Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.10.2005, Az. V ZR 63/05

V. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 1218

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 21. Oktober 2005 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

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Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. Oktober 2005 durch [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des Streithelfers wird das Urteil des 22. Zivil-senats des [X.] vom 27. Januar 2005 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen Tatbestand:
Mit notariellem [X.] vom 8. November 1987 schenkten die Klägerin und ihr im Jahr 1999 verstorbener Ehemann (Erblasser) eine noch zu vermessende, etwa 1.600 qm umfassende Teilfläche eines Grundstücks ihren Enkeln, den [X.]. Da das zu übertragende Teilstück damals nur über das bei den Großeltern verbleibende Teilstück zu erreichen war, sollte nach § 6 Abs. 3 des Vertrages an einer nach Vermessung verbleibenden Restparzelle zugunsten des hinteren Grundstücks ein Wegerecht bestellt werden. Vor diesem Hintergrund entstanden nach Vermessung das Flurstück 239, das bei den 1 - 3 -

Großeltern verblieb, das den [X.] zu übertragende Flurstück 241 sowie das 210 qm große Flurstück 240, das mit dem Wegerecht belastet werden sollte. Zur Umsetzung dieser Vereinbarung hatten die Vertragsparteien eine Angestellte des dem Rechtstreit als Streithelfer der [X.] beigetretenen Notars bevollmächtigt, die Auflassung zu erklären und die zur Berichtigung, Ergänzung, Abänderung und zum Vollzug des Vertrags notwendigen oder dienlichen Erklärungen abzugeben. Auf diesem Wege wurde den [X.] am 15. Mai 1990 das Flurstück 241 aufgelassen.
In einem an den Streithelfer gerichteten und nur von der Klägerin unter-zeichneten Schreiben vom 27. Mai 1990 heißt es: "– hiermit bestätigen wir, dass der – eingemessene Weg, Parzelle 240, mit dem vertraglich vereinbarten Grundstück, Parzelle 241, unseren Enkeln – übertragen werden soll". Über der Unterschrift stehen maschinenschriftlich die Namen beider Großeltern. Aufgrund dieses Schreibens beurkundete der Streithelfer am 28. Mai 1990 eine "Identitäts-erklärung und Auflassung", in der die Notariatsangestellte die Auflassung auch des Flurstücks 240 (im Folgenden "Weggrundstück") an die [X.] erklärte.
Am 13. Juni 1990 wurden die [X.] als Eigentümer beider Flurstücke in das Grundbuch eingetragen.
Die Kläger [X.] beide Erben des Erblassers [X.] verlangen die Auflassung des [X.] an sich und machen hierzu geltend, die [X.] seien mangels Auflassung nicht Eigentümer des Grundstücks geworden. Für den Fall ihrer Verurteilung haben die [X.] Widerklage mit dem Antrag erhoben, aus den Flurstücken 239 und 240 eine Teilfläche von 325 qm auszumessen und auf sie aufzulassen. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung 2 3 4 - 4 -

der Kläger hat das [X.] der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision erstrebt der Streithelfer eine Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Kläger beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels. Entscheidungsgründe:
[X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt, nach § 894 [X.] könne der [X.] nicht nur Zustimmung zur Grundbuchberichtigung verlangen, sondern auch Rückauflassung. Ein solcher Anspruch bestehe hier. Die [X.] seien nicht Eigentümer des [X.] geworden. Aufgrund der in dem [X.] enthaltenen Vollmachten sei die Notariatsangestellte nicht zur Auflassung dieses Flurstücks bevollmächtigt gewesen. Es lägen auch keine [X.] für eine spätere Genehmigung der [X.] erklärten Auflassung durch die Großeltern vor. Aufgrund des Schreibens vom 27. Mai 1990 lasse sich nicht feststellen, dass beide Großeltern eine Änderung des [X.]s gewollt hätten, weil das Schreiben nur die Unterschrift der Klägerin trage.

I[X.] 1. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
a) [X.] ist bereits der rechtliche Ausgangspunkt des [X.], wonach § 894 [X.] dem nicht im Grundbuch eingetragenen Eigentümer auch die Möglichkeit bieten soll, (Rück-)Auflassung zu verlangen. Zwar kann der 5 6 7 - 5 -

Anspruch auf Berichtigung in der Form eines Auflassungsantrags geltend ge-macht werden, wenn die gebotene Auslegung das richtige Rechtsschutzziel er-kennen lässt (Senat, Urt. v. 20. September 2002, [X.], [X.] 2003, 36, 37; vgl. auch [X.], 353, 355 f.; [X.]/[X.], 4. Aufl., § 894 Rdn. 26). Daraus folgt jedoch nicht, dass das Gericht den [X.] zur Abgabe einer Auflassungserklärung verurteilen dürfte, sondern lediglich, dass der Klage-antrag als Bewilligungsbegehren im Sinne von § 894 [X.] zu deuten ist, sofern das [X.] "Grundbuchberichtigung" als Ergebnis einer möglichen Aus-legung feststeht.
Für die von dem Berufungsgericht zugrunde gelegte und auch sonst in Rechtsprechung und Literatur teilweise vertretene Auffassung (vgl. etwa [X.] Rpfleger 2002, 19, 20; [X.]/[X.], [X.], 64. Aufl., § 894 Rdn. 8; wohl auch [X.]/[X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 894 Rdn. 30; RGRK-[X.]/[X.], 12. Aufl., § 894 Rdn. 33; a.[X.]. [X.]; [X.]/[X.], [X.] [2002], § 894 Rdn. 117; Soergel/Stürner, [X.], 13. Aufl., § 894 Rdn. 21) bietet das Gesetz keinen Anhalt. Nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut kann der Rechtsinhaber lediglich "Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs" verlangen, mithin die Abgabe der Berichtigungsbewilligung in der nach § 29 GBO erforderlichen Form ([X.]/[X.], [X.]. 90). § 894 [X.] bezweckt die Auflösung des Widerspruchs zwischen dem Inhalt des Grund-buchs und der wirklichen Rechtslage durch Herbeiführung einer dem materiellen Recht entsprechenden Grundbucheintragung (vgl. Motive zum Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches, [X.], [X.] f.). Folgerichtig ist die Berichtigungs-bewilligung als reine Verfahrenshandlung lediglich darauf gerichtet, einen dem materiellen Recht entsprechenden Grundbuchstand herzustellen (vgl. nur [X.]/[X.], [X.]. 90 f. m.w.N.). Demgegenüber zielt die [X.] - 6 -

klärung als materielles Rechtsgeschäft auf eine Änderung der bestehenden ding-lichen Rechtslage, die jedoch in Fällen der vorliegenden Art gar nicht eintreten kann, weil der Anspruchsinhaber bereits Eigentümer ist. Wissen dies die die [X.] Erklärenden, ist sogar zweifelhaft, ob überhaupt eine wirksame Auflas-sung vorliegt, aufgrund deren das Grundbuchamt nach dem Legalitätsprinzip die Eintragung des materiell Berechtigten vornehmen darf (kritisch auch [X.]/[X.], [X.]. 93). Fehlt den Parteien der rechtliche Wille, den nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckten Rechtserfolg herbeizuführen, weil sie wissen, dass der Rechtserfolg nicht erreicht werden kann, liegt schon der Tatbe-stand einer Willenserklärung nicht vor (vgl. auch Senat, [X.], 376, 379).
b) Davon abgesehen, hat das Berufungsgericht auch die Voraussetzungen des § 894 [X.] zu Unrecht bejaht. [X.] ist es davon ausgegangen, dass die Kläger Eigentümer des [X.] sind.
Die Revision rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht im Kontext der Frage, ob die Notariatsangestellte auch zur Erklärung der Auflassung für das Weggrundstück bevollmächtigt war, eine Auslegung des Schreibens vom 27. Mai 1990 unterlassen und sich damit den Blick darauf verstellt hat, dass dieses bei verständiger Würdigung nicht die Erklärung eines [X.] beider Großeltern enthält [X.] von einer solchen Erklärung geht das Berufungs-gericht aus [X.], sondern den Auftrag an den Notar, die unentgeltliche Übertragung des Eigentums auch an dem Weggrundstück auf die Enkel zu bewerkstelligen. Da beide Großeltern wussten, dass die Notariatsangestellte aufgrund der erteilten Vollmachten die Auflassung des Flurstücks 241 erklären würde, lässt sich die Formulierung, das Weggrundstück solle "mit dem vertraglich vereinbarten Grundstück – unseren Enkeln – übertragen werden", nur so 9 10 - 7 -

verstehen, dass eine Übertragung des Eigentums an dem Weggrundstück mit derselben Verfahrensweise erreicht werden sollte. In diesem Sinn hat denn auch der Streithelfer das Schreiben der Großeltern aufgefasst, was sich schon daraus ergibt, dass er unmittelbar nach Erhalt des Schreibens die Auflassung des Grundstücks veranlasst hat. Da die Bevollmächtigung zur Erklärung der Auflassung keiner besonderen Form bedarf (vgl. Senat, BGHZ 29, 366, 368) und davon auszugehen ist, dass auch die [X.] das Handeln der [X.] genehmigt haben, ist für das Revisionsverfahren von einer wirksamen Auflassung und damit [X.] wegen der zudem erfolgten Grundbuch-eintragung [X.] von einem Eigentumserwerb der [X.] auszugehen.
Dem steht nicht entgegen, dass das Schreiben vom 27. Mai 1990 nicht von beiden Großeltern, sondern nur von der Klägerin unterzeichnet wurde. Für die im Grundbuch eingetragenen [X.] streitet die Eigentumsvermutung des § 891 [X.]. Das hat zur Folge, dass die Kläger jede von den [X.] vorgetragene Erwerbsmöglichkeit widerlegen müssen (Senat, Urt. v. 13. November 1998, NJW-RR 1999, 376, 377), und zwar auch die Möglichkeit eines Rechtserwerbs durch Bevollmächtigung oder Genehmigung (vgl. Senat, Urt. v. 23. März 1979, [X.], NJW 1979, 1656). Es ist deshalb Sache der Kläger, darzulegen und zu beweisen, dass der Vortrag der [X.], der Großvater sei mit dem Schreiben einverstanden gewesen, unzutreffend ist. Das schlichte Bestreiten der Kläger genügt nicht.
2. Das angefochtene Urteil ist nicht im Ergebnis aus anderen Gründen rich-tig. 11 12 - 8 -

a) Da die Voraussetzungen des § 894 [X.] nach dem bisherigen Vorbrin-gen der Kläger nicht vorliegen, kann die Frage, ob der Klageantrag bei verstän-diger Würdigung zumindest hilfsweise als Bewilligungsantrag auszulegen ist, für das Revisionsverfahren offen bleiben.
b) Das Klagebegehren ist auch nicht aus § 812 Abs. 1 Satz 1 [X.] gerecht-fertigt, weil die [X.] das Eigentum an dem Weggrundstück aufgrund der von dem Berufungsgericht unterstellten Schenkung beider Großeltern mit Rechts-grund erworben haben. Rechtsgrund ist die Abrede der Unentgeltlichkeit (§ 516 Abs. 1 [X.]). Für einen vorausgehenden Schenkungsverpflichtungsvertrag, der der notariellen Beurkundung bedurft hätte (§ 518 Abs. 1 Satz 1 [X.]), ergeben sich keine Anhaltspunkte. Im Übrigen wäre ein etwaiger Formmangel durch [X.] und Grundbucheintragung geheilt (§ 313 Satz 2 [X.] a.F.).
3. Nach allem ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzu-verweisen, weil der Rechtstreit noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO). Die aus § 891 [X.] folgende Darlegungs- und Be-weislast hat in den Tatsacheninstanzen keine Rolle gespielt; folgerichtig ist den Klägern kein diesbezüglicher Hinweis erteilt worden (§ 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Die Zurückverweisung eröffnet den Klägern die Möglichkeit, das von den [X.] behauptete Einverständnis des Großvaters auszuräumen. Sie bietet zudem 13 14 15 - 9 -

Gelegenheit, bei der Antragstellung der Rechtsauffassung des Senats zu § 894 [X.] Rechnung zu tragen.

Krüger [X.] Lemke
Czub Roth Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 16.07.2004 - 4 O 82/04 - [X.], Entscheidung vom [X.]

Meta

V ZR 63/05

21.10.2005

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.10.2005, Az. V ZR 63/05 (REWIS RS 2005, 1218)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 1218

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