Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.02.2003, Az. VIII ZR 111/02

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 4554

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.] 111/02Verkündet am:5. Februar 2003Kirchgeßner,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z: ja[X.] §§ 315 Abs. 3, 812Zur Darlegungs- und Beweislast im Rückforderungsprozeß des Kunden eines [X.].[X.], Urteil vom 5. Februar 2003 - [X.] 111/02 -KammergerichtLG [X.]- 2 -Der VIII. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.] [X.], [X.], Dr. [X.] und [X.] Recht erkannt:Die Revision gegen das Urteil des 24. Zivilsenats des Kammerge-richts vom 10. April 2002 wird auf Kosten des [X.] zurückge-wiesen.Von Rechts [X.]:Der Kläger bezog für seinen Privathaushalt von der [X.], einemElektrizitätsversorgungsunternehmen, in den Jahren 1972 bis 1999 Strom. [X.] rechnete die Stromversorgung gegenüber dem Kläger jährlich ab, [X.] sie die [X.]eiligen Privatkundentarife zugrunde legte, die von der Senatsver-waltung für Wirtschaft und Technologie des [X.] genehmigt wordenwaren.Mit Schreiben vom 29. Mai 2000 machte der Kläger gegenüber der [X.] die Rückforderung eines Betrages von 16.219,88 DM für den [X.]raumvom 1. Januar 1972 bis 31. Oktober 1999 wegen überhöhter Strompreise gel-tend. Mit der Behauptung, in dem streitigen [X.]raum hätten die von der [X.] berechneten Strompreise mindestens 35 % über denen vergleichbarerStromversorgungsunternehmen gelegen, hat der Kläger zunächst begehrt, die- 3 -Strompreise der [X.] während der gesamten Laufzeit des [X.] Kläger vom 1. Januar 1972 bis 30. November 1999 nach billigem Ermes-sen des Gerichts, mindestens jedoch um eine Minderung von 35 %, bezogenauf den bereinigten [X.] von zuletzt 0,370 DM je kWh, neu zubestimmen; weiter hat er die Verurteilung der [X.] zur Zahlung von16.219,88 DM nebst Zinsen beantragt.Nach Klageabweisung in der ersten Instanz hat der Kläger im [X.] nur noch die Rückzahlung überhöhter Stromrechnungen für die [X.] bis 31. Oktober 1999 in Höhe von 5.752,50 DM nebst Zin-sen verlangt. Die Berufung des [X.] ist auch insoweit erfolglos geblieben.Mit seiner - zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger seinen in der Be-rufungsinstanz gestellten Antrag weiter.Entscheidungsgründe:[X.] Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt, dem Kläger stehekein Anspruch gemäß § 812 [X.] gegenüber der [X.] zu. Zutreffend [X.] Landgericht von der Billigkeit der Stromtarife der [X.] gemäß § 315Abs. 3 [X.], der grundsätzlich auf Tarifverträge von Unternehmen der [X.] anwendbar sei, ausgegangen. Dabei komme der Genehmigung [X.] für Wirtschaft gemäß § 12 [X.] Indizwirkung im Hinblick auf dieBilligkeit und Angemessenheit der Tarife zu. [X.] § 12 [X.] sei die Erforderlichkeit der Tarife in Anbetracht der gesamtenKosten- und Erlöslage bei elektrizitätswirtschaftlich rationeller Betriebsführung.- 4 -Sei die Genehmigung erteilt, wirke sich dies grundsätzlich auf die [X.] und Beweislast für eine etwaige Billigkeit der Stromtarife aus. So seiregelmäßig von der Ordnungsmäßigkeit der behördlichen Genehmigung mitentsprechender sachkundiger Beurteilung der Problematik "preisgünstig, spar-sam, erforderlich" auszugehen. Etwaige Mängel des [X.] damit einhergehende Zweifel an der Billigkeit der Stromtarife habe aus die-sem Grunde zunächst der Tarifkunde darzutun. Allein die Darlegung günstige-rer Preise von [X.] in der [X.] nach Öffnung des Strommarktesdurch den Kläger könnten die Indizwirkung der Genehmigung nicht erschüttern.Es sei Aufgabe des [X.] gewesen darzulegen, daß die [X.] zu kosten-günstigerer Stromlieferung im streitgegenständlichen [X.]raum in der Lage undihre Preisbestimmung deshalb unangemessen hoch gewesen sei. Hierzu fehl-ten jedoch Ausführungen des [X.].Die Ausführungen des [X.] zu einem Verstoß der Tarifgestaltung ge-gen § 14 GWB (gemeint: § 19 GWB) seien unsubstantiiert. Soweit der [X.] für die [X.] vom 1. Januar 1990 bis 31. Dezember 1995 begehre,sei der Rückzahlungsanspruch im übrigen auch gemäß § 197 [X.] a.[X.] ver-jährt.[X.] Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Nachprüfungstand.1. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht einen Rückforde-rungsanspruch des [X.] wegen angeblich überhöhter Stromrechnungen inder [X.] vom 1. Januar 1990 bis 31. Oktober 1999 [X.] 5 -a) Der Kläger macht mit seiner Klage einen Bereicherungsanspruch gel-tend, da er die von der [X.] in Rechnung gestellten Strompreise als nichtder Billigkeit entsprechend und damit die getroffene Preisbestimmung als [X.] (§ 315 Abs. 3 [X.]) ansieht. Für die Voraussetzungen dieses An-spruchs trifft ihn, worauf die [X.] in ihrer Revisionserwiderung zutreffendhinweist, die Beweislast, somit auch für das Nichtbestehen eines Rechtsgrun-des der erbrachten Leistung (vgl. [X.], Urteil vom 9. Juni 1992 - [X.]/91,VersR 1992, 1028 unter [X.] a; [X.], Urteil vom 6. Dezember 1994 - XI [X.], [X.], 189 = NJW 1995, 727 unter [X.]; [X.], Urteil vom [X.] - [X.], NJW-RR 1995, 916 unter [X.]; siehe auch [X.]/[X.], Handbuch der Beweislast im Privatrecht, 2. Aufl., [X.], § 812 [X.]Rdnr. 10). Dies gilt grundsätzlich auch für den - hier vorliegenden - Fall, daß [X.] zunächst vorbehaltslos die geforderten [X.] gezahlt [X.] anschließend in einem Rückforderungsprozeß die Unbilligkeit derLeistungsbestimmung durch das Versorgungsunternehmen geltend macht ([X.], Urteil vom 19. Januar 1983 - [X.] 81/82, [X.], 341 = NJW 1983,1777 unter [X.]) Dem steht nicht entgegen, daß nach ständiger Rechtsprechung des[X.] ([X.], Urteil vom 4. Dezember 1986 - [X.], [X.], 295 = NJW 1987, 1828 unter [X.] a; Senat, Urteil vom 2. Oktober 1991- [X.] 240/90, [X.], 2065 = NJW-RR 1992, 183 unter I; siehe auch [X.] NJW-RR 1993, 630 f.; [X.] NJW 1998, 2540 f.)und allgemeiner Meinung im Schrifttum ([X.]/Odenthal/[X.]/[X.],Recht der Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung, [X.] § 30 Rdnr. 56 AV-BEltV; siehe auch [X.], [X.], 12. Aufl., § 315 Rdnr. 59) die [X.] und Beweislast für die Billigkeit der Ermessensausübung bei Festset-zung des Strompreises das Versorgungsunternehmen trifft. Diese Beweislast-verteilung folgt aus der [X.]; derjenige, der die Leistung bestimmt, kennt- 6 -am besten die dafür maßgebenden Umstände, so daß er sie ohne weiteresdarlegen und gegebenenfalls beweisen kann ([X.]/[X.], § 315Rdnr. 3 [X.]). Dies gilt jedoch nur für solche Fälle, in denen der Bestimmungs-berechtigte Ansprüche gegen die andere Vertragspartei erhebt (vgl. [X.], [X.] 30. Juni 1969 - [X.], NJW 1969, 1809 f.), nicht jedoch für [X.], in welchem der Bereicherungsgläubiger nach allgemei-nen Grundsätzen das Fehlen einer der Billigkeit entsprechenden Leistungsbe-stimmung darzutun und zu beweisen hat. Die Urteile des [X.]vom 20. Oktober 1980 - [X.], NJW 1981, 571 f., und vom 6. März 1986- III ZR 195/84, [X.]Z 97, 212 ff., auf die sich die Revision für ihre gegenteiligeAnsicht beruft, sind nicht einschlägig, da es dort nicht um [X.] Rückforderungsansprüche ging.c) Allerdings muß der Bereicherungsgläubiger, dem insoweit der [X.] negativer Tatsache obliegt, nicht jeden theoretisch denkbaren rechtferti-genden Grund ausschließen. Es genügt vielmehr der Beweis, daß der [X.] geltend gemachte Rechtsgrund nicht besteht ([X.], Urteil vom3. Februar 1995 aaO; [X.], Urteil vom 20. Mai 1996 - [X.], [X.], 1211 unter 2; [X.]/[X.] aaO § 812 [X.] Rdnr. 11). Dabei trifftden [X.] dann eine erweiterte Behauptungslast, wenn die [X.] außerhalb des von ihr darzulegenden [X.] steht und keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen besitzt,während der Gegner über ein derartiges Wissen verfügt und ihm nähere Anga-ben zumutbar sind; im Rahmen des Zumutbaren kann von ihm dann insbeson-dere das substantiierte Bestreiten einer negativen Tatsache unter Darlegungder für die positive Tatsache sprechenden Umstände verlangt werden ([X.],Urteil vom 18. Mai 1999 - [X.], [X.], 2175 = NJW 1999, 2887unter 2 c; siehe auch Senatsurteil vom 3. Februar 1999 - [X.] 14/98, [X.] -1999, 1034 = NJW 1999, 1404 unter [X.] [X.] = [X.]R ZPO § 138 Abs. 3,Bestreiten, substantiiertes 4, [X.]. m.w.[X.]) Auch bei Berücksichtigung dieser Grundsätze zugunsten des darle-gungs- und beweispflichtigen [X.] ist die [X.] ihrer Obliegenheit zu ei-nem substantiierten Bestreiten nachgekommen. Die [X.] hat alle Geneh-migungsunterlagen aus dem Jahre 1972 bis 1998/1999 vorgelegt, von dem [X.] an einschließlich mit [X.]; sie hatferner ihre Preiskalkulation erläutert und dargelegt, in welcher Weise ihre [X.] und Ertragslage im Rahmen des behördlichen [X.] wird. Es kann offenbleiben, ob die nach § 12 [X.] erteilte Tarifge-nehmigung, die den Nachweis voraussetzt, daß "entsprechende Preise in [X.] der gesamten Kosten- und Ertragslage bei elektrizitätswirtschaftlichrationeller Betriebsführung erforderlich sind" (§ 12 Abs. 2 Satz 2 [X.]), eingewichtiges Indiz für die Billigkeit des genehmigten [X.] darstellt, wie dasBerufungsgericht annimmt (siehe auch [X.]/Odenthal/[X.]/[X.] aaO;Tegethoff/[X.]/[X.], [X.],[X.], § 12 [X.] Rdnr. 337). Der Kläger hatte im Rückforderungsprozeß dievon ihm behauptete Unbilligkeit der [X.]eiligen Tarife zu beweisen; ihm oblag [X.], die von der [X.] dargelegten Kalkulationsansätze [X.] unter Beweisantritt zu beanstanden. Daß der Kläger dieser Verpflichtungnachgekommen wäre, vermag die Revision nicht aufzuzeigen. Der Kläger [X.] vielmehr darauf beschränkt, auf günstigere Preise anderer Stromanbieterseit Öffnung des Strommarktes zu verweisen. Insoweit haben die [X.] zu Recht ausgeführt, daß dies schon mit Rücksicht auf die [X.] [X.] nach der [X.], als die Stromver-sorgung in [X.] an das [X.] Verbundnetz angebunden und das [X.] Netz integriert werden mußte, kein ausreichendes Indiz für überhöhteTarife darstellt (vgl. auch [X.] aaO).- 8 -2. Soweit die Revision unter Hinweis auf wesentlich niedrigere [X.] anderer Anbieter in der Tarifgestaltung der [X.] einen [X.] gegen Kartellrecht, hier gegen die auf den fraglichen [X.]raum noch an-wendbaren §§ 22, 26 GWB in der Fassung vom 20. Februar 1990 ([X.]l. I 235),sieht, bedarf es eines [X.] hierauf nicht; denn die Grenzen des allgemei-nen kartellrechtlichen Mißbrauchs- und Diskriminierungsverbotes fallen nicht mitden Grenzen der Billigkeitsentscheidung nach § 315 [X.] zusammen (Senat,Urteil vom 2. Oktober 1991 aaO unter I[X.] d).3. Da sonach die geltend gemachten Bereicherungsansprüche des [X.] nicht begründet sind, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Ansprüche fürdie [X.] vom 1. Januar 1990 bis 31. Dezember 1995 bereits gemäß § 197 [X.]a.[X.] verjährt sind.[X.] [X.] [X.]Dr. [X.] Dr. Frellesen

Meta

VIII ZR 111/02

05.02.2003

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.02.2003, Az. VIII ZR 111/02 (REWIS RS 2003, 4554)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 4554

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