Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.01.2015, Az. 27 W (pat) 538/14

27. Senat | REWIS RS 2015, 17340

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "stay smart (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2012 040 035.3

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 13. Januar 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Dr. [X.] sowie des [X.] [X.] und der Richterin Werner

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Als Wort/Bildmarke 30 2012 040 035 angemeldet ist das Zeichen

Abbildung

2

für die Dienstleistungen

3

[X.]:

4

Beherbergung und Bewirtung von Gästen; Dienstleistungen eines Hotels und/oder Restaurants, nämlich Vermietung von Tagungsräumen für Kongresse, Konferenzen und gesellschaftliche Veranstaltungen; Vermietung von Versammlungsräumen und Besprechungsräumen; Partyservice (Verpflegung).

5

Die Markenstelle für [X.] hat die Anmeldung durch Beschluss vom 18. März 2014 zurückgewiesen, weil sie jeglicher konkreter Unterscheidungskraft entbehre. Die englischsprachige Wortbildung werde unmittelbar in der Bedeutung „wohne“ und „chick, elegant“ verstanden. Sie erschöpfe sich damit in einem Hinweis auf die Qualität oder den Inhalt der beanspruchten Dienstleistungen. Mit Blick auf den sachbezogenen Informationsgehalt reihe sich das angemeldete Zeichen in die üblichen Bezeichnungsgewohnheiten der Branche ein und erwecke nicht den Eindruck einer ungewöhnlichen Zusammenstellung, die eine herkunftshinweisende Funktion ermöglichen könnte.

6

Die grafische Ausführung der Marke halte sich innerhalb werbeüblicher Schriftgestaltung und sei daher nicht geeignet, der Marke Unterscheidungskraft zu verleihen.

7

Der Beschluss wurde den [X.] am 24. März 2014 zugestellt. Am 30. Juli 2014 antworteten sie schriftsätzlich auf entsprechende telefonische Nachfrage, dass am 24. April 2014 die ebenfalls vorgelegte Beschwerdeschrift gleichen Datums ausweislich des auch eingereichten Faxberichts an das [X.] gefaxt worden und entsprechend kontrolliert worden sei. Dieses Fax der  Beschwerdeschrift ist aus unbekannten Gründen nicht zur Akte gelangt, wie anlässlich der Prüfung der inzwischen mehrfach eingereichten Fristverlängerungsanträge auffiel und in dem fraglichen Telefonat erörtert worden war.

8

Zur Begründung tragen die Anmelder vor, bei fremdsprachigen Bezeichnungen sei hinsichtlich des Vorliegens der konkreten Unterscheidungskraft sorgfältig zu prüfen, ob deren nächstliegende Übersetzung einer fremdsprachigen Bezeichnung für die beteiligten Verkehrskreise einen der Umgangssprache entnommenen, beschreibenden Sachhinweis enthalte. Entgegen der Ansicht der Markenstelle sei „Smart" lediglich in seiner Erstbedeutung von „clever", „smart" und „raffiniert" in die [X.] eingegangen. Umgekehrt werde „schick" mit „chic" oder „fashionable" ins [X.] übersetzt. Den inländischen Verbrauchern, die über Grundkenntnisse der [X.] verfügen, sei dagegen nicht die nachrangige Bedeutung des [X.] Begriffs „smart" als „schick" bekannt. Sie würden die Textpassage „stay smart" als „Bleiben Sie clever" verstehen, was keine beschreibende Bedeutung in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen der [X.] habe. Selbst wenn einem Teil der angesprochenen [X.] bekannt wäre, dass der [X.] Begriff „smart" verschiedenen Bedeutungen haben kann, wäre die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke gegeben, da die Marke nach deren Verständnis interpretationsbedürftig und somit nach der Rechtsprechung des [X.], wonach [X.] zur Unterscheidungskraft führen könne, unterscheidungskräftig wäre.

9

Dies müsse gerade für die Dienstleistung „Partyservice (Verpflegung)" gelten. Auch sei die schriftbildliche Wiedergabe und sonstige Gestaltung der Zeichenwörter eigenartig und prägnant, indem sie eine ungewöhnliche Schriftart mit schwungvollen Merkmalen auf die kreisrunde Kontur des farbigen Zeichens anpasse.

Die Anmelder beantragen,

den Beschluss der Markenstelle aufzuheben.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, weil jedenfalls auf den schlüssigen Antrag vom 30. Juli 2014 den [X.] Wiedereinsetzung in den Ablauf der Beschwerdefrist zu gewähren ist, § 82 [X.], §§ 233, 236 ZP[X.]

Die Beschwerde bleibt allerdings in der Sache ohne Erfolg, da die streitbefangene Marke, wie die Markenstelle zu Recht angenommen hat, jeglicher originärer Unterscheidungskraft entbehrt, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

Unterscheidungskraft im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]  ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit gegenüber denen anderer Unternehmen individualisiert. Die Hauptfunktion der Marke besteht nämlich darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr. [X.] [X.] Int. 2005, 2012 – BioID; [X.], 850 – [X.]). Besteht eine Marke - wie im Streitfall - aus mehreren Elementen, ist bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von der Gesamtheit der Marke auszugehen (vgl. dazu auch BGH

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise. Daher sind deren Sprachkenntnisse zugrunde zu legen (vgl. [X.], 710 Rn. 18 – [X.]; [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 8 Rn. 85).Dabei pflegt das Publikum ein als Marke verwendetes Zeichen in der Regel so aufzunehmen, wie es ihm entgegentritt. Von einer analysierenden Betrachtung des Zeichens sehen die Verbraucher regelmäßig ab (vgl. [X.] [X.] 2003, 58 Rn. 19 ff. – [X.]; [X.], 270 Rn. 12 – Link economy). Ein der Annahme der Unterscheidungskraft entgegenstehender Aussagehalt der Marke müsste deshalb so deutlich und unmissverständlich hervortreten, dass er für die beteiligten Verkehrskreise unmittelbar und ohne weiteres Nachdenken erkennbar wäre. Insoweit ist selbst bei der Verbindung an sich nicht unterscheidungskräftiger beschreibender Einzelelemente die Unterscheidungskraft nur zu verneinen, wenn auch der damit entstehenden Gesamtaussage die Eignung zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung fehlt (vgl. [X.], [X.] a.a.[X.], Rn. 28 bis 35 – SAT.2).

Der Begriffsinhalt „stay smart“, der das bestimmende Element des Zeichens ist, besteht aus einfachen englischsprachigen Ausdrücken, wobei „smart“ unmittelbar im [X.] Sprachgebrauch nachweisbar ist (vgl. smartbook, smartphone etc.). Deswegen hat die Markenstelle zutreffend angenommen, dass die Begriffe „stay“ als „wohnen, bleiben, sich aufhalten“ und „smart“ als Adjektiv in der Bedeutung „elegant, schick“ dem angesprochenen Publikum bekannt sind. Zudem haben sie auch die von den [X.] erwähnte Bedeutung „clever, smart, raffiniert“.

Entgegen der Ansicht der Anmelder liegt aber auch in der Übersetzung mit „clever, schlau“ eine im Vordergrund stehende Sachaussage auf der Hand, mit „klüger übernachten, einkehren, Tagungen und Partys ausrichten“, was ohne Weiteres auf ein besonderes Preis-Leistungs-Verhältnis hinweist.

Dabei bietet die englischsprachige Herkunft der Begriffsbildung als solche keinen Anhalt für das Verständnis als Herkunftshinweis. Einfache [X.] Aussagen sind als Teil der Werbesprache weithin präsent. Dies gilt gerade bezogen auf Dienstleistungen der [X.], die regelmäßig in einer zeitgemäßen Form angezeigt werden. Die Verwendung englischsprachiger Begriffe bietet sich überdies auch im Bereich der Hotelbranche an.

Die grafische Darstellung der Wörter vermag ebenfalls nicht die Annahme konkreter Unterscheidungskraft des Zeichens zu tragen. Einer [X.] kann – unbeschadet der fehlenden Unterscheidungskraft der Wortelemente – als Gesamtheit Unterscheidungskraft nur dann zugesprochen werden, wenn die grafischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen das Publikum einen Herkunftshinweis sieht (vgl. BGH [X.] 1991, 136, 137 – [X.]). Im Hinblick auf die klar sachbezogene Bedeutung der Wortkombination hätte es hier eines auffallenden Hervortretens der grafischen Merkmale bedurft, um sich als Herkunftshinweis einzuprägen (vgl. BGH [X.] 2001, 1153 – antiKALK; Beschl. v. 17.10.2013, [X.] – grill meister).

Eine solche Abweichung von üblichen gebrauchsgrafischen Wiedergabeformen ist im Gesamteindruck der angemeldeten Marke jedoch nicht erkennbar. Die Buchstaben sind in einer einfachen Schreibschrift gestaltet, die sich der kreisförmigen farbigen Fläche anpassen. Das Publikum ist an solche Gestaltungen gewöhnt. Als Herkunftshinweis wirkt sie im Kontext der fraglichen Dienstleistungen nicht.

Meta

27 W (pat) 538/14

13.01.2015

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.01.2015, Az. 27 W (pat) 538/14 (REWIS RS 2015, 17340)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 17340

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