Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.01.2007, Az. XI ZB 5/06

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5507

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[X.] [X.] vom 30. Januar 2007 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.], [X.] [X.] und [X.], die Richterin [X.] und [X.] Grüneberg am 30. Januar 2007 beschlossen: Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Be-schluss des 11. Zivilsenats des [X.] vom 23. Januar 2006 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert beträgt 16.000 •.
Gründe: [X.] Die Klägerin macht gegen die Beklagten Ansprüche aus Darlehen geltend. Das [X.] hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. 1 Mit [X.] ihrer Prozessbevollmächtigten vom 18. No-vember 2005 haben die Beklagten gegen das ihnen am 19. Oktober 2005 zugestellte Urteil Berufung eingelegt und mit am 20. Dezember 2005 bei dem [X.] eingegangenen [X.] vom 19. [X.] 2005 Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. 2 - 3 - Nachdem dieser Antrag zurückgewiesen worden war, weil er erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist eingegangen war, haben die [X.] mit [X.] vom 3. Januar 2006 gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und die Berufung mit weiterem Schriftsatz vom 16. Januar 2006 begründet.
Zur Begründung des [X.] haben die Beklag-ten vorgetragen, die verfristete Einreichung des [X.] beruhe auf einem Versehen der gut ausgebildeten und stets [X.] [X.]ihres Prozessbevollmächtigten. Dieser habe Frau M. einen Tag vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist am 18. Dezember 2005 angewiesen, einen Antrag auf Fristverlängerung zu fertigen, was die Kanzleiangestellte am nächsten [X.] erledigt habe. Sie habe den Antrag sodann dem Prozessbevollmächtig-ten vorgelegt, um ihn unterschreiben zu lassen und den Antrag vorab wie üblich per Fax an das Gericht zu senden. Obgleich die interne Fristenbe-handlung dahingehe, dass die [X.] vorrangig zu behandeln seien, sei der Fristverlängerungsantrag entgegen der Anweisung nicht direkt gefaxt und der entsprechende Sendebericht ausgedruckt, sondern das Schreiben in den Korb der zu faxenden Schreiben gelegt worden. Eine telefonische Nachfrage des Prozessbevollmächtigten, ob der Fristverlän-gerungsantrag auch vorab per Fax an das Gericht durchgegangen sei, habe Frau M. bejaht. 3 Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag als unbe-gründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beru-fungsfrist sei durch ein Verschulden der Prozessbevollmächtigten der 4 - 4 - Beklagten versäumt worden, das diese sich zurechnen lassen müssten. Es habe an der erforderlichen wirksamen Ausgangskontrolle für fristwah-rende Schriftsätze gefehlt. Deren Fehlen sei hier auch nicht deshalb un-erheblich, weil der Prozessbevollmächtigte eine konkrete [X.] erteilt habe. Seine Weisung, den Antrag sofort per Telefax zu senden, habe nämlich nicht die bestehende Organisation außer [X.] gesetzt, sondern sich nur in diese eingefügt und einzelne Elemente ersetzt, da sie sich allein auf die Bestimmung des Mediums der Übermittlung und den Zeitpunkt ihrer Vornahme bezogen habe. Eine wirksame Ausgangs-kontrolle sei daher nicht entbehrlich gewesen. Soweit die Beklagten sich darauf beriefen, ihr Prozessbevollmächtigter habe im Laufe des 19. [X.] 2005 bei seiner [X.] telefonisch nach der Über-sendung des [X.] auch vorab per Telefax gefragt, sei dies nicht glaubhaft gemacht.
I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V. mit § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO), aber unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO sind nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist eine Entscheidung des [X.] zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nicht erforderlich. Es liegt weder eine Divergenz zur Recht-sprechung des [X.] vor noch verletzt die Entscheidung des Berufungsgerichts den Anspruch der Beklagten auf Gewährung wir-kungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechts-staatsprinzip; vgl. [X.] 77, 275, 284; [X.] NJW 2003, 281). 5 - 5 - 6 Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde weicht die angegrif-fene Entscheidung von der Rechtsprechung des [X.] zum Verschulden eines Prozessbevollmächtigten bei Vorliegen einer konkre-ten [X.] nicht ab. Allerdings ist in der Rechtsprechung des [X.] anerkannt, daß es auf allgemeine organisatorische Regelungen für die Fristwahrung nicht entscheidend ankommt, wenn im Einzelfall konkrete Anweisungen vorliegen, deren Befolgung die Frist-wahrung sichergestellt hätte (vgl. Senatsbeschluss vom 26. September 1995 - [X.] ZB 13/95, NJW 1996, 130; [X.], Beschlüsse vom 11. Februar 2003 - [X.], NJW-RR 2003, 935 m.w.Nachw. und vom 29. Juli 2004 - [X.], [X.]-Report 2005, 44, 45 f.). Wie das Berufungsge-richt zutreffend gesehen hat, gilt etwas anderes nach der Rechtspre-chung des [X.] aber dann, wenn die [X.] nicht die bestehende Organisation außer [X.] setzt, sondern sich darin ein-fügt und nur einzelne Elemente ersetzt, während andere ihre Bedeutung behalten und geeignet sind, Fristversäumnissen entgegenzuwirken. [X.] die [X.] nur darin, die sofortige Übermittlung per Telefax zu veranlassen, so fehlt es an Regelungen, die eine ordnungsgemäße Ausgangskontrolle überflüssig machen (Senatsbeschluss vom 3. Mai 2005 - [X.] ZB 41/04, Umdruck S. 5; [X.], Beschlüsse vom 23. Oktober 2003 - [X.], [X.], 367, 369 und vom 26. Januar 2006 - [X.], [X.], 1519 f.). So liegt der Fall hier. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat der Angestellten M. nach den Feststellungen des Berufungsgerichts lediglich konkret aufgetragen, den Fristverlängerungsantrag am [X.] per Telefax an das [X.] zu senden. Diese [X.] 7 - 6 - machte - wie das Berufungsgericht zu Recht ausführt - eine Kontrolle der Faxübermittlung anhand des (ausgedruckten) Sendeberichts ebenso we-nig entbehrlich wie eine (allgemeine) Anweisung, Fristen im Fristenka-lender erst dann mit einem Erledigungsvermerk zu versehen, wenn die fristwahrende Handlung tatsächlich erfolgt oder jedenfalls soweit [X.] ist, dass von einer fristgerechten Vornahme auszugehen ist (Se-natsbeschluss vom 3. Mai 2005 - [X.] ZB 41/04, Umdruck S. 5 f. und [X.], Beschluss vom 9. September 1997 - [X.], NJW 1997, 3446, 3447 m.w.Nachw.).
Es entlastet den Prozessbevollmächtigten der Beklagten auch nicht, dass er nach der Behauptung der Beklagten am [X.] bei der [X.] anrief und nachfragte, ob der Fristver-längerungsantrag auch vorab per Telefax an das [X.] übermittelt worden sei. Wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausge-führt hat, ist dieser Vortrag schon nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erweist sich der Be-schluss des Berufungsgerichts auch keineswegs insoweit als willkürlich. Die eidesstattliche Versicherung der [X.] zu dem Inhalt dieser telefonischen Nachfrage bezieht sich nach ihrem Wortlaut allein auf das Fristverlängerungsschreiben und enthält keinen ausreichenden Hinweis darauf, dass der Rechtsanwalt konkret nach der [X.] gefragt hat. 8 Abgesehen davon genügte die behauptete Nachfrage nicht den Anforderungen, die an eine ausreichende Ausgangskontrolle zu stellen sind. Es ist nicht auszuschließen, dass zwischen der vermeintlichen Ab-sendung des [X.] per Telefax und der behaupteten 9 - 7 - Nachfrage bei der Angestellten [X.]mehrere Stunden lagen. Hieraus ergeben sich zusätzliche Risiken, die bei einer im zeitlichen Zusammen-hang mit dem Faxen des Antrags durchgeführten Kontrolle nicht [X.] hätten und die eine genügende Ausgangskontrolle nicht gewährleis-teten ([X.], Beschluss vom 26. Januar 2006 - [X.], [X.], 1519, 1520). Eine auf der Erinnerung an einen Stunden zurückliegenden Vorgang beruhende Auskunft ist nicht ausreichend zuverlässig, um eine Überprüfung der Erledigung fristgebundener Sachen am Abend eines jeden [X.] anhand eines Fristenkalenders entbehrlich zu ma-chen (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Oktober 2000 - [X.] ZB 9/00, Umdruck S. 6 f.). Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. 10 [X.] [X.] Joeres [X.] Grüneberg
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 14.10.2005 - 7 O 732/05 - [X.], Entscheidung vom 23.01.2006 - 11 U 112/05 -

Meta

XI ZB 5/06

30.01.2007

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.01.2007, Az. XI ZB 5/06 (REWIS RS 2007, 5507)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5507

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