Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.03.2011, Az. 27 W (pat) 160/10

27. Senat | REWIS RS 2011, 8801

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Dürer-Hotel" – Unterscheidungskraft und kein Freihaltungsbedürfnis -


Leitsatz

Dürer-Hotel

Die Kombination "Dürer-Hotel" ist anders zu beurteilen als der alleinstehende Name "Leonardo da Vinci" (BPatG MarkenR 2008, 33), so dass es nicht darauf ankommt, ob der Name "Dürer" in Alleinstellung Markencharakter haben kann. Die Bezeichnung "Hotel" verlangt geradezu eine Spezifizierung. Diese kann auf Grund der branchenüblichen Gewohnheiten auch durch den Namen einer berühmten Person erfolgen.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2008 066 803.2

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] am 9. März 2011 durch [X.] [X.], [X.] und die Richterin am Landgericht Werner

beschlossen:

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des [X.] vom 23. Juni 2010 wird insoweit aufgehoben, als der angemeldeten Marke der Schutz versagt wurde.

Gründe

I.

1

Die mit Antrag vom 15. Oktober 2008 angemeldete Wortmarke

2

Dürer-Hotel

3

hat die Markenstelle für Klasse 41 des [X.] mit Beschluss vom 23. Juni 2010 u. a. für die nach Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses durch den Anmelder im Beschwerdeverfahren noch streitgegenständlichen Dienstleistungen zurückgewiesen, nämlich

4

Klasse 41: Erziehung, sportliche Aktivitäten,

5

Klasse 43: Verpflegung und Beherbergung von Gästen.

6

Das ist damit begründet, die angemeldete Bezeichnung stelle im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen eine nicht schutzfähige Angabe dar, da sie allein sachbezogen sei.

7

„[X.]“ sei eine sprachüblich gebildete Wortkombination aus dem Familiennamen des Künstlers [X.] und dem [X.] Wort „Hotel“, mit dem ein Beherbergungsbetrieb bezeichnet werde.

8

Bei der angemeldeten Wortfolge liege damit ein beschreibender Hinweis dahingehend vor, dass es sich um Dienstleistungen handle, die in einem Hotel erbracht werden oder dem Betrieb eines Hotels dienen können, das sich thematisch mit Leben und Werk des Künstlers [X.] befasse. Dies könnten Seminare, Workshops und Ausstellungen zum Thema [X.] oder Unterhaltungsveranstaltungen zu seinem Leben und Werk, oder Speisen und Getränke, die für seine Zeit typisch waren, oder [X.], die mit Reproduktionen seiner Werke ausgestattet sind, sein.

9

Alle beanspruchten Dienstleistungen könnten mit Hotels, die das Leben [X.]s thematisieren, in Verbindung gebracht werden. Das angesprochene Publikum werde nicht annehmen, dass es nur eine Institution gebe, die ein solches Themenhotel betreibe. „[X.]“ werde demnach als Hinweis auf Art, Thema und Ort der beanspruchten Dienstleistungen verstanden und nicht mit einem bestimmten Unternehmen in Verbindung gebracht.

Der Beschluss ist dem Anmelder am 6. Juli 2010 zugestellt worden.

Mit seiner Beschwerde vom 5. August 2010 wendet er sich gegen die Wertung in der angegriffenen Entscheidung.

Für die beanspruchten Dienstleistungen stelle der Begriff „[X.]“ lediglich eine vage und interpretationsbedürftige Aussage dar, der nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden könne.

Bei dem Namen „[X.]“ handle es sich um einen üblichen Familiennamen. Auch wenn es sich bei [X.] um einen bekannten [X.] Maler und Grafiker handle, laute die angemeldete Wortfolge doch nicht „Albrecht [X.]“ sondern nur „[X.]“.

Soweit das angesprochene Publikum mit „[X.]“ eine Assoziation mit dem [X.] Maler herstelle, werde es dabei kaum daran denken, dass die damit gekennzeichneten Dienstleistungen in einem Hotel angeboten oder erbracht würden, das aufgrund seiner besonderen Ausstattung oder Gestaltung auf das Leben oder das Werk [X.]s Bezug nehme.

So seien auch „Maritim“ Hotels nicht unbedingt am Meer gelegen und in „[X.]“ Hotels nicht nur Gäste untergebracht, die ihre Ferien dort verbringen würden. Im Übrigen seien u. a. auch die Marken „[X.]“ oder „[X.] Hotel“ oder auch „Hotel Königin [X.]“ und „Hotel König [X.]“ ebenso wie „Albrecht-[X.]-Tee“ oder „[X.]-Pralinen“ eingetragen.

Es sei kein Grund ersichtlich, warum das Publikum die hier in Rede stehende Bezeichnung nicht als Marke verstehen sollte.

Der Anmelder beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des [X.] vom 23. Juni 2010 aufzuheben und die angemeldete Marke einzutragen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 66, 64 Abs. 6 [X.]) und hat nach Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses in der Sache Erfolg.

1. Entgegen der Auffassung der Markenabteilung kann der Wortfolge „Dürer-Hotel“ das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] für die verbliebenen Dienstleistungen nicht abgesprochen werden und auch ein Freihaltungsbedürfnis zugunsten der Mitbewerber [X.] § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] besteht insoweit nicht.

„[X.]“ weist mit dem Bestandteil „[X.]“ - so wie andere Eigennamen auch - von Haus aus einen individualisierenden Charakter auf und ist deshalb zur Erfüllung der Herkunftsfunktion geeignet.

Die kennzeichnende Funktion des Namens geht auch in einer Kombination mit „Hotel“ nicht verloren.

a) Personennamen sind nach § 3 Abs. 1 [X.] abstrakt markenfähig und auch bei Namen bekannter Personen ist die Möglichkeit einer herkunftshinweisenden Individualisierung nicht von vornherein ausgeschlossen (vgl. [X.], Beschluss vom 6. Februar 2008, [X.] (pat) 92/06 - Maya Plisetskaya).

Bei einem markenmäßigen Gebrauch des Namens verstorbener Personen liegt die Annahme nicht fern, die Erben bzw. sonstige Berechtigte stünden hinter der Marke (vgl. [X.], Beschluss vom 1. Dezember 2004, [X.] (pat) 388/02 - Rainer Werner Fassbinder).

Für eine Eintragung als Marke ist es allerdings erforderlich, dass dem Namen in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht jegliche Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehlt ([X.] GRUR 2006, 591, 592 - Georg-Simon-Ohm; [X.], [X.], 512 - [X.] ).

Dabei gelten für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Marken, die aus einem Personennamen bestehen, dieselben Kriterien wie für alle anderen Kategorien von Marken (vgl. [X.] [X.], 946, Rn. 25 - [X.]; [X.] GRUR 2006, 591 - Georg-Simon-Ohm).

Unterscheidungskraft im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und von denjenigen anderer zu unterscheiden sowie deren Ursprungsidentität zu gewährleisten (vgl. u.a. [X.] [X.], 428, 431 Nr. 48 - Henkel; [X.], 229, 230 -BioID).

Wortmarken besitzen nach der Rechtsprechung dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] GRUR 2003, 604 - [X.]; [X.], 674 -Postkantoor; BGH [X.], 1000 - Käse in Blütenform II).

Dies ist im Hinblick auf die beteiligten Kreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung der Marke durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist ([X.] 2006, 850, 854 Nr. 18 - FUSSBALL WM 2006).

b) Den sich daraus ergebenden markenrechtlich gebotenen Anforderungen an die Unterscheidungskraft wird „[X.]“ im Kontext mit den noch beanspruchten Dienstleistungen gerecht.

Die streitgegenständliche Wortfolge ist, wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, in sprachüblicher Weise aus den Begriffen „[X.]“ und „Hotel“ zusammengesetzt.

Die Etablissementbezeichnung „Hotel“ ist dabei für die angemeldeten Dienstleistungen eine ohne weiteres beschreibende Sachangabe, da sie die Art der Dienstleistungen bzw. den Ort ihrer Erbringung bezeichnet. Der Verbraucher wird diesen Begriff stets in seiner Bedeutung als Beherbergungsbetrieb verstehen.

Die Angabe „[X.]“ kann sich auf [X.] den Jüngeren, auch [X.], (geboren am [X.] in [X.] und gestorben am [X.] ebenda) beziehen. [X.] war ein [X.] Maler, Grafiker, Mathematiker und Kunsttheoretiker von [X.] Rang. Er war ein bedeutender Künstler zur Zeit des Humanismus und der Reformation.

Allerdings versteht das angesprochene Publikum „[X.]“ für die noch beanspruchten Dienstleistungen nicht in diesem Sinn beschreibend.

Dass Bewunderer ihre Verbundenheit mit bekannten Personen zum Ausdruck bringen, mag bei Fanartikeln, wie Kappen, T-Shirts u. ä., denkbar sein, scheidet aber bei Dienstleistungen schon generell eher aus und bei den vorliegenden in besonderem Maße, da diese Dienstleistungen spezielle Anbieter, wie Hotels, Verlage, Agenturen oder Gesellschaften, Stiftungen etc. erbringen.

Die Nutzung von Namen historischer Persönlichkeiten ist dem Publikum neben der ebenfalls unterscheidungskräftigen Benennung von öffentlichen Einrichtungen, wie Schulen, Universitäten, Theatern, Straßen etc., auch im Zusammenhang mit sportlichen Aktivitäten, z. B. für Stadien oder Gedenkläufe, und auch kulinarischen Angeboten geläufig.

Zwar können im Rahmen von sportlichen Veranstaltungen nebst Verköstigung und Unterbringung die Verbraucher mit ihrer Teilnahme an der Veranstaltung ihre Verbundenheit bzw. ihr Interesse für die historische Persönlichkeit und ihr Werk zum Ausdruck bringen (vgl. [X.] GRUR 2006, 333, 337 - Porträtfoto [X.]), wobei den Namen dann lediglich eine beschreibende Funktion zukommt.

Hotel-Bezeichnungen enthalten aber mit einem Namen einer lebenden oder historischen Persönlichkeit eine betriebliche Hinweiswirkung im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.], soweit nicht der Name die Leistung unmittelbar beschreibt.

„[X.]“ muss grundsätzlich nämlich nicht für Seminare, Workshops und Ausstellungen zum Thema [X.] oder Unterhaltungsveranstaltungen zu seinem Leben und Werk, oder Speisen und Getränke, die für seine Zeit typisch sind, oder [X.], die mit Reproduktionen seiner Werke ausgestattet sind, stehen.

Die Kombination „[X.]“ ist anders zu behandeln als der Name „[X.]“, der als Name einer historischen Persönlichkeit als Teil des kulturellen Erbes der Menschheit galt ([X.] MarkenR2008, 33 - [X.]); so dass es nicht darauf ankommt, ob ihm das Publikum einen Markencharakter zuordnet (vgl. auch [X.], 615 - [X.]; [X.]E 42, 275 - Fr. Marc; [X.] GRUR 2006, 591 - [X.]; [X.] in GRUR 2001, 615; [X.], [X.], 2011, S. 110 f.).

„[X.]“ enthält mit „Hotel“ einen Bestandteil, der eine nähere Spezifizierung geradezu verlangt. Wird für diese Spezifizierung statt einer Sachangabe ein an sich kennzeichnungskräftiger Personenname gewählt, werden auch die damit verbundenen Dienstleistungen spezifiziert.

Hotels werden nämlich nicht wie Schiffe, ICE-Züge o. ä. auch auf solche Städte- und Personennamen „getauft“, bei denen niemand annimmt, dass der Name den Hersteller oder Reiseanbieter bezeichnet, sondern wie Modelinien (z. B. „[X.] Kollektion“) oder Lebensmittel (z. B. „Müller-Milch“), bei denen Namen eine auch markenmäßig individualisierende Bedeutung besitzen. Würde man Markennamen mit einem Personennamen als Bestandteil nur eine ehrende bzw. erinnernde Funktion zubilligen, würde das den Namensschutz in unbilliger Weise einschränken.

Auch eine Inhaltsbeschreibung ist bei Erziehung und sportlichen Aktivitäten nicht gegeben. Dass ein Hotel sich nur dem Schaffen eines Künstlers widmet und sich deshalb nach ihm benennt, ist jedenfalls nicht in entscheidungsrelevantem Umfang zu erwarten. Vielmehr werden Hotels zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen betrieben, und insoweit kann die Bezeichnung „[X.]“ auch als Herkunftshinweis dienen.

2. Soweit „Dürer-Hotel“ für die Dienstleistungen Erziehung, sportliche Aktivitäten und Beherbergung und Verpflegung von Gästen keine auf einen Inhalt bezogene Angabe ist, ist die Bezeichnung auch nicht nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen, denn sie besteht nicht ausschließlich aus Angaben, die zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Dienstleistungen dienen können.

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind nur unmittelbar waren- und dienstleistungsbeschreibende Angaben von der Registrierung ausgeschlossen. Personennamen sind aber nur in sehr seltenen Fällen produktbeschreibend. Es gibt keinerlei Belege dafür, dass „[X.]“ als Sachbezeichnung wie „[X.]“ und „[X.]“ für Motoren, „Diesel“ für Kraftstoffe oder „[X.]“ für einen Gesellschaftsanzug gebräuchlich wäre.

Im Umfang der nach Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses verbliebenen Dienstleistungen konnte der angefochtene Beschluss der Markenstelle daher keinen Bestand haben.

3. Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 [X.]) besteht kein Anlass, nachdem erst die Beschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses der Beschwerde zum Erfolg verholfen hat.

Meta

27 W (pat) 160/10

09.03.2011

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.03.2011, Az. 27 W (pat) 160/10 (REWIS RS 2011, 8801)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8801

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