2 ist, und stellt hierzu einen (Regel-)[X.] auf. Die Fristen dieses Planes beginnen aus der Sicht eines verständigen [X.]s mangels gegenteiliger Anhaltspunkte erst mit dem Beginn des Mietverhält-nisses zu laufen; sie erfassen somit lediglich eine vom Mieter und nicht darüber hinaus eine vom Vormieter verursachte Abnutzung (vgl. [X.] 105, 71, 85; [X.] ([X.]), [X.], 136, 137 f.; [X.] ([X.]), NJW-RR 1992, 10, 12; [X.] ([X.]), [X.], 202, 204; anders für eine - 7 - Schönheitsreparaturverpflichtung "bei Bedarf" [X.] ([X.]), NJW-RR 1989, 520). Um dem Mieter einen vom Vormieter verursachten [X.] aufzuerlegen, hätte es - unabhängig von der Frage, ob diese als wirk-sam anzusehen wäre - einer ausdrücklichen Regelung bedurft. Ein solcher Re-gelungswille ist jedoch nicht erkennbar. Die Klauseln enthalten keinen Anhalts-punkt dafür, daß die Fristen des Planes nach dem Willen des Vermieters als Formularverwender bereits mit dem Zeitpunkt der letzten - vor dem Abschluß des Mietvertrags liegenden - Schönheitsreparatur beginnen sollen, so daß der Mieter sich den Zeitraum einer vorvertraglichen Abnutzung auf die Fristen des ihm formularvertraglich auferlegten Planes anrechnen lassen müßte. Dies ergibt sich auch nicht aus der Formulierung des § 13 Ziff. 1 Satz 2, wonach die erfor-derlichen Schönheitsreparaturen "unverzüglich" auszuführen sind (a.[X.], [X.] 2000, 1476). Eine Vorverlagerung der Fälligkeit von Schönheitsreparatu-ren im Hinblick auf den unrenovierten Zustand der Wohnung bei deren Überga-be an den Mieter ist hierdurch erkennbar nicht beabsichtigt. c) Die Formularklauseln enthalten keinen "starren" [X.]. Eine sol-che Regelung wäre unwirksam (Senat, Urteil vom 23. Juni 2004, aaO). Nach § 13 Ziff. 1 des Mietvertrags sind die Renovierungen jedoch nur "im allgemei-nen" in den genannten Zeiträumen auszuführen. Damit ist nicht allein der Zeit-ablauf für die Durchführung von Schönheitsreparaturen von Bedeutung, son-dern es kommt entscheidend auf die von den Lebensgewohnheiten eines [X.]s abhängige Abnutzung der Wohnung an (Senat, Urteil vom 28. April 2004 - [X.] ZR 230/03, [X.], 2087, unter III a). 2. In dieser Auslegung benachteiligen die Klauseln den Mieter nicht un-angemessen im Sinne des § 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 [X.] (nunmehr § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB). Insbesondere verstoßen sie nicht gegen das sich aus § 9 [X.] ergebende und nunmehr in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ausdrück-- 8 - lich geregelte Transparenzgebot. Seinen Anforderungen werden § 4 Ziff. 8 und § 13 Nr. 1 des Mietvertrags gerecht, da ein verständiger Mieter den [X.] den Inhalt seiner Schönheitsreparaturverpflichtung mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen kann (vgl. zu einer ähnlichen Klausel Senatsurteil vom 28. April 2004, aaO, unter III a). II[X.] Auf die Revision der Klägerin ist das Berufungsurteil aufzuheben, und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da es weiterer Feststellungen bedarf (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 1 und 3 ZPO).

[X.] Dr. [X.] [X.]
[X.] [X.]

Meta

VIII ZR 17/04

09.03.2005

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.03.2005, Az. VIII ZR 17/04 (REWIS RS 2005, 4614)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4614

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