Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.07.2021, Az. 6 StR 313/21

6. Strafsenat | REWIS RS 2021, 3741

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Gegenstand

Strafzumessung bei einem Tötungsdelikt: Wertung des Versuchs der Beseitigung von Tatspuren


Tenor

Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 2. Februar 2021 mit den zugehörigen Feststellungen im jeweiligen Strafausspruch aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Schwurgerichtskammer des [X.] zurückverwiesen.

Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe

1

Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf die Revisionen der Angeklagten hat zum Schuldspruch sowie zu dem gegen den Angeklagten [X.]gerichteten [X.] keinen die Beschwerdeführer benachteiligenden Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Jedoch können die Strafaussprüche keinen Bestand haben (§ 349 Abs. 4 StPO).

2

1. Die Schwurgerichtskammer hat bei beiden Angeklagten strafschärfend gewichtet, dass diese umfangreiche Maßnahmen zur Spurenbeseitigung unternommen haben (unter anderem Verbringen der Leiche auf einen Friedhof und deren Verscharren, „Entsorgung“ von Beweismitteln an unbekannten Stellen). Hiergegen bestehen durchgreifende rechtliche Bedenken. Denn nach ständiger Rechtsprechung darf der Versuch, sich durch Beseitigung von Tatspuren der Strafverfolgung zu entziehen – ausgenommen bei besonderen, hier nicht vorliegenden Umständen (vgl. LK-StGB/[X.], 13. Aufl., § 46 Rn. 184 f. mwN) – nicht straferschwerend gewertet werden (vgl. [X.], Urteil vom 27. Januar 2011 – 2 [X.], [X.], 512; Beschlüsse vom 10. Februar 1994 – 1 [X.], [X.], 131; vom 15. März 2018 – 4 [X.], [X.], 215, 216; [X.]/[X.]/[X.], Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 670 mwN).

3

2. Darüber hinaus hat die Schwurgerichtskammer dem Angeklagten A.     die in über 100 Schwertstichen, -schnitten und -hieben mit einem scharfen Kurzschwert zum Ausdruck kommende besondere Brutalität sowie den Umstand besonders angelastet, dass er „seiner Aggressivität ungehindert freien Lauf gelassen“ und auf sein handlungsunfähig am Boden liegendes Opfer noch eingestochen hat, was besonders verwerflich sei. Die Ausführungen lassen dabei nicht das Bewusstsein des [X.] erkennen, dass die besondere Brutalität – wie namentlich auch aus den Erwägungen zur Gefährlichkeit im Rahmen des § 63 Satz 1 StGB deutlich wird – gerade Ausdruck der wegen der Erkrankung des Angeklagten verminderten Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) gewesen ist. Dann darf sie aber nur nach dem Maß der geminderten Schuld berücksichtigt werden (st. Rspr., vgl. etwa [X.], Urteil vom 17. November 1961 – 4 StR 373/61, [X.]St 16, 360, 363 f.; [X.]/[X.]/[X.], aaO, Rn. 636 mwN).

4

3. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das [X.] ohne die vorgenannten Wertungsfehler zu geringeren Strafen gelangt wäre (§ 337 Abs. 1 StPO). Die Sache bedarf danach zu den Strafaussprüchen neuer Verhandlung und Entscheidung.

5

Das nunmehr verhandelnde Tatgericht wird zu bedenken haben, dass hinsichtlich der Angeklagten [X.]    nicht Strafzumessungstatsachen maßgebend herangezogen werden dürfen, die gerade deren Mittäterschaft begründet haben. Die diesbezüglichen Erwägungen im angefochtenen Urteil ([X.]) erscheinen unter diesem Blickwinkel nicht unbedenklich.

[X.]     

      

[X.]     

      

König 

      

Fritsche     

      

von [X.]     

      

Meta

6 StR 313/21

27.07.2021

Bundesgerichtshof 6. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hannover, 2. Februar 2021, Az: 39 Ks 16/20

§ 46 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.07.2021, Az. 6 StR 313/21 (REWIS RS 2021, 3741)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 3741

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2 StR 493/10

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