Bundesfinanzhof, Beschluss vom 26.01.2010, Az. III S 11/09 (PKH)

3. Senat | REWIS RS 2010, 10083

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Gegenstand

Gehörsverletzung durch unterbliebene Mitteilung eines Auskunftsersuchens - Unzulässigkeit von Beweisermittlungsanträgen - keine Kindergeldberechtigung geduldeter Ausländer


Leitsatz

1. NV: Macht ein Kläger die Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend, weil das FG ihm lediglich die Antwort auf ein an eine Ausländerbehörde gerichtetes Auskunftsersuchen mitgeteilt habe, nicht aber den Inhalt des Ersuchens selbst, so führt diese Rüge nicht zum Erfolg, wenn das FG seine Entscheidung nicht auf Grundlagen gestützt hat, die der Kläger nicht zur Kenntnis nehmen konnte.

2. NV: Das FG braucht einem Beweisermittlungsantrag oder Beweisausforschungsantrag, der so unbestimmt ist, dass im Grunde erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken soll, in der Regel nicht nachzugehen.

3. NV: Die Rechtsfrage, ob die gesetzliche Neuregelung der Kindergeldberechtigung von Ausländern, deren Aufenthalt ausländerrechtlich oder aufenthaltsrechtlich lediglich geduldet ist, der Verfassung entspricht, ist bereits höchstrichterlich entschieden und hat keine grundsätzliche Bedeutung.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Antragstellerin (Klägerin) begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) und die Beiordnung eines Rechtvertreters für eine noch einzulegende Nichtzulassungsbeschwerde.

2

Die Klägerin ist [X.] Staatsangehörige und hält sich seit 1989 in der [X.] auf. Sie war seit März 2001 ausländerrechtlich geduldet, im August 2005 wurde ihr eine befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt. Die Beklagte (Familienkasse) lehnte die Festsetzung von Kindergeld ab. Der hiergegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg. Im anschließenden Klageverfahren gewährte die Familienkasse für die [X.] ab August 2005 Kindergeld. Die Klage, mit der die Klägerin Kindergeld für den [X.]raum Januar 2001 bis Juli 2005 begehrte, hatte keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe

3

II. Der Antrag auf Bewilligung von PKH und Beiordnung eines Rechtsvertreters wird abgelehnt.

4

1. Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

5

2. Die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, da die von der --anwaltlich vertretenen-- Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.

6

a) Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O). Der [X.] hat bereits mehrfach entschieden, dass es verfassungsrechtlich unbedenklich ist, einem Ausländer, dessen Aufenthalt ausländerrechtlich oder aufenthaltsrechtlich lediglich geduldet ist, keinen Anspruch auf Kindergeld einzuräumen (Urteile vom 15. März 2007 [X.]/03, [X.], 443, [X.], 905, und vom 22. November 2007 [X.], [X.], 45, [X.], 913). Im Urteil in [X.], 45, [X.], 913 hat er dargelegt, weshalb er die im Vorlagebeschluss des Finanzgerichts ([X.]) Köln vom 9. Mai 2007  10 K 1690/07 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 1247) vorgebrachten verfassungs- und völkerrechtlichen Bedenken gegen die Neuregelung der Kindergeldberechtigung von Ausländern nicht teilt (s. Art. 2 des Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss vom 13. Dezember 2006, [X.], 2915, [X.], 62). Das [X.] hat inzwischen die Vorlage des [X.] als unzulässig beurteilt (Beschluss vom 6. November 2009  2 BvL 4/07, [X.], 153). Auch wurde bereits entschieden, dass § 62 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes n.F. nicht dem Urteil des [X.] vom 25. Oktober 2005 in der Sache 59140/00, [X.]/[X.] ([X.], Beilage 3, 357) widerspricht (s. [X.]surteil in [X.], 45, [X.], 913).

7

b) Ein Verfahrensmangel nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O ist nicht erkennbar.

8

aa) Nach Ansicht der Klägerin ist dem [X.] deshalb ein Verfahrensmangel unterlaufen, weil es einen namentlich benannten Sachbearbeiter der Ausländerbehörde nicht als Zeuge zu der Frage vernommen habe, über welchen Aufenthaltstitel die Klägerin in der [X.] vom 25. Januar 2001 bis zum 21. März 2001 verfügt habe. Eine Verletzung der Pflicht zur Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 [X.]O) ist darin allerdings nicht zu sehen. Die Klägerin hat selbst nicht behauptet, dass sie in der besagten [X.] eine ausländerrechtliche Aufenthaltsgenehmigung besaß, die sie zum Bezug von Kindergeld berechtigte. Das [X.] brauchte den angebotenen Zeugenbeweis nicht zu erheben. Denn ein Gericht muss einem Beweisermittlungs- oder -ausforschungsantrag, der so unbestimmt ist, dass im Grunde erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken soll, in der Regel nicht nachgehen (vgl. Beschluss des [X.] --BFH-- vom 6. September 2005 [X.], [X.] 2005, 2166, m.w.N.).

9

bb) Der Vortrag der Klägerin, ihr sei lediglich die Antwort der Ausländerbehörde auf ein Auskunftsersuchen des Gerichts mitgeteilt worden, nicht aber die vorherige Anfrage, ergibt keinen Anhaltspunkt für eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 [X.]O). Auch wenn das [X.] der Klägerin den Inhalt der an die Ausländerbehörde gerichteten Anfrage nicht mitgeteilt hat, so hat es dennoch nicht seine Entscheidung auf Grundlagen gestützt, die die Klägerin nicht zur Kenntnis nehmen konnte (vgl. BFH-Urteil vom 17. Oktober 2001 [X.]/00, [X.], 68, [X.], 171).

Meta

III S 11/09 (PKH)

26.01.2010

Bundesfinanzhof 3. Senat

Beschluss

§ 76 Abs 1 FGO, § 96 Abs 2 FGO, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 142 FGO, Art 103 Abs 1 GG, § 114 ZPO, § 62 Abs 2 EStG 1997, § 62 Abs 2 EStG 2002 vom 13.12.2006

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 26.01.2010, Az. III S 11/09 (PKH) (REWIS RS 2010, 10083)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 10083

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