Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 19.06.2013, Az. 2 B 45/12

2. Senat | REWIS RS 2013, 4944

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Gegenstand

Versorgung von Ruhestandsbeamten; Alimentationsprinzip; kinderbezogene Versorgungszuschläge


Gründe

1

Die auf die grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte [X.]eschwerde hat keinen Erfolg.

2

Der im Jahre 1925 geborene Kläger war zuletzt [X.] ([X.]esoldungsgruppe [X.]) beim Rechnungshof der [X.] und wurde 1986 in den Ruhestand versetzt. Nach der Scheidung von seiner früheren Ehefrau wurden 1991 seine Versorgungsbezüge gemäß § 57 [X.] gekürzt; seine frühere Ehefrau ist 2005 verstorben. Der Kläger nahm 1988 seinen Wohnsitz zunächst in [X.] und dann seit 1991 in [X.]; seit 1999 ist der Kläger wieder verheiratet. Drei in den Jahren 1982, 1988 und 1989 auf den [X.] geborene Kinder, für die er 1998 die Vaterschaft anerkannt hat, leben auf den [X.]. Kindergeld für sie hat er nie bezogen; 1998 hat er beantragt, sie bei der Festsetzung seiner [X.]ezüge zu berücksichtigen.

3

Der Kläger begehrt, ihm im Hinblick auf die drei auf den [X.] lebenden Kinder eine höhere Versorgung und höhere jährliche Sonderzuwendungen zu zahlen sowie ihn im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als ob alle Voraussetzungen der Kindergeldbewilligung erfüllt wären. Außerdem erstrebt er die Gewährung von [X.] ohne Abzug von [X.] und die Aufhebung der Kürzung seiner Versorgungsbezüge nach § 57 [X.] mit Wirkung ab dem Tode seiner früheren Ehefrau. Klage und [X.]erufung blieben in beiden Instanzen erfolglos.

4

Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen [X.]edeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor.

5

Es kann dahinstehen, inwieweit die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt. Sie formuliert keine zu klärenden Fragen und setzt sich nur bei der ersten Rüge im Einzelnen und auf den jeweiligen Streitgegenstand bezogen mit den tragenden Gründen des [X.]erufungsurteils auseinander. Aber auch soweit man dem klägerischen Vortrag Fragestellungen entnehmen kann, rechtfertigen sie nicht die Zulassung der Revision.

6

Der Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen [X.]edeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache eine konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf ([X.]eschlüsse vom 2. Oktober 1961 - [X.]VerwG 8 [X.] 78.61 - [X.]VerwGE 13, 90 <91> = [X.] 310 § 132 VwGO Nr. 18 und vom 2. Februar 2011 - [X.]VerwG 6 [X.] 37.10 - NVwZ 2011, 507; stRspr).

7

1. Hinsichtlich des Versorgungsanspruchs des [X.] hat das Oberverwaltungsgericht aus dem Zusammenspiel der [X.]estimmungen des [X.]s (§ 50 [X.] 1997), [X.]esoldungsrechts (§ 40 [X.][X.]esG 1997) und Steuerrechts (§§ 62 Abs. 1, 63 Abs. 1 i.V.m. § 1 und § 32 EStG 1997) abgeleitet, dass dem Kläger einfachrechtlich kein Kindergeldanspruch und damit auch kein höherer Familienzuschlag bei der Versorgung zusteht. Der [X.]esoldungsgesetzgeber macht die Gewährung des kinderbezogenen Teils des [X.] davon abhängig, dass der [X.]esoldungsempfänger nach den Regelungen des Einkommensteuergesetzes oder des [X.] ist. Der besoldungs- bzw. versorgungsrechtliche Anspruch setzt zwingend die Kindergeldberechtigung, d.h. einen Anspruch auf Kindergeld voraus. Diese Verknüpfung macht deutlich, dass beide Leistungen den gleichen sozialpolitischen Zweck, nämlich den Familienlastenausgleich für den Mehraufwand von Kindern, verfolgen. Daher sollen divergierende Auffassungen von Familienkasse und [X.]esoldungsstelle über die Kindergeldberechtigung vermieden werden (stRspr, vgl. zuletzt [X.]eschluss vom 18. Juni 2013 - [X.]VerwG 2 [X.] 12.13 - zur [X.] in der Entscheidungssammlung [X.] vorgesehen).

8

Dieses Ergebnis stellt der Kläger nicht in Frage, meint aber, dass es hiermit im [X.]esoldungs- und [X.] im Hinblick auf das [X.] nicht sein [X.]ewenden haben dürfe; in verfassungskonformer Auslegung des § 1 Abs. 2 EStG müsse für den Anspruch auf den kindbezogenen Familienzuschlag auf die Wohnsitzvoraussetzung des § 63 Abs.1 Satz 3 EStG dann verzichtet werden, wenn der Kindergeldanspruch nur wegen der Nichterfüllung dieser Voraussetzung scheitere. Er wirft sinngemäß die Frage auf, ob das [X.] es gewährleistet, dass der Familienzuschlag bei Kindern, für die Unterhalt geleistet wird, unabhängig davon zu gewähren ist, wo die Kinder leben und ob für sie ein Kindergeldanspruch besteht.

9

Das [X.] gehört zu den hergebrachten Grundsätzen des [X.]erufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG. Es verpflichtet den Dienstherrn, dem [X.]eamten und seiner Familie angemessenen Unterhalt zu leisten. Deshalb muss ein [X.]eamter seine Unterhaltspflichten gegenüber seiner Familie erfüllen können. Zu seiner Familie gehören auch die in häuslicher Gemeinschaft mit dem [X.]eamten lebenden Kinder ([X.]VerfG, [X.]eschluss vom 9. Juni 1979 - 2 [X.]vL 14/66 - [X.]VerfGE 29, 1 <9>; Kammerbeschluss vom 8. November 2007 - 2 [X.]vR 2466/06 - [X.], 487 Rn. 23).

Das Oberverwaltungsgericht hat dahinstehen lassen, ob es das [X.] darüber hinausgehend auch gebietet, einem im außereuropäischen Ausland lebenden Versorgungsempfänger einen kinderbezogenen Familienzuschlag für Kinder zu zahlen, die zwar nicht mit ihm in einem Haushalt leben, mit denen er aber eine familiäre Lebensgemeinschaft pflege; denn der Kläger habe nicht geltend gemacht, dass er jemals eine familiäre [X.]eistands- oder Umgangsgemeinschaft mit seinen auf den [X.] lebenden Kindern gepflegt oder zu ihnen regelmäßige ([X.]esuchs-)[X.]eziehungen unterhalten habe. Es hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Kläger gegenüber den auf den [X.] lebenden Kindern, für die er die Vaterschaft erst lange nach deren Geburt anerkannt hat, unterhaltspflichtig war und ist, ohne dass der Kläger dem mit einer (begründeten) Verfahrensrüge entgegengetreten ist. Jedenfalls für den Fall des Fehlens einer Umgangsgemeinschaft und einer Unterhaltspflicht stellt sich nicht die verfassungsrechtliche Frage, ob das [X.] auch die [X.]erücksichtigung von nicht im Haushalt lebenden Kindern eines im außereuropäischen Ausland lebenden Versorgungsempfängers gebietet.

2. Das Oberverwaltungsgericht hat weiter zutreffend ausgeführt, dass die Kürzung der Versorgungsbezüge des [X.] gemäß § 57 [X.] nach dessen Ehescheidung im Jahre 1991 und dem seinerzeit durchgeführten Versorgungsausgleich mit der Übertragung von Versorgungsanwartschaften auf die frühere Ehefrau des [X.] nicht deshalb rückgängig zu machen ist, weil die Ehefrau im Jahre 2005 - und damit nach einem etwa vierzehnjährigen Rentenbezug aufgrund des Versorgungsausgleichs - verstorben ist. Der Kläger wirft insoweit keine aus seiner Sicht klärungsbedürftige Frage auf und setzt sich auch nicht mit den Ausführungen des [X.] auseinander, sondern beklagt lediglich in zwei Sätzen, dass er sich damit unter der Pfändungsfreigrenze bewege. Das genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 VwGO.

Abgesehen davon weist das Oberverwaltungsgericht zu Recht auf die Rechtsprechung des [X.]undesverfassungsgerichts hin, wonach es nicht gegen Art. 14 GG oder Art. 33 Abs. 5 GG verstößt, dass beim Vorversterben des ausgleichsberechtigten Ehegatten die Kürzung der Versorgung des [X.] nur dann entfällt, wenn die aufgrund des Versorgungsausgleichs gewährten Leistungen innerhalb der von § 4 Abs. 2 des [X.] im Versorgungsausgleich - [X.] - bestimmten Grenzen (zwei Jahresbeträge einer auf das Ende des Leistungsbezugs berechneten Rente) liegen (Urteil vom 5. Juli 1989 - 1 [X.]vL 11/87 u.a. - [X.]VerfGE 80, 297 <308 ff.>). Damit hat das [X.]undesverfassungsgericht die gesetzliche Regelung in § 4 Abs. 2 [X.] gebilligt, die im Hinblick darauf erlassen worden ist, dass das [X.]undesverfassungsgericht zuvor gesetzliche Regelungen zur Vermeidung nachträglich eintretender grundrechtswidriger Auswirkungen des Versorgungsausgleichs verlangt hatte (Urteil vom 28. Februar 1980 - 1 [X.]vL 17/77 u.a. - [X.]VerfGE 53, 257 <302 ff.>). Das Oberverwaltungsgericht hat auch zu Recht angenommen, dass angesichts des vierzehnjährigen Leistungsbezugs der früheren Ehefrau des [X.] der Fortbestand der Kürzung der Versorgungsbezüge des [X.] auch über den Tod seiner früheren Ehefrau hinaus nicht unverhältnismäßig war.

3. Schließlich hat das Oberverwaltungsgericht ausführlich dargelegt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung von [X.] ohne den Abzug von Eigenanteilen hat. Es hat ausgeführt, dass die Versorgungsbezüge des [X.] im streitigen Zeitraum deutlich über der Höhe des [X.] als der nach Landesrecht maßgeblichen Grenze lagen, bis zu der ein Eigenbehalt nicht abzuziehen war. Angesichts der jährlichen Eigenanteile zwischen 30 und 202 € liege auch kein atypischer Fall vor, bei dem eine Kürzung der [X.]eihilfe um Eigenanteile unbillig wäre. Die [X.]eschwerde formuliert auch hierzu keine Frage und setzt sich ebenfalls nicht mit den Ausführungen des [X.] auseinander, sondern beklagt pauschal den Härtefall, der sich daraus ergebe, dass er die ihm verbleibenden Mittel auch im Krankheitsfall bzw. für dessen Vorsorge einsetzen müsse. Das genügt ebenfalls nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.

Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des [X.]undesverfassungsgerichts und des [X.]undesverwaltungsgerichts geklärt, dass die in Art. 33 Abs. 5 GG verankerte Pflicht des Dienstherrn zur Sicherstellung des amtsangemessenen Lebensunterhalts sich auch auf Lebenslagen erstreckt, die einen erhöhten [X.]edarf begründen. Die verfassungsrechtliche Alimentationspflicht gebietet dem Dienstherrn, Vorkehrungen zu treffen, dass die notwendigen und angemessenen Maßnahmen im Falle von Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt und Tod nicht aus wirtschaftlichen Gründen unterbleiben, weil sie der [X.]eamte mit der [X.] nicht bewältigen kann, oder dass der amtsangemessene Lebensunterhalt wegen der finanziellen [X.]elastungen in diesen Ausnahmesituationen nicht gefährdet wird (stRspr, vgl. [X.]VerfG, [X.]eschlüsse vom 15. Mai 1985 - 2 [X.]vL 24/82 - [X.]VerfGE 70, 69 <79> und vom 7. November 2002 - 2 [X.]vR 1053/98 - [X.]VerfGE 106, 225 <232>; [X.]VerwG, Urteil vom 24. Januar 2012 - [X.]VerwG 2 C 24.10 - [X.] 238.927 § 12 [X.]VO NRW Nr. 1 Rn. 15 m.w.N.).

Ob die Fürsorge in Krankheits- und Pflegefällen durch [X.], durch Mittel der [X.] zur Finanzierung einer Krankenversicherung oder nicht versicherbarer [X.]elastungen oder durch eine Kombination aus diesen Elementen unter Wahrung der Amtsangemessenheit der Alimentation sichergestellt wird, ist dem Gesetzgeber überlassen ([X.]VerfG, [X.]eschluss vom 7. November 2002 - 2 [X.]vR 1053/98 - [X.]VerfGE 106, 225 <232 f.> und Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 [X.]vR 1715/03 u.a. - DV[X.]l 2007, 1493 <1495>; [X.]VerwG, Urteil vom 28. April 2011 - [X.]VerwG 2 C 51.08 - Z[X.]R 2011, 379 Rn. 14 m.w.N.). Der Spielraum des Gesetzgebers bei der Gestaltung des [X.]esoldungsrechts wird grundsätzlich erst durch Maßnahmen überschritten, die sich als evident sachwidrig erweisen ([X.]VerfG, [X.]eschlüsse vom 4. April 2001 - 2 [X.]vL 7/98 - [X.]VerfGE 103, 310 <320> und vom 6. Mai 2004 - 2 [X.]vL 16/02 - [X.]VerfGE 110, 353 <364>; [X.]VerwG, Urteile vom 20. März 2008 - [X.]VerwG 2 C 49.07 - [X.]VerwGE 131, 20 = [X.] 11 Art. 33 Abs. 5 Nr. 94, jeweils Rn. 27, vom 25. März 2010 - [X.]VerwG 2 C 52.08 - [X.] 271 L[X.]eihilfeR Nr. 36 Rn. 13 und vom 28. April 2011 a.a.[X.]; stRspr).

Dem [X.]eamten, der sein grundrechtsgleiches Recht auf amtsangemessene Alimentation geltend machen will, ist es aber verwehrt, durch eine Klage auf Gewährung von Fürsorgeleistungen ohne gesetzliche Grundlage in den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers einzugreifen. Vielmehr muss der betroffene [X.]eamte seinen auf eine höhere Alimentation zielenden Anspruch prozessual durch eine Feststellungsklage geltend machen ([X.]VerwG, Urteil vom 28. April 2011 a.a.[X.] Rn. 15; stRspr).

Meta

2 B 45/12

19.06.2013

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, 2. März 2012, Az: 1 Bf 209/08, Urteil

Art 33 Abs 5 GG, § 63 Abs 1 S 3 EStG, § 1 Abs 2 EStG, § 50 BeamtVG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 19.06.2013, Az. 2 B 45/12 (REWIS RS 2013, 4944)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4944

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13 K 8134/19 (Verwaltungsgericht Düsseldorf)


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2 BvL 7/98

2 BvL 16/02

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