Bundesfinanzhof, Urteil vom 02.12.2014, Az. VIII R 45/11

8. Senat | REWIS RS 2014, 836

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Gegenstand

(Verdeckte Gewinnausschüttung bei Scheckzahlungen einer GmbH zur Erfüllung privater Geschäfte des Gesellschafter-Geschäftsführers - Verdeckte Gewinnausschüttung bei Verzicht auf eine Kaufpreisforderung zugunsten einer Schwestergesellschaft - Keine notwendige Beiladung der Kapitalgesellschaft im die Einkommensteuer betreffenden Klageverfahren - Keine materielle Bindungswirkung durch § 32a KStG i.d.F. des JStG 2007)


Leitsatz

1. NV: Unterlässt es der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen in der Buchführung der GmbH zu treffen, um die Rückzahlung der von der GmbH zur Erfüllung seiner privaten Geschäfte per Scheck verauslagten Beträge zu sichern, findet die dadurch eingetretene Vermögensminderung der GmbH ihre Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis, so dass die Voraussetzungen für eine vGA erfüllt sind .

2. NV: Verzichtet eine GmbH zugunsten ihrer Schwestergesellschaft teilweise auf eine notariell beurkundete Kaufpreisforderung aus einem Grundstückskaufvertrag, führt dies - unabhängig vom Wert der verkauften Grundstücke - zu einer vGA bei dem Alleingesellschafter der beiden Gesellschaften .

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 28. September 2011  8 K 753/10 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurde für die Streitjahre 2002 und 2006 zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt.

2

Er war Alleingesellschafter und Geschäftsführer der [X.] ([X.]). Außerdem war er faktischer Geschäftsführer und als Treugeber Alleingesellschafter der [X.] (AG), einer nach [X.] Recht gegründeten Aktiengesellschaft, deren Geschäftsleitung sich im Inland befand.

3

Im Zuge einer Steuerfahndungsprüfung stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) fest, dass im [X.] das Geschäftskonto der [X.] mit Scheckzahlungen in Höhe von 27.366 € und 76.694 € belastet worden war, denen unstreitig privat veranlasste Geschäfte des [X.] zugrunde lagen. In der Buchhaltung der [X.] waren die Zahlungen als durchlaufende Posten verbucht worden. Die Steuerfahndung vertrat die Auffassung, dass hierdurch eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) bewirkt worden sei und die Zahlungen der [X.] nach § 3 Nr. 40 Buchst. d des Einkommensteuergesetzes (EStG) zur Hälfte bei der Einkommensbesteuerung des [X.] als Kapitaleinkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zu berücksichtigen seien. Das [X.] folgte den Feststellungen der Steuerfahndungsprüfung und erließ am 11. Dezember 2009 einen nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung geänderten Einkommensteuerbescheid für 2002.

4

Die Prüfungsfeststellungen der Steuerfahndung für das Streitjahr 2006 betrafen die Veräußerung des [X.] in [X.] durch die [X.] an die AG. Die [X.] hatte die Grundstücke mit Kaufvertrag vom 13. Dezember 2000 von der [X.] erworben und war am 28. August 2003 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen worden. Mit notariellem Kaufvertrag vom 6. April 2004 veräußerte die [X.] den Grundstückskomplex an die AG zu einem Kaufpreis in Höhe von 7,6 Mio. € vor Umsatzsteuer. Durch notariell beurkundeten Änderungsvertrag vom 23. Februar 2005 wurde der Kaufpreis auf 8,5 Mio. € vor Umsatzsteuer erhöht. Der [X.] stellte in seinem Urteil vom 30. Mai 2005 II ZR 236/03 ([X.], 1066) fest, dass der Kaufvertrag vom 13. Dezember 2000 und folglich auch die Übertragung des Eigentums an den Grundstücken auf die [X.] nichtig gewesen seien. Am 26. Juli 2005 wies der Kläger den Notar an, die Eigentumsübertragung der Grundstücke auf die AG zu veranlassen. Durch notariell beurkundeten Änderungsvertrag vom 21. März 2006 wurde der Kaufpreis für die Grundstücke auf 6,15 Mio. € vor Umsatzsteuer herabgesetzt. Die AG erfüllte im Jahr 2006 ihre Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises durch die Ablösung von Verbindlichkeiten der [X.] und die Überweisung eines Restbetrages in Höhe von 2.149.444 €. Die Steuerfahndung sah in der Reduzierung des nach ihrer Ansicht angemessenen Kaufpreises eine vGA zugunsten des [X.]. Dementsprechend legte das [X.] der Besteuerung des [X.] im Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 11. Dezember 2009 unter Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens eine vGA in Höhe von 1.175.000 € zugrunde.

5

Nach erfolglosem Einspruch wies das Finanzgericht ([X.]) die Klage ab und führte dazu im Wesentlichen aus: Die streitigen [X.] zu Lasten der [X.] stellten vGA an den Kläger dar, weil der Vorgang in den Büchern der [X.] nicht auf dem Verrechnungskonto des [X.]ers, sondern als durchlaufender Posten erfasst worden sei. Auch durch die Reduzierung des Kaufpreises für den Verkauf der [X.] an die AG, die dem Kläger als wirtschaftlichem Alleingesellschafter nahe gestanden habe, habe der Kläger einen als vGA anzusehenden Vorteil erhalten. Denn die AG habe nach der Änderung des Vertrages diesen Betrag nicht mehr für die Erfüllung ihrer Zahlungspflichten gegenüber der [X.] aufwenden müssen. Die Gewährung des Vermögensvorteils sei gesellschaftsrechtlich veranlasst gewesen. Zwingende betriebliche Gründe, die die [X.] veranlasst haben könnten, nach der Eigentumsumschreibung auf die AG auf einen Teil ihrer Kaufpreisforderung zu verzichten, seien nicht ersichtlich. Ein ordentlicher und gewissenhaft handelnder Geschäftsführer hätte diese Realisierungschance nicht aus der Hand gegeben und den Kaufpreis nach Vollzug des [X.] nicht reduziert.

6

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung von Verfahrensrecht und materiellem Recht und trägt dazu im Wesentlichen vor:

7

Das angefochtene Urteil leide an Verfahrensfehlern, da die [X.] notwendig zum Verfahren beizuladen gewesen wäre. Das [X.] habe zudem gegen seine Pflicht zur Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--) verstoßen. Hätte es den Sachverhalt weiter aufgeklärt, hätte es festgestellt, dass anlässlich der Scheckzahlungen eine Verbindlichkeit zu Lasten des [X.]er-Geschäftsführer-Kontos des [X.] gebucht und diese in Raten zurückgezahlt worden sei. Hinsichtlich des Verkaufs der [X.] hätte es ermitteln müssen, ob der Kaufpreis dem tatsächlichen Verkehrswert der Grundstücke entsprochen habe und hätte nicht bereits aufgrund der Reduzierung des Kaufpreises das Vorliegen einer vGA bejahen dürfen.

8

Das [X.]-Urteil verstoße zudem gegen materielles Bundesrecht, da in keinem der Streitjahre die Voraussetzungen für eine vGA nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG erfüllt gewesen seien. Die Scheckzahlungen seien auf dem Konto "[X.] Posten" verbucht und noch im [X.] als Darlehen der [X.] gegen den [X.]er umgebucht worden. Dieses sei zwischenzeitlich zurückgezahlt worden. Auch in Bezug auf die Annahme einer vGA hinsichtlich des [X.] sei die Entscheidung des [X.] rechtswidrig. Bereits der Umstand, dass die [X.] zivilrechtlich zur Rückgabe des verkauften Grundbesitzes verpflichtet gewesen sei, spreche gegen die Annahme einer vGA. Die Veräußerung eines Vermögensgegenstandes, welcher wirtschaftlich nicht mehr zum Vermögen der [X.] gehört habe, könne nicht zu einer Vermögensminderung bei der [X.] führen.

9

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sächsischen [X.] vom 28. September 2011  8 K 753/10 aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide für 2002 und 2006, jeweils vom 11. Dezember 2009, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. April 2010 dahingehend zu ändern, dass Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht zum Ansatz kommen, wobei ein Betrag in Höhe von 1.456 € im Jahr 2006 unstreitig gestellt wird.

Das [X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet. Sie ist deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 [X.]O).

1. Die vom Kläger behaupteten Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O) liegen nicht vor.

a) [X.], das [X.] habe es [X.] unterlassen, die GmbH notwendig beizuladen, ist unbegründet. Die Voraussetzungen für eine notwendige Beiladung i.S. von § 60 Abs. 3 [X.]O liegen mit Blick auf die in Streit befindlichen vGA nicht vor. Eine notwendige Beiladung setzt voraus, dass an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Das ist dann der Fall, wenn die Entscheidung notwendigerweise und unmittelbar Rechte Dritter gestaltet, verändert oder zum Erlöschen bringt. Ein solches Verhältnis der gegenseitigen Abhängigkeit liegt im Hinblick auf die Behandlung einer Leistung als vGA einerseits auf [X.] der vorteilsgewährenden Kapitalgesellschaft und andererseits auf [X.] des empfangenden Gesellschafters schon wegen der unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen von § 8 Abs. 3 Satz 2 des [X.] ([X.]) einerseits (betreffend die Körperschaft) und § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG andererseits (betreffend den Anteilseigner) nicht vor (Beschluss des [X.] --[X.]-- vom 14. Oktober 2008 I B 48/08, [X.], 213). An dieser Beurteilung hat sich auch durch die Schaffung der Korrespondenzregeln der §§ 32a, 8b Abs. 1 Satz 2 bis 4 [X.], § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d Satz 2 und 3 EStG, jeweils i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13. Dezember 2006 ([X.], 2878, [X.], 28), nichts geändert ([X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 60 [X.]O Rz 85). Die Regelung des § 32a [X.] enthält nur eine formelle Änderungsmöglichkeit, begründet jedoch keine materielle Bindung der Steuerfestsetzung gegenüber dem Gesellschafter.

b) [X.], das [X.] habe gegen seine Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 [X.]O und bei seiner Tatsachenwürdigung gegen Denkgesetze verstoßen, ist, soweit sie den Anforderungen an die Begründung einer Revision überhaupt genügt, unbegründet.

aa) Auszugehen ist hierbei davon, dass mit einer Revision nach § 118 Abs. 1 Satz 1 [X.]O nur geltend gemacht werden kann, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruht. An die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen ist der [X.] hingegen nach § 118 Abs. 2 [X.]O grundsätzlich gebunden, es sei denn, dass in Bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht werden. Demgemäß kann eine Revision --soweit sie sich gegen die tatsächlichen finanzgerichtlichen Feststellungen oder gegen die tatsächliche Würdigung des Sachverhalts durch die Vorinstanz wendet-- nur auf das Vorliegen eines [X.] (§ 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b [X.]O) oder in materiell-rechtlicher Hinsicht (§ 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a [X.]O) darauf gestützt werden, dass die tatsächliche Würdigung mit den Denkgesetzen oder mit allgemeinen [X.] nicht vereinbar oder dass sie widersprüchlich oder aus den Gründen des angefochtenen Urteils nicht nachvollziehbar sei (vgl. [X.]-Beschluss vom 11. April 2002 VII R 1/02, [X.]/NV 2002, 950).

bb) Soweit der Kläger geltend macht, dass das [X.] gegen seine Pflicht zur Sachaufklärung von Amts wegen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 [X.]O) verstoßen habe, weil es nicht weiter aufgeklärt habe, ob die Scheckzahlungen auf dem Verrechnungskonto des Gesellschafter-Geschäftsführers als Darlehen der GmbH verbucht worden seien, genügt die Revisionsbegründung nicht den Anforderungen an eine Verfahrensrüge (§ 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b [X.]O). Das [X.] hat in seinem Urteil ausgeführt, dass eine Darlehensvereinbarung zwischen dem Kläger und der GmbH nicht feststellbar und eine Forderung gegen den Kläger auf dem Gesellschafterverrechnungskonto nicht verbucht worden sei. Der Kläger habe die Scheckabschrift in die Buchhaltung der GmbH gegeben, ohne zu bestimmen, dass der [X.] als Forderung der Gesellschaft auf seinem Verrechnungskonto zu verbuchen sei. Der Kläger hat nicht konkretisiert, weshalb diese Feststellungen des [X.] nicht den Tatsachen entsprechen, sondern lediglich seinen [X.] näher [X.] eigenen Vortrag, es sei eine Darlehensforderung verbucht worden, den Feststellungen des [X.] entgegengestellt. Es fehlt insoweit jegliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen [X.]-Urteils und an dem Vortrag, welche konkreten Beweise das [X.] hinsichtlich der "buchtechnischen Behandlung" der Scheckzahlungen hätte erheben müssen und weshalb der im finanzgerichtlichen Verfahren durch einen Prozessbevollmächtigten vertretene Kläger nicht selbst auf eine weitere Sachverhaltsaufklärung durch das [X.] hingewirkt hat (vgl. [X.]-Beschluss vom 7. Dezember 2010 III B 33/10, [X.]/NV 2011, 433).

cc) [X.] des [X.], das Urteil des [X.] verstoße gegen Denkgesetze, weil eine Scheckabschrift, die außer der Angabe des Scheckbetrages keine weiteren Angaben enthalte, nicht umlauffähig sei, ist angesichts der Einlösung der Schecks auf dem Firmenkonto der GmbH unsubstantiiert.

dd) Das [X.] hat auch nicht dadurch gegen seine Sachaufklärungspflicht verstoßen, dass es den tatsächlichen Verkehrswert des Grundstücks zum Zeitpunkt des Verkaufs an die [X.] nicht festgestellt hat. Da es seine Entscheidung darauf gestützt hat, dass eine vGA bereits durch die [X.] durch zwingende betriebliche Gründe veranlasste-- Herabsetzung des notariell beurkundeten Kaufpreises bewirkt worden sei, war der vom Kläger gerügte [X.] nach der Rechtsauffassung des [X.] nicht entscheidungserheblich.

2. Die Entscheidung des [X.] ist auch in materiell-rechtlicher Hinsicht rechtmäßig und verletzt nicht § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG.

a) Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen als sonstige Bezüge aus Anteilen an einer GmbH auch vGA. Eine vGA im Sinne dieser Vorschrift liegt nach ständiger Rechtsprechung des [X.] vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat. Das ist in der Regel der Fall, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer diesen Vorteil einem Nichtgesellschafter nicht zugewendet hätte (Senatsurteil vom 24. Juni 2014 VIII R 54/10, [X.]/NV 2014, 1501, m.w.N.).

Ist der begünstigte Gesellschafter-Geschäftsführer --wie im Streitfall der [X.] ein beherrschender, kann die Vermögensminderung auch in einem Entgelt bestehen, das die Gesellschaft an den Gesellschafter zahlt, obwohl es hierfür an einer klaren und von vornherein abgeschlossenen Vereinbarung fehlt (z.B. [X.]-Urteile vom 24. Januar 1990 I R 157/86, [X.]E 160, 225, [X.] 1990, 645; vom 5. Oktober 2004 VIII R 9/03, [X.]/NV 2005, 526). Im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist die vGA in diesen Fällen beim Gesellschafter zu erfassen, wenn ihm der Vermögensvorteil zufließt (vgl. [X.]-Beschluss vom 14. Juli 1998 VIII B 38/98, [X.]E 186, 379, m.w.N.).

b) Nach diesen Grundsätzen hat das [X.] die Scheckzahlungen zu Lasten des [X.] der GmbH im Streitjahr 2002 in Höhe von 27.366 € und 76.694 € zu Recht als vGA i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG beurteilt. Der Kläger war im Streitjahr 2002 Alleingesellschafter und Geschäftsführer der GmbH. Nach den Feststellungen des [X.], an die der Senat gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O gebunden ist, hat die GmbH dem Kläger durch die mit den Verrechnungsschecks geleisteten Zahlungen in Höhe von 27.366 € und 76.694 € einen Vermögensvorteil zugewandt, ohne dass hierfür eine klare und von vornherein abgeschlossene vertragliche Regelung vorlag. Die fehlenden Angaben auf den Schecks und die Verbuchung der Zahlungen als durchlaufende Posten --statt als Verbindlichkeit des [X.] sprechen dafür, dass die private Veranlassung der Zahlungen von vornherein verschleiert werden sollte. Da bereits das Fehlen einer klaren vertraglichen Regelung zur Folge hat, dass die von der GmbH für den Kläger geleisteten Zahlungen als vGA zu beurteilen sind, kommt es auf die Frage, ob die in der Bilanz der GmbH als "Sonstige Vermögensgegenstände" aktivierten [X.] von der zum Bilanzstichtag 31. Dezember 2002 vorgenommenen Wertberichtigung erfasst wurden, nicht an.

Die durch die Scheckzahlungen eingetretene Vermögensminderung bei der GmbH findet ihre Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis, da es der Kläger als Geschäftsführer der GmbH unterlassen hat, rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Rückzahlung der von der GmbH mit seinem Wissen und Willen verauslagten Beträge durch eine Verbuchung auf dem Gesellschafterverrechnungskonto zu sichern. Es handelte sich insoweit nicht nur um eine sog. Fehlbuchung, die auf einem Versehen beruhte, sondern um einen außerbetrieblichen, durch den Gesellschafter-Geschäftsführer bewusst veranlassten Vorgang, so dass eine bilanzielle Neutralisierung nicht in Betracht kommt. Zwar kann auch in diesem Fall die Bilanz durch Aktivierung einer Ausgleichsforderung gegen den Gesellschafter zu berichtigen sein, diese Forderung ist aber eine Einlageforderung und verhindert damit nicht das Vorliegen einer vGA ([X.]-Urteil vom 22. Oktober 2003 I R 23/03, [X.]/NV 2004, 667; [X.]-Beschluss vom 18. März 2014 V B 33/13, [X.]/NV 2014, 907).

Eine andere Beurteilung folgt nicht daraus, dass die Schwiegermutter des [X.] im Jahr 2002 eine Zahlung in Höhe von 10.230,01 € an die GmbH geleistet hat, die unter dem Titel "Rückzahlung Vorschuss" verbucht worden ist. Da weder der angegebene Verwendungszweck noch der Betrag der Gutschrift einen Zusammenhang mit dem Scheck über 27.366 € ergeben, ist die tatsächliche Würdigung des [X.], aus diesem Vorgang lasse sich nicht ableiten, dass es sich um eine Rückzahlung der von der GmbH geleisteten Zahlung handelte, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Zudem ist jede Leistung, die zum Ausgleich des zugewendeten [X.] nach Beendigung des (eine vGA bewirkenden) [X.] erbracht wird, als Einlage zu behandeln (Senatsurteil vom 25. Mai 2004 VIII R 4/01, [X.]E 207, 103, m.w.N.). Das entspricht im Übrigen dem allgemein für Überschusseinkünfte und für Gewinneinkünfte bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zu beachtenden Grundsatz, dass ein zugeflossener Vermögensvorteil auch dann eine Einnahme bleibt, wenn der Empfänger den erlangten Wert nicht endgültig behalten darf, sondern zurückzugewähren hat (z.B. [X.]-Urteil vom 29. April 1982 IV R 95/79, [X.]E 136, 94, [X.] 1982, 593).

Nach diesem Grundsatz führt auch die Zahlung des [X.] in Höhe von 71.065 € an die [X.] nicht zur Rückgängigmachung der vGA, zumal dieser Betrag nach den Feststellungen des [X.] in der Buchführung der GmbH als Forderung des [X.] gegen die GmbH ausgewiesen wurde.

c) Zu Recht hat das [X.] im Streitjahr 2006 eine vGA i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG in Höhe der Kaufpreisminderung von 2,35 Mio. € für den Verkauf der Grundstücke A bejaht, die nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG zur Hälfte der Besteuerung des [X.] zugrunde zu legen ist.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] setzt eine vGA eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung voraus, die sich auf den Unterschiedsbetrag i.S. des § 4 Abs. 1 EStG auswirkt (vgl. [X.]-Urteil vom 15. Dezember 2004 I R 6/04, [X.]E 209, 57, [X.] 2009, 197, m.w.N.). Eine solche Vermögensminderung war im Streitfall --unabhängig vom tatsächlichen Verkehrswert der verkauften [X.] gegeben, da die GmbH durch die Vertragsänderung vom 21. März 2006 auf die Kaufpreisforderung in Höhe von 2,35 Mio. € verzichtet hat.

Das Vorliegen einer vGA wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die GmbH im Hinblick auf drohende Regressansprüche Rückstellungen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 249 des Handelsgesetzbuchs hätte bilden müssen. Ist das Merkmal der "Vermögensminderung oder verhinderten Vermögensmehrung" mit dem jeweiligen Geschäftsvorfall erfüllt und hindert weder die gleichzeitige Entstehung eines Schadensersatzanspruchs nach Zivilrecht noch die Verpflichtung zur Aktivierung dieses Anspruchs nach Bilanzrecht den Eintritt der Rechtsfolgen nach § 8 Abs. 3 Satz 2 [X.] ([X.]-Urteil in [X.]E 207, 103), dann muss dies auch für den Ansatz einer Rückstellung für die potentielle Inanspruchnahme der GmbH gelten.

bb) Der Senat teilt die Auffassung des [X.], dass diese durch den Preisnachlass bewirkte Vermögensminderung der GmbH ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hatte, da sie einem Nichtgesellschafter unter sonst gleichen Umständen nicht gewährt worden wäre. Die [X.] schuldete aufgrund des notariell beurkundeten Änderungsvertrages vom 23. Februar 2005 die Zahlung eines Kaufpreises in Höhe von 8,5 Mio. € netto. Die Bemessung des Kaufpreises lässt die Kalkulationsgrundlage nicht erkennen. Der Kläger hat keine vertragliche oder gesetzliche Rechtsgrundlage für einen Anspruch der Käuferin auf die nachträgliche Kaufpreisminderung in Höhe von 2,35 Mio. € dargetan. Es ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass eigene geschäftliche Interessen der Verkäuferin für den Preisnachlass maßgeblich waren. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte allein aufgrund der Finanzierungsschwierigkeiten der Käuferin einer Herabsetzung des Kaufpreises nicht zugestimmt, zumal nach der vom [X.] in Bezug genommenen Niederschrift über die Vernehmung des [X.] durch die Steuerfahndung vom 2. Juli 2009 weitere Kaufinteressenten existierten, die die Immobilie zu einem höheren Kaufpreis erwerben wollten.

cc) Die GmbH hat durch den teilweisen Verzicht auf die unentziehbare Kaufpreisforderung dem Kläger einen Vorteil zugewendet. Zwar war die [X.] als Käuferin und nicht der Kläger als Gesellschafter der GmbH unmittelbare Nutznießerin des [X.]. Eine vGA ist jedoch auch zugunsten einer nahestehenden Person möglich. Dies ist vorliegend der Fall, da der Kläger wirtschaftlicher Alleineigentümer der [X.] war, so dass davon auszugehen ist, dass der Forderungsverzicht der GmbH gegenüber der [X.] als Schwestergesellschaft auf die Rechtsbeziehung zum Kläger als gemeinsamen Gesellschafter zurückzuführen ist (Beschluss des Großen Senats des [X.] vom 26. Oktober 1987 GrS 2/86, [X.]E 151, 523, [X.] 1988, 348). Da die [X.] aufgrund des Forderungsverzichts der GmbH weniger für den Erwerb der Grundstücke aufwenden musste, hat sich ihr Vermögen und damit der Wert der Anteile des [X.] an dieser erhöht. Die Wertsteigerung trat spätestens mit dem Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums an den Grundstücken durch die [X.] ein. Diesbezüglich ist --unabhängig von der zivilrechtlichen Eigentumslage-- auf den Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzung und Lasten abzustellen ([X.]-Beschluss vom 23. März 1994 VIII B 50/93, [X.]/NV 1994, 786, m.w.N.). Dieser erfolgte nach dem Grundstückskaufvertrag vom 6. April 2004 zum Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung, die im [X.] erfolgt ist, so dass dem Kläger der wirtschaftliche Vorteil in Form der Wertsteigerung seiner Anteile an der [X.] außerhalb einer offenen Gewinnausschüttung der GmbH im Streitjahr zugeflossen ist.

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VIII R 45/11

02.12.2014

Bundesfinanzhof 8. Senat

Urteil

vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 28. September 2011, Az: 8 K 753/10, Urteil

§ 20 Abs 1 Nr 1 S 2 EStG 2002, § 8 Abs 3 S 2 KStG 2002, EStG VZ 2006, KStG VZ 2006, § 60 Abs 3 FGO, § 32a KStG 2002 vom 13.12.2006, § 249 HGB, § 5 Abs 1 S 1 EStG 2002, § 4 Abs 1 EStG 2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 02.12.2014, Az. VIII R 45/11 (REWIS RS 2014, 836)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 836

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