29. Senat | REWIS RS 2011, 1820
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Markenbeschwerdeverfahren – "Hugo Sinzheimer Institut" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2010 018 110.9
hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 31. Oktober 2011 durch die Vorsitzende Richterin [X.] sowie die Richterinnen [X.] und Dorn
beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des [X.] vom 9. August 2011 wird aufgehoben.
I.
Die Wortfolge
[X.] Institut
ist am 25. März 2010 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für nachfolgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:
Klasse 9: Video- und Tonaufzeichnungsträger, insbesondere: USB-Speicher, [X.], DVDs, Magnetbänder, Videobänder, Videokassetten; elektronische Publikationen (herunterladbar) sowie andere Speichermedien, auf denen Computerprogramme oder Computerdaten gespeichert werden; [X.]; Apparate und Zubehör (soweit in Klasse 9 enthalten); Computerspiele (soweit in Klasse 9 enthalten);
Klasse 16: [X.], insbesondere Broschüren, Informationsblätter und Handbücher, Zeitschriften und Veröffentlichungen (Schriften); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); sämtliche vorgenannten Waren insbesondere auf das Arbeitsrecht bezogen; Seminar- und Schulungsunterlagen; Schriften über die rechtliche, insbesondere arbeitsrechtliche Praxis;
Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Dienstleistungen eines Institutes der Arbeitsrechtsforschung, nämlich Organisation und Durchführung von Werbeveranstaltungen; Organisation von Messen für wirtschaftliche und Werbezwecke; Herausgabe und Veröffentlichung von Zeitschriften, Broschüren und Druckschriften für Werbezwecke; Öffentlichkeitsarbeit; Verwaltung; Marketing; Marktforschung; Meinungsforschung; Beratung von [X.], politischen Parteien und Staatsorganen in Bezug auf Belange des Arbeits- und Sozialrechts; Sammeln und Zusammenstellen von themenbezogenen Presseartikeln; Erteilung von Auskünften (Information); Vermittlung von Zugriffszeiten auf Websites;
Klasse 36: finanzielle Beratung und finanzielle Unterstützung von [X.]; Finanzanalysen, Finanzberatung, insbesondere in Arbeits-, Tarif- und Sozialfragen; finanzielle Beratung über alle Medienformen einschließlich [X.], Versicherungswesen, insbesondere Beratung in Fragen der Sozial-versicherung und Versorgungsangelegenheiten;
Klasse 38: Telekommunikation im Finanzwesen, Übermittlung von Informationen und Daten in Onlinediensten und im [X.], elektronische Nachrichtenübermittlung, Vermietung von Zugriffszeiten auf Websites;
Klasse 41: Erziehung, Aus- und Fortbildung bzgl. Arbeitsbeziehungen und Arbeitsrecht; Organisation und Durchführung von Veranstaltungen, Konferenzen, Kongressen, Seminaren, Workshops (Ausbildung) und Symposien; Publikation von Zeitschriften und Büchern in elektronischer Form, auch im [X.], ausgenommen für Werbezwecke; Veröffentlichungen von wissenschaftlichen Büchern, Schriften (Ergebnisse, Dissertationen, Habilitation, Gutachten) mit den Inhalten Arbeitsbeziehungen und Arbeitsrecht, Herausgabe einer auf die rechtliche, insbesondere arbeitsrechtliche Praxis konzentrierten Schriftenreihe; Erstellung von Unterrichtsmaterialien für Unterricht, Fernkurse, Fernunterricht und E-Learning; Organisation und Durchführung von Unterricht, Fernkursen; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten;
Klasse 42: wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten sowie diesbezügliche Designerdienstleistungen, nämlich Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen, Erstellung wissenschaftlicher Gutachten, Nachforschungen, Recherchen in Datenbanken und im [X.] für Wissenschaft und Forschung, Recherche- und Entwicklungsdienste bezüglich Arbeitsbedingungen und innovativer Produkte, soweit in Klasse 42 enthalten; sozialwissenschaftliche Beratung, wissenschaftliche Forschung; Nachforschungen in Rechtsangelegenheiten; Nachforschungen und Recherchen in Datenbanken und im [X.] für Dritte;
Klasse 45: Erbringung von Rechtsdienstleistungen; Erarbeitung von Informationen über optimale Arbeitnehmervertretung sowie arbeitsrechtliches Verhalten; wissenschaftliche Dienstleistungen und Forschungsarbeiten im juristischen Bereich; Veröffentlichung solcher Informationen; rechtliche Beratung auf dem Gebiet der Gestaltung von Arbeitsbedingungen und des Abschlusses von Tarifverträgen; Mediation, [X.]; Herausgabe von aktuellen Informationstexten (Newslettern) über Neuerungen im juristischen Bereich, insbesondere auf dem Gebiet des Arbeitsrechts; Beratung von Arbeitnehmern in Rechtsangelegenheiten; Arbeitnehmerberatung bei der Auswahl von Seminaren und Dienstleistungen, insbesondere unter Verwendung von wissenschaftlichen Untersuchungsergebnissen.
Die Anmeldung ist von der Markenstelle für Klasse 35 des [X.] mit Beschluss vom 9. August 2011 gemäß § 37 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen worden. Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, der Rechtswissenschaftler und [X.] Politiker [X.] gelte als Vater des [X.] Arbeitsrechts, weil er in diesem Rechtsgebiet herausragende wissenschaftliche Werke veröffentlicht habe. Das sprachüblich aus dem Begriff "Institut" und dessen vorangestellten Namen zusammengesetzte Anmeldezeichen werde daher in seiner Gesamtheit von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen lediglich als Hinweis auf ein (beliebiges) Institut verstanden, das sich dem Leben und Wirken [X.] verschrieben habe und das u. a. arbeitsrechtliche Forschungbetriebe bzw. sich mit arbeitsrechtlichen Themen beschäftige. In Bezug auf die Dienstleistungen im Bereich der Beratung (Klassen 35 und 36) sowie hinsichtlich Erziehung, Ausbildung, kulturellen Aktivitäten, wissenschaftlichen (Klassen 41 und 42) und juristischen Dienstleistungen (Klasse 45) weise die angemeldete Bezeichnung auf die Art des Anbieters hin. Denn alle diese Dienstleistungen könnten typische Angebote eines solchen Instituts sein. Hinsichtlich der Waren der Klassen 9 und 16 stelle das verfahrensgegenständliche Zeichen nur einen Hinweis darauf dar, dass diese durch ein Institut, das sich dem Werk oder Schaffen [X.]… widme, angeboten würden oder sich thematisch damit befassten. Es sei zudem ständige Praxis, dass sich Institute nach ihrem [X.] benennen würden und regelmäßig den Namen einer historischen Person der Zeitgeschichte trügen, wie [X.] das "[X.]" oder das "[X.]". Auf die vom Beschwerdeführer angeführten Voreintragungen von mit einem Personennamen verbundenen [X.] sei u. a. zu entgegnen, dass [X.] die Anmeldungen "[X.] Institut" (30 2009 056 462.0), "[X.] Institut" (306 38 861.8), "[X.]" (306 04 556.7) und "[X.]" (302 50 670.5) ebenfalls zurückgewiesen worden seien.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er beantragt,
den Beschluss des [X.] vom 9. August 2011 aufzuheben.
Er hat seine Beschwerde bisher nicht begründet.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Der Eintragung in das Markenregister steht weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] noch ein Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen.
1. Die Bezeichnung "[X.] Institut" entbehrt für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht jeglicher Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].
Das ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und von denjenigen anderer zu unterscheiden. Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung des Zeichens durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren und Dienstleistungen abzustellen ist. Zeichen besitzen keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen oder wenn sie aus gebräuchlichen Wörtern der [X.] Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden.
Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] genügt die Wortfolge "[X.] Institut". Ein beschreibender Begriffsinhalt oder ein enger beschreibender Bezug sind weder für die in Rede stehenden Waren noch für die beanspruchten Dienstleistungen erkennbar.
Der [X.] schließt sich insoweit der Entscheidung des 27. [X.]s des [X.] vom 13. April 2010 zur Wort-/Bildmarke "[X.]" an ([X.], 1015 ff.).
Danach unterliegen Personennamen, die nach der ausdrücklichen Regelung in § 3 Abs. 1 [X.] abstrakt markenfähig sind, wie sonstige Wortmarken der Prüfung auf absolute Schutzhindernisse. Der Name eines Wissenschaftlers ist aber nicht automatisch ein beschreibender Fachbegriff für eine Lehreinrichtung. Die kennzeichnende Funktion eines Namens geht in der Kombination mit dem Begriff "Institut", dem die Bedeutung "Lehr- oder Forschungseinrichtung – oft Teil einer Hochschule oder Akademie – oder kulturelle, künstlerische oder wirtschaftliche Organisation" ([X.] – [X.], 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]; [X.]) zukommt, grundsätzlich nicht verloren. Die Nutzung von Namen historischer Persönlichkeiten ist dem Publikum als unterscheidungskräftige Benennung von öffentlichen Einrichtungen, wie Schulen, Universitäten, Theatern etc. geläufig. Solche Kombinationen enthalten oft einen betrieblichen Herkunftshinweis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].
Soweit in der Georg-Simon-Ohm-Entscheidung des [X.] vom 30. November 2005 ([X.], 591; nachfolgend [X.] 2008, 33 - [X.]) festgestellt wurde, dass Namen bekannter historischer Personen Teil des der Allgemeinheit zustehenden kulturellen Erbes sind, die regelmäßig nicht einem bestimmten Unternehmen und dessen Produkten oder Dienstleistungsangeboten zugeordnet werden, gilt dies hier nicht.
Anders als die Markenstelle ist der [X.] der Auffassung, dass [X.]… nicht zu den berühmten Personen des Weltkulturerbes, wie [X.] [X.], gehört, deren Namen in jedem Fall für die Allgemeinheit freizuhalten sind. Seine Bekanntheit beschränkt sich auf [X.] und dort nur auf im Arbeitsrecht spezialisierte Fachleute.
Weder die Markenstelle noch der [X.] konnten zudem feststellen, dass sich die Bezeichnung "[X.] Institut" von dem ursprünglichen Namensgeber "verselbständigt" und zu einem (beschreibenden) Fachbegriff für eine bestimmte Art von Institutseinrichtungen oder Lehrmethoden entwickelt hat. Zwar hat er sich als Begründer der rechtsetzenden [X.], Initiator der verfassungsrechtlichen Verankerung von Koalitionsfreiheit und Tarifautonomie sowie Vater des [X.] Arbeitsrechts wissenschaftliche Verdienste erworben, die heutige Arbeits- und Tarifordnung geprägt und eine eigene Theorie der Gesetzgebung aufgestellt, wie die [X.]recherche des Amtes belegt (Anlagen zum angefochtenen Beschluss, [X.]. 33 - 39 VA). Dies unterscheidet ihn aber nicht von vielen anderen bekannten Wissenschaftlern, nach denen in großer Zahl wissenschaftliche Einrichtungen benannt sind, ohne dass erwartet wird, dass dort nur nach oder an der Theorie des Namensgebers gearbeitet wird.
Diese Beurteilung steht auch nicht im Widerspruch zu der "[X.] des [X.] vom 14. April 2010 (27 W (pat) 108/09). Dort war die Eintragung des Zeichens "[X.]" abgelehnt worden, weil belegt werden konnte, dass es zahlreiche Einrichtungen gibt, in denen die vom Hals-Nasen-Ohrenarzt [X.] entwickelte und in Fachkreisen bekannte Hörtherapie zur Anwendung kommt. Solche Umstände konnten hier nicht festgestellt werden; insbesondere hat der Institutsnamensgeber im vorliegenden Fall keine Lehrmethode entwickelt, welche heute noch in gleicher Art und Weise in einer Vielzahl von Einrichtungen angewendet wird.
2. Es besteht auch kein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. Danach sind nur unmittelbar waren- und dienstleistungsbeschreibende Angaben von der Registrierung ausgeschlossen.
Hier gibt es keine Belege dafür, dass "[X.]", wie "Diesel" für Kraftstoff oder "Röntgen" für eine medizinische Untersuchungsmethode, als Sachbezeichnung für bestimmte Waren oder Dienstleistungen, auch nicht für die beanspruchten, gebräuchlich wäre.
Dies gilt auch für die in Klasse 9 angemeldeten Datenträger, die in Klasse 16 beanspruchten [X.], die in Klasse 35 angemeldeten Verlagsdienstleistungen und die übrigen Dienstleistungen, soweit deren Gegenstände einen bezeichnungsfähigen Inhalt aufweisen können, weil die angemeldete Bezeichnung nicht nach Art eines Sachtitels geeignet ist, den gedanklichen Inhalt zu beschreiben. Selbst wenn Leben oder Werk von [X.] deren Thema wäre, würde dafür nicht die angemeldete Form als Sachtitel verwendet. Eine Inhaltsbeschreibung wäre für die eher verlegerischen Tätigkeiten ohnehin nicht gegeben, denn, dass sich entsprechende Dienstleistungen nur dem Schaffen eines Menschen widmen und sich dann auch noch nach einem Institut benennen, ist nicht im entscheidungsrelevanten Umfang zu erwarten (vgl. [X.], 1043 - [X.]).
Meta
31.10.2011
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 31.10.2011, Az. 29 W (pat) 542/11 (REWIS RS 2011, 1820)
Papierfundstellen: REWIS RS 2011, 1820
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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