Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.06.2013, Az. AnwZ (Brfg) 24/12

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2013, 5206

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Gegenstand

Richterablehnung: Fachvortrag vor der Rechtsanwaltskammerversammlung  als Befangenheitsgrund in einem Verfahren wegen Ablehnung der Verleihung der Fachanwaltsbezeichnung


Tenor

Das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen den Präsidenten des [X.] Prof. Dr. T.      wird für unbegründet erklärt.

Gründe

I.

1

Mit am 11. März 2013 verkündetem Urteil hat der [X.] auf die [X.]erufung der [X.]eklagten die auf Verpflichtung zur Verleihung einer Fachanwaltsbezeichnung gerichtete Klage abgewiesen. An der dem Kläger mit Gründen am 25. März 2013 zugestellten Entscheidung hat der Präsident des [X.]s Prof. Dr. T.     mitgewirkt.

2

Mit am 19. März 2013 eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag hat der Kläger "vorsorglich […] Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" sowie die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beantragt. Ferner hat er den Präsidenten des [X.]s Prof. Dr. T.     wegen [X.]esorgnis der [X.]efangenheit abgelehnt. Zur [X.]egründung verweist er auf einen geplanten Vortrag des abgelehnten [X.]s bei einer Kammerversammlung der [X.]eklagten.

3

In seiner dienstlichen Äußerung vom 19. März 2013 hat der Präsident des [X.]s Prof. Dr. T.     erklärt:

4

"Ich habe dem Herrn Präsident der Rechtsanwaltskammer             […] auf dessen [X.]itte im Januar 2013 telefonisch zugesagt, vor den Mitgliedern der Rechtsanwaltskammer          anlässlich deren Kammerversammlung am 18. Juli 2013 einen Vortrag zu halten. Dieser Umstand ist den Verfahrensbeteiligten nicht mitgeteilt worden. Eine Vergütung für den Vortrag ist nicht vereinbart."

II.

5

[X.] ist jedenfalls unbegründet.

6

1. Nach der gemäß § 112e Satz 2 [X.], § 125 Abs. 1 Satz 1, § 54 Abs. 1 VwGO sinngemäß anzuwendenden Vorschrift des § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung eines [X.]s wegen der [X.]esorgnis der [X.]efangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dies ist dann der Fall, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, dass der abgelehnte [X.] ihm gegenüber eine Haltung einnimmt, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann. Maßgeblich ist, ob aus der Sicht der ablehnenden [X.] bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des [X.]s zu zweifeln (st. Rspr.; vgl. nur [X.], [X.]eschlüsse vom 7. Februar 2011 - [X.] ([X.]) 13/10 Rn. 6 und vom 15. März 2012 - V Z[X.] 102/11, [X.], 1890 Rn. 10; [X.]/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., Rn. 8 jeweils m.w.N.).

7

2. Nach diesen Maßstäben liegen Ablehnungsgründe nicht vor.

8

a) Dass der Abgelehnte während des anhängigen [X.]erufungsverfahrens mit der [X.]eklagten vereinbart hat, auf deren Kammerversammlung einen Vortrag zu halten, vermag dem Kläger bei vernünftiger Würdigung aller Umstände keinen Anlass zu geben, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des [X.]s zu zweifeln. Allgemeine berufliche Kontakte des [X.]s zu einer [X.] ohne besondere Nähe oder Intensität genügen dafür nicht (vgl. Vollkommer, aaO Rn. 12 m.w.N.). Der Vortrag soll sich, wie der Kläger aus der von ihm vorgelegten Einladung zur Kammerversammlung der [X.]eklagten erkennen kann, überdies mit der Stellung des Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege befassen. Sein Thema steht deshalb in keinem Zusammenhang mit dem Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Ein Fachvortrag vor der Versammlung aller Mitglieder der [X.]eklagten lässt auch keine Identifikation des Abgelehnten mit den Angelegenheiten der Geschäftsführung oder eine sonstige Nähe zur [X.]eklagten befürchten.

9

b) Ohne Erfolg gründet der Kläger seine [X.]edenken auch darauf, dass eine Unterrichtung über den Vortrag vor und im Verhandlungstermin unterblieben ist. Denn es bestand keinerlei Anlass für eine solche Information. Dass die [X.]eklagte ihre Einladung zur Kammerversammlung mit dem Hinweis auf den geplanten Vortrag gerade unter dem Datum der mündlichen Verhandlung versandt hat, lässt aus Sicht einer vernünftigen [X.] gleichfalls keinen Schluss auf eine [X.]lichkeit des Abgelehnten zu. Sollte der [X.]eklagte - wie vom Kläger für möglich gehalten - bewusst vor der Einladung ihrer Mitglieder zur Kammerversammlung den Abschluss des Verfahrens abgewartet haben, so ließe sich in [X.]ezug auf dessen Person daraus nichts herleiten.

c) Soweit der Kläger erfahren möchte, wer den Kontakt für den Vortrag hergestellt hat und ob die Tatsache problematisiert worden ist, dass das vorliegende Verfahren noch nicht abgeschlossen gewesen sei, sind diese Umstände für die [X.]eurteilung des [X.] unerheblich. Der Kläger macht nicht etwa geltend, dass der Inhalt des Rechtsstreits einseitig vom abgelehnten [X.] mit der [X.]eklagten erörtert worden sei. Es deutet auch nichts darauf hin.

[X.]                         König                          Seiters

              Wüllrich                          Stüer

Meta

AnwZ (Brfg) 24/12

10.06.2013

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend Anwaltsgerichtshof Jena, 21. März 2012, Az: AGH 2/10, Urteil

§ 42 Abs 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.06.2013, Az. AnwZ (Brfg) 24/12 (REWIS RS 2013, 5206)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5206

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