Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.06.2016, Az. XII ZB 248/15

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 9521

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[X.]:[X.]:BGH:2016:220616BXIIZB248.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII ZB 248/15
vom
22. Juni
2016
in der Familiensache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
[X.] §§ 17, 45 Abs. 1; [X.] § 4 Abs. 5
Es begegnet aus Rechtsgründen grundsätzlich keinen Bedenken, wenn ein be-trieblicher Versorgungsträger für die Ermittlung des [X.] der künftigen Leis-tungen aus einer Direktzusage als [X.] den Abzinsungsfak-tor gemäß §
253 Abs.
2 HGB (in der Fassung des [X.] des [X.] vom 28.
Mai 2009, BGBl.
I S.
1102) iVm §§
1 Satz
2, 6 Rück-AbzinsV heranzieht (im [X.] an [X.]sbeschluss vom 9.
März 2016

XII
ZB
540/14
Z 2016, 781).
BGH, Beschluss vom 22. Juni 2016 -
XII ZB 248/15 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-

Weitere Beteiligte:

-
3
-

Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 22. Juni
2016
durch [X.],
die Richter
Schilling, Dr.
Nedden-Boeger
und Dr.
Botur
und die Richterin Dr. Krüger
beschlossen:
Die
Rechtsbeschwerde gegen den
Beschluss des 13. Zivilsenats
-
1.
[X.] für Familiensachen
-
des
Oberlandesgerichts [X.]
vom 15. April
2015
wird auf Kosten der Antragsgegnerin [X.].
Beschwerdewert:
2.686

Gründe:
I.
Die im Juni
1986
geschlossene Ehe des Antragstellers (im Folgenden: Ehemann) und der
Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) wurde auf den
im April 2012
zugestellten Scheidungsantrag durch Beschluss des Amtsgerichts
-
insoweit rechtskräftig
-
geschieden.
Der Ehemann hat
in der gesetzlichen Ehezeit
vom 1.
Juni
1986
bis 31.
März
2012

3 Abs. 1 [X.])
unter anderem im Wege der Direktzu-sage Anrechte der betrieblichen Altersversorgung bei der A.W.F.
GmbH ([X.] zu 1) und bei der [X.] (Beteiligte zu 2) erworben. Die A.W.F.
GmbH 1
2
-
4
-

hat einen Ausgleichswert von 43.235,08

und die [X.] einen Aus-Beide Versorgungsträger haben
der Ermittlung des [X.] der künftigen Versorgungsleistungen
den [X.] gemäß § 253 Abs. 2 HGB iVm §§ 1 Satz 2, 6 [X.] (im [X.] auch: [X.]) zugrunde gelegt, wobei der von
der A.W.F. GmbH gewählte [X.] von 5,12
% dem [X.] am Ende der Ehezeit und der von der [X.] gewählte [X.] von 5,14
% dem [X.] am
letzten Bilanzstichtag des
Unternehmens
vor dem Ende der Ehezeit entsprach. Beide Versorgungsträger verlangen
die externe Teilung.
Das Amtsgericht
hat im Scheidungsverbund den Versorgungsausgleich geregelt. Dabei
hat es entsprechend dem Vorschlag der
Versorgungsträger an-geordnet, dass im Wege externer Teilung zu Lasten der beiden von dem [X.] erworbenen betrieblichen
Anrechte zugunsten der Ehefrau Anrechte in Höhe von 43.235,08

bzw. 9.531,50

bei der von der Ehefrau als Zielversor-gung gewählten [X.]
(Beteiligte zu 5), jeweils bezogen auf den 31. März 2012, begründet werden. Ferner sind die Versorgungsträger
verpflichtet worden, die jeweils genannten Beträge
nebst 5,12
% bzw. 5,14
% Zinsen hieraus seit dem 1. April
2012
bis zur Rechtskraft der Entscheidung
an die [X.]
zu zahlen.
Mit ihrer Beschwerde hat sich die Ehefrau gegen die Entscheidung zum Ausgleich der beiden betrieblichen Anrechte des Ehemanns gewendet. Sie hält § 17 [X.] für verfassungswidrig und erstrebt die Anwendung
eines nied-rigeren [X.] sowie die Durchführung der internen Teilung. Das Oberlandesgericht
hat
die Beschwerde der Ehefrau zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Ehefrau, die weiterhin eine höhere Bewertung der Anrechte und in erster Linie eine inter-3
4
5
-
5
-

ne Teilung der beiden von dem Ehemann erworbenen betrieblichen Anrechte erstrebt.

II.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Nach § 5 Abs. 1 [X.] berechnet der Versorgungsträger den Ehezeitanteil des Anrechts in Form der für das jeweilige Versorgungssystem maßgeblichen Bezugsgröße und unterbreitet dem Familiengericht nach §
5 Abs.
3 [X.] einen Vorschlag für den Ausgleichswert, worunter die Hälfte (§
1 Abs. 2 Satz 2 [X.]) des auszugleichenden Ehezeitanteils des [X.] zu verstehen ist. Übersteigt der Ausgleichswert des zu tei-lenden Anrechts als Kapitalwert bei Ende der Ehezeit nicht 240 % der monatli-chen Bezugsgröße gemäß §
18 Abs. 1 SGB IV, kann der Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 [X.] die [X.] verlangen. Handelt es sich bei dem zu teilenden Anrecht -
wie hier
-
um ein Anrecht der betrieblichen Altersversorgung aus einer Direktzusage oder einer Unterstützungskasse, kann der Versorgungsträger der ausgleichspflichti-gen Person nach
§ 17 [X.] bereits dann einseitig die externe Teilung beanspruchen, wenn der Ausgleichswert als Kapitalwert am Ende der Ehezeit die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung gemäß
§§
159, 160 [X.], die im Jahre 2012
67.2

nicht übersteigt.
Der [X.] verkennt nicht, dass der Anwendungsbereich der externen Teilung durch betriebliche Versorgungsträger zumeist in voller Höhe ausgeschöpft wird, und zwar gerade bei den nicht versicherungsförmigen Durchführungswegen der betrieblichen Altersversorgung, für die nach §
17 6
7
-
6
-

[X.]
höhere Grenzwerte gelten (vgl. [X.]sbeschluss vom 9.
März 2016 -
XII
ZB 540/14
-
FamRZ 2016, 781 Rn. 14).
2.
Der von einem betrieblichen Versorgungsträger bei einer angestrebten externen Teilung anzugebende Kapitalwert (§ 45 Abs. 1 Satz 1 [X.] iVm §
4 Abs. 5 [X.]) des Anrechts ist dessen
sogenannter
Übertragungswert, in dessen Höhe unverfallbare betriebliche Anwartschaften beim Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Betrieb unter bestimmten Voraussetzungen von einem betrieblichen Versorgungsträger auf einen
anderen transferiert werden können. Bei einer unmittelbar über den Arbeitgeber oder über eine Unterstützungskasse
durchgeführten betrieblichen Altersversorgung entspricht der Übertragungswert dem Barwert der nach § 2 [X.] bemessenen Versorgungsleistung im [X.]; dieser Bewertungsstichtag ist im Versorgungsausgleich mit dem Ende der Ehezeit zu fingieren (vgl. § 45 Abs.
1 Satz 2 [X.]). Der Barwert wird dabei aus der Summe aller künftigen
Versorgungsleistungen
ermittelt, die anschließend mit ihrer tatsächlichen
Eintrittswahrscheinlichkeit
gewichtet und auf das Ende der Ehezeit
als Bewertungsstichtag abgezinst
wer-den. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 [X.] sind für die Berechnung des [X.] die "Rechnungsgrundlagen" sowie "die anerkannten Regeln der Ver-sicherungsmathematik" maßgebend; darüber hinausgehende Festlegungen für die Ermittlung des [X.] -
insbesondere für den anzusetzenden Rechnungs-zins -
lassen sich weder dem [X.] noch dem [X.] entnehmen. Die Wahl des [X.] hat der Gesetzgeber dabei grundsätzlich den Versorgungsträgern überlassen, die einen möglichst realistischen und für das jeweilige Anrecht spezifischen Zins verwenden sollen
(BT-Drucks. 16/10144 S. 85; vgl. [X.]sbeschlüsse vom 9. März 2016 -
XII
ZB 540/14
-
FamRZ 2016, 781 Rn. 16 und [X.], 36 = [X.], 1785 Rn.
28).

8
-
7
-

3. Verlangt der betriebliche Versorgungsträger gemäß
§§
14 Nr.
2, 17 [X.] die externe Teilung
des bei ihm bestehenden Anrechts, gelten für das zugunsten des [X.] Ehegatten begründete Anrecht
die Parameter der Zielversorgung.
Dieser Umstand führt insbesondere bei der ex-ternen Teilung rückstellungsfinanzierter Direktzusagen bei einer auf den Zeit-punkt des Versorgungseintritts bezogenen Betrachtung zur Wahrnehmung von
"[X.]"
der Art, dass die Versorgung,
die der [X.] in seiner Zielversorgung aus dem zu seinen Gunsten begründeten [X.] wird, schon hinsichtlich der nominalen Leistungshöhe mehr oder weniger deutlich
hinter der Versorgung zurückbleibt, die der [X.] aus dem ihm verbleibenden hälftigen Anteil des ehezeitlichen
Anrechts zu erwarten hat
bzw. die
der
[X.] im Falle einer internen Teilung des ehe-zeitlichen Anrechts im Versorgungssystem der ausgleichspflichtigen Person erhalten würde. Sofern
diese
Transferverluste nicht auf unterschiedliche bio-metrische Rechnungsgrundlagen und unterschiedliche Kostenstrukturen von Ausgangs-
und Zielversorgung zurückzuführen sind, beruhen sie -
wie das Be-schwerdegericht nicht verkannt hat
-
auf der
Diskrepanz zwischen dem für die Ermittlung des [X.] einer rückstellungsfinanzierten Direktzusage regel-mäßig herangezogenen Abzinsungszinssatz
nach § 253 Abs.
2 HGB
einerseits und den
-
garantierten -
Renditeaussichten des [X.]n in einer
zumeist versicherungsförmig ausgestalteten Zielversorgung
andererseits.
4. Der [X.] trägt auch vor diesem Hintergrund keine grundlegenden Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit von §
17 [X.]; insbesondere führt seine Anwendung nicht zu den von der Rechtsbeschwerde reklamierten Verstößen gegen den "mit Verfassungsrang ausgestatteten Halbteilungsgrund-satz".

9
10
-
8
-

a) Nach der Rechtsprechung des [X.] rechtfertigt sich die hälftige Aufteilung des Versorgungsvermögens aus der aus Art.
6 Abs.
1 iVm Art. 3 Abs. 2 GG folgenden gleichen Berechtigung der Ehegatten am in der Ehe erworbenen Vermögen. Der Versorgungsausgleich entspricht der grundgesetzlichen Gewährleistung des Art. 6 Abs. 1 GG, nach der zum Wesen der Ehe die grundsätzlich gleiche Berechtigung beider Partner gehört, die sich auch auf die vermögensrechtlichen Beziehungen der Eheleute nach Auflösung der Ehe auswirkt. Da die Leistungen der Ehegatten, die sie im Rahmen der von ihnen in gemeinsamer Entscheidung getroffenen Arbeits-
und Aufgabenzuwei-sung erbringen, als gleichwertig anzusehen sind, haben beide Ehegatten grundsätzlich auch Anspruch auf gleiche Teilhabe am gemeinsam [X.], das ihnen zu gleichen Teilen zuzuordnen ist. Dies entfaltet seine Wirkung auch nach Trennung und Scheidung (vgl. [X.] FamRZ 1980, 326, 333 und [X.], 1000). Die ehezeitbezogenen Versorgungswerte sind so gleich-mäßig zwischen den Eheleuten aufzuteilen, dass jeder Ehegatte die Hälfte der in der Ehezeit erworbenen Vermögenswerte erhält ([X.] FamRZ 1993, 161, 162 und [X.], 1000 mwN).
b) Allerdings muss der Versorgungsausgleich nicht dazu führen, dass die Ehegatten -
selbst bei unterstellt gleichen biometrischen Risiken (Alter, Ge-schlecht, Gesundheit)
-
aus dem in der Ehezeit erworbenen Anrecht nach dem Eintritt des [X.] auch eine gleich hohe Versorgung zu erwarten haben. Ein solches Ergebnis ließe sich im Versorgungsausgleich nur durch eine obligatorische Realteilung aller von den Ehegatten
ehezeitlich
erworbenen [X.] erreichen; die Schaffung derartiger Regelungen zum Aus-gleich von privaten oder betrieblichen Altersversorgungen hat das Bundesver-fassungsgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung zwar für möglich, nicht aber für verfassungsrechtlich geboten gehalten, sondern diese Entscheidung ausdrücklich dem
Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers vorbehalten
(vgl. 11
12
-
9
-

[X.] FamRZ 1986, 543, 549). Aus der Sicht des Grundgesetzes entscheidet somit der Gesetzgeber darüber, ob er sich im Versorgungsausgleich [X.] von einer auf den Zeitpunkt der künftigen Leistungserbringung bezogenen Verteilungsgerechtigkeit (bei interner Teilung) oder von einer auf den Zeitpunkt der Scheidung bezogenen Tauschgerechtigkeit (bei externer Teilung) leiten [X.] will ([X.]sbeschluss vom 9. März 2016 -
XII ZB 540/14 -
FamRZ 2016, 781 Rn.
37).
Bei der Teilung eines betrieblichen Anrechts im Wege der externen [X.] wird der Teilhabeanspruch des [X.] Ehegatten dadurch verwirklicht, dass ihm -
bezogen auf die Ehezeit -
die Hälfte des nach versiche-rungsmathematischen Grundsätzen ermittelten Versorgungsvermögens zuge-wiesen wird. Das verfassungsrechtlich legitime Ziel des Versorgungsausgleichs, der [X.] Person eine eigenständige Versorgung zu verschaf-fen, wird in diesen Fällen durch die Begründung eines Anrechts bei einer -
von dem [X.] Ehegatten im Rahmen des § 15 Abs.
2 [X.]
frei wählbaren -
Zielversorgung erreicht.
Wenn bei einer auf den Zeitpunkt der Leistungserbringung
bezogenen Betrachtungsweise wegen einer unterschiedlichen Wertentwicklung der Anrech-te nach Durchführung des Versorgungsausgleichs Transferverluste entstehen, ist dies zunächst eine notwendige Konsequenz der auf Schaffung eigenständi-ger Anrechte gerichteten Grundkonzeption des öffentlich-rechtlichen [X.]s bei der Scheidung. Denn die Versorgungsschicksale der bei-den Ehegatten werden mit der Durchführung des Versorgungsausgleichs end-gültig getrennt und sind von diesem Zeitpunkt an voneinander
unabhängig zu betrachten (vgl. auch [X.] FamRZ 2014, 1259 Rn. 48; [X.]sbeschluss vom 7.
November 2012
XII
ZB
271/12

FamRZ
2013, 189 Rn. 15), so dass die ge-schiedenen Ehegatten die künftigen Chancen und Risiken ihrer jeweiligen Ver-13
14
-
10
-

sorgungsverhältnisse selbst zu tragen haben (vgl. auch BT-Drucks. 16/10144 S.
58). Zwar mag bei der externen Teilung nach §§ 14 ff. [X.] schon der kapitalwertbezogene Umrechnungsmechanismus selbst in einem gewissen Um-fang zu [X.] aufseiten der [X.] Person führen, was insbesondere wegen der Verwendung unterschiedlicher biometrischer Rechnungsgrundlagen bei einer rückstellungsfinanzierten betrieblichen [X.] einerseits und einer versicherungsförmig ausgestalteten Ziel-versorgung
andererseits der Fall sein dürfte. Auch dies stellt jedoch die [X.] zur externen Teilung unter dem Gesichtspunkt der Wahrung des [X.]es nicht grundlegend in Frage, zumal solche Transferverluste auch durch anderweitige Vorzüge der Zielversorgung kompensiert werden können, mögen diese Vorzüge im Einzelfall auch nicht quantifizierbar sein (vgl. zum erweiterten Splitting gemäß §
3
b [X.] nach früheren Recht: [X.] [X.], 1000, 1001; [X.]sbeschluss [X.], 351, 357 f. = FamRZ 2001, 1695, 1697). In diesem Zusammenhang kann ein qualitativer Vorteil der externen Teilung für die ausgleichsberechtigte [X.] schon in der höheren Sicherheit gesehen werden, die ihm ein [X.] Anrecht bietet
([X.]sbeschluss vom 9. März 2016 -
XII
ZB 540/14 -
FamRZ 2016, 781 Rn.
39).
c) Allerdings
hat das [X.] darauf hingewiesen, dass der [X.] nur dann gewahrt ist, wenn der Versorgungs-ausgleich "wirklich zu einer gleichen Aufteilung des Erworbenen" führt ([X.] [X.], 1000 und [X.], 1002, 1003 mwN). Deswegen darf bei der Bewertung des extern auszugleichenden Anrechts die Verwendung kapital-wertbezogener Umrechnungsmechanismen, mit denen rechnerisch der für die Finanzierung des Anrechts erforderliche Kapitalaufwand ermittelt wird, nicht dazu führen, dass dieser Kapitalaufwand strukturell zu niedrig angesetzt wird.
15
-
11
-

Das [X.] hatte vor diesem Hintergrund im Jahr 2006 beanstandet, dass die Barwertfaktoren aus der [X.] 1984 auf der Grundlage von veralteten Sterbetafeln berechnet worden waren, weil zu geringe Annahmen hinsichtlich der statistischen Lebenserwartung des [X.] Ehegatten stets eine Unterbewertung des auszugleichenden Anrechts zur Folge haben ([X.] [X.], 1000, 1001 und [X.], 1002, 1003). Im gleichen Jahr hat das [X.] ausgespro-chen, dass sowohl die Anwendung der [X.] 1984 und als auch die Anwendung der [X.] 2003 deshalb zu beanstanden waren, weil die in diesen Vorschriften enthaltenen Umrechnungstabellen "teildynami-sche" (im Sinne einer unterhalb der Dynamik der gesetzlichen Rentenversiche-rung liegenden Anwartschaftsdynamik) Anrechte wie statische Anrechte behan-delten und auch dadurch eine strukturelle Unterbewertung betroffener "teildy-namischer" Anrechte des ausgleichspflichtigen Ehegatten zu besorgen war ([X.] FamRZ 2006, 1000, 1001 f.).
d) Andererseits sind auch verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositi-onen des betrieblichen Versorgungsträgers betroffen. Nach der Rechtspre-chung des [X.] schützt insbesondere Art. 2 Abs.
1 GG einen privaten Versorgungsträger vor hoheitlichen Eingriffen in Verträge, die er abgeschlossen hat, und er gewährleistet ferner die Handlungsfreiheit des [X.] im wirtschaftlichen Bereich ([X.] FamRZ 1993, 1173, 1175). Durch die externe Teilung wird es dem betrieblichen Versorgungsträger ermöglicht, gegen eine Abfindungszahlung die Aufnahme des Ehegatten seines Arbeitnehmers in das Versorgungssystem zu vermeiden und auf diese Weise die Übernahme des versicherungsmathematischen Risikos der Erbringung sta-tistisch überdurchschnittlicher Leistungen aus dem ansonsten im Wege interner Teilung zugunsten des [X.] Ehegatten zu begründenden Anrechts
von sich abzuwenden. Darüber hinaus hat ein betrieblicher Versor-16
17
-
12
-

gungsträger auch ein generell schützenswertes Interesse daran, in sein Versor-gungssystem keine betriebsfremden Personen einbeziehen zu müssen, die zu dem Unternehmen in keinem Treue-
und Abhängigkeitsverhältnis stehen (Se-natsbeschluss vom 9. März 2016 -
XII ZB 540/14
-
FamRZ 2016, 781 Rn.
42; vgl. dazu im Einzelnen
Siede [X.] 2015, 70, 76).
5.
Es wäre hiernach mit dem aus Art. 6 Abs. 1 iVm Art. 3 Abs. 2 GG her-geleiteten [X.] tatsächlich nicht zu vereinbaren, wenn der Versorgungsträger -
auch unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Gewährleistung seiner unternehmerischen Handlungsfreiheit -
zur Ermittlung des stichtagsbezogenen [X.] der gesamten, aus dem Anrecht der [X.] Person künftig zu erbringenden Versorgungsleistungen einen [X.] heranzieht, der zu einer strukturellen Unterbewertung des Anrechts und
zu einer
damit einhergehenden systematischen Benachteili-gung der [X.] Person führt ([X.]sbeschluss vom 9.
März 2016 -
XII ZB 540/14
-
FamRZ 2016, 781 Rn.
43).
Dies ist -
wie der [X.] zwi-schenzeitlich entschieden hat (grundlegend [X.]sbeschluss
vom 9.
März 2016 -
XII
ZB 540/14
-
FamRZ 2016, 781 Rn. 43 ff.) -
bei einer Barwertermittlung un-ter Anwendung des [X.]es nach § 253 Abs.
2 HGB in der bis zum 31.
März 2016 gültigen Fassung
indessen nicht der Fall.
a)
Der Zinssatz nach §
253 Abs.
2 HGB orientiert sich an der durch-schnittlichen [X.] von festverzinslichen, auf Euro lautenden Unterneh-mensanleihen mit hochklassigen Bonitätseinstufungen (Rating AA und [X.]), also auf einer zwar nicht vollständig risikolosen, aber nur mit einem sehr geringen Ausfallrisiko behafteten Kapitalanlage. Dieses
der bilanziellen Bewertung von Rückstellungen zugrunde liegende Verständnis eines durchschnittlichen Marktzinses wird auch im Versorgungsausgleich von dem ausgleichsberechtig-ten Ehegatten als grundsätzlich [X.] hingenommen werden
kön-18
19
-
13
-

nen. Die Verwendung des [X.]es ist für einen nach den Vorschrif-ten des Handelsgesetzbuchs bilanzierenden
Versorgungsträger zwingend
vor-geschrieben.
Die Verwendung eines vom Rechnungszins beim
handelsbilanzi-ellen Wertansatz
(nach unten) abweichenden [X.]es zur Bewertung von
Pensionsverpflichtungen
im Versorgungsausgleich würde bei der Durchführung der externen Teilung zudem zu einer wirtschaftlichen Mehr-belastung des Versorgungsträgers
dergestalt führen, dass dem Unternehmen
durch die ihm gegenüber dem Zielversorgungsträger auferlegte Zahlungspflicht Mittel in einer Höhe entzogen werden, denen keine wertentsprechende Teilauf-lösung der
bilanziellen Rückstellung wegen der gegenüber der ausgleichspflich-tigen Person eingegangenen Pensionsverpflichtung gegenübersteht
([X.]sbe-schluss vom 9. März 2016 -
XII ZB 540/14
-
FamRZ 2016, 781 Rn.
23, 44 ff.).
b)
Die Wahrnehmung einer signifikanten Differenz zwischen dem
[X.] und
den Renditeaussichten der [X.] [X.], die den
Ausgleichsbetrag in eine versicherungsförmige Zielversorgung einzahlt, beruhte
in den letzten Jahren
in erster Linie
darauf, dass dem jeweils anzuwendenden [X.] kein an der aktuellen Marktlage orientierter
Stichtagszinssatz, sondern ein über einen Siebenjahreszeitraum geglätteter [X.]satz
zugrunde liegt.
Mit seiner Entscheidung, für die Abzin-sung von Rückstellungen einen geglätteten und keinen stichtagsbezogen [X.] zugrunde zu legen, hat der Gesetzgeber des [X.]mo-dernisierungsgesetzes die Interessen der bilanzierenden Unternehmen im Blick gehabt. Weil das Jahresergebnis -
etwa für die Bonitätsbeurteilung der Unter-nehmen
-
Signalwirkung hat, sollten in der Rechnungslegung keine Ergebnisse ausgewiesen werden, deren hohe Volatilität auf Bewertungsvorgängen beruht, die sich möglicherweise im Zeitablauf ausgleichen, und zudem auf [X.] zurückgehen, die in der Regel erst in vielen Jahren
zu erfüllen sind. Gleichwohl ist die Erwägung,
Bewertungsergebnisse nicht durch kurzfristige 20
-
14
-

Marktentwicklungen beeinflussen zu lassen, auch für die Bewertung im [X.] grundsätzlich tragfähig. Denn stark schwankende Zinsen [X.] angesichts der Hebelwirkung des [X.]es auf die Höhe des [X.] in kürzester Zeit zu
zufälligen und erheblichen Veränderungen dieses
[X.] führen und somit die gegenwärtigen Diskrepanzen durch [X.], noch schwerer vermittelbare Stichtagseffekte ersetzen
([X.]sbeschluss vom 9. März 2016 -
XII ZB 540/14 -
FamRZ 2016, 781 Rn. 47 ff.).

c) Wegen der Trägheit des [X.]es als Folge der Durch-schnittsbildung weicht der
unter Anwendung des Abzinsungsfaktors nach §
253 Abs.
2 HGB ermittelte Barwert der Versorgung regelmäßig von dem Wert ab, der sich in
kurzfristiger Betrachtung bei einer Diskontierung mit einem aktuellen Marktzins ergeben hätte. In den vergangenen Jahren
war der bilanzielle [X.] nach § 253 Abs. 2 HGB noch maßgeblich dadurch beeinflusst, dass die [X.] hohen Einzelwerte aus den Jahren der Finanzkrise 2008 und 2009 in die Durchschnittsbildung
eingegangen sind.
Aus diesem Effekt re-sultiert -
bezogen auf die aktuelle Marktsituation -
eine Unterbewertung der
[X.] und der für sie gebildeten Rückstellung.
Dies rechtfertigt indessen nicht die Annahme einer damit einhergehen-den systematischen Benachteiligung des [X.] Ehegatten. Auch der infolge der
Durchschnittsbildung in einem Siebenjahreszeitraum ge-glättete Zinssatz
gibt die Zinsentwicklung auf dem Kapitalmarkt -
wenn auch zeitverzögert und gedämpft
-
wieder. Kommt die Zinsentwicklung auf einem niedrigen Niveau zum Stillstand, nähert sich der geglättete [X.] dem nicht geglätteten aktuellen Marktzins
immer weiter an. In einer Marktphase steigender Zinsen wird
sich die Durchschnittsbildung demgegenüber zugunsten der [X.] Person auswirken. Bei einem starken Zinsanstieg innerhalb
kürzerer
Zeit -
wie dies in jüngerer Vergangenheit etwa zwischen 21
22
-
15
-

September 2005 und Oktober 2008 der Fall gewesen ist
-
kann
der Glättungs-mechanismus
sogar zeitweise zu einer
signifikanten Überbewertung der [X.] und der für sie gebildeten Rückstellungen zu Lasten des Versorgungsträgers
führen (vgl. [X.]sbeschluss vom 9. März 2016 -
XII
ZB 540/14 -
FamRZ 2016, 781 Rn. 51).
6. Die angefochtene Entscheidung ist somit
aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der [X.] hat es zwar im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für geboten erachtet, dass
für die Barwertermittlung einheitlich [X.] derjenige
Zinssatz herangezogen wird, der sich für den Stichtag des [X.] aus den monatlich von der [X.] auf der Grundlage der Rückabzinsungsverordnung bekannt gemachten [X.] ergibt
(vgl. [X.]sbeschluss vom 18. Mai 2016 -
XII ZB 649/14
-
zur [X.] bestimmt). Dies schließt
es aber im Einzelfall nicht aus, dass das
Gericht in tatrichterlicher Verantwortung aus Gründen der [X.] auch den bei der Auskunftserteilung durch den Versorgungsträger ver-wendeten [X.] am letzten Bilanzstichtag billigt, wenn die dadurch 23
-
16
-

veranlasste Wertverschiebung -
wie hier bei der [X.] ([X.] 5,14
% statt 5,12
%)
-
marginal ist
(vgl. [X.]sbeschluss vom 18.
Mai 2016 -
XII ZB 649/14 -
zur [X.] bestimmt).
Dose Schilling Nedden-Boeger

Botur Krüger

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 24.02.2014 -
50 [X.]/12 -

OLG [X.], Entscheidung vom 15.04.2015 -
13 UF 205/14 -

Meta

XII ZB 248/15

22.06.2016

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.06.2016, Az. XII ZB 248/15 (REWIS RS 2016, 9521)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 9521

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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