Bundessozialgericht, Urteil vom 23.08.2011, Az. B 14 AS 185/10 R

14. Senat | REWIS RS 2011, 3815

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Gegenstand

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Einkommensberücksichtigung - Rückerstattung von in Zeiten der Hilfebedürftigkeit geleisteten Stromkostenvorauszahlungen nach Jahresabrechnung - Einsparungen im Bereich des Haushaltsenergieanteils der pauschalierten Regelleistung - Abgrenzung von den Rückzahlungen im Bereich des Unterkunfts- und Heizbedarfs


Leitsatz

Die Rückerstattung von Vorauszahlungen auf der Grundlage von Energielieferverträgen ist nicht als Einkommen im Sinne der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu berücksichtigen, wenn die Vorauszahlungen in Zeiten der Hilfebedürftigkeit erfolgten.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 17. September 2010 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand

1

Umstritten sind Leistungen nach dem [X.] ([X.]), insbesondere die Berücksichtigung einer Stromkostenerstattung als Einkommen.

2

Die Klägerin bewohnt zusammen mit ihrer im Jahr 1978 geborenen Tochter [X.] (Klägerin des [X.] 14 AS 186/10 R) eine Drei-Zimmer-Wohnung und bezieht seit dem 1.1.2005 ununterbrochen Leistungen nach dem [X.]. Für Januar bis Juni 2007 wurde ihr vom beklagten [X.] als Grundsicherungsträger [X.] ([X.]) in Höhe von 257,11 [X.] monatlich unter Berücksichtigung einer Hinterbliebenenrente bewilligt (Bescheid vom 4.12.2006). Am 15.5.2007 teilte die Klägerin mit, aufgrund der Stromabrechnung der [X.] sei ihr und ihrer Tochter am [X.] ein Guthaben von 164,35 [X.] ausgezahlt worden. Der Beklagte hob daraufhin den Bewilligungsbescheid vom 4.12.2006 teilweise auf, bewilligte für den Februar 2007 unter Anrechnung von 82,17 [X.] als der Hälfte des Guthabens [X.] in Höhe von 174,94 [X.] und forderte 82,17 [X.] zurück (Bescheid vom 11.6.2007; Widerspruchsbescheid vom 2.10.2007).

3

Das Sozialgericht ([X.]) hat diesen Änderungs- und Erstattungsbescheid aufgehoben und die Revision zugelassen (Urteil vom [X.]). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Durch die Stromkostenerstattung sei entgegen der Auffassung des Beklagten keine wesentliche Änderung in den Verhältnissen eingetreten. Nach Sinn und Zweck des § 11 [X.] über das zu berücksichtigende Einkommen könne eine Stromkostenerstattung in Folge einer periodischen Stromkostenabrechnung, deren Vorauszahlung der Hilfebedürftige zuvor aus Mitteln der Grundsicherung geleistet habe, nicht als Einkommen qualifiziert werden. Dies folge aus dem System der ausnahmslosen Pauschalierung der Leistungen nach dem [X.]. Die Regelleistung decke den gesamten laufenden Bedarf, einschließlich der Haushaltsenergie ab. Würde eine aus der Regelleistung erbrachte Stromkostenvorauszahlung im Monat der Erstattung zu einer Verringerung der Regelleistung führen, komme es zu einer "Doppelberücksichtigung", die weder dem Sinn und Zweck von Pauschalierung und Eigenverantwortung noch dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums gerecht werde. Soweit der 8. Senat des Bundessozialgerichts (B[X.]) für das [X.] ([X.]B XII) eine Stromkostenerstattung als anrechenbares Einkommen angesehen habe (Urteil vom 19.5.2009 - B 8 [X.] 35/07 R - [X.] 4-3500 § 82 [X.]), könne dies nicht auf das [X.] übertragen werden. Denn das [X.]B XII unterliege einer deutlich weniger rigiden Pauschalierung als das [X.] und folge zudem dem [X.]. Die Stromkostenerstattung sei auch nicht mit der [X.] vergleichbar, und deren Regelung in § 22 Abs 1 Satz 4 [X.] aF (eingeführt durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom [X.], [X.] 1706, und verschoben in den § 22 Abs 3 durch das Gesetz zur Ermittlung von [X.] und zur Änderung des [X.] und [X.] vom 24.3.2011, [X.] 453 - [X.]) sei weder direkt noch analog auf die Stromkostenerstattung anwendbar, zumal eine Stromkostennachforderung vom Grundsicherungsträger nicht übernommen werde. Die Stromkostenerstattung sei auch nicht mit der Einkommensteuererstattung vergleichbar.

4

Mit seiner Revision rügt der Beklagte die Verletzung materiellen Rechts und macht geltend: Die Stromkostenerstattung sei Einkommen iS des § 11 [X.]. Es gebe keine Rechtsgrundlage, die die Anrechnung von Stromkostenguthaben als Einkommen ausschließe. Aus dem § 22 Abs 1 Satz 4 [X.] aF ergebe sich, dass der Gesetzgeber Stromkosten anders als Betriebskosten nach wie vor als Einkommen ansehe. Die Stromkostenerstattung könne nicht als Vermögen angesehen werden, wie sich aus der Zuflusstheorie ergebe. Höhere Abschlagszahlungen für Stromkosten, als letztlich an Strom verbraucht werde, seien kein bewusstes und freiwilliges Ansparen. Vor der Abrechnung der Stromkosten könne die Klägerin nicht über den entsprechenden Betrag verfügen. Bei einer Nichtanrechnung der Stromkostenerstattung würden die entsprechenden Hilfebedürftigen privilegiert, weil sie Einkommen, das sie erhielten, nicht zur Deckung ihres Bedarfes verwenden müssten, obwohl sparsames Haushalten und die Deckung des Bedarfs möglichst aus [X.] von einem Hilfebedürftigen zu erwarten sei.

5

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des [X.] vom 17. September 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Sprungrevision des Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <[X.]G>). Die Voraussetzungen für eine (teilweise) Aufhebung der ursprünglichen Bewilligung von Leistungen liegen nicht vor. Bei der nach Antragstellung im [X.] zugeflossenen Rückzahlung nach Abrechnung der in den vorangegangenen Bewilligungsabschnitten gezahlten Stromkosten handelt es sich nicht um berücksichtigungsfähiges Einkommen, wie das [X.] zutreffend entschieden hat. Da der Bewilligungsbescheid nicht aufzuheben ist, scheidet auch eine Erstattung nach § 50 Abs 1 [X.] ([X.]B X) aus.

8

Als Rechtsgrundlage für die teilweise Aufhebung des Bescheides vom 4.12.2006 über die Bewilligung von Leistungen kommt nur § 40 Abs 1 [X.]B II iVm § 330 Abs 3 [X.] ([X.]B III) iVm § 48 Abs 1 Satz 2 [X.] 3 [X.]B X in Betracht. Hiernach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung vom Zeitpunkt der Veränderung der Verhältnisse der Verwaltungsakt aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt hat. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum aufgrund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes (§ 48 Abs 1 Satz 3 [X.]B X). Beginn des Anrechnungszeitraums ist im [X.]B II nach § 13 [X.]B II iVm § 2 Abs 3 Satz 1 Arbeitslosengeld II/[X.] ([X.]) idF vom 20.10.2004 ([X.]) iVm § 6 [X.] idF vom [X.] ([X.] 2499) der Beginn des Monats, in dem das Einkommen zufließt.

9

Durch die am [X.] zugeflossene Rückzahlung der abgerechneten Stromkosten ist entgegen der Auffassung des Beklagten zum [X.] eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen der Klägerin, die dem Bewilligungsbescheid vom 4.12.2006 zugrunde lagen, nicht eingetreten. Die Rückzahlung war im Februar 2007 zwar Einkommen und nicht Vermögen (dazu 1.), als solches ist sie aber nicht zu berücksichtigen (dazu 2.).

1. Nach § 11 Abs 1 Satz 1 [X.]B II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem [X.]B II, der Grundrente nach dem [X.] ([X.]) und den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des [X.] vorsehen, und Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden. Dabei ist Einkommen iS des § 11 Abs 1 [X.]B II nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate grundsätzlich alles, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen, was er vor Antragstellung bereits hatte. Es ist vom tatsächlichen Zufluss auszugehen, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt (modifizierte Zuflusstheorie: B[X.] Urteil vom 30.7.2008 - [X.] AS 26/07 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] Rd[X.] 23; B[X.] Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - B[X.]E 101, 291 = [X.] 4-4200 § 11 [X.] Rd[X.] 18; B[X.] Urteil vom 17.6.2010 - [X.] [X.]/09 R - B[X.]E 106, 185 = [X.] 4-4200 § 11 [X.] Rd[X.]; B[X.] Urteil vom 24.2.2011 - [X.] [X.]/09 R; anknüpfend an die Rechtsprechung des B[X.] zur Arbeitslosenhilfe: Urteil vom [X.] [X.]/74 - B[X.]E 41, 187 = [X.] 4100 § 137 [X.] 1; Urteil vom 20.6.1978 - 7 [X.] - B[X.]E 46, 271 = [X.] 4100 § 138 [X.] 3; Urteil vom 12.12.1996 - 11 [X.] - B[X.]E 79, 297 = [X.] 3-4100 § 138 [X.] 9; und die neuere Rechtsprechung des [X.] <[X.]> zur Sozialhilfe: Urteile vom [X.] - 5 C 35/97 - [X.]E 108, 296 = NJW 1999, 3649, juris Rd[X.] 13 ff; 5 C 14/98 - NJW 1999, 3137; 5 C 16/98 - NJW 1999, 3210 ff).

Auch wenn Einnahmen aus bereits bestehenden Rechtspositionen erzielt werden (zB Auszahlung des Gehalts als Erfüllung der Gehaltsforderung) und eine auf Geld oder Geldeswert gerichtete (noch nicht erfüllte) Forderung einen wirtschaftlichen Wert darstellt, gehört die Forderung, wenn sie dem Inhaber bereits zusteht (zB noch nicht erfüllte Gehaltsforderungen für zurückliegende Monate), zu seinem Vermögen. Das führt jedoch nicht zu einer Konkurrenz dergestalt, dass die Forderung als Vermögen und daneben die Leistung aus der Forderung als Einkommen zu berücksichtigen wären. Vielmehr ist nach § 11 [X.]B II im Falle der Erfüllung einer (Geld-) Forderung grundsätzlich nicht das Schicksal der Forderung von Bedeutung, sondern das Gesetz stellt insofern allein auf die Erzielung von Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen ab. Das gilt allerdings nicht für Fälle, in denen mit bereits erlangten Einkünften Vermögen angespart wurde, zB bei Banken, Sparkassen oder Versicherungen. Denn andernfalls wertete man den Rückgriff auf Erspartes unzulässig erneut als Einkommen. Dementsprechend bleibt ein Sparguthaben bei seiner Auszahlung Vermögen (B[X.] Urteil vom 30.9.2008 - B 4 [X.]/07 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] 16 Rd[X.] zu einer Zinsgutschrift unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des [X.] zu § 76 [X.] und dessen Urteile vom [X.] aaO; Gegenbeispiel Einkommensteuererstattung: B[X.] Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - B[X.]E 101, 291 = [X.] 4-4200 § 11 [X.] Rd[X.] 18).

Bei der Rückerstattung von Vorauszahlungen auf der Grundlage von Energielieferverträgen ist von der Maßgeblichkeit des tatsächlichen Zuflusses als [X.] zwischen Einkommen und Vermögen nicht abzuweichen, wovon das [X.] und die Beteiligten zutreffend ausgehen. Solche Rückzahlungen erfolgen nicht aus bereits erlangten Einkünften, mit denen ein gezielter "Vermögensaufbau" betrieben wurde. Im Ergebnis kommt damit nur die Berücksichtigung der Rückzahlung als Einkommen im [X.], nicht dagegen als Vermögen in Betracht (ebenso zur Stromkostenerstattung im Anwendungsbereich des [X.]B XII: B[X.] Urteil vom 19.5.2009 - B 8 [X.] 35/07 R - [X.] 4-3500 § 82 [X.] 5 Rd[X.] 16 und - insoweit ohne weitergehende Begründung - zur Betriebskostenerstattung: B[X.] Urteil vom 15.4.2008 - [X.]/7b [X.]/06 R - [X.] 4-4200 § 9 [X.] 5 Rd[X.] 37).

2. Die Stromkostenerstattung war zwar eine Einnahme der Klägerin und ihrer Tochter im Februar 2007, ist jedoch nicht als Einkommen nach § 11 Abs 1 [X.]B II zu berücksichtigen. Für die Definition des Begriffs "Einkommen" ist - über die obige Abgrenzung "alles, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält," hinaus - dem Wortlaut des § 11 Abs 1 Satz 1 [X.]B II lediglich zu entnehmen, dass ua "Leistungen nach diesem Buch" von vornherein von der Berücksichtigung ausgenommen sind.

a) Ein unmittelbarer Anwendungsbereich dieser Alternative des § 11 Abs 1 Satz 1 [X.]B II ist vorliegend nicht gegeben. Unabhängig davon, ob die Vorauszahlungen für die Stromkosten von der Klägerin aus ihrer Hinterbliebenenrente oder ihren [X.]B II-Leistungen erbracht wurden, erfolgte die Rückzahlung jedenfalls nicht auf Grundlage der Vorschriften des [X.]B II durch den Träger der Grundsicherung, sondern aufgrund der Regelungen in dem Energieliefervertrag.

b) Eine Rückzahlung von Stromkosten, die auf Vorauszahlungen in Zeiträumen beruht, in denen Hilfebedürftigkeit nach §§ 7, 9 [X.]B II bestand, kann aber nach Sinn und Zweck des § 11 Abs 1 und § 20 [X.]B II nicht als Einkommen berücksichtigt werden.

Dies folgt zum einen aus der Wertung, die dem Ausschluss von "Leistungen nach diesem Buch" von der Berücksichtigung als Einkommen in § 11 Abs 1 Satz 1 [X.]B II zu entnehmen ist (in diesem Sinne [X.] in [X.]/[X.], [X.]B II, § 11 Rd[X.] 273; [X.] in Eicher/Spellbrink, [X.]B II, 2. Aufl 2008, § 11 Rd[X.] 33; Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit für die Anwendung des [X.]B II zu § 11 [X.] 11.61). Zum anderen handelt es sich bei den Zahlungen für Haushaltsenergie um die Befriedigung eines dem § 20 [X.]B II zuzuordnenden [X.]. Der Bemessung dieses [X.] nach dem [X.] liegt der verfassungsrechtlich zulässige Gedanke zugrunde, dass die regelbedarfsrelevanten Ausgabepositionen und -beträge von vornherein als abstrakte Rechengrößen konzipiert sind und den Ausgleich zwischen verschiedenen Bedarfspositionen ermöglichen. Der Hilfebedürftige soll über den Einsatz seiner Mittel (sei es aus der Regelleistung, sei es aus zu berücksichtigendem Einkommen) hinsichtlich des Regelbedarfs im Einzelnen selbst bestimmen und einen gegenüber dem statistisch ermittelten [X.] höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen ausgleichen können (dazu [X.] vom [X.] - 1 BvL 1/09, 1 [X.], 1 [X.] - [X.]E 125, 175, Rd[X.] 205). Dementsprechend schließt der Regelbedarf ausdrücklich einen Ansparbetrag ein, der seine Entsprechung in dem Vermögensfreibetrag nach § 12 Abs 1 [X.] 4 [X.]B II findet (vgl BT-Drucks 15/1516 [X.]). Damit ist es aber auch geboten, Einnahmen, die aus Einsparungen bei den [X.] resultieren, über den jeweiligen Bezugszeitraum hinweg von der Berücksichtigung als Einkommen freizustellen.

Von daher ist es unerheblich, ob die Klägerin die Vorauszahlungen für die Stromkosten aus ihrer Hinterbliebenenrente oder ihren [X.]B II-Leistungen erbracht hat. Entscheidend ist alleine, dass sie während dieser Zeit hilfebedürftig nach dem [X.]B II war und sich durch die Berücksichtigung ihres Einkommens aus der Hinterbliebenenrente nichts an der Zusammensetzung ihres verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums nach §§ 20 ff [X.]B II änderte.

c) Soweit der Beklagte dagegen einwendet, das [X.]B II enthalte kein Belohnungssystem, um Hilfebedürftige durch die Nichtberücksichtigung der Rückzahlung zu privilegieren, vielmehr sei sparsames Haushalten von einem Hilfebedürftigen zu erwarten, um den Bedarf möglichst aus [X.] zu decken, führt diese Argumentation im [X.] zu einer Anwendung des "[X.]", wie er zum Recht der Sozialhilfe nach dem [X.] entwickelt worden ist. Diesen [X.] des [X.] hat der Gesetzgeber in das [X.]B II jedoch nicht übernommen.

Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass es konstitutiver Bestandteil des Systems des [X.]B II ist, eine abweichende Festsetzung der Regelbedarfe gerade nicht vorzusehen (vgl B[X.] Urteil vom 18.6.2008 - [X.] AS 22/07 R - B[X.]E 101, 70 = [X.] 4-4200 § 11 [X.] 11 Rd[X.] 22 zur Verköstigung während eines Krankenhausaufenthalts; B[X.] Urteil vom 18.6.2008 - [X.] [X.]/07 R - zur kostenlosen Verpflegung durch Familienangehörige; B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] AS 32/08 R - [X.] 4-4200 § 9 [X.] 9 Rd[X.] 20 zu nicht bezifferbaren Unterstützungsleistungen von Verwandten oder Verschwägerten). Im Rahmen der durch § 20 Abs 1 [X.]B II genannten Grundbedürfnisse ist es mit dem Sinn und Zweck der Pauschalierung nicht vereinbar, eine individuelle Bedarfsprüfung vorzunehmen.

Damit ist es nach dem [X.]B II nicht zulässig, zusätzliche Bedarfe, wie etwa erhöhte Stromkosten (so ausdrücklich: B[X.] Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - B[X.]E 102, 274 = [X.] 4-4200 § 22 [X.] 18 Rd[X.] 27), im Rahmen des Regelbedarfs bedarfserhöhend geltend zu machen. Abweichende laufende Bedarfe können lediglich im Anwendungsbereich des § 21 [X.]B II Berücksichtigung finden. Für die Kürzung der Regelleistung besteht aber ebenso wenig eine Rechtsgrundlage. Hätten die Klägerin und ihre Tochter die Herabsetzung der Abschlagszahlungen gegenüber dem Stromversorger zu einem früheren Zeitpunkt erreicht, wären solche Einsparungen ihnen (und nicht dem Träger der Grundsicherung) zugute gekommen. Ebenso wie dem Hilfebedürftigen zB zu berücksichtigendes Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit bei einer anderen steuerrechtlichen Gestaltung im [X.] bedarfsmindernd zur Verfügung gestanden hätte und es deshalb auch bei Zufluss erst mit der Steuererstattung zu berücksichtigendes Einkommen bleibt (vgl B[X.] Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - B[X.]E 101, 291 = [X.] 4-4200 § 11 [X.], Rd[X.] 18 am Ende), kann ein anderer Mitteleinsatz für die Regelbedarfe nicht zur Gewährung einer nur verminderten Regelleistung (bzw dem Ansatz eines niedrigeren Bedarfs) führen.

Da § 20 [X.]B II - anders als § 28 [X.]B XII - die Berücksichtigung abweichender Bedarfe beim Regelbedarf von vornherein ausschließt, lässt sich aus dem sogenannten [X.] nicht der Schluss ziehen, dass die Berücksichtigung von ersparten Aufwendungen als Einkommen geboten ist (zur abweichenden Rechtslage nach dem [X.]B XII: B[X.] Urteil vom 19.5.2009 - B 8 [X.] 35/07 R - [X.] 4-3500 § 82 [X.] 5, Rd[X.] 19 und nunmehr die Neuregelung in § 82 Abs 1 Satz 2 [X.]B XII durch das [X.]).

d) Diesem Ergebnis stehen schließlich die Entscheidung des [X.] ([X.]/7b [X.]/06 R - [X.] 4-4200 § 9 [X.] 5 Rd[X.] 37), wonach Rückzahlungen von Betriebskosten, die den Kosten der Unterkunft zuzurechnen sind, als Einkommen zu berücksichtigen sind, und die durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom [X.] ([X.] 1706) zum 1.8.2006 getroffene Regelung in § 22 Abs 1 Satz 4 [X.]B II aF (jetzt § 22 Abs 3 [X.]B II idF des [X.]) nicht entgegen.

Denn ebenso wie heute bestand nach der alten Rechtslage zwischen Betriebs- und Heizkosten einerseits und Stromkosten andererseits insofern ein gravierender Unterschied, als die Betriebs- und Heizkosten - vorbehaltlich ihrer Angemessenheit - in tatsächlicher Höhe zu übernehmen waren (§ 22 Abs 1 [X.]B II), während die Stromkosten, soweit sie nicht ausnahmsweise für die Heizung benötigt wurden, nicht gesondert übernommen wurden, sondern, wie ausgeführt, als Haushaltsenergie pauschaliert in der Regelleistung enthalten waren. Auch die Einfügung des § 22 Abs 1 Satz 4 [X.]B II aF (jetzt § 22 Abs 3 [X.]B II idF des [X.]) spricht für diese Differenzierung, weil er auf Rückzahlungen und Guthaben beschränkt ist, die den Kosten für Unterkunft zuzuordnen sind, und auch nach der Gesetzesbegründung für die Regelung (Bericht des [X.], BT-Drucks 16/1696 [X.], 26 f) Kosten für Haushaltsenergie ausdrücklich ausgenommen sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 [X.]G.

Meta

B 14 AS 185/10 R

23.08.2011

Bundessozialgericht 14. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Neuruppin, 17. September 2010, Az: S 18 AS 1063/09 WA, Urteil

§ 11 Abs 1 S 1 SGB 2 vom 05.12.2006, § 20 Abs 1 SGB 2, § 22 Abs 1 S 4 Halbs 2 SGB 2 vom 20.07.2006, § 22 Abs 3 SGB 2 vom 24.03.2011

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 23.08.2011, Az. B 14 AS 185/10 R (REWIS RS 2011, 3815)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3815

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