Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.03.2001, Az. StB 5/01

3. Strafsenat | REWIS RS 2001, 3005

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[X.][X.] StE 1/01 StB 4 und 5/01 vom 30. März 2001 in dem Strafverfahren gegen wegen [X.] in einer terroristischen [X.] u.a. - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] sowie des Angeschuldigten und seiner Verteidiger am 30. März 2001 beschlossen: 1. Auf die sofortige Beschwerde des [X.] wird der [X.]uß des [X.] in [X.] vom 28. Februar 2001 aufgehoben. 2. Die Anklage des [X.] vom 28. Januar 2001 wird zur Hauptverhandlung zugelassen und das Haupt-verfahren vor dem [X.] in [X.] eröffnet. 3. Die weitere Vollziehung des Haftbefehls des Ermittlungsrich-ters des [X.] vom 15. Dezember 1999 - 1 [X.] 284/99 - wird angeordnet. Gründe: Der [X.] legt dem Angeschuldigten [X.]mit der [X.] vom 28. Januar 2001 zur Last, er sei von 1985 bis 1990 Rädelsführer der "[X.]er Zelle" der "Revolutionären Zellen (RZ)" gewesen und habe an dem Sprengstoffanschlag in der Nacht vom 5. auf den 6. Februar 1987 auf das [X.] ([X.]) in [X.] [X.]. Wegen dieses Sachverhalts hatte der Ermittlungsrichter des [X.] mit [X.]uß vom 15. Dezember 1999 - 1 [X.] 284/99 - Haftbefehl gegen den bereits in anderer Sache in Haft befindlichen Angeschuldigten [X.] und die Notierung von [X.] angeordnet. Diese wurde seit 15. Februar 2001 vollzogen. - 3 - Das [X.] hat mit [X.]uß vom 28. Februar 2001 die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt, weil das Verfahrenshindernis anderweitiger Rechtshängigkeit entgegenstehe, den Haftbefehl aufgehoben und die Freilas-sung des Angeschuldigten angeordnet. Dem liegt folgender Verfahrensgang zu Grunde: In einem Verfahren der Staatsanwaltschaft [X.] (51 Js 118/96) war dem Angeschuldigten mit Anklage vom 16. November 1999 zur Last gelegt worden, er habe als Mitglied der "Revolutionären Zelle" Beihilfe zu dem Anschlag auf die Teilnehmer an der [X.] in [X.] am 21. [X.] geleistet. In der Hauptverhandlung vor dem Landgericht [X.] beantragte die Staatsanwaltschaft, das Verfahren gemäß § 270 StPO an das Oberlandesgericht [X.] zu verweisen, weil die Beweisauf-nahme den Verdacht ergeben habe, der Angeschuldigte sei jedenfalls seit [X.] bis zu seinem Ausstieg im Jahre 1990 ununterbrochen Mitglied der Revolutionären Zellen gewesen. Diesen Antrag hat die [X.], da ein hinreichend wahrscheinlicher Tatverdacht für eine fortlaufende Mitgliedschaft nicht bestehe, vielmehr sei 1978 durch das Abtauchen des [X.] ins Ausland eine Unterbrechung mit der Folge einer neuen selb-ständigen Tat des § 129 a StGB für die [X.] nach seiner Rückkehr im Jahre 1985 erfolgt. Mit [X.]eil vom 15. Februar 2001 hat es ihn sodann wegen des an-geklagten [X.] freigesprochen; hiergegen hat die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt. Das [X.] hält die Auffassung des [X.] für unzutreffend, weil eine Mitgliedschaft nach § 129 a Abs. 1 StGB auch bei längerer Untätigkeit fortbestehe und es im übrigen auch für die [X.] von 1978 bis 1985 konkrete - 4 - Hinweise auf mitgliedschaftliche [X.] des Angeschuldigten gebe. Er habe damit der "(Gesamt-) [X.] Revolutionäre Zellen" von 1975 bis 1990 ohne Unterbrechung angehört, weshalb nur eine einzige Straftat nach § 129 a StGB vorliege, die bereits Gegenstand des Verfahrens bei dem Landge-richt [X.] sei und sich auch auf den tateinheitlichen Vorwurf des [X.] einer Sprengstoffexplosion erstrecke. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des [X.] ist begründet. [X.] Das Verfahrenshindernis anderweitiger Rechtshängigkeit ist nicht gege-ben, weil der Angeschuldigte nach dem derzeitigen Kenntnisstand nicht von 1975 bis 1990 ununterbrochen der gleichen terroristischen [X.] ange-hörte und damit nicht vom Vorliegen einer einzigen Tat nach § 129 a StGB für den gesamten [X.]raum ausgegangen werden kann. 1. Der Senat hat im Verfahren auf die Beschwerde gegen die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens gemäß § 210 Abs. 2 StPO in vollem [X.] zu überprüfen, ob die Voraussetzungen der Eröffnung nach § 203 StPO gegeben sind und insbesondere nicht das [X.] anderweitiger Rechtshängigkeit entgegensteht. Ein Strafverfahren darf grundsätzlich nur durchgeführt werden, wenn fest-steht, daß die erforderlichen Prozeßvoraussetzungen vorliegen und [X.] nicht entgegenstehen, die erforderlichen Feststellungen hierfür sind im Wege des [X.] zu treffen (vgl. [X.] in [X.][X.], [X.]. § 203 Rdn. 16, § 206 a Rdn. 28 ff., 59). Bleibt nach Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten zweifelhaft, ob ein [X.] vorliegt, ist nach - 5 - der h.M. nach der Art des [X.]ses oder der Prozeßvoraussetzung zu differenzieren (vgl. [X.]St 18, 274, 277 f.; Überblick bei [X.] in [X.]. § 206 a Rdn. 16 f.). In einigen älteren Entscheidungen ist zur Frage des Strafklageverbrauchs noch die Auffassung vertreten worden, daß hier der [X.] nicht anwendbar sei und nur eine nachgewiesene vorher-gehende Verurteilung die erneute Aburteilung hindere ([X.] 1, 207; [X.], [X.]. vom 9. Oktober 1952 - 4 StR 124/52; [X.]. vom 19. Februar 1954 - 2 [X.]). Diese Entscheidungen sind jedoch durch [X.]St 18, 274 überholt (vgl. [X.], 2118). Allerdings erfordert die Anwendung des Zweifels-satzes konkrete tatsächliche Umstände; bloß theoretische, nur denkgesetzlich mögliche Zweifel reichen nicht aus (vgl. [X.] aaO). Dabei ist es in aller Regel ohne praktische Bedeutung, ob dogmatisch von der Funktion der Prozeß-voraussetzung als Bedingung für die Zulässigkeit eines [X.] oder von der Anwendung des [X.]es ausgegangen wird ([X.]/[X.], [X.]. § 206 a Rdn. 7). Etwas anderes muß jedoch gelten, wenn das Vorliegen des [X.] anderweitigen Rechtshängigkeit nicht nach Aktenlage geklärt werden kann, sondern von Tatsachen abhängt, die die angeklagte Straftat betreffen. Deren Feststellung muß dem [X.] in der Hauptverhandlung vorbehalten bleiben ([X.], [X.] 1979, 702; vgl. auch [X.] aaO § 203 Rdn. 8; [X.] aaO § 203 Rdn. 13). Würden solche Fragen bereits im [X.] mit der erforderlichen Vollständigkeit geprüft werden, müßte ein unter Umständen wesentlicher Teil der Hauptverhandlung vorweggenommen werden, wobei der Angeklagte im [X.] eine schlechtere verfahrensrecht-liche Position besitzt. Die - im Falle einer Verneinung eines [X.]ses - erforderliche Wiederholung dieser Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung nach den Regeln des [X.]es würde nicht nur [X.] - 6 - und für die Beteiligten zusätzlich belastend sein, sie würde auch die Gefahr wi-dersprüchlicher Ergebnisse in sich bergen und letztlich dem Prinzip des Straf-verfahrens, wonach der Schwerpunkt in der Hauptverhandlung liegen soll, zu-widerlaufen (vgl. dazu [X.] aaO: keine Hauptverhandlung vor der [X.], diese solle "Premiere", nicht "[X.]" sein). Daß eine solche doppel-te Beweisaufnahme in hohem Maße unzuträglich sein kann, zeigt gerade das vorliegende Verfahren. Die abschließende Klärung der Frage, ob eine ander-weitige Rechtshängigkeit gegeben sein könnte, würde auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung zum prozessualen Tatbegriff eine umfassende Be-weisaufnahme über die Einbindung des Angeklagten in die verschiedenen Aus-formungen der "Revolutionären Zellen" in der [X.] von 1975 bis 1990 und über seine Tätigkeit im [X.]raum von 1978 bis 1985 voraussetzen. Dafür müßte ne-ben zahlreichen anderen Beweiserhebungen der Zeuge M. umfangreich vernommen werden, dessen Glaubwürdigkeit die Verteidiger mit zahlreichen Einwänden in Frage stellen würden. Damit müßte ein wesentlicher Teil der Hauptverhandlung vorweggenommen werden, was hier voraussichtlich mehrere Monate in Anspruch nehmen würde. Diese Auffassung entspricht auch der Praxis des [X.] in Revisionsverfahren, in denen die Frage des Vorliegens eines Strafklage-verbrauchs von den bislang ungenügend aufgeklärten tatsächlichen Umständen der abgeurteilten Tat abhängt, etwa weil in Frage steht, ob ein Handel mit Be-täubungsmitteln Teil einer bereits anderweitig abgeurteilten Bewertungseinheit ist. In solchen Fällen wird diese Frage nicht im Revisionsverfahren im Wege des [X.] geklärt, sondern die Sache zu erneuter tatrichterlicher Fest-stellung im Wege des [X.]es zurückverwiesen ([X.], [X.]. vom 16. November 2000 - 3 [X.]). - 7 - Für die Frage der Eröffnung muß demnach eine hinreichende Wahrschein-lichkeit dafür genügen, daß die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung ein solches Verfahrenshindernis nicht ergeben werde. 2. Bei der "Revolutionären Zelle", der der Angeschuldigte von 1975 bis 1978 im Bereich [X.] angehört hat, und der "[X.]er Zelle der Revolutionären Zellen" im Tatzeitraum der Anklage zum [X.] von 1985 bis 1990 handelt es sich nach Aktenlage um unterschiedliche terroristi-sche [X.]en. Eine den gesamten [X.]raum von 1975 bis 1990 und gleichzeitig auch die verschiedenen regionalen Gruppierungen umfassende einheitliche [X.] im Sinne des § 129 a StGB ("Gesamtvereinigung") war entgegen der Auffassung des [X.] nicht gegeben. Zwar erscheint es grundsätzlich vorstellbar, daß sich eine terroristische Gruppierung in der Art organisiert und strukturiert, daß neben einzelnen regionalen [X.]en auch eine übergeordnete [X.] besteht, die ihrerseits ebenfalls die Kriterien einer terroristischen [X.] nach § 129 a StGB erfüllt, wobei [X.] Mitglieder sowohl der regionalen, als auch der [X.] angehö-ren und sich an ihnen aktiv beteiligen können. Hier ergibt sich jedoch aus den Ermittlungen, daß nach der Umstrukturierung der "Revolutionären Zelle" im [X.]raum von 1976 bis 1981 keine solche [X.] vorhanden war, die selbst als terroristische [X.] nach § 129 a StGB angesehen werden könnte. Dazu wäre Voraussetzung gewesen, daß sich mehrere Personen zu einer [X.] zusammenschließen, deren Zwecke oder Tätigkeit darauf gerichtet war, bestimmte Straftaten der in § 129 a Abs. 1 StGB genannten Art zu begehen, wobei die Unterwerfung der Mitglieder unter eine organisierte [X.] notwendig ist, was innerhalb der [X.] bestehende, von den Mitgliedern anerkannte Entscheidungsstrukturen voraussetzt ([X.]St 10, 16 f.; 28, 147 f.; 31, 202, 205). - 8 - Wie der [X.] in seiner Beschwerdebegründung vom 5. März 2001 unter Hinweis auf Fundstellen in dem publizistischen Organ "Re-volutionärer Zorn" der "Revolutionären Zelle" im einzelnen belegt, hat sich die "Revolutionäre Zelle" im September 1976 in "Revolutionäre Zellen" umbenannt und mehrere einzelne selbständige, regional aufgeteilte Zellen mit eigenen Ent-scheidungs- und Handlungsbefugnissen gebildet. Dabei wird zur Eigenständig-keit dieser Zellen betont, daß "jeder selbst entscheiden kann" ... "ohne auf die Bestätigung oder das Dementi eines nicht vorhandenen ZK's zu warten" (Revo-lutionärer Zorn Nr. 5, April 1978). Dies belegt das Fehlen einer übergeordneten [X.] mit eigener Entscheidungsstruktur, der sich die einzelnen Mitglie-der der Zellen unterworfen hätten. Dem entspricht, daß es nach der Aussage des Zeugen M. , der zu der Zusammensetzung und Struktur der "Re-volutionären Zellen" in dem fraglichen [X.]raum ab Mitte der 80-er Jahre um-fangreiche und umfassende Angaben gemacht hatte, an überregionalen [X.] lediglich einmalige jährliche Treffen von Abgesandten der einzelnen [X.] gegeben hatte, die "Miez" oder auch "Asamblea" genannt wurden. Daß dort verbindliche Entscheidungen für die Durchführung von Straftaten im Sinne des § 129 a Abs. 1 StGB getroffen worden wären, die dann auch unter der Verant-wortung einer solchen überregionalen [X.] verübt worden wären, hat er nicht berichtet; auch sonst fehlen dafür jegliche Anhaltspunkte. Daß die [X.] Zellen gelegentlich zusammenarbeiteten, z.B. durch die Überlassung von Sprengstoff aus einem Diebstahl, oder daß sie ein einheitli-ches Symbol verwendeten, vermag daran nichts zu ändern, da dies die [X.] Merkmale einer [X.] im Sinne des § 129 a StGB für die angebliche "Gesamt-[X.]" nicht ersetzen kann. - 9 - Dabei kommt hinzu, daß mit der Umstrukturierung der "Revolutionären Zelle" auch ein inhaltlicher und programmatischer Wandel verbunden war, der zu Spaltungen und Trennungen führte, wie in der Beschwerdebegründung im einzelnen dargestellt und belegt wird. Bei dieser Sachlage braucht der Senat daher nicht zu entscheiden, ob die Frage der Fortdauer einer einheitlichen Mit-gliedschaft in einer terroristischen [X.] gegebenenfalls dann anders zu beurteilen ist, wenn sich eine [X.] aus taktischen Gründen einvernehm-lich umstrukturiert und nahtlos ihre bisherigen Zwecke weiterverfolgt, sei es, daß sich eine bislang einheitliche Organisation in mehrere einzelne Vereinigun-gen aufspaltet oder umgekehrt bisher selbständige Gruppierungen sich zu einer einheitlichen [X.] mit gleichbleibender Zielrichtung zusammenschlie-ßen. 3. Zudem ist durch das Abtauchen des Angeschuldigten im August 1978 nach dem bisherigen Kenntnisstand seine mitgliedschaftliche Beteiligung an der "Revolutionären Zelle", der er bis dahin angehört hatte, beendet worden. Darin liegt eine Zäsur, die der Annahme einer einzigen Tat nach § 129 a StGB entge-gensteht. Der Angeschuldigte selbst erklärte hierzu in der Hauptverhandlung vor dem Landgericht [X.] im Rahmen der Schilderung seines Le-benslaufes: "In der [X.] von August 1978 bis zur Wiederaufnahme meiner politi-schen Aktivitäten Mitte der 80er Jahre habe ich keine strafbaren Handlungen begangen und keiner verbotenen Organisation angehört." Mag diese Erklärung auch prozeßtaktischen Erwägungen entspringen, so stimmt sie jedenfalls inso-weit mit den Ermittlungsergebnissen überein, als für die [X.] nach dem [X.] im August 1978 bis jedenfalls 1981 keinerlei Anhaltspunkte für eine Fort-setzung der mitgliedschaftlichen Beteiligung des Angeklagten an der "[X.] - lutionären Zelle" gegeben sind; solche hat auch das [X.] nicht fest-gestellt. Wenn es gleichwohl diesem Umstand für die Fortdauer der Mitgliedschaft keine maßgebliche Bedeutung beimißt, weil nach [X.]St 29, 288, 294 die Mit-gliedschaft auch in [X.]en fortbestehe, in denen gerade keine Tätigkeit entfaltet werde, wird es weder dem Sinn dieser Entscheidung, noch dem Begriff der mitgliedschaftlichen Beteiligung nach § 129 a Abs. 1 StGB gerecht. Danach [X.] eben nicht eine nur passive, für das Wirken der [X.] bedeutungs-lose Mitgliedschaft, vielmehr ist erforderlich, daß diese auf eine aktive Teilnah-me am [X.] gerichtet sein muß ([X.]St 29, 114, 120 f.). Gerade weil in [X.]St 29, 288, 294 dieser Grundsatz unter Verweis auf die vorgenannte Entscheidung wiederholt wird, kann die nachfolgende Erwägung, die Mitglied-schaft bestehe auch in [X.]en, in denen keine Tätigkeit für die [X.] aus-geübt werde, nur dahin verstanden werden, daß es bei einer solchen aktiven Beteiligung naturgemäß zwischen den einzelnen [X.]n zu Pausen kommen kann, die ohne Einfluß auf das Andauern der Mitgliedschaft bleiben. Daraus hat der Senat gefolgert, daß diese Tatbestandsstruktur dazu führe, daß sich die Strafbarkeit der mitgliedschaftlichen Beteiligung auf Jahre erstrecken könne ([X.]St 29, 288, 294). Umgekehrt durfte daraus das [X.] [X.] nicht den Schluß ziehen, daß selbst eine jahrelange Unterbrechung der aktiven Betätigung die Fortdauer der Mitgliedschaft im Sinne des § 129 a Abs. 1 StGB ohne weiteres unberührt lasse. Wenn das [X.] in diesem Zu-sammenhang darauf abstellt, daß der Wechsel des Angeklagten nach [X.] (nach mehreren Jahren) als "Wiederaufleben der zuvor ruhenden Mitglied-schaft" ([X.]) anzusehen sei, beschreibt es gerade nicht eine aktive, son-dern allenfalls eine zwischenzeitliche passive Mitgliedschaft, die für die [X.] 11 - lung des Tatbestandes des § 129 a Abs. 1 StGB nach dem Wortlaut des Geset-zes und auch nach der Rechtsprechung nicht ausreicht. Insofern ist die Tatbestandsstruktur des [X.] der mitgliedschaftlichen Beteiligung nach § 129 a Abs. 1 StGB dem Tatbestand der geheimdienstlichen Agententätigkeit nach § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB vergleichbar. Auch dort stellt sich das Problem, ob und unter welchen Voraussetzungen Zei-ten der Inaktivität eines Agenten noch als tatbestandsimmanentes Verhalten anzusehen sind oder ob ein späteres erneutes Tätigwerden eine neue Tat im Sinne des § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB darstellt (vgl. dazu [X.] in FS 50 Jahre [X.], [X.] f.). So hat der Senat die vorübergehende "Abschaltung" eines Agenten für die Dauer eines Jahres nach der Enttarnung eines anderen Agenten zur Vermeidung einer Entdeckung als für eine geheimdienstliche Agententätigkeit typisch bewertet ([X.]R StGB § 99 Ausüben 2). Ähnliches dürfte für das Mitglied einer terroristischen [X.] gelten, das sich etwa dem verstärkten Fahndungsdruck der Polizei nach einem spektakulären An-schlag durch ein vorübergehendes Untertauchen entzieht, um danach seine Tätigkeit wieder ungefährdet fortsetzen zu können. Dabei wird man aber [X.] wie bei der geheimdienstlichen Agententätigkeit für die Frage einer Tatbeen-digung nicht allein auf die Dauer der zeitlichen Zäsur abstellen dürfen, sondern eine Gesamtbetrachtung der Umstände, insbesondere der Ausgestaltung der weiteren Beziehungen zu der [X.] anzustellen haben (vgl. [X.] aaO, S. 486). Hier ist zu berücksichtigen, daß der Angeschuldigte im [X.] 1978 abtauchte, als gegen ihn wegen Mitgliedschaft in der "Revolutionären Zelle" ermittelt worden war, was zum Erlaß eines Haftbefehls des Ermittlungs-richters des [X.] vom 15. September 1978 geführt hatte. Dies und der Umstand, daß bis 1981 keinerlei Anhaltspunkte für eine weitere [X.] vorliegen, ferner daß der Angeklagte nach der oben dargelegten [X.] - turierung der "Revolutionären Zelle" nicht in seiner alten [X.], sondern in der "[X.]er Zelle" aktiv geworden ist, belegt zur Überzeugung des Senats, daß er seine mitgliedschaftliche Betätigung mit dem Abtauchen been-det und danach an anderer Stelle und für eine andere [X.] neu [X.] hat. 4. Unabhängig von den vorgenannten Erwägungen neigt der Senat in Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. [X.]St 29, 288 ff.) dazu, auch bei einem [X.] mehrere prozessuale Taten anzunehmen, wenn nur einzelne Betätigungen eines Mitglieds einer solchen Organisation (kriminelle oder terroristische [X.], Verein i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Ve-reinsG) Gegenstand der früheren Anklage und gerichtlichen Untersuchung [X.] und der Angeklagte nicht darauf vertrauen durfte, daß durch das frühere Verfahren alle [X.] für die [X.] erfaßt wurden ([X.]. des Se-nats vom heutigen Tage - 3 StR 342/00, vgl. dazu Krauth in FS für [X.], 1985, [X.], 229 ff.). Der 2. Strafsenat hat zu Recht darauf hingewiesen, daß die uferlose Ausdehnung der Kognitionspflicht des Tatrichters durch den pro-zessualen Tatbegriff bei derartigen langgestreckten Delikten (Organisationsde-likte, Dauerdelikte, Bewertungseinheiten) dessen Leistungsfähigkeit übersteige und eine den Grundsätzen des Strafverfahrens widersprechende Verlagerung von Ermittlungstätigkeit in das gerichtliche Hauptverfahren zur Folge habe. Gleichzeitig würden die auch dem Schutz des Angeklagten dienenden [X.] wie Anklage und Eröffnungsverfahren ausgehöhlt ([X.]St 43, 252, 257). I[X.] Da der Angeschuldigte im übrigen der angeklagten Tat hinreichend ver-dächtig ist, war die Anklage des [X.] zur Hauptverhandlung zuzulassen und das Hauptverfahren vor dem [X.] zu eröffnen. Im - 13 - einzelnen wird hierzu auf die Anklage und das wesentliche Ergebnis der Ermitt-lungen Bezug genommen. Der Senat hat von der Möglichkeit des § 210 Abs. 3 Satz 2 StPO, die Hauptverhandlung vor einem anderen Senat dieses Gerichts zu eröffnen, keinen Gebrauch gemacht. II[X.] Der Aufhebung des Haftbefehls nach § 120 Abs. 1 StPO wird durch die vorliegende Beschwerdeentscheidung die Grundlage entzogen. Gemäß § 207 Abs. 4 StPO ordnet der Senat die weitere Vollziehung des Haftbefehls des [X.] vom 15. Dezember 1999 an. Der dringende Tatverdacht be-ruht auf der umfangreichen Aussage des Zeugen M. . Es besteht [X.] neben dem Haftgrund des § 112 Abs. 3 StPO der Haftgrund der Flucht-gefahr, nachdem der Angeschuldigte bereits im August 1978 zur Vermeidung seiner Festnahme untergetaucht, einige Jahre später zwar wieder nach [X.] zurückgekehrt war, aber hier illegal bis zum vermeintlichen Verjäh-rungseintritt gelebt hatte. Dies belegt die Gefahr, daß er sich auch jetzt dem nunmehr drohenden Strafverfahren durch Flucht entziehen werde. Diese Ge-fahr wird nicht dadurch ausgeräumt, daß er nach dem [X.] und der Aufhebung des Haftbefehls sich verfügbar gehalten hat, da er bislang darauf hoffen konnte, von einem weiteren Strafverfahren verschont zu bleiben. Unter den gegebenen Umständen kann gegenwärtig der Fluchtgefahr auch nicht durch Maßnahmen nach § 116 StPO begegnet werden. Da der [X.] innerhalb der "[X.]er Zelle" eine führende Rolle eingenommen hat und auch in maßgeblicher Weise an den begangenen Taten beteiligt war, hat er trotz der zwischenzeitlichen Beendigung der Tätigkeit dieser [X.] und des [X.]abstandes zwischen den Taten und ihrer Verfolgung eine nicht uner-hebliche Freiheitsstrafe zu erwarten. [X.] - 14 - [X.] von [X.] Nachschlagewerk: ja [X.]St: ja Veröffentlichung: ja __________________ StPO § 203; StGB § 129 Abs. 1, § 129 a Abs. 1 1. Kommt es im Eröffnungsverfahren bei der Prüfung des [X.] anderweitigen Rechtshängigkeit auf die Klärung von Tatsachen an, die die angeklagte Straftat betreffen, so erfolgt diese nicht im [X.], sondern ist dem [X.]verfah-ren der Hauptverhandlung vorbehalten. Für die Eröffnung des Hauptverfahrens genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, daß die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung ein solches Verfah-renshindernis nicht ergeben werde. 2. Die vom Senat für die Unterbrechung von geheimdienstlicher [X.] entwickelten Grundsätze gelten auch für die mitglied-schaftliche Betätigung in einer kriminellen oder terroristischen Verei-nigung. [X.], [X.]. vom 30. März 2001 - StB 4 und 5/01 - [X.] [X.]

Meta

StB 5/01

30.03.2001

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.03.2001, Az. StB 5/01 (REWIS RS 2001, 3005)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 3005

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