Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.02.2018, Az. X ZR 110/17

10. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 14027

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Gegenstand

Patentnichtigkeitssache: Pflicht des Antragstellers zur Darlegung eines berechtigten Interesses an der Akteneinsicht bei Widerspruch einer Partei; Geheimhaltungsinteresse eines Privatgutachters - Akteneinsicht XXIII


Leitsatz

Akteneinsicht XXIII

1. Der Widerspruch einer Partei kann nur dann dazu führen, dass der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an der Einsicht in die Akten eines Patentnichtigkeitsverfahrens darzulegen hat, wenn die widersprechende Partei ein eigenes Interesse aufzeigt, das der Einsichtnahme entgegenstehen kann.

2. Das Interesse eines Privatgutachters daran, dass sein Name und der Umstand, dass er im Auftrag einer bestimmten Partei tätig geworden ist, nicht bekannt werden, hat in der Regel hinter dem in § 98 Abs. 3 und § 31 PatG grundsätzlich für jedermann vorgesehenen Recht auf Akteneinsicht zurückzutreten.

Tenor

Dem Antragsteller wird Einsicht in die Akten des [X.] erster und zweiter Instanz gewährt.

Gründe

1

I. Der Antragsteller ist Patentanwalt. Er begehrt Einsicht in die Akten eines in zweiter Instanz anhängigen Patentnichtigkeitsverfahrens.

2

Der Kläger erhebt gegen das Gesuch keine Einwände.

3

Die Beklagte, die in erster Instanz ein Privatgutachten eingereicht hat, tritt dem Antrag entgegen. Sie macht geltend, der [X.] habe ein schutzwürdiges Interesse daran, dass weder sein Name noch die Tatsache, dass er für die Patentinhaberin ein Gutachten erstellt habe, einem nicht näher benannten [X.] mitgeteilt werde. Dieses Interesse stehe der Einsichtnahme jedenfalls dann entgegen, [X.]n der Antragsteller nicht mitteile, für [X.] er den Antrag stelle.

4

II. Die Akteneinsicht ist antragsgemäß zu gewähren.

5

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] bedarf ein Antrag auf Einsicht in die Akten eines [X.] in der Regel weder der Geltendmachung eines eigenen berechtigten Interesses seitens des Antragstellers noch der Darlegung, für [X.] um Akteneinsicht nachgesucht wird ([X.], Beschluss vom 17. Oktober 2000 - [X.], [X.], 143 - Akteneinsicht XV; Beschluss vom 10. Oktober 2006 - [X.], [X.], 133 - Akteneinsicht XVII). [X.] Vorbringen des Antragstellers kann nur dann erforderlich werden, [X.]n eine [X.] des [X.] ein entgegenstehendes schutzwürdiges Interesse darlegt ([X.], Beschluss vom 16. Juni 2015 - [X.] Rn. 3).

6

2. Die zuletzt genannte Voraussetzung ist im Streitfall schon deshalb nicht erfüllt, weil die Beklagte kein eigenes Interesse aufzeigt.

7

Der Senat hat bereits entschieden, dass eine [X.] der Gewährung von Akteneinsicht nicht unter Berufung auf die Interessen ihres Gegners entgegentreten darf, [X.]n dieser der Akteneinsicht nicht widersprochen hat ([X.], Beschluss vom 7. März 2006 - [X.]). Dem liegt der allgemeine Gedanke zu Grunde, dass nur die Berufung auf ein eigenes Interesse eine weitergehende Darlegungslast des Antragstellers auslösen kann.

8

Ob hieraus zu folgern ist, dass ein Dritter, dessen Interessen durch die Akteneinsicht berührt werden, ein eigenes Widerspruchsrecht hat, kann dahingestellt bleiben. Die Beklagte zeigt nicht auf, dass der [X.] einer Einsichtnahme widersprochen hat.

9

3. Unabhängig davon ergibt sich aus dem Vorbringen der Beklagten nicht, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder sonstige schutzwürdige Interessen des [X.]s in einer Weise berührt wären, die die Darlegung eines rechtlichen Interesses seitens des Antragstellers erforderten.

Wer ein Privatgutachten zur Vorlage bei Gericht erstattet, muss damit rechnen, dass hiervon alle Personen Kenntnis erlangen, die nach dem Gesetz zur Einsicht in die Akten berechtigt sind. Sein Interesse daran, dass sein Name und der Umstand, dass er im Auftrag einer bestimmten [X.] tätig geworden ist, nicht bekannt werden, hat deshalb in der Regel hinter dem in § 98 Abs. 3 und § 31 [X.] grundsätzlich für jedermann vorgesehenen Recht auf Akteneinsicht zurückzutreten.

Besondere Umstände, aus denen sich im Streitfall ein darüber hinausgehendes Geheimhaltungsinteresse des [X.]s ergeben könnte, sind weder aufgezeigt noch sonst ersichtlich.

[X.]          

      

[X.]          

      

Deichfuß

      

Kober-Dehm          

      

Marx          

      

Meta

X ZR 110/17

14.02.2018

Bundesgerichtshof 10. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend BPatG München, 16. Mai 2017, Az: 3 Ni 25/15 (EP), Urteil

§ 31 PatG, § 98 Abs 3 PatG, § 99 Abs 3 PatG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.02.2018, Az. X ZR 110/17 (REWIS RS 2018, 14027)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 14027

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Wird zitiert von

X ZR 110/17

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