Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.06.2014, Az. III ZR 557/13

3. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 5044

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Lebensversicherung als Nettopolice: Provisionsvereinbarung mit dem Versicherungsvertreter und deren Fortzahlung bei Kündigung


Leitsatz

Ein Versicherungsvertreter kann mit seinem Kunden vereinbaren, dass für die Vermittlung eines Lebensversicherungsvertrags mit Nettopolice (ratenweise) eine Vergütung zu zahlen ist und der Kunde auch bei einer Kündigung des Versicherungsvertrags zur Fortzahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet bleibt. § 169 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 2 VVG n.F. stehen der Wirksamkeit dieser Vereinbarung nicht entgegen (Bestätigung und Fortführung des Senatsurteils vom 12. Dezember 2013, III ZR 124/13, VersR 2014, 240 und des Urteils des BGH von 12. März 2014, IV ZR 295/13, VersR 2014, 567).

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 8. Zivilkammer des [X.] vom 28. Juni 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung restlicher Vergütung für die am 27. Dezember 2007 erfolgte Vermittlung von zwei fondsgebundenen Lebensversicherungen bei der [X.] ([X.]) in Anspruch.

2

Bei den vermittelten Versicherungen handelte es sich um sogenannte Nettopolicen, bei denen die zu zahlenden Versicherungsprämien keinen Provisionsanteil für die Vermittlung des Vertrags enthielten. Stattdessen schlossen die Parteien zwei vorformulierte "Vergütungsvereinbarungen", wonach sich die Beklagte jeweils verpflichtete, an die Klägerin eine (Vermittlungs-)Vergütung in Höhe von 1.609,20 € in 60 Monatsraten zu je 26,82 € - bei einem angegebenen Barzahlungspreis von jeweils 1.485,79 € und einem effektiven Jahreszins von 3,36 % - zu entrichten. In Nummer 1 der Vergütungsvereinbarungen wird darauf hingewiesen, dass die Klägerin "als Versicherungsvertreter von Lebensversicherungen im Auftrag der [X.] tätig" sei und in dieser Eigenschaft dem Kunden die angebotene Lebensversicherung mit wählbaren Zusatzversicherungen vermittele. In Nummer 2 der Vereinbarung wird mit Fettdruck hervorgehoben, dass der Versicherungsvermittler vom Kunden für die Vermittlung und für seine Beratungs- und sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit dem Abschluss des [X.] eine einmalige Vergütung erhalte, der Versicherungstarif keine Abschlusskosten enthalte und der Versicherungsvermittler deshalb von der Versicherungsgesellschaft für seine Tätigkeit keine Provision oder sonstige Vergütung erhalte. In Nummer 4 und 5 wird mit Fettdruck darauf hingewiesen, dass der Vergütungsanspruch des [X.] mit Zustandekommen des [X.] entstehe und der Kunde wegen der rechtlichen Unabhängigkeit der Vergütungsvereinbarung vom Versicherungsvertrag auch bei vorzeitiger Beendigung des [X.] zur Zahlung der Vergütung verpflichtet sei. Am Ende enthält das verwendete Formular folgende Widerrufsbelehrung:

"Widerrufsrecht

Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an: …

Widerrufsfolgen

Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben."

3

Versicherungsbeginn war jeweils der 1. Februar 2008. Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 14. März 2008 die Kündigung der beiden vermittelten Lebensversicherungen nebst Vergütungsvereinbarungen und mit Anwaltsschreiben vom 30. September 2008 den Widerruf der Vergütungsvereinbarungen. Für die Monate Februar bis April 2008 zahlte sie insgesamt sechs Raten zu je 26,82 €. Ab Mai 2008 stellte sie die Zahlungen ein. Nach Gesamtfälligstellung berechnete die Klägerin eine restliche Vergütungsforderung von insgesamt 2.628,33 €, die sie mit der vorliegenden Klage nebst Zinsen und Kosten geltend macht.

4

Die Beklagte hat unter anderem eingewandt, die Vergütungsvereinbarung sei gemäß § 307 BGB unwirksam. Im Übrigen habe sie die Vereinbarung wirksam widerrufen. Auf einen Wertersatzanspruch könne sich die Klägerin nicht mit Erfolg stützen, weil ihr als Wertersatz nicht mehr als der bereits vereinnahmte Betrag zustehe. Zudem sei die Klägerin ihr, der Beklagten, wegen Beratungsfehlern zum Schadensersatz verpflichtet.

5

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

7

Das Berufungsgericht hat einen Vergütungsanspruch der Klägerin mit der Begründung verneint, dass die Vergütungsvereinbarung gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sei. Es hat hierzu im Wesentlichen ausgeführt: Bei der streitgegenständlichen Vergütungsregelung handele es sich um eine kontrollfähige allgemeine Geschäftsbedingung, die den Kunden (hier: die Beklagte) entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Entgegen dem Leitbild des § 87 HGB erhalte der Versicherungsvertreter die ihm zustehende Provision nicht von seinem Geschäftsherrn, dem Versicherer, sondern vom Versicherungsnehmer. Aus den §§ 87a, 92 Abs. 4 HGB ergebe sich ferner der Grundgedanke, dass das Schicksal des Provisionsanspruchs eines [X.] vom Bestand des Prämienanspruchs aus dem vermittelten Versicherungsvertrag abhänge. Von diesem Schicksalsteilungsgrundsatz weiche die hier zu beurteilende Vergütungsregelung ab, wonach die Vergütung auch dann in voller Höhe zu zahlen sei, wenn der Versicherungsnehmer den Lebensversicherungsvertrag vorzeitig kündige. Hierdurch werde die Kündigungsmöglichkeit des Kunden bezüglich des [X.] faktisch in erheblicher Weise eingeschränkt. Der im Lager des Versicherers stehende Versicherungsvertreter sei mit einem Versicherungsmakler nicht vergleichbar.

II.

8

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

9

1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die Vergütungsvereinbarung nicht gemäß § 307 Abs. 1 und 2 BGB unwirksam.

Ob es sich bei dieser Regelung, wie die Revision meint, um eine gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Kontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB entzogene (reine) Preisvereinbarung handelt, kann dahinstehen. Jedenfalls ist eine gegen die Gebote von Treu und Glauben verstoßende Benachteiligung des Kunden zu verneinen.

a) In seinem nach Verkündung des angefochtenen Berufungsurteils ergangenen Urteil vom 12. Dezember 2013 ([X.], [X.], 240, zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen) hat der erkennende Senat im [X.] an den [X.] (Urteil vom 6. November 2013 - [X.], [X.], 64) ausgesprochen, dass ein Versicherungsvertreter ebenso wie ein Versicherungsmakler mit seinem Kunden wirksam vereinbaren kann, dass für die Vermittlung eines Lebensversicherungsvertrags mit [X.] (ratenweise) eine Vergütung zu zahlen ist und der Kunde auch bei einer Kündigung des [X.] zur Fortzahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet bleibt. Einer solchen Vereinbarung stehen weder zwingende Vorschriften des [X.]gesetzes noch § 305c Abs. 1, § 307 BGB entgegen (Senat aaO S. 241 ff Rn. 9 ff mwN). Dieser Rechtsprechung ist der [X.] nicht entgegengetreten (Urteil vom 12. März 2014 - [X.], [X.], 567, 570 Rn. 33, zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen; s. insoweit auch [X.], [X.], 571, 574).

aa) Auch wenn der Versicherungsvertreter anders als der Versicherungsmakler typischerweise im Lager des Versicherers steht, dessen Interessen er bei seiner Vermittlungstätigkeit im Auge zu behalten hat (vgl. § 86 Abs. 1 Halbs. 2 i.V.m. § 92 Abs. 2 HGB), ist zu berücksichtigen, dass dem Versicherungsvermittler allgemein (also sowohl dem Versicherungsmakler als auch dem Versicherungsvertreter, vgl. § 42a Abs. 1 [X.] aF; jetzt § 59 Abs. 1 [X.]) umfassende Beratungs- und Dokumentationspflichten gegenüber dem Versicherungsnehmer auferlegt worden sind (§§ 42c, 42d [X.] aF; jetzt §§ 61, 62 [X.]). Diese Pflichten (auch) des [X.] sind derart zentral, dass er bei Verletzung dieser Pflichten dem Versicherungsnehmer gegenüber persönlich zum Schadensersatz verpflichtet ist (§ 42e [X.] aF; jetzt § 63 [X.]). Angesichts dieser Normenlage wäre es wenig verständlich, wenn man es dem Versicherungsvertreter verwehren wollte, Beratungstätigkeiten - die in erheblichem Umfang schon gesetzlich vorgegeben sind - zum Gegenstand vertraglicher Entgeltvereinbarungen mit dem Versicherungsnehmer zu machen. Denn die vertraglich nochmals bekräftigten Beratungspflichten des [X.] unterscheiden sich - soweit sie die Frage betreffen, ob die (wahrheitsgemäß dargestellten) Eigenschaften des angebotenen Produkts den Bedürfnissen und Interessen des Versicherungsnehmers entsprechen - in ihrem Umfang und in ihrer Intensität nicht von den Pflichten des Versicherungsmaklers ([X.], Urteil vom 6. November 2013 aaO [X.] Rn. 21; Senat aaO S. 242 Rn. 14).

bb) Die streitgegenständliche Vergütungsvereinbarung steht nicht in Widerspruch zu einem gesetzlichen Leitbild. Die Vorschriften des § 87a Abs. 2 und des § 92 Abs. 4 HGB haben lediglich den Risikoausgleich zwischen dem Handels- beziehungsweise Versicherungsvertreter und dem Unternehmer im Auge und betreffen nicht das Rechtsverhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherungsvermittler (Senat aaO Rn. 15).

cc) Schutzwürdige Interessen des Versicherungsnehmers, die so gewichtig wären, dass selbständigen Vergütungsvereinbarungen mit dem Versicherungsvertreter die Wirksamkeit versagt werden müsste, sind nicht ersichtlich. Insbesondere gleicht sich unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Umstand, dass sich der Versicherungsnehmer einem Provisionsanspruch des [X.] ausgesetzt sieht, bei regulärem Versicherungsverlauf dadurch aus, dass die vermittelte "provisionsbereinigte" [X.]-Lebensversicherung als solche preisgünstiger ist als eine herkömmliche [X.]-Lebensversicherung. Da der Vermittler bei der vorgenommenen Trennung zwischen Vermittlungs- und Versicherungsgeschäft nach ordnungsgemäßer Beratung bereits mit Zustandekommen des [X.] seine Pflichten vollständig erfüllt hat, ist es nur folgerichtig, dass eine spätere Kündigung des [X.] auf die Höhe seiner Vergütung keinen Einfluss hat. Andererseits ist nicht zu verkennen, dass sich der Kunde im Falle einer vorzeitigen Kündigung des [X.] bei einer [X.] deutlich schlechter stellen kann als bei einer (dem Schicksalsteilungsgrundsatz unterliegenden) [X.]. Auf den Umstand, dass der Kunde bei der [X.] auch dann zur Zahlung der (vollen) Vergütung verpflichtet bleibt, wenn der vermittelte Versicherungsvertrag nach kurzer Zeit beendet wird, muss der Versicherungsvertreter im Rahmen seiner Beratung deshalb deutlich hinweisen. Denn er kann bei seinen Kunden nicht als allgemein bekannt voraussetzen, dass die bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise scheinbar "aufkommensneutrale" - weil auf den ersten Blick lediglich die Art und Weise des Aufbringens der Kosten des Vertriebs der Versicherungsprodukte modifizierende - gesonderte Vergütungsvereinbarung sich im Falle einer vorzeitigen Kündigung derart nachteilig auswirken kann (Senat aaO Rn. 16).

2. [X.] gegenüber einem Versicherungsvertreter begründenden Vereinbarung stehen auch keine zwingenden, zur Nichtigkeit nach § 134 BGB führenden Vorschriften des [X.]gesetzes entgegen (Senat aaO S. 242 f Rn. 17).

Unter dem Aspekt einer Erschwerung des dem Versicherungsnehmer unabdingbar eingeräumten Rechts zur vorzeitigen Kündigung der abgeschlossenen Lebensversicherung macht es keinen wesentlichen Unterschied, ob die [X.] mit einem Versicherungsmakler oder einem Versicherungsvertreter abgeschlossen wird. Eine Unwirksamkeit der Vergütungsvereinbarungen folgt auch nicht daraus, dass die hier vermittelten [X.] erst nach dem 1. Januar 2008 und damit nach Inkrafttreten des § 169 [X.] nF entstanden sind. Entgegen der Meinung der Beklagten laufen die zwischen den Parteien getroffenen Vergütungsvereinbarungen nicht auf eine nach § 134 BGB unzulässige Umgehung der Vorschrift des § 169 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 [X.] nF über den Mindestrückkaufswert im Fall des Frühstornos und der Bestimmung des § 169 Abs. 5 Satz 2 [X.] nF über das Abzugsverbot hinaus. Aus den Motiven des Gesetzgebers sowie dem Wortlaut, dem systematischen Zusammenhang und dem Zweck dieser Regelungen ergibt sich nämlich, dass hiervon allein die Fälle der Einrechnung der Abschlusskosten in die Versicherungsprämien ([X.]) betroffen sind und die Möglichkeit, die Zahlung von Abschlusskosten gesondert zu vereinbaren, unberührt bleiben soll ([X.], Urteil vom 12. März 2014 aaO [X.] Rn. 17 ff mwN; zustimmend [X.], [X.], 571, 573).

3. Trotz (anfänglicher) Wirksamkeit der Vergütungsvereinbarung kann die Klägerin von der Beklagten freilich die vertraglich vereinbarte Vergütung nicht beanspruchen, weil die Beklagte ihre auf den Abschluss der Vergütungsvereinbarung gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen hat.

a) Auf das streitgegenständliche Schuldverhältnis sind gemäß Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch und die [X.] in der bis zum 11. Juni 2010 geltenden Fassung anzuwenden, weil der fragliche [X.] geschlossen worden ist und es sich nicht um ein unbefristetes Schuldverhältnis im Sinne des Art. 229 § 22 Abs. 3 EGBGB handelt.

b) Der Beklagten stand das ausgeübte Widerrufsrecht nach § 355 Abs. 1 BGB aF zu. Da die Vergütung für die Vermittlung der fraglichen Versicherung in Teilzahlungen zu erbringen war, handelte es sich um ein Teilzahlungsgeschäft im Sinne von § 499 Abs. 2 BGB aF. Gemäß § 501 Satz 1 i.V.m. § 495 Abs. 1 und § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB aF konnte die Beklagte ihre auf Abschluss der Vergütungsvereinbarung gerichtete Willenserklärung deshalb innerhalb von zwei Wochen widerrufen. Diese Frist war zum Zeitpunkt ihrer Widerrufserklärung nicht abgelaufen. Denn der in dem verwendeten Formular enthaltene Hinweis, die Frist für den Widerruf beginne "frühestens mit Erhalt dieser Belehrung", genügte nicht den Anforderungen nach § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB aF und darüber hinaus entsprach das verwendete Formular nicht in jeder Hinsicht dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 [X.], so dass die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt worden war (vgl. dazu im Einzelnen die wortgleiche Widerrufsbelehrungen betreffenden Senatsurteile vom 1. März 2012 - [X.], [X.] 2012, 427, 428 f Rn. 14 ff; vom 19. Juli 2012 - [X.], [X.] 194, 150, 154 ff Rn. 12 ff; vom 18. Oktober 2012 - [X.]/11, NJW 2012, 3718, 3719 Rn. 22; vom 17. Januar 2013 - [X.]/12, NJW-RR 2013, 885, 886 Rn. 9 ff und vom 12. Dezember 2013 aaO [X.] Rn. 19 f, jeweils mwN).

4. Allerdings kommt ein Wertersatzanspruch der Klägerin nach § 357 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB in einer die von ihr bisher vereinnahmten Beträge übersteigenden Höhe in Betracht (s. hierzu und zum Folgenden: Senatsurteil vom 12. Dezember 2013 aaO [X.] Rn. 21 ff mwN).

Die mit dem Abschluss des vermittelten [X.] vollständig erbrachte Leistung des [X.] kann in Natur nicht zurückgegeben werden. Als Wertersatz wird indessen nicht entsprechend § 346 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BGB das vertraglich vereinbarte Entgelt geschuldet. Maßgeblich für die Bemessung des Wertersatzes, den der Verbraucher nach dem (wirksamen) Widerruf eines Teilzahlungsgeschäfts für bis dahin erbrachte Leistungen des Unternehmers gewähren muss, ist vielmehr der objektive Wert der Leistungen, soweit dieser das vertragliche Entgelt nicht übersteigt. Insoweit ist im Ausgangspunkt, wie bei Dienstleistungen allgemein, auf die übliche oder (bei Fehlen einer solchen) auf die angemessene Vergütung abzustellen, die für eine solche Leistung zu bezahlen ist, nicht dagegen auf den konkret-individuellen Wert des [X.] für den Schuldner. Eine Kündigung des [X.] hat dabei für sich genommen auf die Höhe des [X.] keine Auswirkungen.

5. Das Berufungsurteil war nach alledem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da die Sache noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO).

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

a) Das Berufungsgericht wird sich mit dem Vorbringen der Beklagten zu befassen haben, im Zusammenhang mit dem Abschluss der Vergütungsvereinbarung sei keine ordnungsgemäße Beratung erfolgt. Hinsichtlich des Umfangs der [X.] und Hinweispflichten ist zu beachten, dass auch über die Auswirkungen des Abschlusses einer [X.] im Fall einer vorzeitigen Kündigung aufzuklären ist. Wie diese Aufklärung im Einzelnen zu geschehen hat, hängt von dem erkennbaren Aufklärungsbedürfnis des Kunden und den sonstigen Umständen des Einzelfalls ab. Hierzu hat das Berufungsgericht zwar Überlegungen angedeutet, aber noch keine abschließenden Feststellungen getroffen. Bei seiner Würdigung wird das Berufungsgericht die diesbezüglichen Einwände der Revision mit zu berücksichtigen haben. Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Belehrung, besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sich die Beklagte bei gehöriger Belehrung nicht für eine "[X.]" entschieden hätte (vgl. Senatsurteil vom 12. Dezember 2013 aaO [X.] Rn. 27). An diesen Grundsätzen hält der erkennende Senat trotz der Kritik von [X.] ([X.], 243, 244 f, 246) fest.

b) Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass der Klägerin ein Wertersatzanspruch zusteht, so ist bei der Frage, welche Vergütung vorliegend als üblich beziehungsweise als angemessen anzusehen ist, Folgendes zu beachten (vgl. hierzu Senatsurteil vom 12. Dezember 2013 aaO [X.] Rn. 29; zustimmend [X.], [X.], 243, 246):

Die übliche Vergütung, die ein Versicherungsvertreter bei Abschluss eines [X.] als ([X.] vom Versicherer erhält, kann nicht ohne weiteres als Vergleichsmaßstab verwendet werden, weil durch sie die für den Versicherer erbrachte Vermittlungsleistung entlohnt wird und nicht die Beratungs- und Vermittlungsleistung für den Versicherungsnehmer. Insoweit liegt es näher, sich an der üblichen Provision eines Versicherungsmaklers zu orientieren. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass auch dann, wenn man dem Versicherungsvertreter im Falle eines eigenständigen [X.] mit dem Versicherungsnehmer umfängliche Beratungs- und Hinweispflichten auferlegt, der Wert einer Versicherungsvertreterberatung beziehungsweise -vermittlung bei der gebotenen typisierten und objektivierten Betrachtungsweise deutlich unter dem Wert einer Versicherungsmaklerleistung liegt. Denn eine der wesentlichen Pflichten des Versicherungsmaklers, seiner Beratung eine größere Zahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen und von Versicherern zu Grunde zu legen (§ 42b Abs. 1 Satz 1 [X.] aF; jetzt § 60 Abs. 1 Satz 1 [X.]), kann der Versicherungsvertreter nicht oder nur unzureichend erfüllen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Klägerin Lebensversicherungen ausschließlich im Auftrag der A.          Lebensversicherung [X.] vermittelt haben sollte.

Schlick                       Hucke                      Tombrink

              Remmert                     Reiter

Meta

III ZR 557/13

05.06.2014

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Heilbronn, 28. Juni 2013, Az: 8 S 7/12 Ka

§ 134 BGB, § 307 Abs 1 S 1 BGB, § 307 Abs 2 Nr 1 BGB, § 169 Abs 3 S 1 VVG vom 23.11.2007, § 169 Abs 5 S 2 VVG vom 23.11.2007

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.06.2014, Az. III ZR 557/13 (REWIS RS 2014, 5044)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5044

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

III ZR 440/13 (Bundesgerichtshof)

Vermittlung einer Lebensversicherung mit Nettopolice in einem Altfall: Wertersatzanspruch des Versicherungsvertreters nach Widerruf einer Vergütungsvereinbarung …


III ZR 557/13 (Bundesgerichtshof)


III ZR 124/13 (Bundesgerichtshof)

Vergütungsanspruch eines Versicherungsvertreters gegen einen Kunden für die Vermittlung einer Lebensversicherung mit Nettopolice: Wirksamkeit einer …


III ZR 124/13 (Bundesgerichtshof)


III ZR 440/13 (Bundesgerichtshof)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.