Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.06.2004, Az. VIII ZR 361/03

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2704

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES [X.] ZR 361/03 Verkündet am: 23. Juni 2004 [X.] , Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

BGB §§ 307 Bb, 535; [X.] § 9 Bb

Zur Unwirksamkeit einer mietvertraglichen [X.], durch die dem Mieter die Ausführung der Schönheitsreparaturen nach einem "starren" [X.] auferlegt wird.

[X.], Urteil vom 23. Juni 2004 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Juni 2004 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und die Richter [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Die Revision des [X.] gegen das Urteil der 17. Zivilkammer des [X.] vom 7. November 2003 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Kläger begehrt von der Beklagten Zahlung eines Vorschusses auf Kosten von Schönheitsreparaturen. Die Beklagte ist Mieterin einer Wohnung in der B.

Straße in [X.]; dem Kläger wurde nachfolgend ein Nießbrauch an diesem Grundstück eingeräumt. § 16 Ziff. 4 des [X.] vom 15. Oktober 1979 enthält unter anderem folgende Regelung: "Der Mieter ist insbesondere verpflichtet, auf seine Kosten die Schönheitsreparaturen (–) in den Mieträumen, wenn erforderlich, - 3 - mindestens aber in der nachstehenden Zeitfolge fachgerecht aus-zuführen. – [X.] beträgt: bei Küche, Bad und Toilette - 2 Jahre, bei allen übrigen Räumen - 5 Jahre." Der Kläger trägt vor, die Beklagte habe seit Beginn des Mietverhältnisses im November 1979 keine Schönheitsreparaturen durchgeführt. Hierzu sei sie mit Schreiben vom 20. Dezember 2000 unter Fristsetzung mit Ablehnungsan-drohung vergeblich aufgefordert worden. Die Beklagte ist der Auffassung, die [X.] sei unwirksam. Der Kläger hat mit seiner Klage Zahlung eines Betrags von 4.825,16 • als Vorschuß für die Ausführung der Schönheitsreparaturen nebst Zinsen [X.]. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Be-rufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelasse-nen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Die Beklagte ist im Revisionsverfahren unvertreten geblieben. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses zur Sicherung nach Auszug der Mieterin notwendiger Schönheitsreparaturen, da die Beklagte zu deren Ausführung nicht verpflichtet sei. Die [X.] in § 16 Ziff. 4 des Mietvertrags sei unwirksam; sie stelle eine unangemessene Be-nachteiligung im Sinne des § 307 BGB dar und verstoße zudem gegen § 309 Nr. 5 BGB analog. Die für Küche, Bad und WC vorgesehene Renovierungsfrist - 4 - von zwei Jahren liege unterhalb der allgemein anerkannten Frist von drei Jah-ren. Diese Fristenverkürzung benachteilige wegen der mit der Frist verbunde-nen Beweislastumkehr, daß tatsächlich kein Renovierungsbedarf bestehe, den Mieter unangemessen. Die Klausel sei allerdings nicht nur insoweit, sondern insgesamt unwirksam. Durch die Formulierung, daß "mindestens" nach Ablauf der genannten Fristen zu renovieren sei, werde dem Mieter der Beweis [X.], daß sich die Räume tatsächlich nicht im dekorationsbedürftigen Zu-stand befänden, etwa aufgrund längerer Abwesenheitszeiten oder einer nur teilweisen Nutzung. Eine derartige Vereinbarung fester [X.] - unabhängig vom tatsächlichen Zustand der Mieträume - benachteilige den Mieter unangemessen; sie sei zudem in entsprechender Anwendung des § 309 Nr. 5 BGB unwirksam.
I[X.] Dies hält der revisionsrechtlichen Prüfung stand. Die Revision des [X.] ist daher zurückzuweisen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Vorschußzah-lung wegen der von ihm behaupteten Kosten von Schönheitsreparaturen. Die Beklagte ist zur Ausführung von Schönheitsreparaturen nicht verpflichtet. Dem Berufungsgericht ist darin zu folgen, daß § 16 Ziff. 4 des Mietvertrags gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB beziehungsweise § 9 Abs. 1 [X.] unwirksam ist, da die [X.] den Mieter entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. 1. Das Berufungsgericht hat die in § 16 Ziff. 4 des Mietvertrags enthalte-ne Fälligkeitsregelung, wonach Schönheitsreparaturen wenn erforderlich, [X.] aber in der Zeitfolge von zwei Jahren in Küche, Bad und Toilette sowie - 5 - von fünf Jahren in allen übrigen Räumen auszuführen sind, zu Recht als Ver-einbarung verbindlicher [X.] ausgelegt. Diese Auslegung unter-liegt der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht, da der vom [X.], Wohnungs- und Grundeigentü-mer e.V. herausgegebene Formularmietvertrag im [X.] und damit über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus Verwendung findet (vgl. [X.] 98, 256, 258; 134, 42, 45; [X.], Urteil vom 19. März 2003 - [X.] ZR 135/02, [X.], 1092 = NJW 2003, 2607 unter [X.] a). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszule-gen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wer-den, wobei die [X.] des durchschnittlichen Vertragspart-ners des Verwenders zugrunde zu legen sind (st. Rspr., vgl. [X.] 102, 384, 389 f.; [X.], Urteil vom 23. Mai 2003 - [X.], [X.], 1967 unter [X.] a; [X.]surteil vom 22. Dezember 2003 - [X.] ZR 90/02, [X.], 748 = NJW-RR 2004, 262 unter [X.], jeweils m.w.Nachw.). Entgegen der Auffassung der Revision ist der in § 16 Ziff. 4 des [X.] enthaltene [X.] nicht lediglich als Richtlinie in dem Sinne zu [X.], daß nach Fristablauf ein Anschein für die Renovierungsbedürftigkeit der Wohnung spricht. Vielmehr liegt eine "starre" Fälligkeitsregelung vor. Nach dem Wortlaut der Klausel sind die Schönheitsreparaturen "wenn erforderlich, minde-stens aber" nach dem dort aufgeführten [X.] auszuführen. Dies kann aus der Sicht eines verständigen Mieters nur die Bedeutung haben, daß er zur Ausführung der Renovierungsarbeiten in Küche, Bad und Toilette spätestens nach zwei Jahren und in allen übrigen Räumen spätestens nach fünf Jahren verpflichtet ist, auch wenn die gemieteten Räume nach ihrem tatsächlichen Er-scheinungsbild noch nicht renovierungsbedürftig sind. - 6 - 2. Die in § 16 Ziff. 4 des Mietvertrags enthaltene "starre" Fälligkeitsrege-lung ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB bzw. § 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 [X.] unwirksam, da sie dem Mieter ein Übermaß an [X.] auferlegt (vgl. [X.] 101, 253, 263 f.). a) [X.]n, die einen starren [X.] vorsehen, werden in Rechtsprechung und Literatur verbreitet als unzulässig angesehen ([X.], 539, 540 f.; [X.] 1999, 983; [X.] in [X.], Mietrecht, 8. Aufl., § 538 Rdnr. 223 f. m.w.Nachw.; [X.]/[X.], 3. Aufl., §§ 535, 536 Rdnr. 104; Häublein, [X.], 139, 141 m.w.Nachw.; [X.] in [X.], Mietrecht in der Praxis, Fach 3 Rdnr. 18/1; a.[X.] in Bub/[X.], Handbuch der Geschäfts- und Wohn-raummiete, 3. Aufl., [X.]. 1070). Diese Auffassung trifft für den vorliegenden Fall zu. Eine [X.] ist gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB bzw. § 9 Abs. 2 Nr. 1 [X.] im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Eine solche Abweichung, die gegen die Gebote von Treu und Glauben verstößt, liegt hier vor. Nach der gesetzlichen Regelung in § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB hat der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie wäh-rend der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Hierzu gehört auch die Pflicht zur Ausführung der Schönheitsreparaturen. Zwar kann der Vermieter diese Pflicht durch Vereinbarung - auch in [X.] - auf den Mieter übertragen (st. Rspr., [X.] 92, 363; 101, 253). Jedoch ist eine for-mularvertragliche Bestimmung, die den Mieter mit [X.] belastet, die über den tatsächlichen Renovierungsbedarf hinausgehen, mit der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar. Sie würde dem Mieter eine höhere [X.] 7 - standhaltungsverpflichtung auferlegen, als der Vermieter dem Mieter ohne ver-tragliche Abwälzung der Schönheitsreparaturen gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB schulden würde (vgl. M. Wolf in Wolf/[X.]Lindacher, [X.], 4. Aufl., § 9 [X.]. 68; Häublein, aaO). Auch ist ein Interesse des Vermieters, den Mieter zur Renovierung der Wohnung zu verpflichten, obwohl ein [X.] tatsächlich noch nicht besteht, nicht schützenswert. b) Anhaltspunkte für einen tatsächlich entstehenden Renovierungsbedarf in Wohnräumen bietet der in § 7 Fußnote 1 des vom [X.] herausgegebenen [X.] 1976, Fassung I (Beilage zum [X.], abgedruckt bei [X.] in [X.], 12. Aufl., Vor § 535 Rdnr. 87) enthaltene und in der Praxis anerkannte [X.], wo-nach Schönheitsreparaturen im allgemeinen in Küchen, Bädern und Duschen alle drei Jahre, in Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten alle fünf Jahre und in anderen Nebenräumen alle sieben Jahre erforderlich sein werden ([X.] 92, 363, 368 f.; 101, 253, 263 f.). Hiervon weicht die vorliegende Klausel zum einen hinsichtlich der Frist für Küche, Bad, Toilette und [X.] zum Nachteil des Mieters ab, zum anderen dadurch, daß der Fristen-plan nicht lediglich für den Regelfall des "im allgemeinen" entstehenden [X.] gelten soll, sondern die Renovierung ausnahmslos nach Ablauf der jeweiligen Frist vorschreibt. Das Berufungsgericht ist mit Recht der [X.], daß die Räume einer Mietwohnung auch nach Ablauf der in § 16 Ziff. 4 des Mietvertrags angegebenen Fristen von zwei beziehungsweise fünf Jahren nicht zwangsläufig renovierungsbedürftig sein müssen. Hieran kann es insbe-sondere fehlen, wenn der Mieter die Wohnung oder einzelne Räume wenig nutzt, etwa im Falle einer längeren Abwesenheit, oder wenn er die Räume mit besonders "langlebigen" Tapeten oder Farben dekoriert hat (vgl. [X.], aaO und eingehend [X.], [X.], 212, 213; vgl. auch die in Anlage 5 zu den [X.] 1991 [Tapezier- und Malerarbeiten] angege-- 8 - benen, unterschiedlichen Haltbarkeitszeiten, abgedruckt bei [X.], [X.], 605, 606). Dem trägt die Klausel nicht hinreichend Rechnung, da sie im Einzelfall dazu führen kann, daß der Mieter Schönheitsreparaturen unab-hängig vom tatsächlichen Renovierungsbedarf auszuführen hat. c) Die Beurteilung der Fristenbestimmung als unwirksam steht nicht im Widerspruch zu früheren Entscheidungen des [X.]s. In dem von der Revision angeführten Urteil vom 25. Juni 2003 ([X.] ZR 335/02, NJW 2003, 3192) hat der [X.] nicht entschieden, ob eine mit der vorliegenden Klausel vergleichbare [X.] für sich genommen wirksam war, da sich ihre Un-wirksamkeit bei einer Gesamtbetrachtung bereits aufgrund eines Summie-rungseffekts im Zusammenhang mit einer Endrenovierungsklausel ergab (aaO, unter [X.]). In dem vom Berufungsgericht erwähnten Urteil vom 3. Juni 1998 ([X.] ZR 317/97, NJW 1998, 3114 = [X.], 2145; Vorinstanz [X.], NJW-RR 1998, 368, dort mit ausführlicher Wiedergabe des [X.]) hat der [X.] in einem Verfahren nach §§ 13 ff. [X.] zwei Formu-larklauseln als wirksam angesehen, die jeweils Rechtsfolgen an den Ablauf von [X.] knüpften und zu diesem Zweck auf eine mit der vorliegen-den Bestimmung vergleichbare [X.] Bezug nahmen. Die [X.], in der der [X.] enthalten ist, war nicht Gegenstand des Verfahrens, so daß der [X.] hierüber nicht entschieden hat. 3. Die Unwirksamkeit der in § 16 Ziff. 4 des Mietvertrags geregelten [X.] hat die Unwirksamkeit auch der [X.] zur Folge (vgl. LG Berlin [X.], 668; [X.] 2003, 124, jeweils m.w.Nachw.; [X.], 476; [X.] 1989, 506; [X.], [X.]. 221; a.A. Häublein, aaO, S. 142 f.; [X.], aaO, [X.]). Die in § 16 Ziff. 4 enthaltene Schönheitsreparaturverpflichtung ließe sich nur dann aufrechterhalten, wenn sich die [X.] aus sich heraus verständlich - 9 - und sinnvoll in einen zulässigen und in einen unzulässigen Regelungsteil tren-nen ließe ([X.]surteil vom 25. Juni 2003 - [X.] ZR 344/02, NJW 2003, 2899, unter II 2 m.w.Nachw.). Hieran fehlt es. Zwar könnte der erste Teil der Klausel sprachlich ohne den [X.] bestehen bleiben; dies gilt aber schon nicht für den Zusatz, dem eine eigenständige Bedeutung nicht zukommt. [X.] ein Wegfall des [X.]s zur Folge, daß die Renovierungsvorschrift in-haltlich umgestaltet würde; denn der [X.] bildet mit der Überwälzung der Schönheitsreparaturen eine Einheit, indem er den Umfang der Renovierungs-verpflichtung konkretisiert. [X.] die Klausel nach Streichung der Worte "[X.] aber in der nachstehenden Zeitfolge" und des nachstehenden Fristen-plans bestehen, würde der Umfang der auf den Mieter übertragenen Renovie-rungsverpflichtung auf das gerade noch zulässige Maß zurückgeführt. Dies wä-re jedoch eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion der [X.]. II[X.] Da sich die Revision des [X.] nach alledem als unbegründet erweist, ist sie - ungeachtet der Säumnis der Beklagten durch kontradiktorisches Urteil - mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. [X.] [X.] [X.]
[X.] [X.]

Meta

VIII ZR 361/03

23.06.2004

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.06.2004, Az. VIII ZR 361/03 (REWIS RS 2004, 2704)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2704

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