Bundespatentgericht, Urteil vom 07.12.2017, Az. 7 Ni 15/16 (EP)

7. Senat | REWIS RS 2017, 1106

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Gegenstand

Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Bausatz mit einem an einer Wand aufzuhängenden Objekt und einer Befestigungseinrichtung für dieses Objekt (europäisches Patent)" – zum Erfordernis der Klarheit der Ansprüche bei der beschränkten Verteidigung


Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 1 338 711

([X.] 503 12 040)

hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des [X.] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 7. Dezember 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Rauch, der Richterin [X.] und der Richter [X.], [X.] und Dipl.-Ing. Univ. Richter

für Recht erkannt:

[X.] Das [X.] Patent 1 338 711 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass

1. in Patentanspruch 1

a) im ersten Halbsatz die Worte „und einer Befestigungseinrichtung (10)“ ersetzt werden durch die Worte „und einer versenkbaren Befestigungseinrichtung (10)“;

b) im zweiten Halbsatz nach den Worten „und ein [X.] (19)“ die Worte „mit einem becherförmigen Abschnitt (20) und elastisch verformbaren Flügeln (21) mit hakenförmigen Enden (22)“ eingefügt werden;

2. die Patentansprüche 4 und 5 entfallen;

3. sich die Patentansprüche 2 und 3 und 6 bis 12 auf die geänderte Fassung des Patentanspruchs 1 rückbeziehen, wobei der Rückbezug auf die Patentansprüche 4 und 5 jeweils entfällt und in Patentanspruch 12 der Rückbezug auf die Patentansprüche 2 bis 5 durch einen Rückbezug auf die Patentansprüche 2 und 3 ersetzt wird.

I[X.] Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

II[X.] Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

[X.] Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klage richtet sich gegen den inländischen Teil des in [X.] Verfahrenssprache erteilten [X.] Patents 1 338 711 (Streitpatent), das auf eine Anmeldung vom 16. Januar 2003 zurückgeht und die Priorität einer [X.] Voranmeldung vom 26. Februar 2002 in Anspruch nimmt. Das beim [X.] unter dem Aktenzeichen 503 12 040.5 geführte Streitpatent ist bezeichnet mit „Befestigungsvorrichtung für wandhängende Objekte“ und umfasst zwölf Ansprüche, wobei die Ansprüche 2 bis 12 als [X.] unmittelbar bzw. mittelbar auf Anspruch 1 rückbezogen sind.

2

Patentanspruch 1 hat in der erteilten Fassung folgenden Wortlaut:

3

1. Bausatz mit einem an einer Wand aufzuhängenden Objekt (17) und einer Befestigungseinrichtung (10) für dieses Objekt, die ein Rohr (11), eine Spannhülse (18), ein Schraubelement (24) und ein [X.] (19) zum Herstellen eines Kontakts zwischen Hülse (18) und Objekt (17) umfasst, wobei im Gebrauchszustand

4

- das Rohr (11) einen mit einem Innengewinde versehenen Abschnitt (12) für den Eingriff mit einem mit einem Gegengewinde versehenen Bolzen (13) zum freitragenden Befestigen an einer Wand (14) aufweist, wobei das Rohr (11) in ein entsprechendes [X.] (15) eines Teils (16) des aufzuhängenden Objekts (17) einzuführen ist,

5

- die Spannhülse (18) so einsetzbar ist, dass sie das auf den Bolzen (13) geschraubte Rohr (11) bis zum Anstoßen gegen eine Innenwand des Teils (16) des aufzuhängenden Objekts (17) umgibt,

6

- das Schraubenelement (24) in ein radiales [X.] (25) der Hülse (18) eingreift und mit dem entsprechenden Ende auf eine geneigte Fläche (27) einwirkt, die von einer entsprechenden radialen Vertiefung (28) des [X.] (11) gebildet ist,

7

wobei das Anziehen des [X.] (24) durch das Vorhandensein der geneigten Fläche (27) eine Zugwirkung auf das Rohr (11) und eine Schubwirkung der Hülse (18) in axialer Richtung bezüglich des Bolzens (13) auf den Teil des aufzuhängenden Objekts (17) hervorruft, um dieses gegen die Wand zu spannen.

8

Wegen des Wortlauts der [X.] 2 bis 12 wird auf die [X.] 1 338 711 [X.] Bezug genommen.

9

Die Klägerin macht die Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patentfähigkeit und der unzulässigen Erweiterung (Art. [X.] § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 3 [X.] i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) und c) [X.]Ü) geltend.

Den [X.] der unzulässigen Erweiterung begründet die Klägerin zum einen damit, dass Gegenstand des ursprünglich eingereichten Patentanspruchs 1 eine „versenkbare Befestigungsvorrichtung“ gewesen sei; im erteilten Patentanspruch 1 sei dagegen das Merkmal „versenkbar“ nicht enthalten.

Zum anderen sieht die Klägerin eine unzulässige Erweiterung in der Hinzufügung des im ursprünglich eingereichten Anspruch 1 nicht enthaltenen Merkmals, wonach die Befestigungseinrichtung auch „ein [X.] (19) zum Herstellen eines Kontakts zwischen Hülse (18) und Objekt (17)“ umfasst. Ein [X.] sei ursprünglich nicht allgemein offenbart gewesen, sondern nur in den ein erstes Ausführungsbeispiel betreffenden Beschreibungsabsätzen [0022] und [0023] der Patentanmeldung [X.] 1 338 711 [X.] (nachfolgend: [X.]-Schrift) i. V. m. den Figuren 1 bis 7, entsprechend den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 2 und 3. Diese haben folgenden Wortlaut:

2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Kontakt zwischen der Hülse (18) und dem Teil (16) des aufzuhängenden Objekts (17) durch ein [X.] (19) vermittelt wird, das einen becherförmigen Abschnitt (20) zum Aufnehmen der Hülse (18) und mehrere auseinandergehende, vorwiegend axial verlaufende und auf Biegung elastisch verformbare Flügel (21) hat, die außerhalb des [X.] (11) in das Loch (15) des Teils (16) des aufzuhängenden Objekts (17) einführbar sind, bis ihre hakenförmigen Enden (22) in einen Sitz (23) eingreifen, der an der der [X.] abgewandten Seite ausgebildet ist.

3. Vorrichtung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass das [X.] (19) mehrere Positionierungsflügel (20a) hat, die sich seitlich am Umfang des becherförmigen Abschnitts (20) erstrecken, zur Anlage an der Innenseite des Teils (16) des aufzuhängenden Objekts (17).

Mit der isolierten Aufnahme eines „[X.]s (19) zum Herstellen eines Kontakts zwischen Hülse (18) und Objekt (17)“ entfalte das Streitpatent auch für solche Befestigungseinrichtungen mit [X.] einen Schutz, die nicht dem Erfindungsgedanken entsprächen. Sämtliche ursprünglich aufgeführten Merkmale seien für die Erfindung wesentlich und könnten nicht außer [X.] gelassen werden. Bei dem genannten Merkmal handele es sich daher um eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung.

Überdies sei Gegenstand der Erfindung ursprünglich nur eine versenkbare Befestigungsvorrichtung gewesen, nicht jedoch - wie im erteilten Patent - ein Bausatz aus einem aufzuhängenden Objekt und einer Befestigungsvorrichtung.

Den [X.] der mangelnden Patentfähigkeit stützt die Klägerin auf folgende Publikationen:

[X.] [X.] Gebrauchsmusterschrift 79 10 865 U1

[X.] [X.] Patentanmeldung 9401071 A

[X.] [X.] [X.] 14 083 U1

[X.] US-Patentschrift 2,442,184

[X.] [X.] Patentanmeldung 0 485 757 [X.]

[X.] US-Patentschrift 5,096,349 A

[X.] [X.] [X.] 198 09 856 [X.]

[X.] [X.] Patentschrift 195 09 408 C1

E9 [X.] Patentanmeldung 1 170 427 A2

[X.] [X.] Gebrauchsmusterschrift 201 12 622 U1

[X.]1 [X.] [X.] U1

[X.]2 [X.] Patentanmeldung 2 623 575 [X.]

[X.]3 [X.] Patentanmeldung 9401072 A

Der Gegenstand des Anspruchs 1 - in dessen erteilter Fassung ebenso wie in den mit dem Hauptantrag bzw. mit Hilfsantrag I verteidigten Fassungen - sei dem Fachmann ausgehend von [X.] in Verbindung mit seinem Fachwissen nahe gelegt gewesen, ggf. in Kombination mit [X.], [X.], [X.], oder durch Kombination der Schriften [X.] und [X.] bzw. [X.] und [X.] oder [X.]. Auch die Merkmale der [X.] seien allesamt nicht erfinderisch.

Die Klägerin beantragt,

das [X.] Patent 1 338 711 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] in vollem Umfang für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen Patentanspruch 1 in der Fassung des mit Schriftsatz vom 5. April 2017 eingereichten [X.],

hilfsweise, soweit sie sich gegen Patentanspruch 1 in der Fassung der in der Reihenfolge ihrer Nummerierung gestellten [X.], [X.], [X.]a, [X.]I und [X.] richtet (Hilfsantrag I eingereicht mit Schriftsatz vom 5. April 2017, Hilfsanträge [X.], [X.]I und [X.] eingereicht mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2017, Hilfsantrag [X.]a erklärt zu Protokoll der mündlichen Verhandlung),

wobei die in ihrem Wortlaut gegenüber der erteilten Fassung unveränderten Patentansprüche 2 bis 12 auf Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] bzw. der [X.] und [X.] und die in den Hilfsanträgen [X.]I und [X.] jeweils vorgesehenen Ansprüche 2 bis 11 auf die dortigen Fassungen des Anspruchs 1 rückbezogen sind. Gemäß Hilfsantrag [X.]a sollen - bei im Wortlaut gegenüber der erteilten Fassung im Übrigen unveränderten [X.]n - die erteilten Patentansprüche 4 und 5 entfallen, und die Rückbeziehung in Patentanspruch 12 auf die Ansprüche 2 bis 5 soll ersetzt werden durch eine Rückbeziehung auf die Patentansprüche 2 und 3.

In den Fassungen des [X.] bzw. der [X.], [X.] und [X.]a soll Patentanspruch 1 gegenüber seiner erteilten Fassung durch folgende Hinzufügungen eingeschränkt werden:

Hauptantrag: (Änderung gegenüber [X.] gemäß der erteilten Fassung durch Unterstreichung kenntlich gemacht)

versenkbaren Befestigungseinrichtung (10) für dieses Objekt,……...

Hilfsantrag I (Änderungen gegenüber Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag durch Unterstreichung kenntlich gemacht)

Sanitärobjekt (17) und einer versenkbaren Befestigungseinrichtung (10) für dieses Sanitärobjekt, die ein Rohr (11), eine Spannhülse (18), ein Schraubelement (24) und ein Vormontage-Gehäuse (19) zum Herstellen eines Kontakts zwischen Hülse (18) und Sanitärobjekt (17) umfasst, wobei im Gebrauchszustand….

Hilfsanträge [X.] und [X.]a (Änderungen gegenüber Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag durch Unterstreichung kenntlich gemacht)

mit einem becherförmigen Abschnitt (20) und elastisch verformbaren Flügeln (21) mit hakenförmigen Enden (22) zum Herstellen eines Kontakts zwischen Hülse (18) und Objekt (17) umfasst, wobei im Gebrauchszustand….

Bzgl. der Anspruchsfassungen gemäß den Hilfsanträgen [X.]I und [X.] wird auf [X.]. 168 ff. bzw. [X.]. 173 ff. der Gerichtsakte verwiesen.

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie das Streitpatent im Umfang der von der Beklagten mit deren Hilfsanträgen [X.] bzw. [X.]a verteidigten Fassungen nicht mehr angreife.

Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen.

Die von der Beklagten gerügte Zwischenverallgemeinerung in Patentanspruch 1 („[X.] (19) zum Herstellen eines Kontakts zwischen Hülse (18) und Objekt (17)“) sei zulässig. Der Fachmann entnehme den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen, dass die dort beschriebenen Ausführungsbeispiele lediglich als Beispiele einer abstrakteren technischen Lehre gemeint seien. [X.] sei lediglich das Vormontagegehäuse an sich, auf seine konkrete Ausführung mit einem becherförmigen Abschnitt und den Flügeln mit hakenförmigen Enden komme es nicht an. Ursprünglich offenbart sei eine frei wählbare Befestigungslösung, die für den Fachmann erkennbar auch ganz anders gelöst werden könne. Die Aufnahme der Merkmale „becherförmiger Abschnitt“ sowie „Flügel mit hakenförmigen Enden“ in den erteilten Anspruch 1 sei daher nicht erforderlich gewesen.

Im Übrigen hält die Klägerin das Streitpatent in der mit Hauptantrag verteidigten Fassung, zumindest in der Fassung eines der Hilfsanträge, für patentfähig.

Der Senat hat den Parteien mit Schreiben vom 28. August 2017 einen frühen gerichtlichen Hinweis (§ 83 Abs. 1 [X.]) und mit Telefax vom 30. November 2017 einen weiteren Hinweis zukommen lassen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und in der Sache teilweise begründet. Das [X.] ist ohne Sachprüfung für nichtig zu erklären, soweit es nach dem Hauptantrag der Beklagten von dieser nicht verteidigt wird (vgl. [X.], 404, 405 [15] - [X.] m. w. N.). Darüber hinaus hat das [X.] auch in der Fassung der [X.] und II keinen Bestand. Jedoch erweist es sich in der Fassung des [X.] als bestandsfähig.

I.

1. Nach der Beschreibung in der [X.]schrift (dort Absätze [0001] bis [0007]) befasst sich die vorliegende Erfindung mit der Befestigung von Objekten, die an einer Wand aufgehängt werden. Sanitärobjekte, die an der Wand hängen, hätten gegenüber solchen, die auf dem Boden stehen, beträchtliche Vorteile und würden deshalb zunehmend geschätzt. Der einzige Nachteil bestehe in der Wandbefestigung.

Normalerweise seien [X.] an seitlich voneinander abgewandten Stellen an dem dafür mittels geeigneter Bereiche vorbereiteten Sanitärobjekt platziert. Sie seien so geformt, dass sie im wesentlichen Tragebügel mit Bohrlöchern zum Einführen der Bolzen der genannten Wandbefestigung bildeten. Diese Anbringung sei ästhetisch nachteilig, weil die Befestigungspunkte sichtbar seien. Aus verschiedenen Druckschriften seien aber auch andere Befestigungsvorrichtungen bekannt (i. E. Absätze [0008] bis [0012]).

Als Hauptaufgabe der vorliegenden Erfindung wird in der [X.]schrift angegeben, einen Bausatz mit einem an einer Wand aufzuhängenden Objekt - insbesondere einem Sanitärobjekt - und einer Befestigungseinrichtung für dieses Objekt zu schaffen, der eine einfache, sichere und vollständig versenkbare Befestigung dieses Objektes an der Wand ermögliche (Absätze [0013], [0014]).

2. Diese Aufgabe soll nach der [X.]schrift durch einen Bausatz mit den Merkmalen gemäß Patentanspruch 1 gelöst werden. Die Merkmale dieses Anspruchs können - unter Einbeziehung der Einfügung gemäß Hauptantrag der Beklagten - wie folgt gegliedert werden:

0. Bausatz mit einem an einer Wand aufzuhängenden Objekt (17) und einer versenkbaren Befestigungseinrichtung (10) für dieses Objekt, umfassend

1. ein Rohr (11), das im [X.]

1.1. einen mit einem Innengewinde versehenen Abschnitt (12) aufweist,

1.1.1. für den Eingriff mit einem mit einem Gegengewinde versehenen Bolzen (13)

1.1.2. zum freitragenden Befestigen an einer Wand (14),

1.2. und in ein entsprechendes [X.] (15) eines Teils (16) des aufzuhängenden Objekts (17) einzuführen ist;

2. eine Spannhülse (18),

2.1. die im [X.] so einsetzbar ist, dass sie das auf den Bolzen (13) geschraubte Rohr (11) bis zum Anstoßen gegen eine Innenwand des Teils (16) des aufzuhängenden Objekts (17) umgibt;

3. ein Schraubelement (24), das im [X.]

3.1. in ein radiales [X.] (25) der Hülse (18) eingreift und

3.2. mit dem entsprechenden Ende auf eine geneigte Fläche (27) einwirkt, die von einer entsprechenden radialen Vertiefung (28) des [X.] (11) gebildet ist, wobei

3.3. das Anziehen des [X.] (24) durch das Vorhandensein der geneigten Fläche (27)

3.3.1. eine Zugwirkung auf das Rohr (11) und

3.3.2. eine Schubwirkung der Hülse (18) in axialer Richtung bezüglich des Bolzens (13) auf den Teil des aufzuhängenden Objekts (17) hervorruft,

3.3.3. um dieses gegen die Wand zu spannen;

4. ein [X.] (19) zum Herstellen eines Kontakts zwischen Hülse (18) und Objekt (17).

3. Zuständiger [X.], auf dessen Wissen und Können es insbesondere für die Auslegung der Merkmale des [X.]s und für die Interpretation des Standes der Technik ankommt, ist im vorliegenden Fall ein Maschinenbauingenieur (FH) mit Berufserfahrung in der Konstruktion und Fertigung von Befestigungselementen und -systemen, insbesondere im Installationsbereich.

4. Dieser Fachmann entnimmt dem Begriff „Bausatz“, worunter im allgemeinen ein Set obligat zusammengehöriger und funktionell aufeinander abgestimmter Teile zu verstehen ist, dass dieser aus den im Patentanspruch 1 aufgeführten Bestandteilen besteht, nämlich aus einem Objekt (17), das an der Wand aufzuhängen ist, und einer Befestigungsvorrichtung hierfür, die wiederum die weiteren im Anspruch genannten Bestandteile wie ein Rohr, eine Spannhülse, ein Schraubelement und ein [X.] umfasst.

Der Begriff „[X.]“ (Merkmal 4) impliziert, dass es sich um ein Gehäuse handelt, das vor der eigentlichen Montage zum Einsatz kommt. Davon abgesehen dient nach dem Wortlaut des erteilten Patentanspruchs 1 das [X.] ganz allgemein „zum Herstellen eines Kontakts zwischen Hülse (18) und Objekt (17)“. Zweckangaben in einem Sachanspruch beschränken als solche dessen Gegenstand regelmäßig nicht; mittelbar haben sie die Wirkung, den durch das Patent geschützten Gegenstand dahin zu definieren, dass er so ausgebildet sein muss, um für den angegebenen Zweck verwendbar zu sein (vgl. [X.] 2012, 475 [17] - Elektronenstrahltherapiesystem). In dem in der Beschreibung des [X.]s beschriebenen ersten Ausführungsbeispiel (vgl. Absätze [0025] und [0026], Figuren 3 bis 7) ist das [X.] so ausgebildet, dass es einen becherförmigen Abschnitt 20 zum Aufnehmen der Hülse 18 und mehrere auseinandergehende, vorwiegend axial verlaufende und auf Biegung elastisch verformbare Flügel 21 hat, die außerhalb des [X.] 11 in das Loch 15 einführbar sind, bis ihre hakenförmigen Enden 22 in einen Sitz 23 eingreifen; ferner hat es mehrere [X.] 20a. Ein Ausführungsbeispiel erlaubt jedoch regelmäßig keine einschränkende Auslegung eines die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs (vgl. [X.] 2004, 1023 - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung). Dies gilt auch hier, da die in der [X.]schrift beschriebene Ausbildung des [X.]s keinen Eingang in den Wortlaut des Anspruchs gefunden hat und auch jede andere Art der Ausbildung des [X.]s darunter zu verstehen ist, sofern sie nur dazu geeignet ist, den Kontakt zwischen Hülse und Objekt herzustellen.

II.

Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] der Beklagten ist nicht bestandsfähig, weil sein Gegenstand gegenüber der ursprünglichen Anmeldung unzulässig erweitert ist (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 [X.] i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. c) EPÜ).

1. Was den Vorwurf einer durch Verzicht auf das [X.] „versenkbar“ im erteilten Patentanspruch 1 verursachten unzulässigen Erweiterung betrifft, so hat die Beklagte diesem allerdings durch Vorlage einer gemäß Hauptantrag geänderten Anspruchsfassung Rechnung getragen.

2. Der gemäß Merkmal 0 beanspruchte „Bausatz“, bestehend aus einem an einer Wand aufzuhängenden Objekt und einer versenkbaren Befestigungsvorrichtung für dieses Objekt, ist durch den ursprünglich eingereichten Patentanspruch 12 gedeckt und bringt deshalb keine unzulässige Erweiterung mit sich. Dieser Anspruch war auf ein „Objekt zum Aufhängen“ gerichtet, „das eine Vorrichtung nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche verwendet“. Somit beinhaltet bereits die Anmeldung zum [X.] die Kombination zweier obligat zusammengehöriger und funktionell aufeinander abgestimmter Elemente i. S. eines Bausatzes.

3. Dagegen begründet Merkmal 4 eine unzulässige Erweiterung, weil ein [X.] (19) zum Herstellen eines Kontakts zwischen Hülse (18) und Objekt (17) in dieser Allgemeinheit aus den Unterlagen der Patentanmeldung nicht hervorgeht.

Nach der dortigen [X.] wird der Kontakt zwischen Hülse und Objekt nach einem ersten Ausführungsbeispiel (vgl. [X.], Absatz [0022], Patentanspruch 2 und Figuren 3 bis 7) durch ein [X.] (19) aus Kunststoff vermittelt, das einen becherförmigen Abschnitt (20) zum Aufnehmen der Hülse (18) und mehrere auseinandergehende, vorwiegend axial verlaufende und auf Biegung elastisch verformbare Flügel (21) hat, die außerhalb des [X.] (11) in das Loch (15) des Teils (16) des aufzuhängenden Objekts einführbar sind, bis ihre hakenförmigen Enden (22) in einen Sitz (23) eingreifen, der an der der [X.] abgewandten Seite ausgebildet ist.

Nach einem zweiten Ausführungsbeispiel (vgl. [X.], Absatz [0039], Patentanspruch 4 und Figuren 8 bis 11) wird die Verbindung der Hülse mit dem Objekt dadurch hergestellt, dass von der Hülse (118) mehrere auseinandergehende, vorwiegend axial verlaufende und auf Biegung elastisch verformbare Flügel (121) einstückig ausgehen, die außerhalb des [X.] (111) in das Loch (115) des Abschnitts (116) des aufzuhängenden Objekts einführbar sind, bis ihre hakenförmigen Enden (122) in einen Sitz (123) eingreifen, der an der der [X.] abgewandten Seite (117) ausgebildet ist.

Somit müssen nach beiden Ausführungsbeispielen - sowohl nach der zweistückigen Ausführung gemäß Anspruch 2 als auch nach der einstückigen gemäß Anspruch 4 - zur Herstellung des Kontakts zwischen Hülse (18) und Objekt (17) jedenfalls elastisch verformbare Flügel mit hakenförmigen Enden vorhanden sein, wobei beim ersten Ausführungsbeispiel noch ein becherförmiger Abschnitt zur Aufnahme der Hülse (18) hinzukommen muss.

Andere Möglichkeiten zur Herstellung des Kontakts zwischen Hülse (18) und Objekt (17) werden in den [X.] nicht angesprochen. Der Fachmann kann ihnen mit der gebotenen Unmittelbarkeit und Eindeutigkeit (vgl. ([X.] 2012, 1124, 1128 [52] – Polymerschaum I, m. w. N.) auch keine Lehre entnehmen, wonach dieser Kontakt (entsprechend Merkmal 4) ganz allgemein durch ein [X.] (19) vermittelt wird.

Zwar sind nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Vermeidung einer unbilligen Beschränkung des Anmelders bei der Ausschöpfung des [X.]sgehalts auch Verallgemeinerungen ursprungsoffenbarter Ausführungsbeispiele zuzulassen, etwa wenn sich ein in der Anmeldung beschriebenes Ausführungsbeispiel der Erfindung für den Fachmann als Ausgestaltung der im Anspruch umschriebenen allgemeineren technischen Lehre darstellt und diese Lehre in der beanspruchten Allgemeinheit für ihn bereits der Anmeldung - sei es in Gestalt eines in der Anmeldung formulierten Anspruchs, sei es nach dem Gesamtzusammenhang der Unterlagen - als zu der angemeldeten Erfindung gehörend entnehmbar ist ([X.] 2002, 49, 51 [erster Absatz] - Drehmomentübertragungseinrichtung).

Eine solche Verallgemeinerung kommt hier jedoch nicht in Betracht. Bei der Bezeichnung „[X.]“ handelt es sich nicht um einen feststehenden Fachbegriff, der dem Fachmann ohne weiteres die Vorstellung vermitteln könnte, dass außer den in den [X.] beschriebenen Lösungen auch weitere Möglichkeiten zur Herstellung eines Kontakts zwischen Hülse und Objekt in Frage kommen. Daran ändert auch nichts der allgemeine Hinweis in Absatz [0054] der [X.], wonach die technischen Details durch andere, technisch gleichwertige Elemente ersetzt werden könnten. Es hätte für den Fachmann eigenständiger Überlegungen bedurft, wenn er den Kontakt auf andere als der beschriebenen Weise herstellen hätte wollen, etwa - wie die Beklagte ausgeführt hat - durch Einklemmen oder Einkleben des [X.]s in das [X.] (17), oder durch eine zweiteilige Ausführung, wobei der sich im [X.] befindliche Teil durch eine steife Mantelfläche gebildet wird. Derartige Lösungen, die sich für den Fachmann erst auf Grund eigener, von seinem Fachwissen getragenen Überlegungen ergeben, nachdem er die ursprünglichen Unterlagen zur Kenntnis genommen hat, gehören nicht zu der durch diese Unterlagen vermittelten technischen Lehre und führen, wenn sie in den Gegenstand des erteilten Patents einbezogen werden, zu einer unzulässigen Erweiterung (vgl. [X.] 2010, 509, 512 [39] - Hubgliedertor).

Somit kann Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] der Beklagten keinen Bestand haben.

III.

Durch die gemäß Hilfsantrag I vorgesehene Beschränkung auf ein Sanitärobjekt wird die unter II.3 angesprochene unzulässige Erweiterung des Gegenstands von Patentanspruch 1 nicht beseitigt, weshalb auch diese Anspruchsfassung nicht bestandsfähig ist.

IV.

Gemäß der mit Hilfsantrag II beanspruchten Fassung des Patentanspruchs 1 wird dessen Merkmal 4 wie folgt ergänzt (Hinzufügung durch Unterstreichen kenntlich gemacht):

mit einem becherförmigen Abschnitt (20) und elastisch verformbaren Flügeln (21) mit hakenförmigen Enden (22) zum Herstellen eines Kontakts zwischen Hülse (18) und Objekt (17).

1. Die Fassung der Patentansprüche gemäß Hilfsantrag II wird zwar von der Klägerin nicht angegriffen, doch setzt eine Aufrechterhaltung in dieser Fassung gleichwohl voraus, dass die beschränkt verteidigte Fassung eine zulässige Beschränkung darstellt (vgl. [X.], Patentnichtigkeitsverfahren, 6. Aufl., Rn. 319, m. [X.]). Daran fehlt es hier.

2. Diese Anspruchsfassung geht zwar im Hinblick auf Patentanspruch 1 nicht über den [X.]sgehalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus, weil sie durch die Aufnahme der zusätzlichen Merkmale die in den Anspruchsfassungen gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag I der Beklagten enthaltene unzulässige Erweiterung beseitigt. Ein [X.] mit becherförmigem Abschnitt und elastisch verformbaren Flügeln samt hakenförmigen Enden kann der Fachmann den [X.] ohne weiteres als zur Erfindung gehörig entnehmen (siehe etwa [X.], Absatz [0022]). Dies gilt unabhängig davon, dass mit dieser Ergänzung nicht sämtliche dort aufgeführten Merkmale enthalten sind, z. B. dass die Flügel außerhalb des [X.] in das [X.] (15) einführbar sind, bis ihre hakenförmigen Enden (22) in einen Sitz (23) eingreifen, der an der der [X.] abgewandten Seite ausgebildet ist. Dass die Flügel diese Eignung aufweisen müssen, ist für den Fachmann ohne weiteres ersichtlich.

3. Ein europäisches Patent kann aber im [X.] nicht mit Patentansprüchen beschränkt verteidigt werden, die dem Erfordernis einer deutlichen (klaren) Anspruchsfassung nicht genügen (vgl. [X.] 2010, 709 [55] - Proxyserversystem; GRUR 2016, 361, 363 [31] - Fugenband). Hiervon ausgehend kann das [X.] mit der Aufnahme der zusätzlichen Merkmale gemäß Hilfsantrag II nicht in zulässiger Weise beschränkt verteidigt werden, weil dadurch die Patentansprüche 4 und 5 mit ihrem Rückbezug auf den geänderten Patentanspruch 1 Unklarheiten enthalten.

a) Nach der in Anspruch 4 vorgesehenen Ausgestaltung wird der Kontakt zu dem Objekt (117) durch die Hülse (118) hergestellt, die dafür einstückig von ihr ausgehende verformbare Flügel mit hakenförmigen Enden aufweist und dabei als Vormontagemittel dient (vgl. [X.]schrift, Absatz [0045]: „[X.]“). Aus diesem Grund ist bereits aus der erteilten Fassung des [X.]s für den Fachmann nicht ohne weiteres erkennbar, welche Funktion neben der so ausgestalteten Hülse dem (wegen des [X.] auf Patentanspruch 1 auch bei dieser Ausführung vorhandenen) [X.] zukommen soll. Diese Frage stellt sich gleichermaßen im Hinblick auf Patentanspruch 4 mit Rückbezug auf den gemäß Hilfsantrag II beschränkten Patentanspruch 1, wo ebenso ein [X.] vorgesehen ist. Eine Prüfung der Klarheit des beschränkten Patentanspruchs kommt jedoch insoweit nicht in Betracht, als die mutmaßliche Unklarheit bereits in den erteilten Ansprüchen enthalten war (vgl. [X.] a. a. O. - Fugenband).

b) Allerdings entsteht durch den Rückbezug auf Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] in jedem Fall eine (weitere) Unklarheit, weil dort das [X.] nunmehr ausdrücklich auch einen becherförmigen Abschnitt (20) und elastisch verformbare Flügel (21) mit hakenförmigen Enden (22) aufweist. Diese Elemente sollen zur Aufnahme der Hülse (18) bzw. zur Befestigung der Flügel in dem Loch dienen (siehe [X.]schrift, Absatz [0025]), was jedoch bei der in Patentanspruch 4 vorgesehenen Ausgestaltung, bei der von der Hülse selbst elastisch verformbare Flügel mit hakenförmigen Enden einstückig ausgehen, keinen Sinn ergibt.

Wegen dieser Unklarheit, die ebenso den Patentanspruch 5 betrifft, kann das [X.] in der Fassung des [X.] keinen Bestand haben.

V.

Dagegen ist das [X.] in der (von der Klägerin ebenfalls nicht mehr angegriffenen) Fassung des [X.] bestandsfähig.

1. Es handelt sich um eine zulässige Beschränkung, weil in dieser Fassung - bei gegenüber der Fassung gemäß Hilfsantrag II unverändertem Patentanspruch 1 - die Patentansprüche 4 und 5 nicht mehr enthalten sind und somit die oben ausgeführte Unklarheit nicht mehr gegeben ist.

2. Da die Klägerin ihre Nichtigkeitsklage im Umfang des [X.] nicht weiterverfolgt, kann eine materielle Entscheidung über die Schutzfähigkeit des insoweit beschränkt verteidigten [X.]s nicht mehr ergehen (st. Rspr., vgl. [X.] 1962, 294, 296 - [X.]; B[X.]E 51, 45, 48 - Ionenaustauschverfahren; [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 81 Rn. 128; [X.], Patentnichtigkeitsverfahren, 6. Aufl., Rn. 319, jeweils m. [X.]). Das [X.] ist daher in dieser Fassung aufrecht zu erhalten.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 Satz 2 [X.] i. V. m. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Soweit die Beklagte das [X.] nur beschränkt verteidigt, hat sie sich in die Rolle der Unterlegenen begeben und ist im Umfang der Beschränkung kostentragungspflichtig. Soweit die Klägerin ihren Angriff beschränkt und damit die Klage der Sache nach zurücknimmt, muss sie nach der Wertung des § 269 Abs. 3 ZPO die Kosten tragen. Insgesamt entspricht es der Billigkeit, die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 709 ZPO.

Meta

7 Ni 15/16 (EP)

07.12.2017

Bundespatentgericht 7. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 07.12.2017, Az. 7 Ni 15/16 (EP) (REWIS RS 2017, 1106)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 1106

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