Bundesgerichtshof, Urteil vom 03.11.2022, Az. 3 StR 321/21

3. Strafsenat | REWIS RS 2022, 6791

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Tenor

1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 29. Oktober 2020 wird verworfen.

2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten unter Freispruch vom Vorwurf des zweifachen Mordes wegen vorsätzlichen unerlaubten Erwerbs zweier halbautomatischer Kurzladewaffen zum Verschießen von [X.] in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz solcher Waffen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es [X.] getroffen. Mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision wendet sich der Angeklagte gegen den Strafausspruch sowie - bei verständiger Würdigung der [X.] - gegen die unterbliebene Bestimmung eines Vollstreckungsabschlags wegen der in den Urteilsgründen festgestellten rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung. Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen begab sich der Angeklagte nach telefonischer Vereinbarung am 29. April 2017 in Begleitung eines anderen zu der Wohnung eines Waffenverkäufers. Von diesem kaufte und übernahm er ohne waffenrechtliche Erlaubnis für einen Betrag zwischen 1.300 und 1.500 € zwei Pistolen "[X.]" des Kalibers 7,65 Millimeter, dazu zwei Reservemagazine und Schalldämpfer sowie insgesamt 60 Geschosspatronen. Anschießend verstaute er die Gegenstände im Kofferraum eines Kraftfahrzeugs und fuhr los. Kurz danach stoppte ein [X.] der Polizei ihn gewaltsam und nahm ihn sowie seinen Begleiter fest.

3

2. Die materiellrechtliche Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der [X.] hat im Umfang der Anfechtung keinen dem Angeklagten nachteiligen Rechtsfehler ergeben. Das gilt auch für die Entscheidung, die rechtsstaatswidrige Verzögerung des ursprünglich getrennt geführten Verfahrens wegen der der Verurteilung zugrundeliegenden [X.] lediglich festzustellen und von einem Vollstreckungsabschlag abzusehen. Das [X.] hat hierauf namentlich aufgrund der als nicht gewichtig beurteilten Auswirkungen der staatlich zu verantwortenden überlangen Verfahrensdauer auf den Angeklagten erkannt, der wegen dieses Vorwurfs keine Untersuchungshaft erlitten hatte, vielmehr unabhängig davon wegen des dringenden Verdachts des zweifachen Mordes inhaftiert war. Die Bewertung hält sich im Rahmen des dem Tatgericht insoweit eröffneten Spielraums (vgl. [X.], Beschlüsse vom 17. Januar 2008 - [X.], [X.]St 52, 124 Rn. 56; vom 2. März 2022 - 2 StR 541/21, [X.], 572 Rn. 9 mwN). Mit Blick auf die Zuschrift des [X.], mit der er die Aufhebung des angefochtenen Urteils im Strafausspruch nach § 349 Abs. 4 StPO beantragt hatte, ist ergänzend zu bemerken:

4

Die Strafzumessung erweist sich nicht deshalb als rechtsfehlerhaft, weil in den Urteilsgründen nicht strafmildernd berücksichtigt worden ist, dass das [X.] das als Tatmittel verwendete [X.] eingezogen hat. Explizit zu würdigen wäre die Einziehung gemäß § 74 Abs. 1 Alternative 2, Abs. 3 Satz 1 StGB aufgrund ihres Strafcharakters nur dann gewesen, wenn das - bei Urteilsverkündung mindestens dreieinhalb Jahre alte - Mobiltelefon derart wertvoll gewesen wäre, dass die Maßnahme zwingend als bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der Strafe (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO) zu beurteilen wäre (vgl. LK/[X.], 13. Aufl., § 46 Rn. 16; [X.]/[X.]/[X.], Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 725; ferner - jeweils ein Kraftfahrzeug betreffend - [X.], Beschlüsse vom 3. Mai 2018 - 3 StR 8/18, [X.], 526; vom 21. November 2018 - 4 StR 332/18, NStZ-RR 2019, 88; vom 5. November 2019 - 2 StR 447/19, juris Rn. 4; vom 20. Oktober 2020 - 4 [X.], juris Rn. 4). Dies liegt fern; daher war die Feststellung des Wertes sachlichrechtlich nicht geboten. Eine Aufklärungsrüge mit dem Inhalt, dass das [X.] aufgrund einer besonderen Beschaffenheit einen - bestimmt zu [X.] - außergewöhnlich hohen Wert hatte, hat der Beschwerdeführer nicht erhoben.

5

Ebenso wenig begegnet es Bedenken, dass die Urteilsgründe die festgestellte rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung weder bei der [X.] noch bei der Straffestsetzung erwähnen. Vielmehr ist im Rahmen der Strafzumessung die Verletzung des Gebots zügiger Verfahrenserledigung als solche zutreffend außer Betracht geblieben (vgl. grundlegend [X.], Beschluss vom 17. Januar 2008 - [X.], [X.]St 52, 124 Rn. 54 ff.; ferner [X.], Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, [X.]St 54, 135 Rn. 8; [X.]/[X.], [X.], 30. Aufl., Rn. 490b). Die bestimmenden Strafzumessungsgesichtspunkte des großen zeitlichen Abstands zwischen Tat und Urteil sowie der Länge des Verfahrens (vgl. [X.], Beschluss vom 12. Juni 2017 - [X.], [X.]St 62, 184 Rn. 29 mwN; [X.]/[X.]/[X.], Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 745) hat die [X.] hingegen ausdrücklich berücksichtigt ([X.], 53).

Berg     

  

Anstötz     

  

Erbguth

  

Kreicker     

  

Voigt     

  

Meta

3 StR 321/21

03.11.2022

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Düsseldorf, 29. Oktober 2020, Az: 1 Ks 2/20

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 03.11.2022, Az. 3 StR 321/21 (REWIS RS 2022, 6791)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 6791

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