Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.06.2004, Az. VIII ZR 248/03

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2793

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 16. Juni 2004 Kirchgeßner, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

[X.] § 5; [X.] § 21 Der Anspruch auf Ersatz des Schadens, den ein Stromkunde dadurch erleidet, daß das Energieversorgungsunternehmen unter Verstoß gegen § 5 [X.] und unter Verletzung des [X.] die gebotene Leistungsmes[X.] unterläßt und dem Kunden statt dessen unter Zugrundelegung eines nicht anwendbaren Tarifs höhere als die geschuldeten Stromkosten in Rechnung stellt, unterliegt nicht der zweijährigen Ausschlußfrist des § 21 Abs. 2 [X.].

[X.], Urteil vom 16. Juni 2004 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juni 2004 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] sowie die Richterin [X.] für Recht erkannt: Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des [X.] vom 18. Juli 2003 wird [X.]. Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Beklagte beliefert den Kläger, der in [X.] einen Lebensmit-telmarkt betreibt, mit elektrischem Strom. Dem Stromlieferungsvertrag, in den die Beklagte mit Wirkung vom 30. Juni 1995 eingetreten ist, liegt seit 1. Januar 1996 der genehmigte [X.] der Beklagten für die Versorgung mit elektrischer Energie aus dem Niederspannungsnetz zugrunde. Dieser Tarif sieht unter Ziffer 1.2. bei einem Strombezug von mehr als 10.000 kWh/Jahr die Berechnung des verbrauchsabhängigen Anteils des [X.] auf der Grundlage einer 96-Stunden-Leistungsmes[X.] vor. Diese Tarifbestimmung setzt § 5 der Bundestarifordnung Elektrizität ([X.]) vom 18. Dezember 1989 ([X.] [X.]) um, der ab 1. Januar 1990 mit einer Übergangsfrist bis zum 30. Juni 1992 (§ 18 [X.]) für die Ermittlung des [X.] durch Mes-- 3 - [X.] für Haushaltskunden einen [X.]raum von 96 Stunden, ansonsten je nach Abnahmeverhalten von 96 Stunden oder einer Viertelstunde vorschreibt (§ 5 Abs. 3 Satz 2 [X.]). Eine 96-Stunden-Leistungsmes[X.] erfordert eine spe-zielle Meßeinrichtung. Für den Gewerbebetrieb des [X.], dessen Stromab-nahme den Grenzwert von 10.000 kWh/Jahr überstieg, installierte die Beklagte diese Meßeinrichtung am 4. November 1997. Bis zu diesem [X.]punkt stellte sie dem Kläger den gelieferten Strom nach dem für einen Jahresbezug von nicht mehr als 10.000 kWh geltenden Tarif in Rechnung. Der Kläger behauptet, auf-grund dieser Berechnungsweise seien ihm für den Abrechnungszeitraum vom 17. August 1996 bis 4. November 1997 insgesamt 5.882,85 DM (3.007,85 •) zuviel in Rechnung gestellt worden. Der auf Erstattung dieses Betrages gerichteten Klage hat das Amtsge-richt in Höhe von 2.564,95 • stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabwei[X.]sbegehren weiter. Entscheidungsgründe: Die Revision hat keinen Erfolg. [X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Beklagte schulde dem Kläger Schadensersatz wegen positiver [X.], weil sie den ihm gelieferten Strom entgegen § 5 [X.] nicht unter Anwendung eines leistungsbezogenen Tarifs auf der Grundlage einer 96-- 4 - Stunden-Leistungsmes[X.], sondern nach einem anderen Tarif pauschal [X.] habe. Die Beklagte könne sich nicht damit entschuldigen, daß es ihr nicht möglich gewesen sei, alle Kunden mit einer Abnahmemenge von mehr als 10.000 kWh/Jahr innerhalb kurzer [X.] mit den erforderlichen Meßgeräten aus-zustatten. Sie habe nicht substantiiert dargelegt, aus welchen Gründen sie in der [X.] zwischen dem 30. Juni 1995 und Ende 1996/Anfang 1997 nicht in der Lage gewesen sein sollte, den für eine 96-Stunden-Leistungsmes[X.] [X.] Zähler in den Geschäftsräumen des [X.] anzubringen. Die Höhe des dem Kläger entstandenen Schadens habe das Amtsgericht auf der Grundlage des eingeholten Sachverständigengutachtens zutreffend und überzeugend auf 2.564,95 • geschätzt. Der Schadensersatzanspruch des [X.] sei nicht gemäß § 21 Abs. 2 der Verordnung über [X.] für die Elektrizitätsversorgung von [X.] ([X.]) ausgeschlossen, denn diese Bestimmung sei auf die hier zu beurteilende Vertragsverletzung in Gestalt der Anwendung eines nicht vereinbarten Tarifs nicht anwendbar. Sie gelte nach zutreffender Auffas[X.] nur für Ablesefehler und für kaufmännische Fehler bei der Berechnung des Preises, nicht dagegen für eine fehlerhafte [X.] oder Vertragsauslegung. Die in § 21 Abs. 2 [X.] geregelte zweijährige Ausschlußfrist stehe dem eingeklagten Schadensersatzanspruch daher nicht entgegen. I[X.] Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision ohne Erfolg. 1. [X.] ist die Auffas[X.] des Berufungsgerichts, die Beklagte habe den Stromlieferungsvertrag der Parteien dadurch verletzt, daß - 5 - sie den an den Kläger gelieferten Strom entgegen § 5 [X.] und abweichend von dem genehmigten Tarif nicht auf der Grundlage einer 96-Stunden-Leistungsmes[X.], sondern nach einem anderen, für den Kläger ungünstigeren Tarif berechnet hat. a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts waren die Vorausset-zungen für die Anwendung des 96-Stunden-Meßverfahrens, nämlich eine jährli-che Abnahmemenge von mehr als 10.000 kWh, für den hier interessierenden [X.]raum in der Person des [X.] erfüllt. Auch die Revision zieht dies nicht in Zweifel. b) Rechtlich bedenkenfrei ist auch die weitere Feststellung des [X.], die Beklagte habe nicht darzulegen vermocht, daß es ihr nicht möglich gewesen sein sollte, das Geschäftslokal des [X.] vor dem 4. November 1997 mit der für eine 96-Stunden-Leistungsmes[X.] erforderli-chen Meßeinrichtung auszustatten. Vergeblich beruft sich die Revision dem gegenüber auf die [X.] der Beklagten. Nach dieser Bestim-mung ist die Beklagte von der Verpflichtung, den verbrauchsabhängigen Anteil des [X.] durch Leistungsmes[X.] zu ermitteln, entbunden, wenn bei der Beschaffung und beim Einbau von [X.] mit den dazugehö-rigen Steuereinrichtungen "Engpässe auftreten". Denn einen Engpaß in der Be-schaffung der Meßeinrichtungen hat die Beklagte nicht nachvollziehbar darge-tan. [X.] Sachvortrag hierzu, den das Berufungsgericht vermißt hat, vermag auch die Revision nicht aufzuzeigen. Das erstinstanzliche Vorbringen der Beklagten, die speziellen [X.] hätten nicht kurzfristig beschafft werden können, da sie [X.] nur von wenigen Herstellern angeboten worden seien, ist ganz allge-- 6 - mein gehalten und läßt nicht erkennen, ob, wann und bei welchen Herstellern die Beklagte sich um die Beschaffung der erforderlichen Meßeinrichtungen [X.] hat und woran diese gegebenenfalls gescheitert ist. Daß die Beklagte, wie sie in erster Instanz weiter vorgetragen hat, vorrangig diejenigen Abnehmer mit den benötigten Zählern versorgt hat, die darauf Wert legten, besagt nichts dar-über, ob die Beklagte nicht auch andere Kunden wie den Kläger bereits im [X.] 1995 oder jedenfalls bis zum Beginn der hier in Rede stehenden Ab-rechnungsperiode mit einem [X.] hätte ausstatten können. Ein Engpaß bei der Beschaffung und beim Einbau der benötigten [X.] läßt sich für die Jahre 1995/1996 auch nicht mit dem weiteren erstinstanzlichen Vorbringen der Beklagten begründen, von der Tarifumstellung seien rund 600 Kunden betroffen gewesen, so daß es, wenn die Umstellung bei den Kunden mit dem höchsten Jahresverbrauch angesetzt hätte, ebenfalls "längere [X.]" gedauert hätte, bis auch bei dem Kläger, dessen Verbrauch im unteren Mittelfeld gelegen habe, eine Umstellung erfolgt wäre. Die Beklagte hat keine Angaben dazu gemacht, welcher [X.]- und Kostenaufwand für die [X.] dieser rund 600 Kunden insgesamt erforderlich gewesen wäre und welche [X.]spanne sie im Falle einer zügigen Beschaffung und Installation der Meßeinrichtungen benötigt hätte, um eine solche Einrichtung auch im [X.] des [X.] zu installieren. c) Nicht berechtigt ist schließlich der weitere Einwand der Beklagten, für das erste Jahr nach ihrem Eintritt in die [X.] ihrer Kunden mit ihrer Rechtsvorgängerin könne keine Leistungsmes[X.] gefordert werden, weil das Verbrauchsverhalten der Abnehmer erst nach Ablauf dieses Jahres feststellbar gewesen sei. Der Kläger hat diesem Einwand in erster Instanz un-widersprochen entgegengehalten, daß die Beklagte, die gemäß § 32 Abs. 6 [X.] anstelle des bisherigen Elektrizitätsversorgungsunternehmens in die - 7 - sich aus den bestehenden [X.]n ergebenden Rechte und Pflichten eingetreten sei, von ihrer Rechtsvorgängerin alle Daten übernommen habe und deswegen schon bei [X.] habe erkennen können, daß er, der Kläger, seit Jahren die Meßgrenze deutlich überschritten habe ([X.]). 2. Dem Berufungsgericht ist auch darin zu folgen, daß der auf die ver-tragswidrig unterlassene Leistungsmes[X.] gestützte Schadensersatzanspruch nicht der zweijährigen Ausschlußfrist des § 21 Abs. 2 [X.] unterliegt. Nach zutreffender, im Schrifttum herrschender Auffas[X.] ([X.] in: [X.]/ [X.]/[X.], [X.], § 21 [X.] Rdnr. 3; [X.] in: [X.]/Odenthal/[X.]/[X.], Recht der Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung, § 21 [X.] Rdnr. 26, 36), die auch in der Rechtsprechung der Instanzgerichte Zustimmung gefunden hat ([X.], Urteil vom 23. Juni 2000 - 10 U 97/99 = [X.] ff.; [X.], Urteil vom 26. März 1999 - 1 O 196/97 = [X.] ff., [X.]. [X.] ff. m.w.Nachw.), gilt die Zweijahresfrist nur für Berechnungsfehler, die auf fehlerhafte Meßeinrichtungen, auf Ablesefehler oder auf eine falsche [X.] Berechnung des Strompreises (vgl. für eine unterlassene Nachberech-nung Senatsurteil vom 29. Januar 2003 - [X.] ZR 92/02, [X.], 1726) zu-rückzuführen sind (amtl. [X.]. zu § 21 [X.], abgedruckt bei [X.]/[X.]/[X.] aaO, [X.]. zu § 21 [X.]). Nicht erfaßt werden demgegenüber Fehler bei der Vertragsanwendung und der Vertragsauslegung ([X.], [X.], [X.] und LG [X.], [X.] aaO; a.A. mögli-cherweise [X.] in: Hermann/[X.]/Schmidt-Salzer, Kommentar zu den [X.] für Elektrizität, Gas, Fernwärme und Wasser, § 21 [X.]. 7). § 21 Abs. 2 [X.] begrenzt unter Abwä-gung der Interessen einerseits der Stromkunden, andererseits der Energiever-sorgungsunternehmen den [X.]raum, für den die berechneten Strompreise rückwirkend korrigiert werden können, soweit sie aufgrund von Meß-, Ablese- - 8 - oder Berechnungsfehlern fehlerhaft errechnet worden sind (vgl. die Beispiele bei [X.] aaO Rdnr. 33 ff.). Für den hier zu beurteilenden Fall, daß das [X.] unter Verstoß gegen § 5 [X.] und unter Verlet-zung des [X.] die gebotene Leistungsmes[X.] unterläßt und dem Kunden statt dessen unter Zugrundelegung eines nicht anwendbaren Tarifs höhere als die geschuldeten Stromkosten in Rechnung stellt, besteht [X.] Veranlas[X.], dem Versorgungsunternehmen den Schutz der zeitlichen Schranke des § 21 Abs. 2 [X.] zuzugestehen. 3. Vergeblich wendet sich die Revision schließlich gegen die [X.] beratenen Berufungsgerichts. Die von der Revi-sion insoweit erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet. Von einer weitergehenden [X.]ündung wird abgesehen (§ 564 ZPO). - 9 - II[X.] Da sich die Revision nach alledem als unbegründet erweist, ist sie - ungeachtet der Säumnis des [X.] durch kontradiktorisches Urteil - mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

[X.] Dr. [X.] [X.]
[X.] [X.]

Meta

VIII ZR 248/03

16.06.2004

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.06.2004, Az. VIII ZR 248/03 (REWIS RS 2004, 2793)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2793

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