Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.03.2001, Az. VIII ZR 72/00

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 3044

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[X.] DES VOLKESURTEILVIII ZR 72/00Verkündet am:28. März 2001Kirchgeßner,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:[X.]: nein[X.] Art. 85 Abs. 1Eine Alleinvertriebsvereinbarung, die ein nachvertragliches [X.]verbot ent-hält, unterfällt nicht der [X.] von [X.] durch [X.] Nr. 1983/83 vom 22. Juni 1983.[X.], Urteil vom 28. März 2001 - [X.] LG München I- 2 -Der VII[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 28. März 2001 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und die [X.]. [X.], [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 23. [X.] Oberlandesgerichts München vom 14. Januar 2000 aufgeho-ben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die Klägerin, die in [X.] ([X.]) Eier erzeugt, verlangt von der [X.], die in [X.]. ([X.]) ausschließlich mit Eiern aus Hühnerbo-denhaltung handelt, 366.492,31 DM nebst Zinsen für gelieferte Eier. Die [X.] streiten darum, ob die Beklagte dagegen mit Vertragsstrafenansprüchenaufrechnen kann. Die Klägerin (folgend [X.]genannt) hatte mit dem [X.]-We. (folgend [X.] genannt), dem Rechtsvorgänger der [X.], [X.] Februar 1986 nachstehende "Vertretungsvereinbarung" geschlossen:- 3 -"[X.]überträgt [X.] das Alleinvertretungsrecht für die [X.], einschließlich [X.] für Frischeier aus [X.], eigener Produktion oder fremder Erzeugung.Diese Vereinbarung hat Gültigkeit für die Dauer der Abnahme dieser [X.] durch [X.] bei [X.]zu marktkonformen Preisen.Darüber hinaus sichert [X.]ausdrücklich bleibenden Kundenschutz[X.] zu. Dieser Kundenschutz erstreckt sich auch für direkte oder indi-rekte Lieferungen nach einem möglichen Abbruch der [X.] beider Parteien.Der Kundenschutz erstreckt sich auf sämtliche bisher von [X.] nach-weislich belieferten Kunden.Bei Nichteinhaltung dieser Vereinbarung verpflichtet sich [X.]zu einerKonventionalstrafe von DM 20.000 für jeden Fall pro Abladestelle, [X.] bisher nachweisbar von [X.] beliefert [X.] einer der Hauptkunden der [X.] sich Mitte 1996 entschloß, inbestimmten Geschäften nur noch in [X.] erzeugte Eier aus Hühnerbo-denhaltung zu vertreiben, reduzierte die Beklagte ihren Einkauf von Eiern beider Klägerin auf die Hälfte der zuvor bezogenen Menge. Wegen dieses Um-satzrückganges verlangte die Klägerin im Oktober 1997 von der [X.], ausder Vertretungsvereinbarung entlassen zu werden. Gleichzeitig vereinbarte siemit der Firma [X.]in [X.]die Aufnahme der Lieferung von [X.] ab der 45. Woche 1997. In der [X.] vom 3. bis14. November 1997 belieferte die Klägerin die Firma [X.]sechsmal [X.] aus [X.]. Mit Schreiben vom 14. November 1997 [X.] Klägerin der [X.] mit, daß sie keine Bestellungen mehr akzeptieren- 4 -könne, bevor nicht fällige Rechnungen bezahlt würden. Die Beklagte nahmdieses Schreiben als Vertragsbeendigung an.Unter Berufung auf die Vertretungsvereinbarung rechnete die [X.] der Kaufpreisforderung der Klägerin mit ihrer Meinung nach insge-samt 391 verwirkten Vertragsstrafen in Höhe von jeweils 20.000 DM auf.Das [X.] hat der Klage im wesentlichen stattgegeben. Das Be-rufungsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 246.492,31 DM nebst 5 %Zinsen verurteilt und im übrigen die Klage abgewiesen. Mit der Revision [X.] die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.Entscheidungsgründe:[X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt:Die Beklagte könne gegen den unstreitigen Zahlungsanspruch von366.492,31 DM in Höhe von 120.000 DM wegen insgesamt sechs [X.] zu je 20.000 DM aufrechnen. Auf die [X.] 1. Februar 1986 sei [X.] Recht anwendbar, da die Parteien konklu-dent eine entsprechende Wahl getroffen hätten. Diese Vereinbarung sei nach§ 138 Abs. 1 BGB nichtig, was die Regelung des nachträglichen [X.]-verbotes anbelange, da sie sich zu Lasten der Klägerin zeitlich unbeschränktauf das gesamte Gebiet der Bundesrepublik [X.] erstrecke und sowohldirekte als auch indirekte Lieferungen betreffe. Die Nichtigkeit des [X.] erfasse die Vertretungsvereinbarung aber- 5 -nicht insgesamt gemäß § 139 BGB. Das nachvertragliche [X.] ein abtrennbarer Teil der Vertretungsvereinbarung. Diese stelle auch [X.] solches Verbot ein selbständiges, wirtschaftlich sinnvolles Rechtsgeschäftdar. Immerhin habe sie ohne den nachvertraglichen Kundenschutz über [X.] die vertragliche Grundlage für die Lieferung von [X.] durch die Klägerin gebildet. Zudem habe der am [X.] der Vereinbarung beteiligte Zeuge [X.]-We. angegeben, daß da-nach nur über die Klägerin die Möglichkeit bestanden habe, große Mengen [X.] aus [X.] zu beziehen.Das im gültigen Teil der Vertretungsvereinbarung vereinbarte Alleinver-triebsrecht sei wirksam vereinbart worden. Es sei vom Verbot des Art. 85EWGV (jetzt Art. 81 EGV) aufgrund der [X.] von Alleinver-triebsrechten durch die [X.] nicht betroffen.Das Alleinvertriebsrecht sei durch den letzten Absatz in der Vertretungs-vereinbarung strafbewehrt mit einer Konventionalstrafe von 20.000 DM; derletzte Halbsatz der Vertretungsvereinbarung sei lediglich auf das [X.] anzuwenden. Mit ihren sechs Lieferungen an die Firma[X.]in der [X.] vom 3. bis 14. November 1997 habe die Klägerin insge-samt sechsmal gegen das Alleinvertriebsrecht der [X.] verstoßen [X.] sechsmal eine Vertragsstrafe in Höhe von jeweils 20.000 DM verwirkt.Hiermit habe die Beklagte gegen die unstreitige Kaufpreisforderung aufgerech-net und den klägerischen Anspruch in Höhe von insgesamt 120.000 [X.] gebracht.I[X.] Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.- 6 -Die Auffassung des Berufungsgerichts, das in der Vertretungsvereinba-rung vom 1. Februar 1986 enthaltene Alleinvertriebsrecht sei wirksam [X.], weil es vom Verbot des Art. 85 [X.] (jetzt Art. 81 EGV) aufgrundder [X.] von [X.] durch die [X.] 1983/83 vom 22. Juni 1983 ([X.]. Nr. L 173/1 vom 30. Juni 1983) nicht be-troffen sei, berücksichtigt nicht die Regelungen in Art. 2 dieser Verordnung,worauf die Revision zu Recht hinweist. Nach Art. 2 Abs. 1 [X.]Nr. 1983/83 dürfen Lieferanten keine anderen [X.] werden als die Verpflichtung, im Vertragsgebiet Verbraucher nicht [X.] zu beliefern. Es ist insbesondere unzulässig, dem Lieferantenein über die Dauer des Vertrages hinausgehendes [X.]verbot aufzu-erlegen (vgl. hierzu Ziff. 18 der Bekanntmachung vom 13. April 1984 zu [X.] Nr. 1983/83 der [X.] vom 22. Juni 1983 - [X.]. [X.], [X.]). Zur Frage der Auslegung von Art. 2 Abs. 1 [X.]Nr. 1983/83 bedarf es keiner Vorlage an den Gerichtshof der EuropäischenGemeinschaften gemäß Art. 234 [X.], da die richtige Anwendung [X.] derart offenkundig ist, daß kein vernünftiger Zweifel be-steht (vgl. [X.], Beschluß vom 25. Juni 1992 - I ZR 155/90, [X.]R [X.] Art. 7 Abs. 1 Inländerbehandlung 1; [X.], Urteil vom 14. Juli 1988- III ZR 78/87, [X.]R [X.] Art. 177 Abs. 3 Vorlagepflicht 2; [X.] 1988, 1456 unter II 2 a; von der [X.], Kommentar zum EU-/[X.], 5. Aufl. 1997 Rdnr. 71 f).Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist in der Vertretungs-vereinbarung zugunsten der [X.] und zu Lasten der Klägerin ein zeitlichunbeschränktes, auf das gesamte Gebiet der Bundesrepublik [X.] er-strecktes und sowohl direkte als auch indirekte Lieferungen umfassendesnachvertragliches [X.]verbot vereinbart worden. Übernimmt aber ein- 7 -Lieferant in einer Alleinvertriebsvereinbarung außer den in Art. 2 Abs. 1 und 2der [X.] Nr. 1983/83 aufgeführten [X.]beschränkungenweitere wettbewerbsbeschränkende Verpflichtungen, so ist die [X.] - mithin auch bezüglich des für die Vertragsdauer geltenden Wett-bewerbsverbots - nicht mehr von der [X.] gedeckt und bedarfdeshalb der [X.] (vgl. Ziff. 17 der Bekanntmachung zu der [X.] Nr. 1983/83 - [X.]. [X.], [X.] vom 13. April 1984). Daß dieEG-[X.] im vorliegenden Fall eine [X.] ausgesprochenhat, ist vom Berufungsgericht nicht festgestellt worden. Erfüllt die Vertretungs-vereinbarung vom 1. Februar 1986 mithin die Voraussetzungen von Art. 85Abs. 1 [X.], ist sie nach Art. 85 Abs. 2 [X.] nichtig. Zur Ent-scheidung der Frage, ob die Regelungen der Vertretungsvereinbarung demTatbestand des Art. 85 Abs. 1 [X.] unterfallen, bedarf es weiterertatrichterlicher Feststellungen. Das Berufungsgericht wird insbesondere zuprüfen haben, inwieweit die Vereinbarung den Handel zwischen Mitgliedsstaa-ten zu beeinträchtigen geeignet war und eine Verhinderung, Einschränkungoder Verfälschung des [X.] innerhalb des gemeinsamen Marktes [X.] oder bewirkte.II[X.] Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben und ist [X.]. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die zueiner Sachentscheidung notwendigen Feststellungen getroffen werden können(§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO).Sollte sich in der weiteren Verhandlung ergeben, daß die Vertretungs-vereinbarung die Voraussetzungen des Art. 85 Abs. 1 [X.] nicht er-füllt und deshalb auch nicht gemäß Art. 85 Abs. 2 [X.] nichtig ist, wirddas Berufungsgericht unter Berücksichtigung des Vorbringens der Parteien in- 8 -der Revisionsinstanz erneut zu prüfen haben, ob die Nichtigkeit des [X.] die Vertretungsvereinbarung insgesamt erfaßtund- 9 -ob die Vertragsstrafenregelung sich auch auf die bisherigen Nichtkunden der[X.] bezieht.[X.] Dr. [X.] [X.][X.] Dr. Leimert

Meta

VIII ZR 72/00

28.03.2001

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.03.2001, Az. VIII ZR 72/00 (REWIS RS 2001, 3044)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 3044

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