Bundesfinanzhof, Beschluss vom 04.01.2022, Az. I B 83/20

1. Senat | REWIS RS 2022, 2223

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Gegenstand

(Zur Einbeziehung der Ergebnisse anderer Geschäfte in die Veräußerungskosten i.S. des § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG)


Leitsatz

NV: Den Senatsurteilen vom 10.04.2019 - I R 20/16 (BFHE 265, 63, BStBl II 2020, 674) und vom 09.04.2014 - I R 52/12 (BFHE 245, 59, BStBl II 2014, 861) lässt sich kein abstrakter Rechtssatz entnehmen, dass die Einbeziehung der Ergebnisse anderer Geschäfte in die Veräußerungskosten nach § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG eine zu 100 % feststehende, gegenläufige Korrelation der Geschäfte voraussetzt.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 21.10.2020 - 4 K 1644/18 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

[[X.].]ie [[[[[X.].].].].]eteiligten streiten über die körperschaft- und gewerbesteuerliche [[[[[X.].].].].]erücksichtigung eines Verlusts aus der Veräußerung einer Wandelanleihe im Streitjahr 2007.

2

[[X.].]ie Klägerin und [[[[[X.].].].].]eschwerdeführerin (Klägerin) ist eine inländische GmbH, die zu einem ausländischen [[[[[X.].].].].]ankkonzern (Z-Konzern) gehört. Mit [[[[[[[X.].].].].].].] erwarb die Klägerin für ... € Wandelanleihen der [[[[[[[X.].].].].].].]., [[[[[[[X.].].].].].].] ([[[[[[X.].].].].].]). Gleichzeitig zeichnete sie für ebenfalls ... € Wandelanleihen der [[[[[[X.].].].].].]., [[[[[[X.].].].].].] ([[[[[[X.].].].].].]). [[[[[X.].].].].]nschließend gewährten [[[[[[X.].].].].].] der [[[[[X.].].].].] [[[[[X.].].].].]L., [[[[[X.].].].].] ([[[[[X.].].].].]), und [[[[[[X.].].].].].] der [[[[[X.].].].].][[[[[X.].].].].]L., [[[[[X.].].].].] ([[[[[X.].].].].]), strukturierte [[X.].]arlehen in Höhe von jeweils ... €. Sowohl [[[[[X.].].].].] als auch [[[[[X.].].].].] waren Tochtergesellschaften der [[[[[X.].].].].] [[[[[X.].].].].]L., [[[[[X.].].].].]. In [[[[[X.].].].].]bhängigkeit der Wechselkursentwicklungen innerhalb eines [[[[[X.].].].].]eobachtungszeitraums, der für beide [[X.].]arlehen identisch war und am 31.08.2007 endete, konnten sich die Rückzahlungsbeträge der [[X.].]arlehen um jeweils ... € erhöhen oder verringern. [[[[[X.].].].].]ufgrund der vereinbarten Parameter betrug die Wahrscheinlichkeit einer gegenläufigen Korrelation mindestens 86,5 %.

3

In der Folge minderte sich der Rückzahlungsbetrag für das von [[[[[[X.].].].].].] gewährte [[X.].]arlehen auf ... €, während sich der Rückzahlungsbetrag für das von [[[[[[X.].].].].].] gewährte [[X.].]arlehen auf ... € erhöhte. [[X.].]a das von [[[[[[X.].].].].].] gewährte [[X.].]arlehen nahezu das gesamte Vermögen der [[[[[[X.].].].].].] ausmachte, erzielte die Klägerin aus der Veräußerung der [[[[[[X.].].].].].]-Wandelanleihe im September 2007 einen Erlös in Höhe von ... €. [[X.].]araus ergab sich --ohne [[[[[X.].].].].]erücksichtigung von [[X.].] ein Verlust in Höhe von ... €. Hinsichtlich der [[[[[[X.].].].].].]-Wandelanleihe übte die Klägerin die Option zur Wandlung in [[[[[[X.].].].].].]-[[[[[X.].].].].]ktien aus und veräußerte diese im November 2008 für ... €. [[X.].]er --ebenfalls ohne [[[[[X.].].].].]erücksichtigung von [[X.].] erzielte Gewinn in Höhe von ... € war gemäß § 8b [[[[[X.].].].].]bs. 2 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung ([[X.].]) steuerfrei. Erwerberin war in beiden Fällen die [[X.].] [[[[[X.].].].].]L., [[[[[X.].].].].] ([[X.].]), eine Gesellschaft des [[X.].]. Sowohl die Klägerin und als auch [[X.].] wurden durch Gesellschaften des [[X.].] finanziert. Indem [[X.].] die [[[[[[X.].].].].].]-Wandelanleihe wieder an [[[[[[X.].].].].].] sowie die [[[[[[X.].].].].].]-[[[[[X.].].].].]ktien wieder an [[[[[[X.].].].].].] verkaufte, wurde die Konstruktion zum 31.12.2007 bzw. 31.12.2008 rückabgewickelt. Für die Klägerin waren die Investitionen in die Wandelanleihen im Ergebnis wirtschaftlich neutral.

4

[[X.].]ie Klägerin erklärte für das Streitjahr einen steuerlichen Verlust, da (nur) der Gewinn aus der Veräußerung der [[[[[[X.].].].].].]-[[[[[X.].].].].]ktien gemäß § 8b [[[[[X.].].].].]bs. 2 Satz 1 [[X.].] steuerfrei sei. [[X.].]iesen Verlust nutzte sie, um einen im Streitjahr angefallenen Gewinn aus der Veräußerung eines Flugzeugs in Höhe von ... € auszugleichen.

5

Nach [[X.].]urchführung einer [[[[[X.].].].].]ußenprüfung erließ der [[[[[X.].].].].]eklagte und [[[[[X.].].].].]eschwerdegegner (das Finanzamt --F[[[[[X.].].].].]--) geänderte Steuerbescheide, in denen er den Verlust aus der Veräußerung der [[[[[[X.].].].].].]-Wandelanleihe nicht mehr als steuerlich abzugsfähig anerkannte. Ein Einspruch blieb erfolglos.

6

[[X.].]ie hiergegen gerichtete Klage wies das [X.] ([X.]) mit Urteil vom 21.10.2020 - 4 K 1644/18 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2021, 669) als unbegründet ab. [[X.].]as F[[[[[X.].].].].] habe den Verlust aus der Veräußerung der [[[[[[X.].].].].].]-Wandelanleihe zu Recht nicht als steuerlich abzugsfähigen Verlust anerkannt. [[[[[X.].].].].]ufgrund des vorrangigen Veranlassungszusammenhangs mit der Veräußerung der [[[[[[X.].].].].].]-[[[[[X.].].].].]ktien im Jahr 2008 gehöre dieser Verlust zu den Veräußerungskosten und damit zum steuerfreien Gewinn i.S. des § 8b [[[[[X.].].].].]bs. 2 Satz 1 [[X.].]. [[X.].]arüber hinaus liege ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten gemäß § 42 der [[[[[X.].].].].]bgabenordnung in der für das Streitjahr geltenden Fassung vor.

7

[[X.].]as [X.] ließ die Revision nicht zu. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer [[[[[X.].].].].]eschwerde.

Entscheidungsgründe

II.

8

Die Beschwerde ist unbegründet und daher durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

9

1. Ist das Urteil des [X.] kumulativ auf mehrere Gründe gestützt, muss hinsichtlich jeder Begründung ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 [X.]O dargelegt werden und vorliegen (z.B. Beschluss des [X.] --BFH-- vom 22.12.2008 - IX B 143/08, [X.], 547, m.w.N.). Diese Voraussetzung ist im Streitfall für die selbständig tragende Begründung des [X.], der Verlust aus der Veräußerung der [X.] stelle Veräußerungskosten des steuerfreien Verkaufs der Y-Aktien dar, nicht erfüllt.

2. Die Qualifizierung dieser Verluste als Veräußerungskosten i.S. des § 8b Abs. 2 Satz 2 [X.] führt zu keiner Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Variante 2 [X.]O.

a) Eine Divergenz setzt voraus, dass das [X.] seiner Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der von den tragenden abstrakten Rechtsausführungen einer Divergenzentscheidung abweicht. Die Entscheidungen müssen zu einem vergleichbaren Sachverhalt ergangen sein und dieselbe Rechtsfrage betreffen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. [X.]sbeschluss vom 20.03.2012 - I B 93/11, [X.], 1143, m.w.N.).

b) Gemessen daran ist das [X.] weder von dem [X.]surteil vom 10.04.2019 - I R 20/16 ([X.], 63, [X.], 674) noch von dem [X.]surteil vom 09.04.2014 - I R 52/12 ([X.], 59, [X.] 2014, 861) abgewichen. Dies folgt bereits daraus, dass sich diesen Entscheidungen nicht die von der Klägerin formulierten abstrakten Rechtssätze entnehmen lassen.

Zutreffend ist, dass beide Entscheidungen die Einbeziehung der Ergebnisse anderer Geschäfte in die Berechnung des Veräußerungsgewinns nach § 8b Abs. 2 Satz 2 [X.] betreffen. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der [X.] aber keinen abstrakten Rechtssatz aufgestellt, dass nur solche Geschäfte in die Berechnung nach § 8b Abs. 2 Satz 2 [X.] einzubeziehen seien, für die dem Grunde nach eine zu 100 % feststehende, gegenläufige Korrelation bestehe. Vielmehr lautet der abstrakte Rechtssatz des [X.]s, dass es auf den "[X.]" mit der Veräußerung ankommt. Hierfür ist "auf das 'auslösende Moment' für die Entstehung der Aufwendungen und ihre größere Nähe zur Veräußerung oder zum laufenden Gewinn" abzustellen.

Soweit der [X.] in dem Urteil in [X.], 63, [X.], 674 ausführt, Verluste aus Termingeschäften, die "ausschließlich" zum Ausschluss bzw. zur Minderung des [X.] einer konkret geplanten, in Fremdwährung abzuwickelnden Anteilsveräußerung abgeschlossen worden seien, gehörten zu den Veräußerungskosten i.S. des § 8b Abs. 2 Satz 2 [X.], und in dem Urteil in [X.], 59, [X.] 2014, 861 darauf abstellt, dass die dortigen [X.] "nur" zur Gegenfinanzierung der Gewinne aus den Veräußerungen eingegangen worden seien, folgt daraus nichts anderes. Diesen Ausführungen lässt sich nicht entnehmen, dass zwischen den Geschäften zwingend eine zu 100 % gegenläufige Korrelation der Geschäfte gegeben sein muss, um einen [X.] zu begründen.

Zum einen werden damit keine abstrakten Voraussetzungen für das Vorliegen eines [X.]s aufgestellt, sondern die Ausführungen gehören zur Subsumtion im Wege einer wirtschaftlich wertenden Gesamtbetrachtung bzw. geben das Ergebnis dieser Subsumtion wieder. Zum anderen beziehen sich die von der Klägerin hervorgehobenen Formulierungen "ausschließlich" und "nur" allein auf den Zweck des Geschäfts und nicht darauf, ob die angestrebte gegenläufige Korrelation tatsächlich in jedem Fall eintritt.

c) Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die [X.]surteile in [X.], 63, [X.], 674 und in [X.], 59, [X.] 2014, 861 ist das [X.] exakt von den dort entwickelten abstrakten Rechtssätzen ausgegangen. Im Rahmen einer umfangreichen Würdigung der Umstände des Einzelfalls und des Ergebnisses einer Zeugenvernehmung ist es (lediglich) zu der Überzeugung gelangt, dass im Streitfall bei wirtschaftlich wertender Betrachtung ein ausreichender [X.] vorliegt und die Verluste aus der Veräußerung der [X.] als Veräußerungskosten des Verkaufs der Y-Aktien anzusehen sind. Eine solche Einzelfallwürdigung kann aber nicht zu einer Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Variante 2 [X.]O führen.

3. Darüber hinaus ist die Revision weder wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O) noch zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Variante 1 [X.]O) zuzulassen.

a) Sowohl die Grundsatzrevision als auch die speziellere Rechtsfortbildungsrevision setzen eine Rechtsfrage voraus, die im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und im zu erwartenden Revisionsverfahren klärungsfähig ist (z.B. [X.]sbeschlüsse vom 11.09.2013 - I B 17/13, [X.], 184; vom 01.03.2016 - I B 32/15, [X.], 1141; jeweils m.w.N.).

b) Die von der Klägerin formulierte Rechtsfrage, "ob die Ausschließlichkeit zur Einordnung der Verluste aus einem anderen Geschäft als Veräußerungskosten einer Anteilsveräußerung nach § 8b Abs. 2 Satz 1 [X.] einer bloßen Wahrscheinlichkeitsbetrachtung weichen kann und welchem Maßstab diese Wahrscheinlichkeit dann genügen müsste", ist nicht im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig.

Denn durch die [X.]surteile in [X.], 63, [X.], 674 und in [X.], 59, [X.] 2014, 861 ist bereits geklärt, dass für die Zuordnung von Ergebnissen eines anderen Geschäfts zu den Veräußerungskosten i.S. des § 8b Abs. 2 Satz 2 [X.] auf den "[X.]" mit der Veräußerung abzustellen ist. Maßgebend ist das "auslösende Moment" für die Entstehung der Aufwendungen und ihre größere Nähe zur Veräußerung oder zum laufenden Gewinn.

Zwar kommt es in diesem Zusammenhang auch auf den Grad der Korrelation zwischen zwei Geschäften an. Welcher Grad der Korrelation dabei erforderlich ist, lässt sich aber nicht allgemeingültig beantworten, sondern hängt von der wirtschaftlich wertenden Betrachtung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls ab. Fragen, deren Beantwortung wesentlich von den Umständen des Einzelfalls abhängen, sind nicht allgemein klärungsbedürftig (vgl. z.B. [X.]sbeschluss vom 25.03.2013 - I B 26/12, [X.], 1061, m.w.N.).

4. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]O abgesehen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

I B 83/20

04.01.2022

Bundesfinanzhof 1. Senat

Beschluss

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 21. Oktober 2020, Az: 4 K 1644/18, Urteil

§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 FGO, § 8b Abs 2 S 1 KStG 2002 vom 22.12.2003, § 8b Abs 2 S 2 KStG 2002 vom 22.12.2003, KStG VZ 2007

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 04.01.2022, Az. I B 83/20 (REWIS RS 2022, 2223)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 2223

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