Bundessozialgericht, Beschluss vom 09.12.2021, Az. B 14 AS 250/21 B

14. Senat | REWIS RS 2021, 469

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Versäumung der Begründungsfrist - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten - Anforderungen an eine wirksame Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze - Übermittlung per Telefax - Überprüfung des Sendeprotokolls


Tenor

Der Antrag des [X.] auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 19. Januar 2021 wird abgelehnt.

Die Beschwerde des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] ist unzulässig. Die nach PKH-[X.]ewilligung durch den Senat fristgerecht eingelegte [X.]eschwerde ist nicht innerhalb der bis 13.10.2021 verlängerten Frist zu ihrer [X.]egründung (§ 160a Abs 2 Satz 2 SGG) begründet worden. Vielmehr ist die [X.]egründung erst am 19.10.2021 am [X.]SG eingegangen.

2

Dem Kläger ist auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur [X.]egründung der [X.]eschwerde zu gewähren. Die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 67 SGG) sind nicht erfüllt. Der Kläger versäumte die Frist zur [X.]egründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht schuldlos. Die Wahrung dieser Frist ist Voraussetzung für eine Sachentscheidung des [X.]undessozialgerichts (§ 160a Abs 4 iVm § 169 Satz 2 SGG) und im Fall ihrer Säumnis die [X.]eschwerde als unzulässig zu verwerfen.

3

Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur [X.]egründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden 67 Abs 1 und Abs 2 Satz 1 und 2 SGG). Eine Säumnis ist schuldhaft, wenn der [X.]eteiligte hinsichtlich der Wahrung der Frist diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden im Hinblick auf die Fristwahrung geboten ist und ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zuzumuten ist (vgl [X.]SG vom 18.3.1987 - 9b [X.] - [X.], 213 = [X.] 1500 § 67 [X.]; [X.]SG vom [X.] - [X.] 5 RJ 10/01 R - [X.] 3-1500 § 67 [X.]; [X.]SG vom [X.] - [X.] 1 KR 69/08 [X.] - [X.] 4-1500 § 160a [X.] RdNr 5 mwN; [X.]SG vom 27.5.2008 - [X.] 2 U 5/07 R - [X.] 4-1500 § 67 [X.] RdNr 14). Das Verschulden eines [X.]evollmächtigten ist dem vertretenen [X.]eteiligten stets wie eigenes Verschulden zuzurechnen (§ 73 Abs 6 Satz 7 SGG iVm § 85 Abs 2 ZPO).

4

Der Prozessbevollmächtigte des [X.] führt zur [X.]egründung seines Wiedereinsetzungsantrags aus, er habe die [X.]eschwerdebegründung vollständig diktiert und sein Personal angewiesen gehabt, diese am 12.10.2021 an das [X.]SG per Telefax zu übermitteln. Er selbst habe sich in der Woche des [X.] krankheitsbedingt nur zeitweise in der Kanzlei aufgehalten. Die Angestellte, die mit der Fristüberwachung beauftragt sei, habe sich am 12. und 13.10.2021 jeweils bis 13 Uhr in der Kanzlei aufgehalten. Einer anderen Mitarbeiterin sei am 12.10.2021 nachmittags aufgefallen, dass die [X.]egründung noch nicht gefaxt gewesen sei. Diese Mitarbeiterin habe den Faxversand noch am 12.10.2021 um 17:41 Uhr erledigt und ihm dies mitgeteilt. Nach krankheitsbedingter Rückkehr einer weiteren Mitarbeiterin sei die [X.]egründung am 19.10.2021 (erneut) an das [X.]SG gefaxt worden. Erst durch das Schreiben des Gerichts vom 25.10.2021, wonach die am 19.10.2021 eingegangene [X.]egründung nicht fristgerecht sei, habe man bemerkt, dass das am 12.10.2021 gefaxte Dokument durch einen Zahlendreher in der Vorwahl nicht an das [X.]SG gesandt worden sei. Es handle sich um eine unglückliche Verkettung von Umständen bei ansonsten äußerst sorgfältiger Handhabung von Fristen.

5

Dieser Vortrag vermag die Versäumung der Frist zur [X.]eschwerdebegründung jedoch nicht zu entschuldigen. Ein Rechtsanwalt genügt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax - wie hier - anhand des [X.] zu überprüfen, ob der Schriftsatz vollständig und an das richtige Gericht übermittelt worden ist. Erst danach darf die Frist im [X.] gestrichen werden (vgl nur [X.] vom 24.10.2013 - [X.] 155/12; [X.] vom 30.3.2021 - VIII Z[X.] 37/19; [X.] vom 18.3.2004 - 6 P[X.] 16/03; [X.]SG vom [X.] - [X.] 11 [X.] 194/09 [X.]; [X.]SG vom 24.9.2014 - [X.] 9 S[X.] 27/14 [X.]). Solche Vorkehrungen getroffen zu haben, trägt der Prozessbevollmächtigte des [X.] nicht vor; sie ergeben sich angesichts der - erneut - gefaxten [X.]eschwerdebegründung am 19.10.2021 auch nicht aus den konkreten Umständen. Dass sich der Rechtsanwalt in dieser [X.] krankheitsbedingt nur zeitweise in der Kanzlei aufgehalten hat und auch Mitarbeiterinnen zumindest zeitweise erkrankt waren, ist für die Frage der ordnungsgemäßen Organisation der Fristenkontrolle insoweit ohne [X.]edeutung, zumal der Rechtsanwalt vorgetragen hat, die für die Fristenkontrolle zuständige Angestellte sei am 12. und 13.10.2021 bis 13 Uhr in der Kanzlei gewesen.

6

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.

Meta

B 14 AS 250/21 B

09.12.2021

Bundessozialgericht 14. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AS

vorgehend Sozialgericht für das Saarland, 25. Oktober 2018, Az: S 21 AS 834/17, Gerichtsbescheid

§ 160a Abs 1 S 1 SGG, § 160a Abs 2 S 1 SGG, § 160a Abs 2 S 2 SGG, § 67 Abs 1 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 09.12.2021, Az. B 14 AS 250/21 B (REWIS RS 2021, 469)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 469

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2 U 5/07

V ZB 155/12

VIII ZB 37/19

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