Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.06.2017, Az. I ZR 153/13

I. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 10062

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:010617UIZR153.13.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
I ZR 153/13
Verkündet am:

1. Juni
2017

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der I.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 23.
Februar 2017 durch [X.] Dr.
Büscher, [X.], Dr.
Kirchhoff, Prof. Dr.
[X.] und Feddersen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des 6.
Zivilsenats des [X.] vom 27.
Juni 2013 un-ter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich der Klage zum
Nachteil der [X.] erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.]
8.
Kammer für Handelssachen
om 5.
Oktober 2011 zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 80% und die Beklagte 20% zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin ist eine Vertriebsgesellschaft der [X.] GmbH. Sie vertreibt unter den
Bezeichnungen
"ACCU-CHEK
Aviva" und "ACCU-CHEK
Compact" Teststreifen zur Blutzuckerselbstkontrolle für Diabetiker. Die [X.]
GmbH hat für diese Teststreifen vor deren
erstmaligem
Inverkehr-bringen in der [X.] durch eine benannte Stelle im [X.] 1
-
3
-
Königreich in [X.] ein Konformitätsbewertungsverfahren durch-führen lassen, aufgrund dessen die beiden Produkte eine [X.] erhalten haben.
Die Klägerin vertreibt die beiden Produkte in [X.] mit Angaben in [X.] auf der Umverpackung und mit einer in der [X.] einliegenden Gebrauchsanweisung in [X.]. In den von der Klägerin für die Teststreifen verwendeten Dosen befindet sich eine Kontrolllö-sung, mit der die Genauigkeit des Blutzuckermessgeräts
überprüft werden kann, in dem die Teststreifen verwendet werden. Dazu wird die [X.] auf einen Teststreifen getropft, der Teststreifen in das Messgerät eingeführt und der gemessene Wert mit den Werten auf der Dose verglichen. Wenn der ge-messene Wert außerhalb der Grenzwerte liegt, weist dies auf eine mangelnde Genauigkeit des Messgeräts hin. Auf dem [X.] Markt vertreibt die Klägerin
Blutzuckermessgeräte und Blutzuckerteststreifen ausschließlich mit den Mess-einheiten "mmol/l". Dagegen bietet sie in [X.] Blutzuckermessgeräte an, bei denen
entweder die Messeinheit "mmol/l" oder die Messeinheit "mg/dl" verwendet wird. Auf den von der Klägerin in [X.] vertriebenen
Dosen
für die Teststreifen
sind die Grenzwerte für die [X.] auf den [X.] daher sowohl in "mg/dl" als auch in "mmol/l" angegeben.
Die Beklagte ist eine Großhändlerin von Medizinprodukten. Sie vertrieb von der [X.] GmbH für das [X.] hergestellte Teststreifen "ACCU-CHEK
Aviva" und "ACCU-CHEK
Compact" in [X.] im Wege des Parallelvertriebs in Umverpackungen, auf denen sie Aufkleber mit [X.] in [X.] anbrachte.
Den Verpackungen war eine von der [X.] angefertigte [X.] Sprachfassung der Herstellerinformationen bei-gefügt, die wörtlich den Herstellerinformationen entsprach, die die [X.] Diag-nostics GmbH bei den von ihr zum Vertrieb in [X.] bestimmten Test-streifen verwendete. Auf den Teststreifen des von der [X.] vertriebenen 2
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-
4
-
Produkts "ACCU-CHEK
Aviva" waren die Grenzwerte in der [X.] bis [X.] 2010 allein in "mmol/l" angegeben.
Nach Ansicht der Klägerin waren die von der [X.] vertriebenen Teststreifen "ACCU-CHEK
Aviva" und "ACCU-CHEK
Compact" ohne ein neues oder ergänzendes Konformitätsbewertungsverfahren in [X.] nicht ver-kehrsfähig. Die Klägerin hat die Beklagte wegen des Vertriebs der Teststreifen abgemahnt. Die Beklagte
hat für die fraglichen Blutzuckerteststreifen vor einer benannten Stelle in den [X.] ein ergänzendes Konformitätsbewer-tungsverfahren durchführen lassen
und die Zertifizierung am 13.
Dezember 2010 erhalten.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin unter anderem beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen,
in der Bundesrepublik [X.] aus Ländern der [X.] und/oder des [X.] eingeführte [X.] mit der Kennzeichnung "ACCU-CHEK
Aviva" und/oder "ACCU-CHEK
Compact" mit einer umgestalteten Umverpackung und/oder Gebrauchsanwei-sung in den Verkehr zu bringen und/oder in den Verkehr bringen zu lassen, oh-ne dass diese umverpackten In-vitro-Diagnostika zur Eigenanwendung in einem (erneuten oder ergänzenden) Konformitätsbewertungsverfahren überprüft [X.] sind.
Diesen Antrag hat die Klägerin nachfolgend für erledigt erklärt und später zurückgenommen. Dazu hat sie ausgeführt, sie habe erst nach Klageerhebung erfahren, dass die Beklagte für die Produkte
über eine Zertifizierung durch eine benannte Stelle in den [X.] verfügt
habe.
Das [X.] hat die von der Klägerin mit den Anträgen auf [X.], Feststellung der Schadensersatzpflicht und Erstattung von Rechtsverfolgungskosten weiterverfolgte Klage abgewiesen.
Auf die Widerklage der [X.] hat es festgestellt, dass diese nicht gegenüber der Klägerin ver-pflichtet ist, es zu unterlassen, in der Bundesrepublik [X.] aus Ländern der [X.] und/oder des [X.] einge-4
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5
-
führte [X.] mit der Kennzeichnung "ACCU-CHEK
Aviva" und/oder "ACCU-CHEK
Compact" mit einer umgestalteten Um-verpackung und/oder Gebrauchsanweisung in den Verkehr zu bringen und/oder in den Verkehr bringen zu lassen, ohne dass diese umverpackten In-vitro-Diagnostika zur Eigenanwendung in einem
(erneuten oder ergänzenden) Kon-formitätsbewertungsverfahren überprüft worden sind.
Das Berufungsgericht hat den von der Klägerin in der Berufungsverhand-lung allein noch hinsichtlich des Vertriebs entsprechender Teststreifen vor dem 13.
Dezember 2010 gestellten Anträgen auf Auskunftserteilung und Schadens-ersatzfeststellung sowie dem Antrag der Klägerin auf Erstattung von [X.] stattgegeben und die Widerklage abgewiesen (OLG Frankfurt
a.M., GRUR-RR 2013, 524).
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurück-weisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Der Senat hat
mit Beschluss vom 30.
April 2015 dem Gerichtshof der [X.] folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt ([X.], [X.], 703 = [X.], 860
Teststreifen zur Blutzuckerkontrolle
I):
Muss ein Dritter ein In-vitro-Diagnostikum zur Eigenanwendung für die Blutzuckerbestimmung, das vom Hersteller in einem Mitglied-staat
A (konkret: im [X.] Königreich) einer Konformitätsbe-wertung nach Art.
9 der [X.]/[X.] unterzogen worden ist, das die [X.] nach Art.
16 der Richtlinie trägt und das die grundlegenden Anforderungen gemäß Art.
3 und An-hang
I der Richtlinie erfüllt, einer erneuten oder ergänzenden Kon-formitätsbewertung nach Art.
9 der Richtlinie unterziehen, bevor er das Produkt in einem Mitgliedstaat
B (konkret: in der Bundesre-publik [X.]) in Verpackungen in Verkehr bringt, auf denen Hinweise in der von der Amtssprache des Mitgliedstaats
A abwei-chenden Amtssprache des Mitgliedstaats
B angebracht sind ([X.]: [X.] statt [X.]) und denen Gebrauchsanweisungen 8
9
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-
6
-
in der Amtssprache des Mitgliedstaats
B statt des Mitgliedstaats
A beigefügt sind?
Macht es dabei einen Unterschied, ob die von dem [X.] wörtlich den Informationen ent-sprechen, die der Hersteller des Produkts im Rahmen des Ver-triebs im Mitgliedstaat
B verwendet?
Der Gerichtshof der [X.] hat diese Frage wie folgt [X.] ([X.], Urteil vom 13.
Oktober 2016
277/15, GRUR
Int.
2016, 1149 =
[X.], 161
[X.]/[X.]):
Art.
9 der [X.]/[X.] des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.
Oktober 1998 über In-vitro-Diagnostika ist da-hin auszulegen, dass er den Parallelimporteur eines Produkts zur Eigenanwendung für die Blutzuckerbestimmung, das die [X.] trägt und von einer benannten Stelle einer Kon-formitätsbewertung unterzogen worden ist, nicht verpflichtet, eine neue Bewertung vornehmen zu lassen, mit der die Konformität der Kennzeichnung und der Gebrauchsanweisung dieses Produkts wegen ihrer Übersetzung in die Amtssprache des [X.] bescheinigt werden soll.
Entscheidungsgründe:
I.
Das
Berufungsgericht hat die von der Klägerin zuletzt gestellten Anträ-ge auf Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung für die Zeit vor dem 13.
Dezember 2010 sowie den Antrag auf Erstattung von Abmahnkosten als begründet und die von der [X.] als Zwischenfeststellungsklage weiterver-folgte Widerklage als unzulässig angesehen. Dazu hat es ausgeführt:
Die Beklagte
habe
durch den Vertrieb der parallelimportierten [X.] vor dem Zeitpunkt der ergänzenden Zertifizierung am 13.
Dezember 2010 gegen die [X.] für In-vitro-Diagnostika verstoßen. Die
Beklagte
müsse sich wie ein Hersteller behandeln lassen, weil
sie auf der 11
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7
-
Umverpackung der Teststreifen für
den [X.]n Markt ein [X.]s Etikett angebracht und der Packung eine [X.] Gebrauchsanwei-sung beigefügt habe. Die Gebrauchsanweisung und Etikettierung in [X.] diene einer sicheren Anwendung des Produkts und müsse daher
in einem erneuten oder ergänzenden Konformitätsbewertungsverfahren nach dem [X.] überprüft werden.
Die Beklagte habe zwar nicht selbst eine Übersetzung der [X.] anfertigen lassen, sondern die [X.] Sprachfassung der [X.] der [X.]
GmbH übernommen. Dieser Umstand ändere aber nichts daran, dass die Gebrauchsanweisung erst durch die [X.] dem vom Hersteller mit einer anderen Sprachfassung ausgestatteten [X.] beigefügt worden sei. Die Überprüfung einer solchen Veränderung, die stets Fehlerquellen berge und zu Missverständnissen bei der Anwendung der Produkte mit schlimmen Folgen für den Anwender führen könne, habe aus Gründen des Gesundheitsschutzes der benannten Stelle im Sinne der [X.]/[X.] oblegen.
Der Vertrieb der umgestalteten Produkte ohne ergänzendes Konformi-tätsbewertungsverfahren habe die wettbewerbsrechtlich geschützten Interessen der Verbraucher spürbar beeinträchtigt. Die Beklagte habe auch schuldhaft ge-handelt. Sie habe sich nicht darauf verlassen dürfen, dass der Vertrieb der ver-änderten Produkte ohne ergänzende Konformitätsbewertung zulässig sei.
[X.] der [X.] sei unzulässig.
[X.] den Parteien sei als Hauptklage lediglich ein Auskunftsanspruch und ein Schadensersatzanspruch anhängig.
Das Bestehen des Unterlassungsan-spruchs
sei
hierfür nicht vorgreiflich.
[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision ist begründet, soweit sie sich dagegen richtet, dass das
Berufungsgericht der Klage stattgegeben 14
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-
8
-
hat. Die Klage stellt sich weder aus den vom Berufungsgericht angenommenen Gründen (dazu unter II
1) noch im Ergebnis als begründet dar (dazu unter II
2). Es besteht auch kein Anlass, die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (dazu unter II
3). Die von der [X.] erhobene Widerklage hat das Berufungsgericht mit Recht abgewiesen, so dass die Revision insoweit zurückzuweisen ist (dazu unter II
4).
1.
Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin zuletzt gestellten [X.] als begründet angesehen, weil die Beklagte durch den Vertrieb der paral-lelimportierten Teststreifen vor dem Zeitpunkt der ergänzenden Zertifizierung am 13.
Dezember 2010 gegen die [X.] für In-vitro-Diagnostika verstoßen habe. Die Beklagte müsse sich wie ein Hersteller be-handeln lassen, weil
sie auf der Umverpackung der Teststreifen für den deut-schen Markt ein [X.]s Etikett angebracht und der Packung eine [X.] Gebrauchsanweisung beigefügt habe. Die Gebrauchsanwei-sung und Etikettierung in [X.] diene einer sicheren Anwendung des Produkts und müsse daher in einem erneuten oder ergänzenden Konformi-tätsbewertungsverfahren nach dem [X.] überprüft werden.
Der Vertrieb der von der [X.] umgestalteten Produkte ohne ergänzendes Konformitätsbewertungsverfahren habe die wettbewerbsrechtlich geschützten Interessen der Verbraucher spürbar beeinträchtigt.
Das Berufungsgericht hat sich bei diesen Ausführungen an der Recht-sprechung des Senats orientiert, nach der In-vitro-Diagnostika zur Eigenan-wendung (schon) dann nicht im Inland in Verkehr gebracht werden dürfen, wenn sie eine Gebrauchsanweisung und eine Etikettierung in [X.]r Spra-che aufweisen, die nicht vorab in einem

zumindest ergänzenden
Konformi-tätsbewertungsverfahren überprüft worden sind ([X.], Urteil vom 12.
Mai 2010

I
ZR
185/07, GRUR
2010, 756 Rn.
11 = WRP
2010, 1020
[X.]). Daran kann nach dem Urteil des Gerichtshofs der [X.]
vom 18
19
-
9
-
13.
Oktober 2016
im vorliegenden Verfahren nicht festgehalten werden. Nach diesem Urteil
ist der Parallelimporteur eines Produkts zur Eigenanwendung für die Blutzuckerbestimmung, das die [X.] trägt
und von einer be-nannten Stelle einer
Konformitätsbewertung unterzogen worden ist, nicht ver-pflichtet, eine neue Bewertung vornehmen zu lassen, mit der die Konformität der Kennzeichnung und der Gebrauchsanweisung dieses Produkts wegen ihrer Übersetzung in die Amtssprache des [X.] bescheinigt werden soll. Aus Art.
9 der [X.]/[X.] und den deren Umsetzung dienenden Vorschriften des [X.]n Rechts lässt sich
nach Ansicht des Gerichtshofs der [X.]
eine Verpflichtung des
Parallelimporteurs zu einer solchen Vormarktkontrolle nicht herleiten.
2.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht im Er-gebnis als richtig dar. Die Revision der [X.] ist daher nicht gemäß §
561
ZPO zurückzuweisen.
a)
Auf
den
Teststreifen des von der [X.] vertriebenen Produkts
"ACCU-CHEK
Aviva" waren die Grenzwerte in der Zeit
von Juni bis [X.] 2010 nicht in "mg/dl", sondern allein in "mmol/l"
angegeben. Damit war bei [X.] für die Verwendung in Messgeräten mit den Messeinheiten "mg/dl" eine Umrechnung erforderlich, die zu einer fehlerhaften Anwendung durch den Verbraucher führen konnte. Nach dem Erwägungsgrund
19 der [X.]/[X.] umfasst der in dieser
Richtlinie angesprochene Herstel-lungsvorgang auch die Verpackung der Medizinprodukte, sofern diese im Zu-sammenhang mit Sicherheitsaspekten des Produkts steht. Auch unter Berück-sichtigung dieses Sachverhalts
hat das Urteil des Berufungsgerichts nach den
Ausführungen im Urteil des
Gerichtshofs
der [X.] vom 13.
Oktober 2016
keinen Bestand.
20
21
-
10
-
aa)
Der Gerichtshof der [X.] hat insoweit
ausgeführt, in den ihm vorgelegten Akten deute nichts darauf hin, dass eine solche Aufma-chung gegen das [X.] Recht verstoße. Zudem
habe die [X.] Regie-rung in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass es im innerstaatlichen Recht kein Verbot des Verkaufs von Produkten zur Blutzuckermessung gebe, auf de-nen
allein die Messeinheit "mmol/l" angegeben
sei ([X.], GRUR
Int.
2016, 1149
Rn.
45 -
[X.]/[X.]).
bb)
Die Klägerin meint zwar, diese Ausführungen ließen den Schluss zu, dass der Gerichtshof der [X.] die Vorlagefrage möglicherweise anders beantwortet hätte, wenn festgestellt worden
wäre, dass die fraglichen Angaben gegen gesetzliche Anforderungen verstießen. Sie macht aber nicht geltend, dass eine solche Feststellung im vorliegenden Verfahren hätte getrof-fen werden müssen oder auch nur können.
b)
[X.] hat entgegen der Ansicht der Kläge-rin auch nicht deshalb im Ergebnis Bestand, weil Art.
8 Abs.
1 Satz
1 der Richt-linie
98/79/[X.] die Mitgliedstaaten, die Gefahren für die Gesundheit oder [X.] der Patienten, der Anwender oder gegebenenfalls
Dritter oder die [X.] von Eigentum festgestellt haben, verpflichtet, alle geeigneten vorläufi-gen Maßnahmen zu treffen, um diese Produkte vom Markt zu nehmen oder de-ren
Inverkehrbringen oder Inbetriebnahme zu verbieten oder einzuschränken. Das dort geregelte und
durch das Beobachtungs-
und Meldeverfahren
gemäß Art.
11 der Richtlinie
98/79/[X.] ergänzte [X.] ermöglicht es
nach Ansicht des Gerichtshofs der [X.], die Gesundheit und Sicher-heit der Betroffenen zu schützen und dabei die Beeinträchtigungen des freien Warenverkehrs zu begrenzen, die die Anwendung nationaler Maßnahmen mit sich brächte, die den Importeur dazu verpflichteten, die zur Erfüllung der sprachlichen Anforderungen des [X.] vorgenommenen Ände-rungen an der Kennzeichnung und Gebrauchsanweisung eines Produkts
einer
22
23
24
25
-
11
-
Konformitätsbewertung unterziehen zu lassen ([X.], GRUR
Int.
2016, 1149

Rn.
48
[X.]/[X.]). Nach dieser als abschließend anzusehenden Rege-lung ist ein zusätzliches Konformitätsbewertungsverfahren zur [X.] im bislang
geltenden Recht für In-vitro-Diagnostika
nicht geboten und im Inte-resse des freien Warenverkehrs auch nicht zulässig.
Die Festlegung des Schutzniveaus der [X.]/[X.] für den Verbraucher durch die Ausle-gung der einschlägigen Bestimmungen in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ist insoweit bindend.
3.
Da die Aufhebung des Berufungsurteils nach den vorstehenden [X.] nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf den festgestellten Sachverhalt erfolgt und die Sache
nach den getroffenen Feststel-lungen
zur Endentscheidung reif ist,
hat der Senat
in der Sache selbst zu [X.] (§
562 Abs.
1, §
563 Abs.
1 Satz
1, Abs.
3 ZPO).
a)
Ohne Erfolg macht die Klägerin erstmals in der Revisionsinstanz gel-tend, sie hätte, wenn sie vorausgesehen hätte, dass der Gerichtshof der Euro-päischen [X.] höhere Anforderungen an die Feststellung einer konkreten Pa-tientengefährdung stellen würde als der Senat im Urteil "[X.]", er-gänzend insbesondere dazu vorgetragen, dass die
Beklagte im Rahmen einer Umetikettierung auch bereits fehlerhafte Chargenbezeichnungen und Mindest-haltbarkeitsdaten aufgebracht habe. Unabhängig davon, ob darin eine in der Revisionsinstanz nicht zulässige Einführung eines neuen Streitgegenstands liegt (vgl. dazu [X.], Urteil vom 9.
Oktober 2014
I
ZR
167/12, GRUR
2014, 1224 Rn.
25
bis 28 = WRP
2014, 1453
ENERGY
&
VODKA), kann
dieses Vorbringen der Klage schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil die [X.] auch unter diesen von der Klägerin nunmehr geltend gemachten Um-ständen keiner
Pflicht zur Durchführung eines (ergänzenden) Konformitätsver-fahrens zuwidergehandelt hätte (vgl. Rn.
24).
25
27
26
-
12
-
b) Aus dem zuletzt genannten Grund ist die Sache auch nicht an das Be-rufungsgericht zurückzuverweisen, um der Klägerin eine Antragstellung zu er-möglichen, bei der die Umstände des Einzelfalls mit berücksichtigt werden, aus denen sich gegebenenfalls
eine konkrete Gesundheitsgefährdung ergibt.
4. [X.] der [X.] hat das [X.] mit der Begründung abgewiesen, das Bestehen des Unterlas-sungsanspruchs sei für den zwischen den Parteien lediglich (noch) anhängigen Auskunfts-
und Schadensersatzanspruch nicht vorgreiflich. Diese Sichtweise entspricht der Rechtsprechung des [X.], wonach der [X.] und der Unterlassungsanspruch unterschiedliche Sach-verhalte betreffen und sich daher nicht gegenseitig präjudizieren (vgl. [X.], Ur-teil vom 2.
Mai 2002 -
I
ZR
45/01, [X.]Z 150, 377, 383 -
Faxkarte; Urteil vom 31.
Mai 2012 -
I
ZR
45/11, [X.], 949 Rn.
36 =
WRP 2012, 1086
[X.] Vertragsstrafe). Damit fehlt es im Streitfall an dem für eine zulässi-ge Zwischenfeststellungsklage gemäß §
256 Abs.
2 ZPO erforderlichen [X.] Rechtsverhältnis. Davon ist nur auszugehen, wenn ohnehin darüber befunden werden muss, ob das streitige Rechtsverhältnis besteht (vgl. [X.], Urteil vom 2.
Juli 2007
II
ZR
111/05, [X.], 69 Rn.
17). Das ist im [X.] zwischen Schadensersatzanspruch und Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten einerseits und Unterlassungsanspruch andererseits nicht der Fall (vgl. [X.] [X.], 949 Rn.
36 -
Missbräuchliche Vertragsstrafe).
I[X.]
Da unter Berücksichtigung des in dieser Sache auf Vorlage des Se-nats ergangenen Urteils des
Gerichtshofs
der [X.] "[X.]/[X.]" keine vernünftigen Zweifel an der Auslegung des im Streitfall anwendba-ren [X.]srechts bestehen, ist ein
weiteres
Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der [X.] gemäß Art.
267 AEUV nicht [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 6.
Oktober 1982
283/81, Slg.
1982, 3415 Rn.
21 27
28
29
-
13
-
=
NJW
1983, 1257
[X.]; Urteil vom 1.
Oktober 2015

[X.]/14, GRUR
Int.
2015, 1152 Rn.
43
[X.], mwN).
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §
92 Abs.
1, §
97 Abs.
1, §
269 Abs.
3 Satz
2 ZPO. Für eine Anwendung des vom Berufungsgericht bei seiner Kostenentscheidung herangezogenen §
269 Abs.
3 Satz
3 ZPO ist vorliegend kein Raum. Die Anwendung dieser Bestimmung hätte erfordert, dass die [X.] der Klägerin dadurch Anlass zu deren am 14.
Februar 2011 anhängig gemachter und durch Zustellung an den [X.]vertreter am 22.
März 2011 erhobener Unterlassungsklage gegeben hätte, dass sie die Klägerin pflichtwid-rig nicht über die ihr von der [X.]KRA Certification B.V. am 13.
Dezember 2010 erteilte "[X.] 2140403AoC01" unterrichtet hätte. Für einen solchen Pflichtverstoß der [X.] ist hier nichts ersichtlich.
Büscher
Schaffert
Kirchhoff

[X.]
Feddersen
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 05.10.2011 -
3-8 O 51/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 27.06.2013 -
6 [X.] -

30

Meta

I ZR 153/13

01.06.2017

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.06.2017, Az. I ZR 153/13 (REWIS RS 2017, 10062)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10062

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