Bundesfinanzhof, Beschluss vom 06.12.2012, Az. V ER-S 2/12

5. Senat | REWIS RS 2012, 632

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Gegenstand

Vorsteuerabzug des Gesellschafters


Leitsatz

NV: Der Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, nach der ein Gesellschafter, der ein Wirtschaftsgut außerhalb einer eigenen wirtschaftlichen (unternehmerischen) Tätigkeit nach § 2 UStG erwirbt und diesen seiner Gesellschaft unentgeltlich zur Nutzung überlässt, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Tatbestand

1

I. 1. Mit Beschluss vom 14. November 2012 [X.] R 26/10 hat der [X.]. Senat des [X.] ([X.]) beim [X.] angefragt, ob er einer "Abweichung von seiner Rechtsprechung in dem Urteil vom 6. September 2007 V R 16/06 ([X.]/NV 2008, 1710, [X.] --HFR-- 2008, 840) zustimmt" und zur Begründung auf seinen Gerichtsbescheid vom … 2012 [X.] R 26/10, gegen den mündliche Verhandlung beantragt wurde, verwiesen.

2

In diesem Verfahren geht es um die Frage, ob ein Gesellschafter (Kläger), der mit Anderen an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) beteiligt war ([X.]) und der bei der Auflösung der [X.] im Rahmen einer sog. Realteilung einen Teil des der [X.] zustehenden [X.] erhielt, im Hinblick auf den Erwerb dieses [X.], den der [X.]. Senat des [X.] als entgeltlichen Vorgang beurteilt, zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, wenn der Gesellschafter mit einem anderen Gesellschafter eine neue GbR ([X.]) gründet, dieser den Mandantenstamm unentgeltlich zur Nutzung überlässt und die [X.] diesen Mandantenstamm für steuerpflichtige Umsätze verwendet.

3

Die [X.] erteilte dem Kläger am 16. August 2004 eine Rechnung mit Steuerausweis für die 1994 erfolgte Realteilung.

4

2. Der [X.]. Senat des [X.] geht davon aus, dass in Folge des Urteils des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) vom 1. März 2012 [X.]/10, [X.] ([X.], 366) der "Gesellschafter einer Steuerberatungs-GbR, der von der GbR einen Teil des [X.] ausschließlich zu dem Zweck erwirbt, diesen unmittelbar anschließend einer von ihm gegründeten Steuerberatungs-GbR unentgeltlich zur unternehmerischen Nutzung zu überlassen, ... zum Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des [X.] berechtigt sein" kann.

Entscheidungsgründe

5

II. Der V. Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, nach der ein [X.]er, der ein Wirtschaftsgut außerhalb einer eigenen wirtschaftlichen (unternehmerischen) Tätigkeit nach § 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) erwirbt und dieses seiner [X.] unentgeltlich zur Nutzung überlässt, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Er stimmt daher einer Abweichung von dieser Rechtsprechung nicht zu.

6

1. Der Senat hat in seiner bisherigen Rechtsprechung den Vorsteuerabzug eines [X.]ers aus [X.] für seine [X.] mehrfach verneint.

7

So hat der Senat mit Urteil vom 15. Januar 1987 V R 3/77 ([X.], 272, [X.] 1987, 512) entschieden, dass der Erwerb eines Einzelunternehmens zu dem Zweck, es unmittelbar in eine Personengesellschaft einzubringen, keine unternehmerische Betätigung begründet und der einbringende [X.]er daher aus dem Erwerb nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

8

Darüber hinaus hat der Senat entschieden, dass der Eigentümer eines Ferienhauses, der sich mit anderen Ferienhauseigentümern zu einer [X.] bürgerlichen Rechts zusammenschließt, das Haus nicht selbst als Unternehmer zur Ausführung von Umsätzen verwendet, wenn nicht er, sondern die [X.] die Ferienhäuser in eigenem Namen vermietet, und er damit auch nicht zum Abzug der Vorsteuerbeträge aus der Gebäudeerrichtung berechtigt ist ([X.]-Urteil vom 18. März 1988 V R 178/83, [X.], 166, [X.] 1988, 646).

9

Weiter sind bei einer Vermietung durch eine Miteigentümergemeinschaft nur diese, nicht aber auch die Miteigentümer als Unternehmer anzusehen, so dass der Miteigentümer nicht bereits durch die zivilrechtliche Stellung als Mitvermieter, sondern erst aufgrund einer entgeltlichen Überlassung seines Miteigentumsanteils an die [X.] zum Unternehmer wird ([X.]-Urteil vom 16. Mai 2002 V R 4/01, [X.] 2002, 1347).

Schließlich ist der Senat in seinem in der Anfrage des [X.]. Senats des [X.] genannten Urteil in [X.] 2008, 1710, [X.], 840 davon ausgegangen, dass [X.]er nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, wenn diese als Miteigentümer ein Gebäude errichten, das sie einer personenidentischen OHG unentgeltlich zur Nutzung überlassen, ohne das Gebäude in das Gesamthandvermögen der OHG zu übertragen.

2. Der Senat stimmt einer Abweichung von seiner vorstehend wiedergegebenen Rechtsprechung für den Fall, dass der [X.]er ein von ihm erworbenes Wirtschaftsgut der [X.] lediglich unentgeltlich zur Nutzung überlässt und insoweit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, nicht zu, da insoweit kein Widerspruch zum [X.]-Urteil [X.] in [X.] 2012, 366 besteht und die Übertragung der einen Einbringungsvorgang betreffenden Entscheidungsgrundsätze auf den Fall einer unentgeltlichen Nutzungsüberlassung des von einem [X.]er erworbenen Wirtschaftsguts an die [X.] zweifelhaft ist.

a) Der [X.] hat in seinem Urteil [X.] in [X.] 2012, 366 entschieden, dass

"die [X.], damit die Neutralität der Steuerlast gewährleistet werden kann und da es den [X.]ern, obwohl sie als mehrwertsteuerpflichtig angesehen werden können, nach den nationalen Rechtsvorschriften nicht möglich ist, sich auf von [X.] bewirkte steuerbare Umsätze zu berufen, um sich von den [X.] im Zusammenhang mit den [X.] zu entlasten, die für die Zwecke und im Hinblick auf die Tätigkeit dieser [X.] bewirkt wurden, in die Lage versetzt werden [muss], diese Investitionsumsätze beim [X.] zu berücksichtigen (...)" ([X.]-Urteil [X.] in [X.] 2012, 366 Rdnr. 35).

Danach sind die [X.]er oder die [X.] aus "[X.]" zum Vorsteuerabzug berechtigt. Ob ein derartiger [X.] vorliegt, bestimmt sich aus Sicht der [X.]. Denn ein [X.] der [X.] setzt den Erwerb eines Investitionsguts (zum Begriff des Investitionsguts und zur Zuordnung von Investitionsgütern und sonstigen Leistungen vgl. [X.]-Urteil vom 16. Februar 2012 [X.], [X.], [X.]. 33, 34, 45 f. und 53) durch die [X.] voraus. Hieran fehlt es, wenn ein Investitionsgut der [X.] nur zur Nutzung überlassen wird.

Hierfür spricht zum einen, dass der [X.] von einem gleichrangigen Vorsteuerabzug bei den [X.]ern und der [X.] ausgeht, so dass die [X.] den von den [X.]ern erworbenen Gegenstand im Umfang des Erwerbs durch die [X.]er erlangen muss. Zum anderen ist es die wirtschaftliche Tätigkeit der [X.], aus der sich nach dem [X.]-Urteil [X.] in [X.] 2012, 366 eine Unternehmerstellung eines ansonsten nichtwirtschaftlich (nichtunternehmerisch) tätigen [X.]ers ableitet und sich das Vorliegen eines [X.]es auch deshalb nach den Verhältnissen der [X.] bestimmt. Dementsprechend bejaht der [X.] in seinem Urteil [X.] in [X.] 2012, 366 den Vorsteuerabzug aus der Einbringung eines Grundstücks in eine [X.], die umsatzsteuerrechtlich als Lieferung dieses Grundstücks an die [X.] anzusehen ist.

b) Die Rechtsprechung des Senats, wonach der außerhalb einer eigenen wirtschaftlichen (unternehmerischen) Tätigkeit handelnde [X.]er bei einer lediglich unentgeltlichen Nutzungsüberlassung an die [X.] nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, steht schon deshalb nicht im Widerspruch zum [X.]-Urteil [X.] in [X.] 2012, 366, weil eine Nutzungsüberlassung einer Lieferung nicht gleichzustellen ist. Dies gilt auch für Wirtschaftsgüter, deren Übertragung wie im Fall eines Kunden- oder Mandantenstammes umsatzsteuerrechtlich keine Lieferung gemäß § 3 Abs. 1 UStG, sondern eine sonstige Leistung nach § 3 Abs. 9 UStG ist (vgl. hierzu z.B. [X.]-Urteil vom 22. Oktober 2009 [X.]/08, [X.], Slg. 2009, [X.] zur Übertragung eines Bestandes aus [X.]). Ein [X.] liegt dann nur vor, wenn der umsatzsteuerrechtlich als sonstige Leistung anzusehende Vorgang zu einem Erwerb des Kunden- oder Mandantenstammes führt, nicht aber auch, wenn der Kunden- oder Mandantenstamm nur zur Nutzung überlassen wird.

c) Im Übrigen sind sich aus dem [X.]-Urteil [X.] in [X.] 2012, 366 ergebende Auslegungszweifel vorrangig durch den [X.] selbst zu klären, so dass der Senat erst nach einer derartigen Klärung im Rahmen einer erneuten Abweichungsanfrage über eine Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung zu entscheiden hätte.

Zweifelhaft ist dabei z.B., ob die Grundsätze des [X.]-Urteils [X.] in [X.] 2012, 366 nur für gemeinsame Leistungsbezüge durch alle [X.]er oder auch für Leistungsbezüge durch einzelne [X.]er und damit z.B. auch für die individuellen Leistungsbezüge einer unbestimmten Vielzahl von [X.]ern einer Publikumsgesellschaft gelten, oder z.B., ob sich bereits aus dem Unionsrecht ein gegenüber dem Vorsteuerabzug der [X.] vorrangiger Anspruch der [X.]er auf Vorsteuerabzug ergibt, so dass dies auch bei der richtlinienkonformen Auslegung des § 15 UStG zu beachten wäre.

d) Schließlich weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass der [X.] in seinem Urteil [X.] in [X.] 2012, 366 die Einbringung durch die beiden [X.]er im Hinblick auf eine aus der wirtschaftlichen Tätigkeit der [X.] abgeleitete Unternehmerstellung als steuerbar und aufgrund einer gesonderten Steuerbefreiungsvorschrift als nicht steuerpflichtig ansieht. Der [X.] bejaht dabei den Vorsteuerabzug trotz der im Verhältnis zwischen den [X.]ern und der [X.] gegebenen Steuerfreiheit aus Gründen der steuerlichen Neutralität. Demgegenüber besteht weder für die Übertragung noch für die Überlassung eines Kundenstamms eine Steuerbefreiung. So hat der [X.] die Steuerfreiheit solcher Übertragungen auch im Anwendungsbereich des Art. 13 Teil B Buchst. c der [X.] zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/[X.], der unionsrechtlichen Grundlage von § 4 Nr. 28 UStG, verneint ([X.]-Urteil [X.] in Slg. 2009, [X.]). Auch diese Besonderheit könnte gegen eine Berücksichtigung des [X.]-Urteils [X.] in [X.] 2012, 366 in dem vom [X.]. Senat des [X.] zu entscheidenden Streitfall sprechen.

Meta

V ER-S 2/12

06.12.2012

Bundesfinanzhof 5. Senat

Beschluss

vorgehend BFH, 14. November 2012, Az: XI R 26/10, Beschluss

§ 15 UStG 1999

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 06.12.2012, Az. V ER-S 2/12 (REWIS RS 2012, 632)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 632


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. XI R 26/10

Bundesfinanzhof, XI R 26/10, 26.08.2014.

Bundesfinanzhof, XI R 26/10, 20.02.2013.

Bundesfinanzhof, XI R 26/10, 14.11.2012.


Az. V ER-S 2/12

Bundesfinanzhof, V ER-S 2/12, 06.12.2012.


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