Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.06.2014, Az. IV R 5/11

4. Senat | REWIS RS 2014, 4562

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Gegenstand

(Abfärbewirkung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG bei Beteiligung an einer gewerblich tätigen Mitunternehmerschaft mit abweichendem Wirtschaftsjahr - Ermittlung und zeitliche Zuordnung von Gewinnanteilen i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG)


Leitsatz

Bei Beteiligung einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft an einer gewerblich tätigen Mitunternehmerschaft mit abweichendem Wirtschaftsjahr tritt die Abfärbewirkung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG nur ein, wenn der Obergesellschaft im betreffenden Kalenderjahr nach Maßgabe des § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG ein Gewinnanteil i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zugewiesen ist .

Tatbestand

1

A. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine [X.]mb[X.] & Co. K[X.], deren [X.]egenstand die Verwaltung eigenen Vermögens ist. [X.]esellschafter sind die [X.] ([X.]-[X.]mb[X.]) als Komplementärin und [X.] als einziger Kommanditist. Beide [X.]esellschafter sind geschäftsführungsbefugt. Für das Streitjahr (2005) erklärte die Klägerin Einkünfte aus Kapitalvermögen in [X.]öhe von ./. 61.327 €.

2

Aufgrund eines Kaufvertrags vom 14. Oktober 2005 erwarb die Klägerin mit Wirkung zum 1. Juli 2005 eine Kommanditbeteiligung an der F-K[X.]. Die F-K[X.] betrieb ein gewerbliches Unternehmen mit vom Kalenderjahr abweichendem Wirtschaftsjahr vom 1. Juli bis 30. Juni. Mit geändertem Bescheid des zuständigen Finanzamts [X.] über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 2006 für die F-K[X.] vom 7. August 2008 wurden für die Klägerin als Beteiligte der F-K[X.] für das Jahr 2006 Einkünfte aus [X.]ewerbebetrieb in [X.]öhe von 231.309,11 € festgestellt.

3

Unter dem 19. Juli 2007 erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 2005, in dem er für die an der Klägerin Beteiligten Einkünfte aus [X.]ewerbebetrieb in [X.]öhe von ./. 61.327 € feststellte. Aufgrund der Beteiligung an der F-K[X.] gelte die Tätigkeit der Klägerin in vollem Umfang als [X.]ewerbebetrieb.

4

Mit Schreiben vom 30. Mai 2008 beantragte die Klägerin, den Feststellungsbescheid 2005 vom 19. Juli 2007 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung ([X.]) auf der [X.]rundlage zu ändern, dass sie --die [X.] als vermögensverwaltende Personengesellschaft anzusehen sei und keine gewerbliche Infizierung der Einkünfte vorliege. Das [X.] lehnte den Antrag ab und wies den hiergegen gerichteten Einspruch als unbegründet zurück.

5

Das Finanzgericht (F[X.]) gab der Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 870 abgedruckten [X.]ründen teilweise statt und änderte den Feststellungsbescheid 2005 dahingehend ab, dass nunmehr Einkünfte aus [X.]ewerbebetrieb in [X.]öhe von ./. 8,70 € und Einkünfte aus Kapitalvermögen in [X.]öhe von ./. 61.318,30 € festgestellt wurden. Dabei ging das F[X.] davon aus, dass Einkünfte in [X.]öhe von ./. 8,70 € auf den Zeitraum ab dem 14. Oktober 2005 entfielen.

6

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Jahressteuergesetzes --JSt[X.]-- 2007 vom 13. Dezember 2006, B[X.]Bl I 2006, 2878 --ESt[X.]--). Die Vorschrift sei im Streitjahr nicht anzuwenden, da eine unzulässige --gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoßende-- echte Rückwirkung vorliege. Aber auch bei Anwendung der Vorschrift käme eine Umqualifizierung in gewerbliche Einkünfte nicht in Betracht, da die Beteiligung an der F-K[X.] lediglich geringfügige Bedeutung für die Tätigkeit der Klägerin gehabt habe.

7

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das vorinstanzliche Urteil und den Ablehnungsbescheid vom 12. Juni 2008 in [X.]estalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Juli 2008 aufzuheben und den Feststellungsbescheid 2005 vom 19. Juli 2007 dahin zu ändern, dass statt gewerblicher Einkünfte Einkünfte aus Kapitalvermögen festgestellt werden.

8

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

B. Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zur Aufhebung der Vorentscheidung, des Ablehnungsbescheids sowie der Einspruchsentscheidung und zur Änderung des [X.] 2005 vom 19. Juli 2007 mit der Maßgabe, dass keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern Einkünfte aus Kapitalvermögen festgestellt werden.

I. Das [X.] ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin im Streitjahr gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 [X.], der gemäß § 52 Abs. 32a [X.] auch für Veranlagungszeiträume vor 2006 anzuwenden ist, jedenfalls teilweise Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt hat. Dabei braucht der [X.] nicht zu entscheiden, ob § 52 Abs. 32a [X.] wegen unzulässiger Rückwirkung verfassungswidrig ist. Selbst wenn nach dieser Vorschrift § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 [X.] bereits im Streitjahr anzuwenden wäre, hat die Revision Erfolg. Denn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 [X.] liegen im Streitfall nicht vor.

1. Eine Personengesellschaft erzielt grundsätzlich nur dann gewerbliche Einkünfte, wenn ihre [X.]er in ihrer Verbundenheit als Personengesellschaft ein gewerbliches Unternehmen i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] betreiben. Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 [X.] gilt darüber hinaus die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft in vollem Umfang als Gewerbebetrieb, wenn die [X.] auch eine Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] ausübt oder gewerbliche Einkünfte i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] bezieht. Die gewerbliche Tätigkeit bzw. die gewerblichen [X.] der Personengesellschaft führen nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 [X.] zu einer Umqualifizierung aller Einkünfte in solche aus Gewerbebetrieb.

2. Im Streitjahr war die Klägerin nicht gewerblich tätig (a). Auch sind für die Klägerin für das Streitjahr keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] festgestellt worden (b). Eine Umqualifizierung der Einkünfte aus Kapitalvermögen in Einkünfte aus Gewerbebetrieb kommt deshalb für das Streitjahr nicht in Betracht (c).

a) Die Beteiligung der vermögensverwaltend tätigen Klägerin an der gewerblich tätigen [X.] stellt keine gewerbliche Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] dar (vgl. Urteil des [X.] --[X.]-- vom 6. Oktober 2004 IX R 53/01, [X.], 466, [X.], 383, zu § 15 Abs. 1 Nr. 1 [X.] a.[X.]).

b) Als Mitunternehmerin bei der [X.] erzielt die Klägerin zwar in Gestalt ihrer Gewinnanteile Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]. Für das Streitjahr sind jedoch für die Klägerin mit Bindungswirkung für die sie betreffenden Feststellungsbescheide keine Gewinnanteile aus ihrer Beteiligung an der [X.] festgestellt worden.

aa) Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb ergeben sich aus dem Gewinn (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 [X.]). Dieser ist bei Gewerbetreibenden für das Wirtschaftsjahr zu ermitteln (§ 4a Abs. 1 Satz 1 [X.]). Wirtschaftsjahr ist bei Gewerbetreibenden, deren Firma im Handelsregister eingetragen ist, der Zeitraum, für den sie regelmäßig Abschlüsse machen (§ 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.]). Weicht dieser Zeitraum vom Kalenderjahr ab, ist der Gewinn aus Gewerbebetrieb bei der Ermittlung des Einkommens in der Weise zu berücksichtigen, dass er als in dem Kalenderjahr bezogen gilt, in dem das Wirtschaftsjahr endet (§ 4a Abs. 2 Nr. 2 [X.]). § 4a Abs. 2 Nr. 2 [X.] nimmt damit auch eine zeitliche Zuordnung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor.

Diese Grundsätze gelten ebenfalls für die Ermittlung und zeitliche Zuordnung der Gewinnanteile i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.], wobei grundsätzlich nicht auf die Sicht des [X.]ers (Mitunternehmers), sondern auf die der [X.] (Mitunternehmerschaft) abzustellen ist. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die Personengesellschaft Steuerrechtssubjekt bei der Qualifikation und der Ermittlung der Einkünfte, und der [X.]er Subjekt der Einkünfteerzielung ist (vgl. auch Beschluss des Großen [X.]s des [X.] vom 11. April 2005 GrS 2/02, [X.]E 209, 399, [X.], 679). Dem Gedanken der Einheit der [X.] folgend sind deshalb grundsätzlich dem [X.]er nicht die einzelnen von der [X.] verwirklichten Geschäftsvorfälle, sondern lediglich das Ergebnis der gemeinschaftlichen Tätigkeit (Gewinn oder Überschuss) anteilig zuzurechnen (Beschluss des Großen [X.]s des [X.] vom 3. Juli 1995 GrS 1/93, [X.]E 178, 86, [X.] 1995, 617, unter C.IV.2.b aa).

Diese gesellschaftsbezogene, dem Grundsatz der Einheit der [X.] geschuldete Beurteilung tritt gegenüber dem Gedanken der Vielheit der [X.] nur zurück, wenn andernfalls eine sachlich zutreffende Besteuerung des [X.]ers nicht möglich wäre (vgl. Beschluss des Großen [X.]s des [X.] in [X.]E 178, 86, [X.] 1995, 617, unter C.IV.3.).

bb) Diesen Maßstäben entspricht es, dass für die Klägerin als Kommanditistin der [X.] --einer Mitunternehmerschaft mit abweichendem Wirtschaftsjahr (hier 1. Juli 2005 bis 30. Juni 2006)-- erstmals für das [X.] und nicht schon für das Streitjahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] festgestellt worden sind. Die hierzu in dem geänderten --hier nicht [X.] 2006 für die [X.] vom 7. August 2008 (Grundlagenbescheid) getroffenen Feststellungen sind gemäß § 182 Abs. 1 [X.] für Feststellungbescheide der Klägerin ([X.]) --und damit für das beklagte FA-- bindend.

c) Für das Streitjahr scheidet eine Umqualifizierung der Einkünfte der Klägerin aus Kapitalvermögen in gewerbliche Einkünfte aus, denn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 [X.] liegen nicht vor. Die Klägerin hat im Streitjahr keine gewerblichen Einkünfte i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] bezogen.

Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 [X.] gilt als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer KG, wenn die [X.] gewerbliche Einkünfte i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] bezieht. Für die sog. Abfärbewirkung genügt es danach nicht, dass eine an einer weiteren Personengesellschaft beteiligte Personengesellschaft als Mitunternehmer i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] anzusehen ist. Vielmehr wird auch ein "Bezug" von Gewinnanteilen i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] vorausgesetzt.

aa) Der Begriff des "Bezugs" wird an mehreren Stellen des [X.] verwendet (z.B. in § 11 Abs. 1, § 25 Abs. 1 [X.]) und ist in der Regel im Sinne einer zeitlichen Zuordnung zu verstehen (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.] --[X.]--, § 25 [X.] Rz 19; [X.]/[X.], § 2 [X.] Rz 57). Er bedeutet jedoch nicht stets "Zufluss" i.S. von § 11 Abs. 1 Satz 1 [X.], denn nach § 11 Abs. 1 Satz 5 [X.] bleiben die Vorschriften über die Gewinnermittlung unberührt. Der Begriff bestimmt sich vielmehr nach den jeweils geltenden Vorschriften zur Ermittlung der Einkünfte, bei gewerblichen Einkünften also nach den §§ 4 ff. [X.]. Die in § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 [X.] benannten Einkünfte i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] sind danach in dem Veranlagungs- bzw. Feststellungszeitraum bezogen, in dem sie dem Mitunternehmer nach den Gewinnermittlungsvorschriften zuzurechnen sind. Zu diesen Vorschriften zählt --unter Berücksichtigung der Besonderheiten, die sich aus der Rechtsnatur der Mitunternehmerschaft ergeben (vgl. [X.]-Urteil vom 18. August 2010 X R 8/07, [X.]E 230, 429, [X.] 2010, 1043)--, auch § 4a Abs. 2 Nr. 2 [X.]. Gilt der für eine Personengesellschaft als Steuerrechtssubjekt der Einkünfteermittlung zu ermittelnde Gewinn eines Wirtschaftsjahres nach § 4a Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht als in einem Kalenderjahr als Veranlagungs- und Feststellungszeitraum (§ 2 Abs. 7 Satz 2, § 25 Abs. 1 [X.]) bezogen und fehlt es deshalb bei dem beteiligten Mitunternehmer in diesem Kalenderjahr an einem Bezug gewerblicher Einkünfte i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.], so sind solche Einkünfte auch nicht i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 [X.] bezogen. Deshalb genügen --anders als das [X.] meint-- das bloße Halten einer Beteiligung bzw. allein das Vorliegen einer Mitunternehmerstellung nicht, um die Abfärbewirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 [X.] eintreten zu lassen.

bb) Der Gesetzesbegründung zum [X.] 2007 lässt sich für die Auslegung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 [X.] nichts Gegenteiliges entnehmen.

(1) Die Vorschrift wurde durch das [X.] 2007 angefügt, nachdem der [X.] mit Urteil in [X.], 466, [X.], 383 --entgegen der bis dahin herrschenden Auffassung (vgl. [X.]-Urteile vom 8. Dezember 1994 IV R 7/92, [X.]E 176, 555, [X.] 1996, 264; vom 13. November 1997 IV R 67/96, [X.]E 184, 512, [X.] 1998, 254; vom 18. April 2000 VIII R 68/98, [X.]E 192, 100, [X.] 2001, 359; R 138 Abs. 5 Satz 4 der Einkommensteuer-Richtlinien)-- entschieden hatte, dass eine Umqualifizierung der gesamten Einkünfte einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft in gewerbliche Einkünfte allein aufgrund gewerblicher [X.] mangels originärer gewerblicher Tätigkeit ausscheide. Nach der Begründung der Regierungsvorlage sollte mit der Gesetzesänderung "die bisherige Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung wiederhergestellt und gesetzlich abgesichert werden" (BTDrucks 16/2712, S. 44). Dabei habe (bereits) § 15 Abs. 3 Nr. 1 [X.] a.[X.] verhindern sollen, dass bei einer Personengesellschaft neben gewerblichen Einkünften solche weiterer Einkunftsarten entstehen. Dieses Ziel würde aber verfehlt, wenn die [X.] neben ihren gewerblichen Einkünften als Mitunternehmerin noch Einkünfte aus einer anderen Einkunftsart erziele (BTDrucks 16/2712, S. 45). Hieraus ist zu folgern, dass der Gesetzgeber eine sog. Abfärbewirkung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 [X.] dann für geboten hält, wenn das [X.] von Einkünften unterschiedlicher Einkunftsarten bei einer Personengesellschaft verhindert werden soll.

(2) Auch ausgehend hiervon setzt der in § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 [X.] als Voraussetzung für die sog. Abfärbewirkung bestimmte Bezug gewerblicher Einkünfte i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] voraus, dass der Gewinn(anteil) bei abweichendem Wirtschaftsjahr einer Mitunternehmerschaft auch im entsprechenden Veranlagungs- bzw. Feststellungszeitraum (Kalenderjahr) i.S. des § 4a Abs. 2 Nr. 2 [X.] bezogen worden ist. Denn allein aufgrund der Beteiligung einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft an einer anderen, gewerblich tätigen Personengesellschaft mit abweichendem Wirtschaftsjahr ist das Zusammentreffen von Einkünften unterschiedlicher Einkunftsarten in einem Veranlagungs- bzw. Feststellungszeitraum bei der beteiligten Personengesellschaft noch nicht zu besorgen. Insoweit besteht auch nach dem in der Gesetzesbegründung umschriebenen Gesetzeszweck kein Anlass, bei abweichendem Wirtschaftsjahr der Mitunternehmerschaft die (bislang) nicht gewerblichen Einkünfte einer vermögensverwaltenden [X.] bereits im Jahr der Entstehung einer doppelstöckigen Struktur, aber noch im Vorjahr des Bezugs gewerblicher Einkünfte i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.], insgesamt nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 [X.] in gewerbliche Einkünfte umzuqualifizieren.

cc) Schließlich bestehen --ungeachtet der Bindungswirkung des für die [X.] ergangenen [X.] 2006-- auch keine Anhaltspunkte, dass eine sachlich zutreffende Besteuerung der Klägerin als [X.]erin der [X.] dadurch gefährdet wäre, dass auch im Streitfall für die Ermittlung und zeitliche Zuordnung der Gewinnanteile i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] auf die Sicht der [X.] (hier [X.]) abgestellt wird und die Zuweisung des Gewinnanteils des [X.]ers der Mitunternehmerschaft mit abweichendem Wirtschaftsjahr (hier Klägerin) nach § 4a Abs. 2 Nr. 2 [X.] bestimmt wird.

Eine sachlich unzutreffende Besteuerung bei Anwendung des § 4a Abs. 2 Nr. 2 [X.] könnte bei einer doppelstöckigen Struktur allenfalls dann zu besorgen sein, wenn die [X.] ihre Anteile an der Untergesellschaft noch vor Ablauf des Kalenderjahres veräußert. Bei Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer gewerblich tätigen Mitunternehmerschaft mit abweichendem Wirtschaftsjahr ist deshalb § 4a Abs. 2 Nr. 2 [X.], der von dem Fortbestand der "Einkunftsquelle" ausgeht, nicht anzuwenden mit der Folge, dass die Einkünfte aus der Beteiligung bereits dem Veranlagungs- bzw. Feststellungszeitraum zuzurechnen sind, in dem der Mitunternehmer ausgeschieden ist; denn der Gewinnbezug endet spätestens mit dem Wegfall der "Einkunftsquelle" (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 230, 429, [X.] 2010, 1043). Im Streitfall liegt indes die umgekehrte Situation des Erwerbs einer "Einkunftsquelle" vor.

Im Übrigen wäre eine fehlerhafte Zuweisung von Gewinnanteilen i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] zu einem bestimmten Kalenderjahr nicht im Rahmen der Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 [X.] zu "korrigieren". Hierüber kann allein in dem die Untergesellschaft betreffenden Feststellungsverfahren entschieden werden.

II. Liegen die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 [X.] im Streitfall nicht vor, braucht der [X.] nicht über die Verfassungsmäßigkeit der in § 52 Abs. 32a [X.] angeordneten rückwirkenden Anwendung der Vorschrift auch für den Veranlagungszeitraum 2005 entscheiden. Gleichfalls braucht der [X.] nicht zu der Frage Stellung zu nehmen, ob --wie die Klägerin meint-- die Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 [X.] im Streitfall auch deshalb ausscheidet, weil die gewerbliche Beteiligung der Klägerin für deren gesamte Tätigkeit nur von untergeordneter Bedeutung ist.

III. [X.] ist spruchreif. Der [X.] kann in der Sache selbst entscheiden. Das Urteil des Niedersächsischen [X.] vom 8. Dezember 2010 und der Ablehnungsbescheid vom 12. Juni 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Juli 2008 sind aufzuheben. Der Feststellungsbescheid 2005 vom 19. Juli 2007 ist dahin zu ändern, dass statt gewerblicher Einkünfte Einkünfte aus Kapitalvermögen festgestellt werden.

Meta

IV R 5/11

26.06.2014

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 8. Dezember 2010, Az: 2 K 295/08, Urteil

§ 2 Abs 2 Nr 1 EStG 2002, § 4a Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 2002, § 4a Abs 2 Nr 2 EStG 2002, § 11 EStG 2002, § 15 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2002, § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 2002, § 15 Abs 3 Nr 1 EStG 2002 vom 13.12.2006, § 25 Abs 1 EStG 2002, § 52 Abs 32a EStG 2002 vom 13.12.2006, § 182 Abs 1 AO, EStG VZ 2005, Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.06.2014, Az. IV R 5/11 (REWIS RS 2014, 4562)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4562

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