Bundessozialgericht, Urteil vom 09.08.2018, Az. B 14 AS 20/17 R

14. Senat | REWIS RS 2018, 4982

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Gegenstand

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Einkommens- oder Vermögensberücksichtigung - Zahlungen aus titulierter Schadensersatzforderung aus außergerichtlichem Vergleich wegen Vermögensschadens nach unerlaubter Handlung - sozialgerichtliches Verfahren - kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage - Grundurteil im Höhenstreit


Leitsatz

Zahlungen zum Ausgleich eines Vermögensschadens sind grundsicherungsrechtlich nicht als Einkommen zu qualifizieren.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 6. April 2017 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Umstritten sind höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] für Januar bis Juni 2013 ohne Berücksichtigung von Schadensersatzzahlungen wegen Unterschlagung als Einkommen.

2

Der Kläger bezog zunächst von Januar 2005 bis Februar 2010 und bezieht seit Februar 2011 erneut Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.]. 2002 hatte er ein Versäumnisurteil wegen der Unterschlagung von Baumaschinen und Baumaterial auf Zahlung von 30 000 DM erwirkt, die der Schuldner nach einem Vergleich vom 5.10.2009 seit dem 1.1.2010 in monatlichen Raten von 150 Euro bis zur Gesamtsumme von 12 000 Euro abträgt. Das beklagte Jobcenter berücksichtigte die Zahlungen im streitbefangenen Zeitraum gemindert um Absetzbeträge als Einkommen (Bescheid vom 29.11.2012; Widerspruchsbescheid vom 15.1.2013).

3

Das [X.] hat den Beklagten verurteilt, dem Kläger für den streitbefangenen Zeitraum Leistungen "ohne Anrechnung von Einkommen" aus dem Vergleich vom 5.10.2009 zu gewähren (Urteil vom 16.9.2014); das L[X.] hat die von ihm zugelassene Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 6.4.2017): Die Raten aus dem Vergleich seien kein Einkommen, sondern Vermögen. Die Zahlung auf eine Schadensersatzforderung sei nicht als Einkommen zu qualifizieren, wenn sie lediglich eine frühere Vermögenslage wiederherstelle.

4

Mit seiner Revision rügt der Beklagte die Verletzung von § 11 [X.]. Eine aufgrund eines Vermögensschadens geleistete Entschädigung stelle Einkommen dar, wie schon im Umkehrschluss aus § 11a Abs 2 [X.] folge. Danach sei nur Schmerzensgeld nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Zudem seien die Zahlungen kein Surrogat für die abhandengekommenen Vermögensgegenstände, weil sie auf dem Vergleich vom 5.10.2009 beruhten.

5

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des [X.] vom 6. April 2017 und des [X.] vom 16. September 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger verteidigt die angegriffene Entscheidung und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 [X.]G). Zutreffend hat das [X.] entschieden, dass die Zahlung auf eine Schadensersatzforderung wegen Unterschlagung nicht als Einkommen zu qualifizieren ist.

8

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist neben den vorinstanzlichen Urteilen der Bescheid vom 29.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.], soweit das [X.] den Beklagten sinngemäß zur Zahlung höherer Leistungen verurteilt und das [X.] dessen Berufung hiergegen zurückgewiesen hat. Der Sache nach ist damit auf die zulässig auf den Erlass eines Grundurteils im Höhenstreit (§ 130 Abs 1 [X.]G; vgl letztens B[X.] vom [X.] - [X.] AS 21/17 R - vorgesehen für [X.], [X.]) gerichtete kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 [X.]G) streitig, ob der [X.]läger von Januar bis Juni 2013 Anspruch auf höheres [X.] ohne Berücksichtigung der aus dem Vergleich gezahlten Raten hat. Dass das [X.] den Beklagten zur Zahlung höherer Leistungen "ohne Anrechnung von Einkommen" aus dem Vergleich verurteilt hat, bedeutet nicht, dass es nur über die Berücksichtigung der Raten als Einkommen entschieden hat und demzufolge die Prüfung auch im Rahmen des Revisionsverfahrens hierauf beschränkt wäre. Ausweislich der Urteilsgründe hat das [X.] vielmehr auch geprüft, ob mit den geleisteten Zahlungen die Vermögensfreigrenzen des § 12 Abs 2 [X.]B II überstiegen werden. In diesem Sinne haben der Beklagte und das [X.] die Entscheidung des [X.] ebenfalls verstanden.

9

2. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs des alleinstehenden [X.]lägers, der nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des [X.] die Grundvoraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 [X.]B II, aber keinen [X.] erfüllte, ist § 19 Abs 1 iVm §§ 7, 9, 11 ff, 20 ff [X.]B II idF, die das [X.]B II zuletzt vor dem streitbefangenen Zeitraum durch das [X.] 2013 vom 20.12.2012 ([X.]) erhalten hat. Denn in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden (Geltungszeitraumprinzip, vgl B[X.] vom 19.10.2016 - [X.] [X.]/15 R - [X.]-4200 § 11 [X.] Rd[X.]5 mwN). Zu Recht haben die Vorinstanzen danach entschieden, dass der Beklagte dem [X.]läger weiteres [X.] zu zahlen hat, weil dem zutreffend ermittelten Bedarf in Höhe von 727,12 Euro monatlich - zusammengesetzt aus dem Regelbedarf von 382 Euro (§ 20 Abs 2 Satz 1 [X.]B II iVm § 2 [X.] 2013 vom 18.10.2012, [X.]) und den tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung von 345,12 Euro (§ 22 Abs 1 Satz 1 [X.]B II) - die Zahlungen auf den Vergleich vom 5.10.2009 weder als Einkommen (dazu 3. und 4.) noch als Vermögen (dazu 5.) gegenüberzustellen sind.

3. Einnahmen zum Ausgleich eines Vermögensschadens sind grundsicherungsrechtlich nicht als Einkommen zu qualifizieren.

a) Einkommen iS des § 11 Abs 1 Satz 1 [X.]B II ist nach der ständigen Rechtsprechung des B[X.] grundsätzlich alles das, was jemand nach der Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen iS des § 12 Abs 1 [X.]B II das, was jemand vor der Antragstellung bereits hatte, wobei auszugehen ist vom Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zeitpunkt als maßgeblich bestimmt (modifizierte Zuflusstheorie; vgl letztens etwa B[X.] vom 19.8.2015 - [X.] [X.]/14 R - [X.]-4200 § 11 [X.] Rd[X.]3 mwN). Demnach sollen erst in der Bedarfszeit nach Antragstellung hinzukommende Mittel - von den Ausnahmen nach § 11a [X.]B II und den Absetzbeträgen nach § 11b [X.]B II abgesehen - grundsätzlich vollständig zur Bedarfsdeckung eingesetzt werden, während auf vorher [X.] nur zurückzugreifen ist, soweit es die [X.] überschreitet (vgl schon zur Sozialhilfe [X.] vom [X.] - 5 C 35.97 - [X.]E 108, 296, 299: aktueller Notlage wird aktuelles Einkommen gegenübergestellt; ebenso zur Grundsicherung für Arbeitsuchende B[X.] vom 30.7.2008 - [X.] AS 26/07 R - [X.]-4200 § 11 [X.] Rd[X.]).

b) Hiervon ausgehend sind Ratenzahlungen zum Ersatz eines [X.], den jemand vor Antragstellung bereits hatte, dem Vermögen und nicht dem Einkommen zuzurechnen. Zur Frage der Berücksichtigung von Schadensersatzzahlungen als Einkommen hat das [X.] zu § 76 Abs 1 [X.] (nunmehr § 82 Abs 1 Satz 1 [X.]B XII) entschieden, dass solcher Schadensersatz nicht als Einkommen anzusehen ist, der lediglich eine frühere Vermögenslage wiederherstellt, wie beim Schadensersatz für die Beschädigung oder den Verlust einer Sache. Denn der bloße Ersatz für etwas, was jemand bereits hatte, bewirke keinen Zufluss, sei keine Einnahme, sondern, wie das Ersetzte, wiederum unmittelbar Vermögen. Anderenfalls werte man den Ersatz eines bereits früher [X.] unzulässig erneut als Einkommen. Anders liege es dagegen bei denjenigen Schadensersatzleistungen, mit denen kein zuvor vorhandenes Vermögen ersetzt wird, sondern mit denen der Berechtigte erstmals eine Leistung in Geld oder Geldeswert erhält ([X.] vom [X.] - 5 C 14.98 - [X.] 436.0 § 76 [X.] Nr 29).

c) Diese Wertung hat ihre Gültigkeit bei Inkrafttreten des [X.]B II nicht verloren. Die [X.] in der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist im Wesentlichen der Sozialhilfe nachgebildet (vgl BT-Drucks 15/1516 [X.]). Demgemäß ist zwar die weitgehendere Freistellung von Schadensersatz in der Arbeitslosenhilfe (zuletzt § 194 Abs 3 Nr 7 [X.]B III; zuvor § 138 Abs 3 [X.]) durch die engere Maßgabe (nunmehr) des § 11a Abs 2 [X.]B II ersetzt worden (idF des [X.] [X.] und zur Änderung des [X.] und [X.] vom 24.3.2011, [X.] 453; bis zum [X.]: § 11 Abs 3 Nr 2 [X.]B II), die § 77 Abs 2 [X.] nachgebildet ist. Ausdrücklich sind danach von der [X.] nur ausgenommen "Entschädigungen, die wegen eines Schadens, der kein Vermögensschaden ist, nach § 253 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geleistet werden". Daraus folgt allerdings entgegen der Auffassung des Beklagten nicht, dass jede andere Schadensersatzzahlung im Umkehrschluss grundsicherungsrechtlich als Einkommen zu qualifizieren ist.

Dem steht nach der Entstehungsgeschichte schon entgegen, dass der Gesetzgeber die maßgeblichen Vorschriften des [X.] unverändert auf das [X.]B II übertragen hat und nichts dafür spricht, dass damit nicht auch an das entsprechende Normverständnis des [X.] angeknüpft werden sollte. Das wäre im Zusammenhang hier systematisch auch unvereinbar mit der ständigen Rechtsprechung zum fehlenden Wertzuwachs bei [X.]. Schon zur Arbeitslosenhilfe hatte das B[X.] entschieden, dass durch die Veräußerung eines Gegenstands zum Verkehrswert kein Einkommen erzielt werde (B[X.] vom 20.6.1978 - 7 [X.] - B[X.]E 46, 271, 274 f = [X.]100 § 138 [X.] f zu § 138 [X.]). Diese anschließend auf das Sozialversicherungsrecht übertragene Rechtsprechung (vgl nur B[X.] vom 19.9.2007 - B 1 [X.]R 7/07 R - [X.]-2500 § 62 [X.] Rd[X.]8 mwN) hat das B[X.] für das [X.]B II fortgeführt und ausgesprochen, dass ein auf längere Zeit angelegtes Sparguthaben bei seiner Auszahlung Vermögen bleibt (vgl B[X.] vom 30.9.2008 - [X.] [X.]/07 R - [X.]-4200 § 11 [X.] Rd[X.]; zuvor ebenso bereits [X.] vom [X.] - 5 C 16.98 - NJW 1999, 3210, 3211 zu § 76 Abs 1 [X.] und nunmehr zu § 82 Abs 1 [X.]B XII; B[X.] vom 19.5.2009 - B 8 [X.] 35/07 R - [X.]-3500 § 82 [X.] Rd[X.]5). Sind danach [X.] aus der Umschichtung vorhandener Werte durch den Berechtigten sozialrechtlich grundsätzlich nicht als zum Lebensunterhalt einzusetzendes Einkommen anzusehen, so kann es beim Wertersatz Dritter für die Entziehung oder Beschädigung eines dem Vermögen zuzurechnenden Gegenstands nicht anders liegen; auch durch solche Zahlungen erhält der Empfänger keinen Wert hinzu, den er nicht vorher schon hatte (ebenso [X.] in [X.]/[X.], [X.] § 11 [X.]B II, Stand Januar 2015, Rd[X.]70; Lange in Eicher/[X.], [X.]B II, 4. Aufl 2017, § 12 RdNr 23).

d) Dem steht nicht entgegen, dass für die Unterscheidung zwischen Einkommen und Vermögen grundsätzlich auf den Geldzufluss und nicht auf die zuvor bestehende Rechtsposition abzustellen ist. Schon das [X.] hatte darauf hingewiesen, dass zwar eine auf Geld oder Geldeswert gerichtete Forderung einen wirtschaftlichen Wert darstelle und daher zum Vermögen zähle, wenn sie dem Inhaber wie bei einer noch nicht erfüllten Gehaltsforderung für zurückliegende Monate bereits zustehe. Das führe jedoch nicht zu einer [X.]onkurrenz dergestalt, dass die Forderung als Vermögen und daneben die Leistung aus der Forderung als Einkommen zu berücksichtigen wären. Vielmehr hat es der Regelung des § 76 [X.] entnommen, dass im Falle der Erfüllung einer (Geld-)Forderung sozialhilferechtlich grundsätzlich nicht das Schicksal der Forderung interessiert, sondern das Gesetz insofern allein auf die Erzielung von Einkünften in Geld oder Geldeswert als Einkommen abstellt (vgl [X.] vom [X.] - 5 C 35.97 - [X.]E 108, 296, 300). Dem hat sich das B[X.] angeschlossen (vgl zum [X.]B II nur B[X.] vom 22.8.2013 - [X.] [X.]/12 R - [X.]-4200 § 11 [X.] RdNr 27 mwN; zum [X.]B XII B[X.] vom 19.5.2009 - B 8 [X.] 35/07 R - [X.]-3500 § 82 [X.] Rd[X.]5).

Ausgenommen davon sind allerdings Fälle, in denen mit bereits erlangten Einkünften Vermögen angespart wurde, zB bei Banken, Sparkassen oder Versicherungen, weil andernfalls der Rückgriff auf Erspartes unzulässig als Einkommen gewertet würde (vgl nur [X.] vom [X.] - 5 C 35.97 - [X.]E 108, 296, 300; B[X.] vom 22.8.2013 - [X.] [X.]/12 R - [X.]-4200 § 11 [X.] RdNr 27 mwN; B[X.] vom 19.5.2009 - B 8 [X.] 35/07 R - [X.]-3500 § 82 [X.] Rd[X.]5). Demgemäß ist zwar mangels einer zweckgerichteten "Ansparung" als Einkommen etwa zu berücksichtigen nachgezahltes Arbeitsentgelt (vgl B[X.] vom 24.4.2015 - [X.] AS 32/14 R - [X.]-4200 § 11 [X.] Rd[X.]4 mwN), nachgezahltes [X.]rankengeld (vgl etwa B[X.] vom 16.12.2008 - [X.] [X.]/07 R - [X.]-4200 § 11 [X.]), nachgezahltes Übergangsgeld (B[X.] vom [X.] - [X.] AS 13/08 R - [X.]-4200 § 22 [X.] Rd[X.]2 ff) oder eine Einkommensteuererstattung (vgl etwa B[X.] vom 16.12.2008 - [X.] AS 48/07 R - juris, Rd[X.]0). Anders liegt es neben der Auszahlung eines auf längere Zeit angelegten [X.] (vgl B[X.] vom 30.9.2008 - [X.] [X.]/07 R - [X.]-4200 § 11 [X.] Rd[X.]) dagegen beim Schadensersatz für einen entzogenen oder beschädigten Vermögensgegenstand, weil es sich dabei nur um ein Surrogat für den zuvor innegehabten Vermögenswert handelt.

4. Zutreffend hat das [X.] hiernach die Ratenzahlungen aus dem Vergleich vom 5.10.2009 im streitbefangenen Zeitraum nicht als Einkommen qualifiziert.

a) Das [X.] hat dem Schriftwechsel zwischen den früheren Bevollmächtigten des [X.]lägers und dessen Schuldner entnommen, dass dieser sich auf ein vom [X.]läger im März 2002 erwirktes Versäumnisurteil durch Schreiben vom 5.10.2009 zur Zahlung von monatlich 150 Euro ab dem 1.1.2010 bis zu einem Gesamtbetrag von 12 000 Euro verpflichtet hat, von denen 8000 Euro als Wertersatz für die Unterschlagung von Baumaschinen und Baumaterial im Wert von 30 000 DM im Unterschlagungszeitpunkt und 4000 Euro als Ausgleich für Prozesszinsen bestimmt sind. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Würdigung revisionsgerichtlich nicht zu folgen wäre, bestehen nicht. Die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen hat der Beklagte mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen (§ 164 Abs 2 Satz 3 Halbsatz 2 [X.]G) nicht angegriffen und sind deshalb für den Senat bindend (§ 163 [X.]G). Die dem [X.] darüber hinaus obliegende Auslegung der Erklärung vom 5.10.2009 wäre danach im Revisionsverfahren nur dann nicht bindend, wenn die festgestellten tatsächlichen Umstände entweder nicht vollständig verwertet oder die gesetzlichen Auslegungsregeln nicht beachtet wären oder gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen worden wäre (stRspr; vgl nur B[X.] vom [X.] - 10 [X.] - B[X.]E 75, 92, 96 = [X.] 3-4100 § 141b [X.]; B[X.] vom 20.12.2012 - B 10 LW 2/11 R - [X.]-5868 § 12 [X.] Rd[X.]), wofür hier indes nichts ersichtlich ist.

b) Das gilt insbesondere für das Verständnis, dass sich die Gesamtsumme von 12 000 Euro zusammensetzt aus einem Wertersatz von 8000 Euro für die unterschlagenen Geräte und Materialien und einem Zinsanteil von 4000 Euro, auf den die Zahlungen in entsprechender Anwendung von § 367 BGB zunächst erbracht sein sollen. Auch dies ist eine Frage der Auslegung des [X.] vom 5.10.2009, die grundsätzlich dem [X.] obliegt und im Revisionsverfahren nur in den aufgezeigten Grenzen zu überprüfen ist. Insoweit könnte die vom [X.] in Bezug genommene Wendung in der Vergleichserklärung vom [X.] "Ich nehme den Vergleich so an , 12 000 £ , zinsfrei" zwar auch so verstanden werden, dass der Schuldner überhaupt keine Zinsen zahlen wollte. Andererseits lassen sich die vom [X.] festgestellten, vorher abgegebenen Erklärungen der Bevollmächtigten des [X.]lägers zu seinem nur teilweisen Verzicht auf Zinsen ebenso dahin verstehen, wie es das [X.] seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, ohne dass dem revisionsrechtlich beachtliche Umstände entgegenstünden.

c) Zutreffend ist das [X.] auf dieser Grundlage davon ausgegangen, dass die monatlichen Ratenzahlungen im hier streitbefangenen Zeitraum ab Januar 2013 von dem [X.]läger nicht als bedarfsdeckendes Einkommen einzusetzen sind. Soweit Zinszahlungen auf Schonvermögen als Einkommen iS von § 11 Abs 1 Satz 1 [X.]B II zu berücksichtigen sind, auch wenn sie - wie hier - zeitlich nach Stellung des Antrags auf Grundsicherungsleistungen zugeflossen sind (vgl nur B[X.] vom 30.9.2008 - [X.] [X.]/07 R - [X.]-4200 § 11 [X.] Rd[X.]8), war der Zinsanteil aus dem Vergleich vom [X.] durch die seit dem Januar 2010 geleisteten Zahlungen bis zu diesem Zeitpunkt bereits getilgt (4000 Euro : 150 Euro = 26,7 Monatsraten). Soweit die Zahlungen im hier maßgeblichen Zeitraum auf den Wertersatz geleistet wurden, war damit zwar bezogen auf die zur Wiederaufnahme der [X.]-Zahlungen bestehenden Umstände im Februar 2011 ein Wertzuwachs verbunden. Jedoch stand dem nach dem auch insoweit mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen nicht angegriffenen Gesamtzusammenhang der Feststellungen des [X.] zuvor ein vom Schuldner zu vertretender Wertverlust mindestens in entsprechender Höhe entgegen, weshalb nur eine Vermögenslage (teilweise) wiederhergestellt wurde, die vorher bereits bestanden hatte. [X.] ist deshalb, dass der Schuldner die Zahlungen erst auf Grundlage des Vergleichs vom [X.] aufgenommen hat. Dass ausgehend von dem 2002 ergangenen Versäumnisurteil zwischen dem Beginn der Ersatzzahlungen und der Unterschlagung eine vom [X.] nicht im Einzelnen festgestellte Zeitspanne von zumindest zehn Jahren lag, steht ebenfalls nicht entgegen, weil andernfalls Gläubiger von schwer erreichbaren oder insolventen Schuldnern ungerechtfertigt benachteiligt wären; ob dies bei einer erheblich längeren Zeitspanne ebenfalls so zu sehen wäre, ist hier nicht zu entscheiden.

5. Eine Berücksichtigung der Zahlungen als Vermögen nach § 12 Abs 1 [X.]B II scheidet ebenfalls aus, weil nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des [X.] das Vermögen des im streitbefangenen Zeitraum 53-jährigen [X.]lägers den Grundfreibetrag nach § 12 Abs 1 [X.] [X.]B II auch bei ihrer Berücksichtigung nicht erreicht hat.

Die [X.]ostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 [X.]G.

Meta

B 14 AS 20/17 R

09.08.2018

Bundessozialgericht 14. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Kiel, 16. September 2014, Az: S 30 AS 626/14, Urteil

§ 11 Abs 1 S 1 SGB 2, § 11a Abs 2 SGB 2, § 12 Abs 1 SGB 2, § 130 Abs 1 SGG, § 54 Abs 1 S 1 SGG, § 54 Abs 4 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 09.08.2018, Az. B 14 AS 20/17 R (REWIS RS 2018, 4982)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 4982

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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