Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.03.2001, Az. StB 4/01

3. Strafsenat | REWIS RS 2001, 3003

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[X.] StE 1/01StB 4 und 5/01 vom30. März 2001in dem Strafverfahrengegenwegen Rädelsführerschaft in einer terroristischen [X.] u.a.- 2 -Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] sowie des Angeschuldigten und seiner Verteidiger am 30. [X.] [X.] Auf die sofortige Beschwerde des [X.] der [X.]uß des [X.] in [X.] vom28. Februar 2001 aufgehoben.2. Die Anklage des [X.] vom 28. [X.] wird zur Hauptverhandlung zugelassen und dasHauptverfahren vor dem [X.] in [X.] eröffnet.3. Die weitere Vollziehung des Haftbefehls des Ermittlungs-richters des [X.] vom 15. Dezember 1999- 1 [X.] 284/99 - wird angeordnet.Gründe:Der [X.] legt dem Angeschuldigten [X.]mit [X.] vom 28. Januar 2001 zur Last, er sei von 1985 bis 1990 [X.] "[X.]er Zelle" der "Revolutionären Zellen (RZ)" gewesen und habe andem Sprengstoffanschlag in der Nacht vom 5. auf den 6. Februar 1987 auf [X.] der Zentralen Sozialhilfestelle für Asylbewerber ([X.]) in [X.] mit-gewirkt. Wegen dieses Sachverhalts hatte der Ermittlungsrichter des Bundes-gerichtshofs mit [X.]uß vom 15. Dezember 1999 - 1 [X.] 284/99 - [X.] den bereits in anderer Sache in Haft befindlichen Angeschuldigten er-lassen und die Notierung von [X.] angeordnet. Diese wurde [X.] Februar 2001 vollzogen.- 3 -Das [X.] hat mit [X.]uß vom 28. Februar 2001 die [X.] Hauptverfahrens abgelehnt, weil das Verfahrenshindernis anderweitigerRechtshängigkeit entgegenstehe, den Haftbefehl aufgehoben und die Freilas-sung des Angeschuldigten angeordnet.Dem liegt folgender Verfahrensgang zu Grunde:In einem Verfahren der Staatsanwaltschaft [X.] (51 [X.]) war dem Angeschuldigten mit Anklage vom 16. November 1999 zurLast gelegt worden, er habe als Mitglied der "Revolutionären Zelle" Beihilfe zudem Anschlag auf die Teilnehmer an der [X.] in [X.] am 21. [X.] geleistet. In der Hauptverhandlung vor dem [X.] beantragte die Staatsanwaltschaft, das Verfahren gemäß § 270 StPOan das Oberlandesgericht [X.] zu verweisen, weil die Beweis-aufnahme den Verdacht ergeben habe, der Angeschuldigte sei jedenfalls [X.] 1975 bis zu seinem Ausstieg im Jahre 1990 ununterbrochen [X.] Revolutionären Zellen gewesen. Diesen Antrag hat die [X.], da ein hinreichend wahrscheinlicher Tatverdacht für eine [X.] nicht bestehe, vielmehr sei 1978 durch das Abtauchen des [X.] ins Ausland eine Unterbrechung mit der Folge einer neuen selb-ständigen Tat des § 129 a StGB für die [X.] nach seiner Rückkehr im [X.] erfolgt. Mit [X.]eil vom 15. Februar 2001 hat es ihn sodann wegen desangeklagten [X.] freigesprochen; hiergegen hat die [X.] -Das [X.] hält die Auffassung des [X.] für unzutref-fend, weil eine Mitgliedschaft nach § 129 a Abs. 1 StGB auch bei längerer [X.] und es im übrigen auch für die [X.] von 1978 bis 1985konkrete Hinweise auf mitgliedschaftliche Betätigungsakte des Angeschuldig-ten gebe. Er habe damit der "(Gesamt-) [X.] Revolutionäre Zellen" von1975 bis 1990 ohne Unterbrechung angehört, weshalb nur eine einzige Straftatnach § 129 a StGB vorliege, die bereits Gegenstand des Verfahrens bei demLandgericht [X.] sei und sich auch auf den tateinheitlichen Vor-wurf des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion erstrecke.Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des [X.] ist begründet.[X.] Das Verfahrenshindernis anderweitiger Rechtshängigkeit ist nicht ge-geben, weil der Angeschuldigte nach dem derzeitigen Kenntnisstand nicht von1975 bis 1990 ununterbrochen der gleichen terroristischen [X.] ange-hörte und damit nicht vom Vorliegen einer einzigen Tat nach § 129 a StGB fürden gesamten [X.]raum ausgegangen werden kann.1. Der Senat hat im Verfahren auf die Beschwerde gegen die [X.] Eröffnung des Hauptverfahrens gemäß § 210 Abs. 2 StPO in vollem [X.] zu überprüfen, ob die Voraussetzungen der Eröffnung nach § 203 StPOgegeben sind und insbesondere nicht das Prozeßhindernis anderweitigerRechtshängigkeit entgegensteht.Ein Strafverfahren darf grundsätzlich nur durchgeführt werden, wenn fest-steht, daß die erforderlichen Prozeßvoraussetzungen vorliegen und [X.] -hindernisse nicht entgegenstehen, die erforderlichen Feststellungen hierfürsind im Wege des [X.] zu treffen (vgl. [X.] in Löwe/[X.], [X.] Aufl. § 203 Rdn. 16, § 206 a Rdn. 28 ff., 59). Bleibt nach Ausschöpfung al-ler Erkenntnismöglichkeiten zweifelhaft, ob ein Prozeßhindernis vorliegt, istnach der h.M. nach der Art des Prozeßhindernisses oder der Prozeßvorausset-zung zu differenzieren (vgl. [X.]St 18, 274, 277 f.; Überblick bei [X.] inSK-StPO 15. Lfg. § 206 a Rdn. 16 f.). In einigen älteren Entscheidungen ist [X.] des Strafklageverbrauchs noch die Auffassung vertreten worden, [X.] der [X.] nicht anwendbar sei und nur eine nachgewiesene vorher-gehende Verurteilung die erneute Aburteilung hindere ([X.] 1, 207; [X.],[X.]. vom 9. Oktober 1952 - 4 StR 124/52; [X.]. vom 19. Februar 1954 - 2 [X.]/53). Diese Entscheidungen sind jedoch durch [X.]St 18, 274 überholt (vgl.[X.], 2118). Allerdings erfordert die Anwendung des Zweifels-satzes konkrete tatsächliche Umstände; bloß theoretische, nur denkgesetzlichmögliche Zweifel reichen nicht aus (vgl. [X.] aaO). Dabei ist es in aller Regelohne praktische Bedeutung, ob dogmatisch von der Funktion der Prozeß-voraussetzung als Bedingung für die Zulässigkeit eines [X.] oder vonder Anwendung des [X.]es ausgegangen wird ([X.]/[X.], [X.]. § 206 a Rdn. 7).Etwas anderes muß jedoch gelten, wenn das Vorliegen des [X.] anderweitigen Rechtshängigkeit nicht nach Aktenlage geklärtwerden kann, sondern von Tatsachen abhängt, die die angeklagte Straftat be-treffen. Deren Feststellung muß dem [X.] in der Hauptverhandlungvorbehalten bleiben ([X.], [X.] 1979, 702; vgl. auch [X.] aaO § 203 Rdn. 8;[X.] aaO § 203 Rdn. 13). Würden solche Fragen bereits im Eröffnungs-verfahren mit der erforderlichen Vollständigkeit geprüft werden, müßte ein un-- 6 -ter Umständen wesentlicher Teil der Hauptverhandlung vorweggenommenwerden, wobei der Angeklagte im Freibeweisverfahren eine schlechtere verfah-rensrechtliche Position besitzt. Die - im Falle einer Verneinung eines Prozeß-hindernisses - erforderliche Wiederholung dieser Beweisaufnahme in [X.] nach den Regeln des [X.]es würde nicht nur pro-zeßunökonomisch und für die Beteiligten zusätzlich belastend sein, sie würdeauch die Gefahr widersprüchlicher Ergebnisse in sich bergen und letztlich [X.] des Strafverfahrens, wonach der Schwerpunkt in der [X.] soll, zuwiderlaufen (vgl. dazu [X.] aaO: keine Hauptverhandlung vorder Hauptverhandlung, diese solle "Premiere", nicht "[X.]" sein). Daß einesolche doppelte Beweisaufnahme in hohem Maße unzuträglich sein kann, [X.] das vorliegende Verfahren. Die abschließende Klärung der Frage, [X.] anderweitige Rechtshängigkeit gegeben sein könnte, würde auf [X.] der bisherigen Rechtsprechung zum prozessualen Tatbegriff eineumfassende Beweisaufnahme über die Einbindung des Angeklagten in die ver-schiedenen Ausformungen der "Revolutionären Zellen" in der [X.] von 1975 bis1990 und über seine Tätigkeit im [X.]raum von 1978 bis 1985 voraussetzen.Dafür müßte neben zahlreichen anderen Beweiserhebungen der Zeuge M. umfangreich vernommen werden, dessen Glaubwürdigkeit die Verteidiger mitzahlreichen Einwänden in Frage stellen würden. Damit müßte ein wesentlicherTeil der Hauptverhandlung vorweggenommen werden, was hier voraussichtlichmehrere Monate in Anspruch nehmen würde.Diese Auffassung entspricht auch der Praxis des [X.] [X.], in denen die Frage des Vorliegens eines Strafklagever-brauchs von den bislang ungenügend aufgeklärten tatsächlichen Umständender abgeurteilten Tat abhängt, etwa weil in Frage steht, ob ein Handel mit Be-- 7 -täubungsmitteln Teil einer bereits anderweitig abgeurteilten [X.]. In solchen Fällen wird diese Frage nicht im Revisionsverfahren im Wegedes [X.] geklärt, sondern die Sache zu erneuter tatrichterlicher Fest-stellung im Wege des [X.]es zurückverwiesen ([X.], [X.]. vom16. November 2000 - 3 [X.]/00).Für die Frage der Eröffnung muß demnach eine hinreichende Wahr-scheinlichkeit dafür genügen, daß die Beweisaufnahme in der Hauptverhand-lung ein solches Verfahrenshindernis nicht ergeben werde.2. Bei der "Revolutionären Zelle", der der Angeschuldigte von 1975 bis1978 im Bereich [X.] angehört hat, und der "[X.]er Zelle derRevolutionären Zellen" im Tatzeitraum der Anklage zum [X.] von1985 bis 1990 handelt es sich nach Aktenlage um unterschiedliche terroristi-sche [X.]en. Eine den gesamten [X.]raum von 1975 bis 1990 undgleichzeitig auch die verschiedenen regionalen Gruppierungen umfassendeeinheitliche [X.] im Sinne des § 129 a StGB ("Gesamtvereinigung") warentgegen der Auffassung des [X.] nicht gegeben. Zwar [X.] grundsätzlich vorstellbar, daß sich eine terroristische Gruppierung in der Artorganisiert und strukturiert, daß neben einzelnen regionalen [X.]enauch eine übergeordnete [X.] besteht, die ihrerseits ebenfallsdie Kriterien einer terroristischen [X.] nach § 129 a StGB erfüllt, wobeieinzelne Mitglieder sowohl der regionalen, als auch der [X.] an-gehören und sich an ihnen aktiv beteiligen können. Hier ergibt sich jedoch ausden Ermittlungen, daß nach der Umstrukturierung der "Revolutionären Zelle" im[X.]raum von 1976 bis 1981 keine solche [X.] vorhanden war,die selbst als terroristische [X.] nach § 129 a StGB angesehen werden- 8 -könnte. Dazu wäre Voraussetzung gewesen, daß sich mehrere Personen zueiner [X.] zusammenschließen, deren Zwecke oder Tätigkeit daraufgerichtet war, bestimmte Straftaten der in § 129 a Abs. 1 StGB genannten Artzu begehen, wobei die Unterwerfung der Mitglieder unter eine organisierteWillensbildung notwendig ist, was innerhalb der [X.] bestehende, vonden Mitgliedern anerkannte Entscheidungsstrukturen voraussetzt ([X.]St 10,16 f.; 28, 147 f.; 31, 202, 205).Wie der [X.] in seiner Beschwerdebegründung vom5. März 2001 unter Hinweis auf Fundstellen in dem publizistischen Organ "Re-volutionärer Zorn" der "Revolutionären Zelle" im einzelnen belegt, hat sich die"Revolutionäre Zelle" im September 1976 in "Revolutionäre Zellen" umbenanntund mehrere einzelne selbständige, regional aufgeteilte Zellen mit eigenenEntscheidungs- und [X.] gebildet. Dabei wird zur [X.] dieser Zellen betont, daß "jeder selbst entscheiden kann" ... "ohneauf die Bestätigung oder das Dementi eines nicht vorhandenen ZK's zu warten"(Revolutionärer Zorn Nr. 5, April 1978). Dies belegt das Fehlen einer überge-ordneten [X.] mit eigener Entscheidungsstruktur, der sich die [X.] Mitglieder der Zellen unterworfen hätten. Dem entspricht, daß es nach derAussage des Zeugen M. , der zu der Zusammensetzung und Strukturder "Revolutionären Zellen" in dem fraglichen [X.]raum ab Mitte der 80-er [X.] umfangreiche und umfassende Angaben gemacht hatte, an überregionalenTätigkeiten lediglich einmalige jährliche Treffen von Abgesandten der [X.] Zellen gegeben hatte, die "Miez" oder auch "Asamblea" genannt wurden.Daß dort verbindliche Entscheidungen für die Durchführung von Straftaten [X.] des § 129 a Abs. 1 StGB getroffen worden wären, die dann auch unterder Verantwortung einer solchen überregionalen [X.] verübt worden- 9 -wären, hat er nicht berichtet; auch sonst fehlen dafür jegliche Anhaltspunkte.Daß die einzelnen Zellen gelegentlich zusammenarbeiteten, z.B. durch dieÜberlassung von Sprengstoff aus einem Diebstahl, oder daß sie ein einheitli-ches Symbol verwendeten, vermag daran nichts zu ändern, da dies die [X.] Merkmale einer [X.] im Sinne des § 129 a StGB für die angebliche"Gesamt-[X.]" nicht ersetzen kann.Dabei kommt hinzu, daß mit der Umstrukturierung der "[X.]" auch ein inhaltlicher und programmatischer Wandel verbunden war, derzu Spaltungen und Trennungen führte, wie in der Beschwerdebegründung imeinzelnen dargestellt und belegt wird. Bei dieser Sachlage braucht der [X.] nicht zu entscheiden, ob die Frage der Fortdauer einer einheitlichen Mit-gliedschaft in einer terroristischen [X.] gegebenenfalls dann anders zubeurteilen ist, wenn sich eine [X.] aus taktischen Gründen einver-nehmlich umstrukturiert und nahtlos ihre bisherigen Zwecke weiterverfolgt, [X.], daß sich eine bislang einheitliche Organisation in mehrere einzelne Verei-nigungen aufspaltet oder umgekehrt bisher selbständige Gruppierungen sichzu einer einheitlichen [X.] mit gleichbleibender Zielrichtung zusam-menschließen.3. Zudem ist durch das Abtauchen des Angeschuldigten im August 1978nach dem bisherigen Kenntnisstand seine mitgliedschaftliche Beteiligung ander "Revolutionären Zelle", der er bis dahin angehört hatte, beendet worden.Darin liegt eine Zäsur, die der Annahme einer einzigen Tat nach § 129 a [X.] 10 -Der Angeschuldigte selbst erklärte hierzu in der Hauptverhandlung vordem Landgericht [X.] im Rahmen der Schilderung seines Le-benslaufes: "In der [X.] von August 1978 bis zur Wiederaufnahme meiner poli-tischen Aktivitäten Mitte der 80er Jahre habe ich keine strafbaren Handlungenbegangen und keiner verbotenen Organisation angehört." Mag diese Erklärungauch prozeßtaktischen Erwägungen entspringen, so stimmt sie jedenfalls inso-weit mit den Ermittlungsergebnissen überein, als für die [X.] nach dem [X.] im August 1978 bis jedenfalls 1981 keinerlei Anhaltspunkte für eine Fort-setzung der mitgliedschaftlichen Beteiligung des Angeklagten an der "Revo-lutionären Zelle" gegeben sind; solche hat auch das [X.] nicht fest-gestellt.Wenn es gleichwohl diesem Umstand für die Fortdauer der [X.] maßgebliche Bedeutung beimißt, weil nach [X.]St 29, 288, 294 die Mit-gliedschaft auch in [X.]en fortbestehe, in denen gerade keine Tätigkeit entfaltetwerde, wird es weder dem Sinn dieser Entscheidung, noch dem Begriff der [X.] Beteiligung nach § 129 a Abs. 1 StGB gerecht. Danach [X.] eben nicht eine nur passive, für das Wirken der [X.] bedeutungs-lose Mitgliedschaft, vielmehr ist erforderlich, daß diese auf eine aktive Teil-nahme am [X.] gerichtet sein muß ([X.]St 29, 114, 120 f.). Geradeweil in [X.]St 29, 288, 294 dieser Grundsatz unter Verweis auf die vorge-nannte Entscheidung wiederholt wird, kann die nachfolgende Erwägung, [X.] bestehe auch in [X.]en, in denen keine Tätigkeit für die Vereini-gung ausgeübt werde, nur dahin verstanden werden, daß es bei einer solchenaktiven Beteiligung naturgemäß zwischen den einzelnen Betätigungsakten [X.] kommen kann, die ohne Einfluß auf das Andauern der [X.]. Daraus hat der Senat gefolgert, daß diese Tatbestandsstruktur dazu- 11 -führe, daß sich die Strafbarkeit der mitgliedschaftlichen Beteiligung auf [X.] könne ([X.]St 29, 288, 294). Umgekehrt durfte daraus das [X.] jedoch nicht den Schluß ziehen, daß selbst eine jahrelange Unter-brechung der aktiven Betätigung die Fortdauer der Mitgliedschaft im Sinne des§ 129 a Abs. 1 StGB ohne weiteres unberührt lasse. Wenn das [X.]in diesem Zusammenhang darauf abstellt, daß der Wechsel des Angeklagtennach [X.] (nach mehreren Jahren) als "Wiederaufleben der zuvor ruhendenMitgliedschaft" ([X.]) anzusehen sei, beschreibt es gerade nicht eine [X.], sondern allenfalls eine zwischenzeitliche passive Mitgliedschaft, die für dieErfüllung des Tatbestandes des § 129 a Abs. 1 StGB nach dem Wortlaut desGesetzes und auch nach der Rechtsprechung nicht ausreicht.Insofern ist die Tatbestandsstruktur des [X.] der [X.] Beteiligung nach § 129 a Abs. 1 StGB dem Tatbestand dergeheimdienstlichen Agententätigkeit nach § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB vergleichbar.Auch dort stellt sich das Problem, ob und unter welchen Voraussetzungen[X.]en der Inaktivität eines Agenten noch als tatbestandsimmanentes Verhaltenanzusehen sind oder ob ein späteres erneutes Tätigwerden eine neue Tat [X.] des § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB darstellt (vgl. dazu [X.] in [X.] Jahre [X.], S. 485 f.). So hat der Senat die vorübergehende "Abschaltung"eines Agenten für die Dauer eines Jahres nach der Enttarnung eines anderenAgenten zur Vermeidung einer Entdeckung als für eine geheimdienstlicheAgententätigkeit typisch bewertet ([X.]R StGB § 99 Ausüben 2). [X.] für das Mitglied einer terroristischen [X.] gelten, das sich etwadem verstärkten Fahndungsdruck der Polizei nach einem spektakulären An-schlag durch ein vorübergehendes Untertauchen entzieht, um danach [X.] wieder ungefährdet fortsetzen zu können. Dabei wird man aber eben-- 12 -so wie bei der geheimdienstlichen Agententätigkeit für die Frage einer Tatbe-endigung nicht allein auf die Dauer der zeitlichen Zäsur abstellen dürfen, son-dern eine Gesamtbetrachtung der Umstände, insbesondere der Ausgestaltungder weiteren Beziehungen zu der [X.] anzustellen haben (vgl. [X.] aaO, S. 486). Hier ist zu berücksichtigen, daß der Angeschuldigte [X.] 1978 abtauchte, als gegen ihn wegen Mitgliedschaft in der "Revolutio-nären Zelle" ermittelt worden war, was zum Erlaß eines Haftbefehls des [X.] des [X.] vom 15. September 1978 [X.]. Dies und der Umstand, daß bis 1981 keinerlei Anhaltspunkte für eineweitere Tätigkeit vorliegen, ferner daß der Angeklagte nach der oben darge-legten Umstrukturierung der "Revolutionären Zelle" nicht in seiner [X.] Gruppe, sondern in der "[X.]er Zelle" aktiv geworden ist, [X.] Überzeugung des Senats, daß er seine mitgliedschaftliche Betätigung mitdem Abtauchen beendet und danach an anderer Stelle und für eine andere[X.] neu aufgenommen hat.4. Unabhängig von den vorgenannten Erwägungen neigt der [X.] seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. [X.]St 29, 288 ff.) dazu,auch bei einem [X.] mehrere prozessuale Taten anzunehmen,wenn nur einzelne Betätigungen eines Mitglieds einer solchen Organisation(kriminelle oder terroristische [X.], Verein i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1VereinsG) Gegenstand der früheren Anklage und gerichtlichen Untersuchungwaren und der Angeklagte nicht darauf vertrauen durfte, daß durch das frühereVerfahren alle Betätigungsakte für die [X.] erfaßt wurden ([X.]. des Se-nats vom heutigen Tage - 3 StR 342/00, vgl. dazu Krauth in FS für [X.],1985, [X.], 229 ff.). Der 2. Strafsenat hat zu Recht darauf hingewiesen, [X.] uferlose Ausdehnung der Kognitionspflicht des Tatrichters durch den [X.] 13 -zessualen Tatbegriff bei derartigen langgestreckten Delikten (Organisationsde-likte, Dauerdelikte, Bewertungseinheiten) dessen Leistungsfähigkeit übersteigeund eine den Grundsätzen des Strafverfahrens widersprechende Verlagerungvon Ermittlungstätigkeit in das gerichtliche Hauptverfahren zur Folge habe.Gleichzeitig würden die auch dem Schutz des Angeklagten dienenden [X.] wie Anklage und Eröffnungsverfahren ausgehöhlt ([X.]St 43, 252,257).I[X.] Da der Angeschuldigte im übrigen der angeklagten Tat hinreichendverdächtig ist, war die Anklage des [X.] zur Hauptverhand-lung zuzulassen und das Hauptverfahren vor dem [X.] zu eröffnen.Im einzelnen wird hierzu auf die Anklage und das wesentliche Ergebnis [X.] Bezug genommen. Der Senat hat von der Möglichkeit des § 210Abs. 3 Satz 2 StPO, die Hauptverhandlung vor einem anderen Senat diesesGerichts zu eröffnen, keinen Gebrauch gemacht.II[X.] Der Aufhebung des Haftbefehls nach § 120 Abs. 1 StPO wird durch dievorliegende Beschwerdeentscheidung die Grundlage entzogen. Gemäß § 207Abs. 4 StPO ordnet der Senat die weitere Vollziehung des Haftbefehls des [X.] vom 15. Dezember 1999 an. Der dringende Tatverdacht be-ruht auf der umfangreichen Aussage des Zeugen M. . Es bestehtweiterhin neben dem Haftgrund des § 112 Abs. 3 StPO der Haftgrund derFluchtgefahr, nachdem der Angeschuldigte bereits im August 1978 zur Vermei-dung seiner Festnahme untergetaucht, einige Jahre später zwar wieder nachDeutschland zurückgekehrt war, aber hier illegal bis zum vermeintlichen [X.] gelebt hatte. Dies belegt die Gefahr, daß er sich auch jetzt [X.] drohenden Strafverfahren durch Flucht entziehen werde. Diese Ge-- 14 -fahr wird nicht dadurch ausgeräumt, daß er nach dem [X.] der Aufhebung des Haftbefehls sich verfügbar gehalten hat, da er bislangdarauf hoffen konnte, von einem weiteren Strafverfahren verschont zu bleiben.Unter den gegebenen Umständen kann gegenwärtig der Fluchtgefahr auchnicht durch Maßnahmen nach § 116 StPO begegnet werden. Da der [X.] innerhalb der "[X.]er Zelle" eine führende Rolle eingenommen [X.] auch in maßgeblicher Weise an den begangenen Taten beteiligt war, hater trotz der zwischenzeitlichen Beendigung der Tätigkeit dieser [X.]und des [X.]abstandes zwischen den Taten und ihrer Verfolgung eine nichtunerhebliche Freiheitsstrafe zu erwarten.[X.] von [X.]:ja[X.]St:jaVeröffentlichung:[X.] § 203;StGB § 129 Abs. 1, § 129 a Abs. 11. Kommt es im Eröffnungsverfahren bei der Prüfung des [X.] anderweitigen Rechtshängigkeit auf die [X.] Tatsachen an, die die angeklagte Straftat betreffen, so [X.] nicht im Freibeweisverfahren, sondern ist dem [X.]-verfahren der Hauptverhandlung vorbehalten. Für die Eröffnung [X.] genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, [X.] Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung ein solches Verfah-renshindernis nicht ergeben werde. - 15 -2. Die vom Senat für die Unterbrechung von geheimdienstlicher [X.] entwickelten Grundsätze gelten auch für die mitglied-schaftliche Betätigung in einer kriminellen oder terroristischen [X.].[X.], [X.]. vom 30. März 2001 - StB 4 und 5/01 - [X.] [X.]

Meta

StB 4/01

30.03.2001

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.03.2001, Az. StB 4/01 (REWIS RS 2001, 3003)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 3003

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