Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2014, Az. IV ZB 40/13

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 4051

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 40/13
vom

16. Juli 2014

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], [X.], [X.], die Richterin
[X.] und [X.]

am 16. Juli 2014

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde des [X.] gegen den Beschluss des 12. Zivilsenats in [X.] des [X.] vom 21.
Oktober 2013 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

[X.]: 225.000

Gründe:

[X.] Der Kläger begehrt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist.

Er hat gegen das ihm am 9.
Juli 2013 zugestellte
klageabweisende
Urteil des [X.] rechtzeitig Berufung eingelegt.
Diese hat er mit einem am 10.
September 2013 im Original bei dem [X.] eingegangenen Schriftsatz
begründet, in dem vor der Adresse im Fett-druck "vorab per Fax"
angegeben ist.
Die Berufungsbegründung ging bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist am 9.
September 2013 nicht per Telefax beim [X.] ein. Dies teilte der stellvertretende 1
2
-
3
-

Vorsitzende des [X.] dem Prozessbevollmächtigten des [X.] auf Nachfrage am 10.
September 2013 mit.

Daraufhin hat der Kläger mit einem am 10.
September 2013 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz beantragt, ihm wegen [X.] der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vori-gen Stand zu gewähren. Zur Begründung hat der Kläger vorgetragen und glaubhaft gemacht:

Die [X.] sei rechtzeitig am 9.
September 2013 unterzeichnet und zum Versand bereit gewesen. Die Versendung sei auf das geschulte und zuverlässige Büropersonal übertragen worden. Es gebe die bürointerne [X.], ausgehende [X.] auf einen erfolgreichen Versand zu
überprüfen. Weiter bestehe die An-weisung, abendlich die Erledigung und den Ausgang der Fristabläufe an-hand des [X.]s zu kontrollieren. Mit dem Versand und der Kontrolle der Berufungsbegründung sei der im Büro seines [X.] tätige Rechtsanwaltsfachangestellte beauftragt gewesen. Es habe die klare Anweisung bestanden, die Berufungsbegründungs-schrift am 9.
September 2013 vorab per Telefax zu übersenden und den erfolgreichen Versand zu kontrollieren. Der [X.] habe diese Aufgabe ohne das Wissen des Prozessbevollmächtigten an die ebenfalls in dessen Büro tätige [X.] übertragen. [X.] sei auf den Fristablauf hingewiesen worden. Es sei jedoch die [X.] des Versands vergessen worden.

Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurück-gewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde.
3
4
5
-
4
-

I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist nach den §§
574 Abs.
1 Nr.
1, 522 Abs.
1 Satz
4, 238 Abs.
2 Satz
1 ZPO statthaft, jedoch im Übrigen nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des §
574 Abs.
2 ZPO nicht erfüllt sind. Eine Entscheidung des [X.] ist insbesondere nicht gemäß §
574 Abs.
2 Nr.
2 Alt.
2 ZPO zur Sicherung einer einheitli-chen Rechtsprechung erforderlich. Das Berufungsgericht hat nicht die Verfahrensgrundrechte des [X.] auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art.
2 Abs.
1 GG in Verbindung mit dem Rechtsst[X.]ts-prinzip) und auf rechtliches Gehör (Art.
103 Abs.
1 GG) verletzt, indem es ihm die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt hat.

1. Nach Auffassung des Berufungsgerichts beruht die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist auf einem dem
Kläger gemäß §
85
Abs.
2 ZPO zuzurechnenden Verschulden seines Prozessbevollmächtigten.
Das Wiedereinsetzungsgesuch lasse keine Büroorganisation erkennen, die eine wirksame [X.] durch einen Kanzleimitarbeiter sicher-stelle. Eine solche erfordere grundsätzlich die allgemeine Anweisung, nach der Übermittlung eines Schriftsatzes per Telefax anhand des [X.] zu prüfen, ob die Übermittlung vollständig und an den richti-gen Empfänger erfolgt sei, und die Frist im [X.] erst an-schließend zu streichen. Fehle es an einer allgemeinen Anweisung, müsse sich die [X.], einen bestimmten Schriftsatz sogleich per Telefax abzusenden, auf die [X.] erstrecken; der Kanzleiangestellte sei zusätzlich anzuweisen, die Frist erst nach einer Kontrolle der vollständigen Übermittlung anhand des [X.] zu streichen. Die von dem Prozessbevollmächtigten des [X.] erteilte [X.] habe sich darauf beschränkt, das ausgehende Telefax 6
7
-
5
-

nur auf seinen erfolgreichen Versand zu kontrollieren,
und den [X.] keine wirksame [X.] aufgegeben.

2. Damit hat das Berufungsgericht die Anforderungen an die [X.] Sorgfaltspflicht bei Übermittlung fristgebundener
Schriftsätze per Telefax nicht überspannt.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] gehört es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Anwalt eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren und insbeson-dere einen [X.] führen. Erst nach der Fristenkontrolle darf die fristwahrende Maßnahme im Kalender als erledigt gekennzeichnet wer-den. Die Erledigung fristgebundener Sachen ist am Abend eines jeden [X.] anhand des [X.]s zu überprüfen ([X.], [X.] vom 28.
Februar 2013 -
I [X.], NJW-RR 2013, 1008 Rn.
6; vom 23.
Januar 2013
[X.] 559/12, NJW-RR 2013, 572 Rn.
6; vom 12.
April 2011
[X.], NJW 2011, 2051 Rn.
7; jeweils m.w.[X.]). Der Pflicht zur wirksamen [X.] fristwahrender Schriftsätze [X.] der Rechtsanwalt nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des [X.] zu prü-fen, ob der Schriftsatz vollständig und an den richtigen Empfänger über-mittelt worden ist ([X.], Beschlüsse vom 28.
Februar 2013 [X.]O; vom 24.
Oktober 2013 -
V [X.], NJW 2014, 1390 Rn.
8; vom 17.
Juli 2013 -
[X.] 115/13, NJW-RR 2013, 1328 Rn.
6; vom 15.
Juni 2011
[X.] 572/10, NJW 2011, 2367 Rn.
13; vom 23.
Oktober 2003
[X.], [X.], 367 unter [X.]; jeweils
m.w.[X.]). Diese zwingend notwendige [X.] muss sich entweder
für alle Fälle

aus einer allge-8
9
-
6
-

meinen Kanzleianweisung oder
in einem Einzelfall

aus einer konkre-ten [X.] ergeben ([X.], Beschluss vom 15.
Juni 2011 [X.]O m.w.[X.]). Fehlt es an einer allgemeinen Anweisung, muss sich die Einzel-anweisung, einen Schriftsatz sogleich per Telefax an das Rechtsmittel-gericht abzusenden, in gleicher Weise auf die [X.] erstre-cken. Die Kanzleiangestellten sind
zusätzlich anzuweisen, die Frist erst nach einer Kontrolle der vollständigen Übermittlung anhand des [X.] zu streichen ([X.], Beschlüsse
vom 15.
Juni 2011 [X.]O m.w.[X.]; vom 7.
Juli 2010
[X.] 59/10, NJW-RR 2010, 1648 Rn.
12
ff.). Eine konkrete [X.] des Rechtsanwalts an sein [X.], einen fristwahrenden Schriftsatz per Telefax zu übersenden, macht die weitere [X.]
nicht entbehrlich ([X.], Beschlüsse
vom
28.
Februar 2013 [X.]O Rn.
8 m.w.[X.]; vom 15.
Juni 2011 [X.]O).

b) Gemessen daran hat der Kläger die Versäumung der Beru-fungsbegründungsfrist nicht ausreichend entschuldigt.

[X.]) Aus der Begründung des [X.] ergibt sich keine den genannten Maßstäben genügende allgemeine Kanzleianwei-sung zur Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax. Dazu [X.] nicht die allgemeine Anweisung, ausgehende [X.] auf einen erfolgreichen Versand zu kontrollieren bzw. zu überprüfen. Wie diese Überprüfung ausgestaltet sein soll, hat der Kläger in seinem Wie-dereinsetzungsgesuch nicht dargetan. Insbesondere ist daraus nicht er-sichtlich, dass die Kanzleiangestellten seines Prozessbevollmächtigten angewiesen waren, anhand des [X.] zu überprüfen, dass der Schriftsatz vollständig und an die richtige Faxnummer übermittelt worden war, und demgemäß die Erledigung im [X.] zu vermerken.

10
11
-
7
-

bb) Eine ausreichende allgemeine Organisationsanweisung war
nicht deshalb entbehrlich, weil der Prozessbevollmächtigte des [X.] den Rechtsanwaltsfachangestellten angewiesen hatte, die [X.] am 9.
September 2013 vorab per Telefax zu übersen-den und den erfolgreichen Versand zu kontrollieren.
Auch bei einer [X.] [X.] müssen ausreichende Sicherheitsvorkehrungen dagegen getroffen werden, dass sie in Vergessenheit gerät und die zu treffende Maßnahme unterbleibt ([X.], Beschluss vom 23.
Januar 2013 [X.]O Rn.
9 m.w.[X.]). Besondere Vorkehrungen können entbehrlich sein, wenn die Bürokraft angewiesen ist, den Schriftsatz sofort
und
vor allen anderen Arbeiten per Telefax zu versenden ([X.], Beschlüsse
vom 23.
Januar 2013 [X.]O Rn.
10; vom 15.
November 2007 -
IX ZB 219/06, NJW
2008, 526 Rn.
12
m.w.[X.]; vom 4.
April 2007 -
III ZB 85/06,
NJW-RR 2007, 1430 Rn.
9 m.w.[X.]). Eine solche Anweisung, auf deren Befolgung sich der Prozessbevollmächtigte des [X.] unabhängig von allgemeinen Organisationsanweisungen hätte verlassen dürfen, hat er seinem Mitarbeiter nicht erteilt. Insbesondere
ergibt sich aus dem Wie-dereinsetzungsgesuch nicht, dass der Rechtsanwaltsfachangestellte konkret angewiesen war, anhand des [X.] die ordnungsge-mäße Übermittlung zu kontrollieren und auf dieser Grundlage
die Beru-fungsbegründungsfrist im [X.] als erledigt zu vermerken.

c) Die ungenügende Organisation der [X.] im Büro seines Prozessbevollmächtigten und die unzureichende [X.] waren für die Fristversäumung ursächlich.
Die Kausalität entfiel nicht deshalb, weil der Rechtsanwaltsfachangestellte die ihm aufgegebene Übermittlung der [X.]
auf
seine Kollegin über-tragen hatte. Für die Beurteilung, ob ein Organisationsfehler für die [X.] einer Frist ursächlich geworden ist, muss von einem ansonsten 12
13
-
8
-

pflichtgemäßen Verhalten ausgegangen werden und darf kein weiterer Fehler hinzugedacht werden ([X.], Beschluss vom
24.
Januar 2012 -
II ZB 3/11, NJW-RR 2012, 747 Rn.
14).

[X.] [X.] [X.]

[X.] Dr.
Karczewski
Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 18.06.2013 -
13 [X.]/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 21.10.2013 -
12 [X.] -

Meta

IV ZB 40/13

16.07.2014

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2014, Az. IV ZB 40/13 (REWIS RS 2014, 4051)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4051

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

14 U 1090/15 (OLG Nürnberg)

Anforderungen an die anwaltliche Ausgangskontrolle von fristgebundenen Schriftsätzen


V ZB 86/15 (Bundesgerichtshof)

Wiedereinsetzung in versäumte Berufungsfrist: Anwaltliche Anweisungen zur Ausgangskontrolle fristwahrender per Fax übermittelter Schriftsätze


VI ZB 99/19 (Bundesgerichtshof)

(Wiedereinsetzungsantrag: Wirksame Ausgangskontrolle bei Übesendung ber Post oder Telefax; aussagekräftiger Dateiname für Übersendung mittels beA)


V ZB 124/16 (Bundesgerichtshof)


III ZB 42/15 (Bundesgerichtshof)

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Anforderungen an eine Einzelanweisung zur fristwahrenden Übersendung einer Berufungsschrift


Referenzen
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.