Bundessozialgericht, Urteil vom 23.08.2011, Az. B 14 AS 186/10 R

14. Senat | REWIS RS 2011, 3814

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Arbeitslosengeld II - Einkommensberücksichtigung - Stromkostenerstattung nach Jahresabrechnung - Nichtberücksichtigung von Einnahmen aus Einsparungen im Bereich des Haushaltsenergieanteils der pauschalierten Regelleistung


Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 17. September 2010 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Berücksichtigung einer Erstattung von Stromkosten als Einkommen streitig.

2

Die im Jahr 1978 geborene Klägerin wohnt zusammen mit ihrer Mutter G R, die die Klägerin und Revisionsbeklagte des Revisionsverfahrens [X.] AS 185/10 R ist, in einer Dreizimmerwohnung in [X.] Sie bezieht seit dem 1.1.2005 ununterbrochen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] ([X.]). Unter anderem mit Bescheid vom 4.12.2006 bewilligte der beklagte [X.] als Träger der Grundsicherung [X.] ([X.]) für den Zeitraum vom 1.1.2007 bis [X.] in Höhe von 535,12 Euro monatlich.

3

Am 15.5.2007 reichte die Klägerin die Stromabrechnung der Stadtwerke [X.] GmbH für das Jahr 2006 beim Beklagten ein, aus der sich für sie und ihre Mutter ein Guthaben von insgesamt 164,35 Euro ergab, das bereits am [X.] ausgezahlt worden war. Der Beklagte hob daraufhin den Bescheid vom 4.12.2006 mit Änderungsbescheid vom 11.6.2007 teilweise auf und gewährte für den Monat Februar 2007 [X.] in Höhe von 452,95 Euro. Er berücksichtigte dabei das Guthaben aus der Stromabrechnung in Höhe von 82,17 Euro als Einkommen. Zugleich forderte er von der Klägerin einen Betrag von 82,17 Euro zurück. Auf den Widerspruch hin hob er mit Widerspruchsbescheid vom 2.10.2007 den Änderungsbescheid vom 11.6.2007 teilweise auf, gewährte nunmehr für den Monat Februar 2007 [X.] in Höhe von 482,95 Euro und forderte einen Betrag in Höhe von 52,17 Euro zurück. Im Übrigen wies er den Widerspruch als unbegründet zurück. Das Stromguthaben sei als Einkommen zu berücksichtigen, der Gesamtbetrag des Guthabens von 164,35 Euro sei dabei zu halbieren und der Anteil der Klägerin von 82,17 Euro um die [X.] von 30 Euro zu bereinigen gewesen.

4

Die hiergegen zum Sozialgericht ([X.]) [X.] gerichtete Anfechtungsklage hatte Erfolg (Urteil vom [X.]). Als Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides komme nur § 40 Abs 1 Sätze 1 und 2 Nr 1 [X.] iVm § 330 Abs 3 Satz 1 [X.] ([X.]I), § 48 Abs 1 Satz 2 [X.] Zehntes [X.] ([X.]) in Betracht. Eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen sei jedoch entgegen der Auffassung des Beklagten durch das am [X.] zugeflossene Guthaben nicht eingetreten. Nach Sinn und Zweck des § 11 [X.] könne eine Stromkostenerstattung infolge einer periodischen Stromkostenabrechnung, deren Vorauszahlungen zuvor vom Hilfebedürftigen aus Mitteln der Grundsicherung geleistet wurden, nicht als Einkommen qualifiziert werden. Dies ergebe sich aus dem Grundsatz der Pauschalierung der Regelleistung nach § 20 [X.], aus der die Klägerin die Stromkostenvorauszahlungen bestritten habe. Eine abweichende Festlegung der Bedarfe sei gemäß § 3 Abs 3 Satz 2 [X.] ausgeschlossen (Hinweis auf [X.], 70 = [X.]-4200 § 11 [X.]). Der Hilfebedürftige könne selbst entscheiden, für welche der [X.] er die Regelleistung in welcher Höhe einsetze; es stehe ihm frei, ob er bei bestimmten Bedarfspositionen Einsparungen vornehme, um für andere Bedarfspositionen mehr Mittel zur Verfügung zu haben. Dies habe zur Folge, dass ein Guthaben berücksichtigungsfrei bleibe, wenn es aus Regelleistung "angespart" worden sei. Dies gelte auch für Einsparungen, die der Hilfebedürftige mittelbar tätige, dh über den Umweg eines Dritten (hier: Stromversorger), jedenfalls dann, wenn der Dritte seine Ware nur mit Vorauszahlungen und einer später folgenden Endabrechnung (mit entsprechenden Rückzahlungen/Nachforderungen) anbiete. Die Entscheidung des für die Sozialhilfe nach dem [X.] ([X.]II) zuständigen 8. Senats (vom 19.5.2009 - B 8 S[X.] 35/07 R, [X.]-3500 § 82 [X.]) stehe diesem Ergebnis nicht entgegen. Der 8. Senat habe maßgeblich darauf abgestellt, dass der sich aus § 9 [X.]II ergebende Grundsatz, dass sich Art, Form und Maß der Sozialhilfe nach den Besonderheiten des Einzelfalles richten (vor allem nach der Person des Hilfeempfängers, der Art seines Bedarfes und den örtlichen Verhältnissen), Vorrang vor der in § 28 [X.]II vorgesehenen Pauschalierung des Regelsatzes habe. Dieser Vorrang bestehe im Anwendungsbereich des [X.] nicht. Eine entsprechende Anwendung von § 22 Abs 1 Satz 4 [X.] scheide nach dem 2. Halbsatz dieser Vorschrift aus.

5

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der vom [X.] zugelassenen Sprungrevision und macht geltend: Die Stromkostenerstattung sei Einkommen iS des § 11 [X.]. Es gebe keine Rechtsgrundlage, die die Anrechnung von Stromkostenguthaben als Einkommen ausschließe. Aus dem § 22 Abs 1 Satz 4 [X.] aF ergebe sich, dass der Gesetzgeber Stromkosten anders als Betriebskosten nach wie vor als Einkommen ansehe. Die Stromkostenerstattung könne nicht als Vermögen angesehen werden, wie sich aus der Zuflusstheorie ergebe. Höhere Abschlagszahlungen für Stromkosten, als letztlich an Strom verbraucht werde, seien kein bewusstes und freiwilliges Ansparen. Vor der Abrechnung der Stromkosten könne die Klägerin nicht über den entsprechenden Betrag verfügen. Bei einer Nichtanrechnung der Stromkostenerstattung würden die entsprechenden Hilfebedürftigen privilegiert, weil sie Einkommen, das sie erhielten, nicht zur Deckung ihres Bedarfes verwenden müssten, obwohl sparsames Haushalten und die Deckung des Bedarfs möglichst aus [X.] von einem Hilfebedürftigen zu erwarten sei.

6

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts [X.] vom 17. September 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Sprungrevision des Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <[X.]G>). Die Voraussetzungen für eine (teilweise) Aufhebung der ursprünglichen Bewilligung von Leistungen liegen nicht vor. Bei der nach Antragstellung im [X.] zugeflossenen Rückzahlung nach Abrechnung der in den vorangegangenen Bewilligungsabschnitten gezahlten Stromkosten handelt es sich nicht um berücksichtigungsfähiges Einkommen, wie das [X.] zutreffend entschieden hat. Da der Bewilligungsbescheid nicht aufzuheben ist, scheidet auch eine Erstattung nach § 50 Abs 1 [X.]B X aus.

Als Rechtsgrundlage für die teilweise Aufhebung des Bescheides vom 4.12.2006 über die Bewilligung von Leistungen kommt nur § 40 Abs 1 [X.]B II iVm § 330 Abs 3 [X.]B III iVm § 48 Abs 1 Satz 2 [X.] 3 [X.]B X in Betracht. Hiernach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung vom [X.]punkt der Veränderung der Verhältnisse der Verwaltungsakt aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt hat. Als [X.]punkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden [X.]raum aufgrund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes (§ 48 Abs 1 Satz 3 [X.]B X). Beginn des Anrechnungszeitraums ist im [X.]B II nach § 13 [X.]B II iVm § 2 Abs 3 Satz 1 Arbeitslosengeld II/[X.] ([X.]) idF vom 20.10.2004 ([X.]) iVm § 6 [X.] idF vom [X.] ([X.] 2499) der Beginn des Monats, in dem das Einkommen zufließt.

Durch die am [X.] zugeflossene Rückzahlung der abgerechneten Stromkosten ist entgegen der Auffassung des Beklagten zum [X.] eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen der Klägerin, die dem Bewilligungsbescheid vom 4.12.2006 zugrunde lagen, nicht eingetreten. Die Rückzahlung war im Februar 2007 zwar Einkommen und nicht Vermögen (dazu 1.), als solches ist sie aber nicht zu berücksichtigen (dazu 2.).

1. Nach § 11 Abs 1 Satz 1 [X.]B II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem [X.]B II, der Grundrente nach dem [X.] ([X.]) und den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des [X.] vorsehen, und Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden. Dabei ist Einkommen iS des § 11 Abs 1 [X.]B II nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate grundsätzlich alles, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen, was er vor Antragstellung bereits hatte. Es ist vom tatsächlichen Zufluss auszugehen, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt (modifizierte Zuflusstheorie: B[X.] Urteil vom 30.7.2008 - [X.] AS 26/07 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.], Rd[X.] 23; B[X.] Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - B[X.]E 101, 291 = [X.] 4-4200 § 11 [X.], Rd[X.] 18; B[X.] Urteil vom 17.6.2010 - [X.] [X.]/09 R - B[X.]E 106, 185 = [X.] 4-4200 § 11 [X.], Rd[X.]; B[X.] Urteil vom 24.2.2011 - [X.] [X.]/09 R; anknüpfend an die Rechtsprechung des B[X.] zur Arbeitslosenhilfe: Urteil vom 11.02.1976 - 7 [X.] - B[X.]E 41, 187 = [X.] 4100 § 137 [X.] 1; Urteil vom 20.06.1978 - 7 [X.] - B[X.]E 46, 271 = [X.] 4100 § 138 [X.] 3; Urteil vom 12.12.1996 - 11 [X.] - B[X.]E 79, 297 = [X.] 3-4100 § 138 [X.] 9; und die neuere Rechtsprechung des [X.] <[X.]> zur Sozialhilfe: Urteile vom [X.] - 5 C 35/97 - [X.]E 108, 296 = NJW 1999, 3649, juris Rd[X.] 13 ff; - 5 C 14/98 - NJW 1999, 3137; - 5 C 16/98 - NJW 1999, 3210 ff).

Auch wenn Einnahmen aus bereits bestehenden Rechtspositionen erzielt werden (zB Auszahlung des Gehalts als Erfüllung der Gehaltsforderung) und eine auf Geld oder Geldeswert gerichtete (noch nicht erfüllte) Forderung einen wirtschaftlichen Wert darstellt, gehört die Forderung, wenn sie dem Inhaber bereits zusteht (zB noch nicht erfüllte Gehaltsforderungen für zurückliegende Monate), zu seinem Vermögen. Das führt jedoch nicht zu einer Konkurrenz dergestalt, dass die Forderung als Vermögen und daneben die Leistung aus der Forderung als Einkommen zu berücksichtigen wären. Vielmehr ist nach § 11 [X.]B II im Falle der Erfüllung einer (Geld-)Forderung grundsätzlich nicht das Schicksal der Forderung von Bedeutung, sondern das Gesetz stellt insofern allein auf die Erzielung von Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen ab. Das gilt allerdings nicht für Fälle, in denen mit bereits erlangten Einkünften Vermögen angespart wurde, zB bei Banken, Sparkassen oder Versicherungen. Denn andernfalls wertete man den Rückgriff auf Erspartes unzulässig erneut als Einkommen. Dementsprechend bleibt ein Sparguthaben bei seiner Auszahlung Vermögen (B[X.] Urteil vom 30.9.2008 - B 4 [X.]/07 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] 16, Rd[X.] zu einer Zinsgutschrift unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des [X.] zu § 76 [X.] und dessen Urteile vom [X.] aaO; Gegenbeispiel Einkommensteuererstattung: B[X.] Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - B[X.]E 101, 291 = [X.] 4-4200 § 11 [X.], Rd[X.] 18).

Bei der Rückerstattung von Vorauszahlungen auf der Grundlage von Energielieferverträgen ist von der Maßgeblichkeit des tatsächlichen Zuflusses als [X.] zwischen Einkommen und Vermögen nicht abzuweichen, wovon das [X.] und die Beteiligten zutreffend ausgehen. Solche Rückzahlungen erfolgen nicht aus bereits erlangten Einkünften, mit denen ein gezielter "Vermögensaufbau" betrieben wurde. Im Ergebnis kommt damit nur die Berücksichtigung der Rückzahlung als Einkommen im [X.], nicht dagegen als Vermögen in Betracht (ebenso zur Stromkostenerstattung im Anwendungsbereich des [X.]B XII: B[X.] Urteil vom 19.5.2009 - B 8 [X.] 35/07 R - [X.] 4-3500 § 82 [X.] 5, Rd[X.] 16 und - insoweit ohne weitergehende Begründung - zur Betriebskostenerstattung: B[X.] Urteil vom 15.4.2008 - [X.]/7b [X.]/06 R - [X.] 4-4200 § 9 [X.] 5, Rd[X.] 37).

2. Die Stromkostenerstattung ist damit zwar im Februar 2007 eine Einnahme, sie ist jedoch gleichwohl nicht als Einkommen nach § 11 Abs 1 [X.]B II zu berücksichtigen. Für die Definition des Begriffs "Einkommen" ist - über die obige Abgrenzung "alles, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält," hinaus - dem Wortlaut des § 11 Abs 1 Satz 1 [X.]B II lediglich zu entnehmen, dass ua "Leistungen nach diesem Buch" von vornherein von der Berücksichtigung ausgenommen sind.

a) Ein unmittelbarer Anwendungsbereich dieser Alternative des § 11 Abs 1 Satz 1 [X.]B II ist nicht gegeben, denn die Rückzahlung erfolgte nicht auf Grundlage der Vorschriften des [X.]B II durch den Träger der Grundsicherung, sondern aufgrund der Regelungen in dem Energieliefervertrag.

b) Eine Rückzahlung von Stromkosten, die auf Vorauszahlungen in [X.]räumen beruht, in denen Hilfebedürftigkeit nach §§ 7, 9 [X.]B II bestand, kann aber nach Sinn und Zweck des § 11 Abs 1 und § 20 [X.]B II nicht als Einkommen berücksichtigt werden.

Dies folgt zum einen aus der Wertung, die dem Ausschluss von "Leistungen nach diesem Buch" von der Berücksichtigung als Einkommen in § 11 Abs 1 Satz 1 [X.]B II zu entnehmen ist (in diesem Sinne [X.] in [X.]/[X.], [X.]B II, § 11 Rd[X.] 273; [X.] in Eicher/Spellbrink, [X.]B II, 2. Aufl 2008, § 11 Rd[X.] 33; Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit für die Anwendung des [X.]B II zu § 11 [X.] 11.61). Zum anderen handelt es sich bei den Zahlungen für Haushaltsenergie um die Befriedigung eines dem § 20 [X.]B II zuzuordnenden [X.]. Der Bemessung dieses [X.] nach dem [X.] liegt der verfassungsrechtlich zulässige Gedanke zugrunde, dass die regelbedarfsrelevanten Ausgabepositionen und -beträge von vornherein als abstrakte Rechengrößen konzipiert sind und den Ausgleich zwischen verschiedenen Bedarfspositionen ermöglichen. Der Hilfebedürftige soll über den Einsatz seiner Mittel (sei es aus der Regelleistung, sei es aus zu berücksichtigendem Einkommen) hinsichtlich des Regelbedarfs im Einzelnen selbst bestimmen und einen gegenüber dem statistisch ermittelten [X.] höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen ausgleichen können (dazu [X.] vom [X.] - 1 BvL 1/09, 1 [X.], 1 [X.] - [X.] 125, 175, Rd[X.] 205). Dementsprechend schließt der Regelbedarf ausdrücklich einen Ansparbetrag ein, der seine Entsprechung in dem Vermögensfreibetrag nach § 12 Abs 1 [X.] 4 [X.]B II findet (vgl BT-Drucks 15/1516 [X.]). Damit ist es aber auch geboten, Einnahmen, die aus Einsparungen bei den [X.] resultieren, über den jeweiligen Bezugszeitraum hinweg von der Berücksichtigung als Einkommen freizustellen. Entscheidend ist dabei alleine, dass die an den Hilfebedürftigen zurückfließenden Vorauszahlungen während der [X.] Hilfebedürftigkeit nach dem [X.]B II geleistet worden sind. Es ist nicht zu ermitteln, ob die Zahlungen tatsächlich aus der Regelleistung getätigt worden sind.

c) Soweit der Beklagte dagegen einwendet, das [X.]B II enthalte kein Belohnungssystem, um Hilfebedürftige durch die Nichtberücksichtigung der Rückzahlung zu privilegieren, vielmehr sei sparsames Haushalten von einem Hilfebedürftigen zu erwarten, um den Bedarf möglichst aus [X.] zu decken, führt diese Argumentation im [X.] zu einer Anwendung des "[X.]", wie er zum Recht der Sozialhilfe nach dem [X.] ([X.]) entwickelt worden ist. Diesen [X.] des [X.] hat der Gesetzgeber in das [X.]B II jedoch nicht übernommen.

Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass es konstitutiver Bestandteil des Systems des [X.]B II ist, eine abweichende Festsetzung der Regelbedarfe gerade nicht vorzusehen (vgl B[X.] Urteil vom 18.6.2008 - [X.] AS 22/07 R - B[X.]E 101, 70 = [X.] 4-4200 § 11 [X.] 11, Rd[X.] 22 zur Verköstigung während eines Krankenhausaufenthalts; B[X.] Urteil vom 18.6.2008 - [X.] [X.]/07 R - zur kostenlosen Verpflegung durch Familienangehörige; B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] AS 32/08 R - [X.] 4-4200 § 9 [X.] 9, Rd[X.] 20 zu nicht bezifferbaren Unterstützungsleistungen von Verwandten oder Verschwägerten). Im Rahmen der durch § 20 Abs 1 [X.]B II genannten Grundbedürfnisse ist es mit dem Sinn und Zweck der Pauschalierung nicht vereinbar, eine individuelle Bedarfsprüfung vorzunehmen.

Damit ist es nach dem [X.]B II nicht zulässig, zusätzliche Bedarfe, wie etwa erhöhte Stromkosten (so ausdrücklich: B[X.] Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - B[X.]E 102, 274 = [X.] 4-4200 § 22 [X.] 18, Rd[X.] 27), im Rahmen des Regelbedarfs bedarfserhöhend geltend zu machen. Abweichende laufende Bedarfe können lediglich im Anwendungsbereich des § 21 [X.]B II Berücksichtigung finden. Für die Kürzung der Regelleistung besteht aber ebenso wenig eine Rechtsgrundlage. Hätte die Klägerin die Herabsetzung der Abschlagszahlungen gegenüber dem Stromversorger zu einem früheren [X.]punkt erreicht, wären solche Einsparungen ihr (und nicht dem Träger der Grundsicherung) zu [X.] gekommen. Ebenso wie dem Hilfebedürftigen zB zu berücksichtigendes Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit bei einer anderen steuerrechtlichen Gestaltung im [X.] bedarfsmindernd zur Verfügung gestanden hätte und es deshalb auch bei Zufluss erst mit der Steuererstattung zu berücksichtigendes Einkommen bleibt (vgl B[X.] Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - B[X.]E 101, 291 = [X.] 4-4200 § 11 [X.], Rd[X.] 18 am Ende), kann ein anderer Mitteleinsatz für die Regelbedarfe nicht zur Gewährung einer nur verminderten Regelleistung (bzw dem Ansatz eines niedrigeren Bedarfs) führen.

Da § 20 [X.]B II - anders als § 28 [X.]B XII - die Berücksichtigung abweichender Bedarfe beim Regelbedarf von vornherein ausschließt, lässt sich aus dem so genannten [X.] nicht der Schluss ziehen, dass die Berücksichtigung von ersparten Aufwendungen als Einkommen geboten ist (zur abweichenden Rechtslage nach dem [X.]B XII: B[X.] Urteil vom 19.5.2009 - B 8 [X.] 35/07 R - [X.] 4-3500 § 82 [X.] 5, Rd[X.] 19 und nunmehr die Neuregelung in § 82 Abs 1 Satz 2 [X.]B XII durch das [X.]).

d) Diesem Ergebnis stehen schließlich die Entscheidung des [X.] ([X.]/7b [X.]/06 R - [X.] 4-4200 § 9 [X.] 5, Rd[X.] 37), wonach Rückzahlungen von Betriebskosten, die den Kosten der Unterkunft zuzurechnen sind, als Einkommen zu berücksichtigen sind, und die durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom [X.] ([X.] 1706) zum 1.8.2006 getroffene Regelung in § 22 Abs 1 Satz 4 [X.]B II aF (jetzt § 22 Abs 3 [X.]B II idF des [X.]) nicht entgegen.

Ebenso wie heute bestand nach der alten Rechtslage zwischen Betriebs- und Heizkosten einerseits und Stromkosten andererseits insofern ein gravierender Unterschied, als die Betriebs- und Heizkosten - vorbehaltlich ihrer Angemessenheit - in tatsächlicher Höhe zu übernehmen waren (§ 22 Abs 1 [X.]B II), während die Stromkosten, soweit sie nicht ausnahmsweise für die Heizung benötigt wurden, nicht gesondert übernommen wurden, sondern als Haushaltsenergie pauschaliert in der Regelleistung enthalten waren. Auch die Einfügung des § 22 Abs 1 Satz 4 [X.]B II aF (jetzt § 22 Abs 3 [X.]B II idF des [X.]) spricht für diese Differenzierung, weil er auf Rückzahlungen und Guthaben beschränkt ist, die den Kosten für Unterkunft zuzuordnen sind, und auch nach der Gesetzesbegründung für die Regelung (Bericht des [X.], BT-Drucks 16/1696 [X.], 26 f) Kosten für Haushaltsenergie ausdrücklich ausgenommen sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 [X.]G.

Meta

B 14 AS 186/10 R

23.08.2011

Bundessozialgericht 14. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Neuruppin, 17. September 2010, Az: S 18 AS 1064/09 WA, Urteil

§ 11 Abs 1 S 1 SGB 2, § 3 Abs 3 S 2 SGB 2 vom 20.07.2006, § 20 Abs 1 SGB 2 vom 20.07.2006, § 22 Abs 1 S 4 Halbs 2 SGB 2 vom 20.07.2006

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 23.08.2011, Az. B 14 AS 186/10 R (REWIS RS 2011, 3814)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3814

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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